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Der Frauenkrieg

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XVI

Zwei Tage, nachdem Frau von Cambes unter dem Gewande eines Parlamentärs auf der Insel Saint-George erschienen war, meldete man Canolles, welcher auf den Wällen seine Runde machte, ein Bote mit einem Briefe verlange ihn zu sprechen.

Der Bote wurde sogleich eingeführt und übergab Canolles seine Depeche.

Diese Depeche hatte sichtbar nichts Officielles; es war ein kleiner Brief, mehr lang als breit, geschrieben mit einer feinen, leichten, zitternden Handschrift auf bläuliches, glattes, wohlriechendes Papier.

Canolles fühlte schon bei dem Anblick des Papiers sein Herz unwillkürlich schlagen.

»Wer hat Dir diesen Brief gegeben?« fragte er.

»Ein Mann von fünfundfünfzig bis sechzig Jahren.«

»Mit grauem Schnurrbart und Knebelbart?«

»Ja.«

»Militärische Haltung?«

»So ist es.«

Canolles gab dem Manne einen Louisd’or und machte ihm ein Zeichen, sich sogleich zu entfