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Der Graf von Monte Christo

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»Caderousse und seine Frau befragten sich gegenseitig mit dem Blicke.

»»Nein,«« sagte Caderousse »»wir sind nicht reich genug, um fünftausend Franken zu verlieren.««

»»Ganz nach Ihrem Gutdünken, mein lieber Freund,«« erwiderte der Juwelier; »»ich hatte übrigens, für Sie sehen, schönes Geld mitgebracht.««

»Und er zog aus einer von seinen Taschen eine Handvoll Gold, die er vor den geblendeten Augen des Wirthes funkeln ließ, und aus der andern ein Päckchen mit Bankbillets.

»In dem Innern von Caderousse entspann sich offenbar ein harter Kampf, und das kleine Etui von Saffianleder, das er in seiner Hand hin und her drehte, schien ihm als Wert offenbar nicht der ungeheuren Summe zu entsprechen, welche seine Augen bezaubern.

»Er wandte sich gegen seine Frau und fragte sie ganz leise:

»Was sagst Du dazu?«

»»Gib, gib,«« antwortete sie; »»wenn er ohne den Diamant nach Beaucaire zurückkehrt, zeigt er uns an, und wer weiß, ob wir je wieder des Abbé Busoni habhaft werden können.«

»»Wohl, es sei,«« sagte Caderousse, »»nehmen Sie den Diamant für fünfundvierzigtausend Franken; aber meine Frau will eine goldene Kette haben und ich silberne Schnallen.««

»Der Juwelier zog aus seiner Tasche eine lange, platte Schachtel, welche mehrere Muster den den geforderten Gegenständen enthielt.«

»»Ich bin zuvorkommend in meinen Geschäften,«« sagte er, »»wählen Sie.««

»Die Frau wählte eine goldene Kette, welche ungefähr fünf Louisd’or wert sein mochte, und der Mann ein Paar silberne Schnallen von etwa fünfzehn Franken.

»»Ich hoffe, Sie werden sich nicht beklagen,«« sprach der Juwelier.

»»Der Abbé sagte, der Stein wäre fünfzigtausend Franken wert,«« murmelte Caderousse.

»»Nun, nun, geben Sie doch! Was für ein schrecklicher Mensch!«« versetzte der Juwelier, ihm den Ring aus der Hand ziehend; »»ich bezahle ihm fünfundvierzigtausend Franken, zweitausend fünfhundert Livres Rente, das heißt ein Vermögen, wie ich wohl eines haben möchte, und er ist nicht zufrieden!««

»»Und die fünfundvierzigtausend Franken, wo sind sie?«« fragte Caderousse mit heiserem Tone.

»»Hier, »sprach der Bijoutier.

»»Warten Sie. bis ich die Lampe angezündet habe,«« entgegnete die Carconte, »es ist nicht mehr hell und man könnte sich irren.««

»Während dieser Verhandlung war es wirklich Nacht geworden, und mit der Nacht war der Sturm gekommen, der seit einer halben Stunde loszubrechen drohte. Man hörte den Donner dumpf in der Ferne brüllen; aber ganz und gar von dem Dämon des Gewinns besessen, schienen sich weder der Juwelier, noch Caderousse, noch die Carconte darum zu bekümmern.

»Ich selbst fühlte mich ganz geblendet bei dem Anblick von all diesen Gold und all diesen Billets. Es kam mir vor, als träumte ich, und ich war, wie dies im Traume geschieht, an meinen Platz gefesselt.

»Caderousse zählte wiederholt das Gold und die Billets, und gab dann Beides seiner Frau, welche ebenfalls Alles durchzählte. Mittlerweile ließ der Juwelier den Diamant unter dem Strahle der Lampe spiegeln, und der Stein warf Blitze, die ihn diejenigen vergessen ließen, welche als Vorläufer des Sturmes die Fenster zu entflammen anfingen.

»»Nun, ist die Rechnung richtig?«« sprach der Juwelier.

»»Ja,«« antwortete Caderousse:.»»gib das Portefeuille und hole einen Sack, Carconte.««

»Die Carconte ging an einen Schrank und holte daraus ein altes ledernes Portefeuille, aus welchem man ein paar fettige Briefe nahm, an deren Stelle die Billets kamen, und einen Sack, worin zwei oder drei Sechslivres-Thaler verschlossen waren, welche wahrscheinlich das ganze Vermögen der armseligen Wirthschaft bildeten.

»»Nun,«« sprach Caderousse, »»obgleich Sie uns vielleicht zehntausend Livres zu wenig bezahlt haben, wollen Sie mit uns zu Nacht speisen? es kommt Von gutem Herzen.««

»Ich danke,«« erwiderte der Juwelier, »»es ist wohl bereits spät, und ich muß nach Beaucaire zurückkehren, sonst würde meine Frau in Unruhe geraten.«« Er zog seine Uhr: »»Morbleu! bald neun Uhr, ich werde vor Mitternacht nicht in Beaucaire sein; Gott befohlen, meine Kinder, wenn zufällig wieder Abbés Busoni bei Euch einkehren, denkt an mich.««

»»In acht Tagen werden Sie nicht mehr in Beaucaire sein, da die Messe in der nächsten Woche zu Ende geht,«« sagte Caderousse.

»»Nein. doch das tut nichts, schreibt nur nach Paris an Herrn Joannès im Palais-Royal, Galerie de pierre, Numero 45, ich mache die Reise eigens, wenn es sich der Mühe lohnt.««

»Ein Donnerschlag erscholl, begleitet von einem so heftigen Blitze, daß er beinahe die Helle der Lampe verdunkelte.

»»Oh! Oh!«« sprach Caderousse, »»bei diesem Wetter wollen Sie fort?««

»»Ich fürchte mich nicht vor dem Donner,«« versetzte der Juwelier.

»»Und vor den Räubern?«« fragte die Carconte, »»Die Straße ist während der Messe nie sicher.««

»»Oh! was die Räuber betrifft,«« entgegnete Joannès, »»da ist etwas für sie.««

»Und er zog ein Paar kleine, bis an die Mündung geladene Pistolen aus der Tasche.

»»Das sind Hunde, welche zu gleicher Zeit bellen und beißen,«« sagte er: »»sie sind für die zwei Ersten bestimmt, die es nach Euerem Diamant gelüsten sollte, Vater Caderousse.««

»Caderousse und seine Frau wechselten einen finstern Blick. Sie hatten, wie es schien, gleichzeitig einen furchtbaren Gedanken.

»»Dann glückliche Reise,«« sagte Caderousse.

»»Ich danke,«« erwiderte der Juwelier, nahm seinen Stock, den er an eine alte Kiste gelehnt hatte, und wollte sich entfernen. In dem Augenblick, wo er die Thüre öffnete, drang ein so heftiger Windstoß in die Stube, daß er beinahe die Lampe ausgelöscht hätte.

»»Oh! Oh!«« sagte er, »»ein schönes Wetter, und drei Stunden Wegs bei einem solchen Sturme!««

»»Bleiben Sie hier, schlafen Sie bei uns,«« versetzte Caderousse.

»»Ja, bleiben Sie,«« sprach die Carconte mit zitternder Stimme, »»wir werden für Sie sorgen.««

»»Nein, ich muß in Beaucaire schlafen. Gott befohlen.««

»Caderousse ging langsam bis zur Schwelle.

»»Man sieht weder den Himmel, noch die Erde,«« sprach der Juwelier, bereits halb außer dem Hause. »»Muß ich mich links oder rechts halten?««

»»Rechts,«« antwortete Caderousse; »»Sie können nicht fehlen, die Straße ist auf beiden Seiten mit Bäumen besetzt.««

»»Gut, ich habe es,«« sprach die in der Ferne sich verlierende Stimme.

»»Schließe doch die Thüre!«« rief die Carconte, »»ich liebe offene Thüren nicht, wenn es donnert!««

»»Und wenn Geld im Hause ist, nicht wahr?«« entgegnete Caderousse, den Schlüssel zweimal im Schlosse drehend.

»Er kam zurück, ging an den Schrank, nahm den Sack und das Portefeuille heraus, und Beide singen an, zum dritten Male ihr Gold und ihre Billets zu zählen.

»Ich habe nie einen Ausdruck gesehen, wie den dieser zwei gierigen, von der spärlichen Lampe beleuchteten Gesichter. Die Frau besonders war abscheulich, das fieberhafte Zittern, welches sie gewöhnlich bewegte, hatte sich verdoppelt. Ihr Gesicht war von Bleich leichenfarbig geworden, ihre hohlen Augen flammten.

»»Warum hast Du ihm ein Nachtlager hier angeboten?«« fragte sie mit dumpfem Tone.

»»Um . . . damit: . .«« antwortete Caderousse bebend, »»damit er nicht die Mühe hätte, nach Beaucaire zurückzukehren.««

»»Ah!«« sagte die Carconte mit einem Tone, der sich nicht beschreiben läßt, »»ich glaubte, es geschehe aus einem andern Grunde.««

»»Weib! Weib!«« rief Caderousse, »»warum hast Du solche Gedanken, und warum behältst Du sie nicht für Dich, wenn Du sie hast?««

»»Gleichviel,« sprach die Carconte, »»Du bist kein Mann.««

»»Warum?««

»»Wärest Du ein Manns so würde er nicht von hier weggekommen sein!««

»»Weib!««

»»Oder er würde wenigstens Beaucaire nicht erreichen.««

»»Weib!««

»»Die Straße macht eine Biegung, er muß der Straße folgen, während sich längs dem Canal ein kürzerer Weg hinzieht.««

»»Weib, Du beleidigst den guten Gott. Halt, horch!««

»Man hörte in der Tat einen furchtbaren Donnerschlag, während ein Blitz die ganze Stube mit einer bläulichen Flamme übergoß, doch langsam abnehmend schien sich der Donner nur ungern von dem verfluchten Hause zu entfernen.

»»Jesus!«« rief die Carconte sich bekreuzend.

»Beinahe in demselben Augenblicke hörte man mitten unter dem Stillschweigen des Schreckens, das gewöhnlich auf Donnerschläge folgt, an die Thüre klopfen.

»Caderousse und seine Frau bebten und schauten sich ängstlich an.

»»Wer ist da?»rief Caderousse aufstehend. schob die auf dem Tische zerstreuten Goldstücke und Bankbillets auf einen Haufen zusammen und bedeckte sie mit seinen Händen-

»»Ich!«« antwortete eine Stimme.

»»Wer seid Ihr?««

»»Ei, bei Gott, Joannès der Juwelier.««

»»Nun was sagtest Du,«« versetzte die Carconte mit einem furchtbaren Lächeln, »»ich beleidige den guten Gott? . . . Gerade der gute Gott schickt ihn uns zurück.««

»Caderousse fiel bleich und keuchend auf seinen Stuhl.

»Die Carconte stand im Gegenteil auf, ging festen Schrittes auf die Thüre zu, öffnete und sprach:

»»Kommen Sie herein, mein lieber Herr Joannès.««

»»Meiner Treue,«« sagte der Juwelier, welcher vom Regen triefend eintrat, »»es scheint, der Teufel will nicht, daß ich diesen Abend nach Beaucaire zurückkehre. Die kürzesten Thorheiten sind die besten, mein lieber Herr Caderousse. Sie haben mir Gastfreundschaft angeboten, ich nehme sie an und komme, um hier zu schlafen.««

»Caderousse stammelte einige Worte, während er den Schweiß abtrocknete, der von seiner Stirne floß.

»Die Carconte schloß die Thüre doppelt hinter dem Juwelier.

Fünftes Kapitel.
Der Blutregen

Der Juwelier schaute bei seinem Eintritt forschend umher: aber nichts schien einen Verdacht in ihm rege zu machen, wenn er keinen hatte, nichts denselben zu bestätigen, wenn er einen hatte.

 

Caderousse hielt sein Gold und seine Billets immer noch mit beiden Händen, Die Carconte lächelte ihrem Gaste so freundlich zu, als sie nur immer konnte,

»»Ah! ah!«« sprach der Juwelier, »»Sie hatten wohl bange, die Sache sei nicht in Ordnung, daß Sie ihr Geld nach meinem Abgange noch einmal zählen?««

»»Nein.«« erwiderte Caderousse, »»aber das Ereignis, das uns zu Besitzern desselben gemacht hat, ist ein so unerwartetes, daß wir nicht daran glauben können, und daß es uns vorkommt, als träumten wir, wenn wir nicht den handgreiflichen Beweis vor uns haben.««

Der Juwelier lächelte.

»»Haben Sie Reisende in Ihrem Wirthshause?«« fragte er.

»»Nein,«« antwortete Caderousse, »»wir lassen nicht übernachten, denn wir sind zu nahe bei der Stadt und Niemand verweilt hier.««

»»Also werde ich Sie ungemein belästigen.««

»»Sie, uns belästigen, lieber Herr!»»sprach die »Carconte mit dem höflichsten Tone; »ich schwöre Ihnen, nicht im Geringsten.

»»Wo werden Sie mich einquartieren?««

»»In dem Zimmer oben.««

»»Ist das nicht Ihr Zimmer?««

»»Oh! gleichviel, wir haben ein zweites Bett in der Stube neben.««

»Caderousse schaute seine Frau voll Erstaunen an.

»Der Juwelier trällerte ein Lied, während er seinen Rücken an einem Reisbund erwärmte, den die Carconte um ihren Gast zu trocknen, im Kamin angezündet hatte.

»Mittlerweile setzte sie auf eine Ecke des Tisches, wo sie eine Serviette ausgebreitet hatte, die magern Überreste eines Mittagsbrotes, dem sie einige frische Eier beifügte.

»Caderousse hatte abermals seine Billets in sein Portefeuille, das Gold in seinen Sack, und das Ganze in seinen Schrank verschlossen. Er ging düster und nachdenkend in der Stube auf und ab und schaute von Zeit zu Zeit den Juwelier an, der ganz rauchend vor dem Kamine stand, und wenn eine Seite trocken war, sich auf die andere wandte.

»»Mein Herr,«« sprach die Carconte, ein Flasche Wein auf den Tisch stellend, »»es ist Alles bereit, wenn Sie zu Nacht essen wollen.««

»»Und Sie?«« fragte Joannès.

»»Ich esse nicht zu Nacht,«« antwortete Caderousse.

»»Wir haben sehr spät zu Mittag gegessen,«« fügte eilig die Carconte bei.

»»Ich soll also allein speisen?«« fragte der Juwelier.

»»Wir werden Sie bedienen.«« erwiderte die Carconte mit einem bei ihr, selbst gegen bezahlende Gäste, ungewöhnlichen Eifer.

»Caderousse warf von Zeit zu Zeit einen Blick, rasch wie der Blitz, auf sie.

»Der Sturm wüthete fort.

»»Hören Sie, hören Sie?«« sagte die Carconte, »»Sie haben meiner Treue wohl daran getan, daß Sie zurückgekehrt sind.««

»»Wenn sich der Sturm während meines Abendbrotes legt, werde ich mich dessen ungeachtet auf den Weg begeben,«« entgegnete der Juwelier.

»»Es ist der Mistral, und das wird bis morgen fortdauern,«« sprach Caderousse den Kopf schüttelnd.

»Und er stieß einen Seufzer aus.

»»Desto schlimmer für diejenigen, welche außen sind,«« sagte der Juwelier, sich an den Tisch setzend.

»»Ja, sie haben eine böse Nacht durchzumachen,«« versetzte die Carconte.

»Der Juwelier fing an zu essen, und die Carconte hatte fortwährend für ihn alle die kleinen Rücksichten einer aufmerksamen Wirthin; sonst so wunderlich und widerwärtig, war sie ein Muster von Zuvorkommenheit und Höflichkeit geworden. Hätte sie der Juwelier vorher gekannt, so würde ihm eine so große Veränderung sicherlich aufgefallen sein und einigen Verdacht eingeflößt haben. Caderousse sprach kein Wort, ging beständig auf und ab, und schien sogar seinen Gast nicht ohne eine gewisse Scheu anzuschauen.

»Als das Abendbrot beendigt war, ging Caderousse selbst an die Thüre, öffnete sie und sprach:

»»Ich glaube, der Sturm legt sich.««

»Aber als sollte er Lügen gestraft werden, erschütterte in diesem Augenblick ein furchtbarer Donnerschlag das Haus, und ein Windstoß, vermischt mit Regen, drang in die Thüre und löschte die Lampe aus.

»Caderousse schloß die Thüre wieder; seine Frau zündete ein Licht an der sterbenden Gluth an.

»»Mein Herr,«« sagte sie, »»Sie müssen müde sein, ich habe das Bett frisch überzogen, gehen Sie hinauf und schlafen Sie.««

»Der Juwelier blieb noch einen Augenblick, um sich zu überzeugen, daß der Sturm nicht nachließ; als er aber die Gewißheit erlangt hatte, daß Donner und Regen nur zunahmen, wünschte er seinen Wirthen eine gute Nacht und stieg die Treppe hinauf.

»Er ging über meinen Kopf und ich hörte jede Stufe unter seinen Tritten krachen.

»Die Carconte folgte dem Juwelier mit gierigem Auge, während ihm Caderousse im Gegenteil den Rücken zuwandte und nicht einmal auf seine Seite schaute.

»Alle diese einzelnen Umstände, welche seitdem in meinem Geiste mit der Frische des ersten Momentes Platz gegriffen haben, fielen mir zur Zeit, wo sie unter meinen Augen vorgingen, nicht auf; in Allem, was geschah, lag im Ganzen nichts Unnatürliches, und abgesehen von der Geschichte des Diamants, welche mir ein wenig unwahrscheinlich vorkam, konnte nichts einen Argwohn bei mir rege machen.

»Von Müdigkeit niedergebeugt und entschlossen, die erste Frist zu benutzen, welche der Sturm den Elementen gönnen würde, wollte ich ein paar Stunden schlafen und um Mitternacht weggehen.

»Ich hörte im obern Zimmer den Juwelier alle Vorkehrungen treffen, um die Nacht so behaglich als möglich zuzubringen. Bald bemerkte ich an dem Krachen seines Bettes, daß er sich niedergelegt hatte.

»Ich fühlte, wie sich meine Augen unwillkürlich schlossen, und da ich keinen Verdacht geschöpft hatte, so suchte ich nicht gegen den Schlaf zu kämpfen und warf nur nach einen Blick in das Innere. Caderousse saß an einem langen Tische auf einer von den hölzernen Blinken, welche in den Dorfwirtshäusern die Stuhle ersetzen; er wandte mir den Rücken zu und ich konnte sein Gesicht nicht sehen. Doch auch bei einer entgegengesetzten Lage, wäre mir die Sache unmöglich gewesen, insofern er seinen Kopf in seine beiden Hände versenkt hielt.

»Die Carconte scharrte ihn eine Zeit lang an, zuckte die Achseln und setzte sich ihm gegenüber.

»In diesem Augenblick ergriff die Flamme einen von ihr vergessenen Überrest von dürrem Holz, und ein etwas lebhafterer Schimmer erleuchtete die düstere Stube. Die Carconte schaute ihren Mann starr an, und da dieser stets in derselben Stellung verharrte, sah ich sie, ihre gekrümmte Hand nach ihm ausstrecken und seine Stirne berühren.

»Caderousse bebte. Es kam mir vor, als bewegte seine Frau ihre Lippen; aber mag es nun sein, daß sie ganz leise sprach, oder waren meine Sinne bereits durch den Schlaf betäubt, der Schall ihrer Worte gelangte nicht bis zu mir. Ich sah sogar nur noch durch einen Nebel und in dem zweifelhaften Zustande, dem Vorläufer des Schlafes, in welchem man einen Traum zu beginnen glaubt. Endlich schlossen sich meine Augen, und ich verlor das Bewußtsein.

»Ich lag im tiefsten Schlafe, als ich durch einen Pistolenschuß erweckt wurde, auf den ein furchtbarer Schrei folgte. Es erschollen ein paar wankende Tritte auf dem Boden, der Stube, und eine träge Masse stürzte auf die Treppe, gerade über meinem Haupte, nieder.

»Ich war noch nicht ganz meiner Herr. Ich vernahm Seufzer und dann halb erstickte Schreie, wie es gewöhnlich bei einem Kampfe vorkommt.

»Ein letzter Schrei, welcher länger anhielt, als die andern, und sich endlich in ein Stöhnen verwandelte, entriß mich völlig meiner Lethargie.

»Ich erhob mich auf einen Arm, öffnete die Augen, welche in der Finsternis nichts sahen, und fuhr mit der Hand nach der Stirne, auf die, wie es mir vorkam, durch die Bretter der Treppe ein lauer Regen floß.

»Das tiefste Stillschweigen war auf den furchtbaren Lärmen gefolgt. Ich hörte die Tritte eines Menschen über meinem Kopfe; sie machten die Treppe krachen; dieser Mensch stieg in die untere Stube herab, näherte sich dem Kamin und zündete eine Kerze an.

»Ich erkannte Caderousse, sein Gesicht war bleich und sein Hemd ganz mit Blut überzogen.

»Als das Licht angezündet war, stieg er wieder die Treppe hinauf, und ich hörte von Neuem seine, raschen, unruhigen Tritte.

»Einen Augenblick nachher kam er abermals herab; er hielt das Etui in der Hand, versicherte sich, daß der Diamant darin war; und besann sich einen Augenblick in welche von seinen Taschen er ihn stecken sollte; doch ohne Zweifel dachte er, die Tasche sei kein hinreichend sicheres Versteck, wickelte ihn in sein rotes Sacktuch und band dieses um den Hals.«

»Dann lief er nach dem Schranke, ergriff seine Billets und sein Geld, steckte die einen in seine Hosentasche, das andere in seine Westentasche, nahm ein paar Hemden, stürzte aus der Thüre und verschwand in der Dunkelheit. Da wurde Alles klar und hell für mich; ich machte mir das, was geschehen, zum Vorwurf, als wäre ich selbst der wahre Schuldige. Es kam mir vor, als hörte ich ein Stöhnen: der unglückliche Juwelier konnte nicht tot sein; vielleicht lag es in meiner Macht dadurch, daß ich ihm Hilfe leistete, einen Teil von dem Übel wieder gut zu machen, das ich zwar nicht selbst getan, wohl aber hatte tun lassen. Ich stemmte meine Schultern gegen die schlecht zusammengefügten Bretter, die den Schoppen, in welchem ich mich befand, von der inneren Stube trennten. Die Bretter gaben nach, und ich befand mich im Hause.

»Ich ergriff den Leuchter und eilte nach der Treppe; ein Körper versperrte mir den Weg: es war der Leichnam der Carconte.

»Den Pistolenschuß, den ich gehört, hatte man auf sie abgefeuert; ihre Gurgel war von einer Seite zur andern durchbohrt, und außer ihrer doppelten Wunde, welche in Strömen floß, spie sie das Blut durch den Mund.

»Sie war völlig tot.

»Ich sprang über ihren Körper.

»Das Zimmer bot den Anblick der furchtbarsten Zerstörung. Alles Geräthe war umgeworfen; die Bettlaken, an welche sich der unglückliche Juwelier ohne Zweifel angeklammert hatte, lagen auf dem Boden; er selbst war auf der Erde ausgestreckt und schwamm gleichsam, den Kopf an die Wand gestützt, in einer Blutlache, welche aus drei breiten Wunden in seiner Brust hervor kam.

»In einer vierten war ein langes Küchenmesser stecken geblieben, von welchem man nur noch das Heft sah.

»Ich ging auf die zweite Pistole zu; sie war nicht losgegangen.

»Ich näherte mich dem Juwelier, er war nicht ganz tot. Bei dem Lärmen, den ich machte, und besonders bei der Erschütterung des Bodens öffnete er seine stieren Augen, heftete sie eine Sekunde lang auf mich, bewegte seine Lippen, als wollte er sprechen, und verschied.

»Dieses furchtbare Schauspiel machte, mich beinahe wahnsinnig; von dem Augenblick, wo ich Niemand mehr Hilfe leisten konnte, fühlte ich nur ein Bedürfnis, das, zu fliehen. Mich bei den Haaren fassend und ein Geschrei des Schreckens ausstoßend, stürzte ich nach der Treppe.

»In der unteren Stube fand ich eine ganze bewaffnete Macht, bestehend aus fünf bis sechs Douaniers und mehren Gendarmen.

»Man bemächtigte sich meiner; ich versuchte es nicht einmal, Widerstand zu leisten; . . . ich war nicht mehr Herr meiner Sinne. Ich wollte sprechen, stieß aber nur unarticulirte Schreie aus.

»Ich sah, daß die Douaniers und Gendarmen mit dem Finger auf mich deuteten und senkte die Augen an mir nieder: . . . ich war ganz mit Blut bedeckt. Der laue Regen, welcher durch die Bretter der Treppe auf mich gefallen, war das Blut der Carconte.

»Ich deutete mit dem Finger auf den Ort, wo ich verborgen gewesen war.

»»Was will er sagen?«« fragte ein Gendarme.

»Ein Douanier sah nach.

»»Er will sagen, daß er hier durchgeschlüpft ist.«« antwortete er und zeigte das Loch, durch welches ich wirklich geschlüpft war.

»Nun begriff ich, daß man mich für den Mörder hielt. Ich fand meine Stimme wieder, ich fand meine Kraft wieder, befreite mich von den Händen zweier Männer, welche mich hielten, und rief: »»Ich bin es nicht.««

»Zwei Gendarmen schlugen mit ihren Carabinern auf mich an.

»»Wenn Du Dich rührst,«« sagten sie, »»bist Du des Todes.««

»»Aber ich wiederhole, daß ich es nicht bin.«« rief ich.

»»Du wirst Dein Geschichtchen den Richtern von Nimes erzählen .«« erwiderten sie. »»Mittlerweile folge uns; und wenn wir Dir rathen sollen, leiste keinen Widerstand.««

»Das war nicht meine Absicht, ich fühlte mich gelähmt durch das Erstaunen und den Schrecken. Man legte mir Handschellen an, band mich an den Schweif eines Pferdes, und führte mich nach Nimes

»Es war mir ein Douanier gefolgt: als er mich in der Gegend des Hauses aus dem Gesichte verlor, vermutete er, ich würde die Nacht hier zubringen; er benachrichtigte seine Kameraden und kam mit ihnen gerade zu rechter Zeit an, um den Pistolenschuß zu hören und mich inmitten von Schuldbeweisen festzunehmen, deren Widerlegung mich, wie ich wohl einsah, unsägliche Mühe kosten mußte.

 

»Ich verließ mich auch nur auf Eines, und bat den Untersuchungsrichter sogleich, überall einen gewissen Abbé Busoni suchen zu lassen. der im Verlaufe des Tages im Wirthshause zum Pont du Gard gewesen wäre. Hatte Caderousse gelogen, gab es keinen Abbé Busoni, so war ich offenbar verloren, wenn nicht Caderousse ebenfalls gefangen wurde und Alles gestand.

»Es vergingen zwei Monate, während welcher- ich muß es zum Lobe meines Richters sagen, alle Nachforschungen angestellt wurden, um denjenigen aufzusuchen, nach welch er ich verlangte. Ich hatte jede Hoffnung verloren, Caderousse war nicht festgenommen worden. In der nächsten Sitzung sollte ich gerichtet werden, als am 8. September, das heißt drei Monate und fünf Tage nach dem Vorfall, der Abbé Busoni, auf welchen ich nicht mehr rechnete, sich bei dem Kerkermeister einfand und sagte, er habe erfahren, ein Gefangener wünsche ihn zu sprechen. Er habe in Marseille davon gehört, gab er an. und beeile sich, dem Wunsche zu entsprechen.

»Sie können sich denken. mit welcher Freude ich ihn empfing: ich erzählte ihm das ganze Ereignis, dessen Zeuge ich gewesen, kam aber mit einer gewissen Unruhe zu der Geschichte mit dem Diamant; gegen mein Erwarten war sie Punkt für Punkt wahr; ebenfalls gegen mein Erwarten maß er Allem, was ich sagte, Glauben bei. Ich wurde hingerissen von seinem sanften Wohlwollen, sah, daß er tiefe Kenntnisse der Sitten meines Landes besaß, dachte die Verzeihung des einzigen Verbrechens, das ich begangen, könnte vielleicht von seinen milden Lippen fließen, und offenbarte ihm unter dem Siegel der Beichte das Abenteuer von Auteuil mit allen seinen einzelnen Umständen. Was ich in einem Zuge meines Herzens getan, erhielt denselben Erfolg, als wäre es aus Berechnung geschehen; das Geständnis dieses ersten Mordes, welchen ihm zu enthüllen mich nichts zwang. diente ihm zum Beweise, daß ich den zweiten nicht begangen hatte, und er verließ mich, indem er mich hoffen hieß und mir Versprach, er würde Alles tun, was in seiner Macht läge, um meine Richter von meiner Unschuld zu Überzeugen.

»Den Beweis, daß er sich wirklich mit mir beschäftigte, fand ich darin. daß meine Haft stufenweise milder wurde, und daß ich erfuhr, man werde, um mich zu richten. die Assisen abwarten, die auf diejenigen folgten, für welche man sich eben versammelte.

»Ja der Zwischenzeit gestattete es die Vorsehung, daß Caderousse im Auslande verhaftet und nach Frankreich zurückgebracht wurde. Er gestand Alles und warf die Schuld des Vorbedachts und besonders der Anstiftung auf seine Frau. Er wurde zu lebenslänglicher Galeerenstrafe verurteilt, und mich setzte man in Freiheit.«

»Damals geschah es, daß Sie sich mit einem Briefe des Abbé Busoni bei mir einfanden?« fragte Monte Christo.

»Ja, Exzellenz. er nahm sichtbar Anteil an mir.«

»»Ihr Schmugglerhandwerk wird Sie zu Grunde richten,«« sprach er: »»wenn Sie von hier wegkommen, geben Sie es auf.««

»»Aber, mein Vater.«« entgegnete ich, »»wie soll ich leben und meiner armen Schwägerin zu leben geben?««

»»Einer Von meinen Beichtsöhnen,«« antwortete er, »»hegt große Achtung für mich, er hat mich beauftragt, ihm einen vertrauten Mann zu suchen; wollen Sie dieser Mann sein, so werde ich Sie an ihn adressieren.««

»»Oh! mein Vater,«« rief ich, »»wie viel Güte!««

»»Doch Sie schwören mir, daß ich es nie zu bereuen haben werde?««

»Ich streckte die Hand aus; um zu schwören.«

»»unnötig,«« sagte er, »»ich kenne und liebe die Corsen; hier ist meine Empfehlung.««

»Und er schrieb ein paar Zeilen, die ich Ihnen zustellte, und worauf Euere Exzellenz mich in seine Dienste zu nehmen die Gnade hatte. Nun frage ich Euere Exzellenz mit Stolz, hat sie sich je über mich zu beklagen gehabt?«

»Nein,« erwiderte der Graf, »und ich gestehe mit Vergnügen, Sie sind ein guter Diener, Bertuccio, obgleich es Ihnen an Vertrauen gebricht.«

»Mir, Herr Graf?«

»Ja, Ihnen. Wie kommt es, daß Sie eine Schwägerin und einen Adoptivsohn haben, und weder von der einen, noch von dem anderen mit mir sprachen?«

»Ach! Exzellenz, ich muß Ihnen noch den traurigsten Teil meines Lebens mitteilen. Ich reiste nach Corsica ab. Es drängte mich, wie Sie wohl begreifen werden, meine arme Schwägerin wiederzusehen und sie zu trösten, als ich aber nach Rogliano kam, fand ich das Haus in Trauer; es war eine furchtbare Szene vorgefallen, deren Erinnerung die Nachbarn noch bewahren. Meinem Rathe gemäß widerstand meine Schwägerin den Forderungen von Benedetto, der sich jeden Augenblick alles Geld geben lassen wollte, das im Hause war. Eines Morgens bedrohte er sie und verschwand dann für den ganzen Tag. Sie weinte, denn die liebe Assunta hatte ein Mutterherz für den Blender. Es kam der Abend, sie wartete auf ihn, ohne sich niederzulegen, Als er um elf Uhr mit zweien von seinen Freunden, den gewöhnlichen Genossen aller seiner tollen Streiche, zurückkehrte, streckte sie die Arme gegen ihn aus; doch die Ruchlosen packten sie, und einer von den Dreien, ich befürchte, es war das höllische Kind, rief:

»»Wir wollen sie auf die Folter spannen, sie muß gestehen, wo sie ihr Geld hat.««

»Der Nachbar Wasilio war gerade in Bastia und nur seine Frau allein zu Hause. Niemand außer ihr konnte sehen oder hören, was bei meiner Schwägerin vorging. Zwei von ihnen hielten die arme Assunta die an die Möglichkeit eines solchen Verbrechens nicht glauben konnte und denen zulächelte, welche ihre Henker werden sollten; der Dritte verrammelte Thüren und Fenster, kam dann zurück, und alle Drei miteinander näherten, das Geschrei erstickend, welches ihr der Schrecken bei so gräßlichen Vorbereitungen entriß, die Füße der armen Assunta der Kohlengluth, durch welche sie dieselbe zum Geständnis, wo unser kleiner Schatz verborgen war, zu bringen gedachten; doch im Kampfe fingen ihre Kleider Feuer: da ließen sie die Unglückliche los, um nicht selbst verbrannt zu werden. Ganz in Flammen lief sie nach der Thüre, aber die Thüre war verschlossen; sie stürzte nach dem Fenster, doch das Fenster war verrammelt. Nun hörte die Nachbarin ein furchtbares Geschrei; es war Assunta, welche um Hilfe rief. Bald dämpfte sich ihre Stimme: die Schreie verwandelten sich in ein Stöhnen, und als am anderen Morgen, nach einer Nacht des Schreckens und der Angst, die Frau von Wasilio aus ihrer Wohnung herauszugehen wagte und unser Haus durch den Richter öffnen ließ, fand man Assunta halb verbrannt, aber noch atmend, die Schränke erbrochen, das Geld entwendet., Benedetto hatte Rogliano verlassen, um nie mehr dahin zurückzukehren. Seit jenem Tage habe ich ihn nicht mehr gesehen und auch nicht von ihm sprechen hören.

»Nachdem ich diese traurige Kunde vernommen,« fügte Bertuccio bei, »begab ich mich zu Euerer Exzellenz. Ich konnte nicht von Benedetto sprechen, weil er verschwunden, und nicht von meiner Schwägerin, weil sie tot war.«

»Und was dachten Sie von diesem Ereignis?« sprach Monte Christo.

»Es wäre die Strafe für das Verbrechen, welches ich begangen hatte. Oh! diese Villefort waren ein verfluchtes Geschlecht.«

»Ich glaube es,« murmelte der Graf mit einem finsteren Ausdruck.

»Und nun begreift Euere Exzellenz wohl, daß dieses Haus, welches ich seitdem nicht mehr gesehen, daß dieser Garten, in welchem ich mich plötzlich wiederfand, daß dieser Platz, wo ich einen Menschen getötet habe, die Erschütterung bei mir hervorbringen mußte, deren Veranlassung Sie vernehmen wollten, denn ich weiß nicht gewiss, ob nicht hier vor mir, zu meinen Füßen, Herr von Villefort in dem Grabe liegt, das er für sein Kind gegraben hatte.«

»Es ist in der Tat Alles möglichst sprach Monte Christo von der Bank aufstehend, auf welcher er gesessen hatte, »sogar,« fügte er ganz leise bei, »sogar« daß der Staatsanwalt nicht gestorben ist. Der Abbé Busoni hat wohl daran getan, Sie mir zuzuschicken. Sie haben ebenfalls wohl daran getan, mir Ihre Geschichte zu erzählen, denn ich werde keine schlimmen Gedanken mehr in Beziehung auf Ihre Person haben. Doch was den bösen Benedetto betrifft: haben Sie nie seine Spur aufzufinden gesucht, haben Sie nie zu erfahren gesucht, was aus ihm geworden ist?«

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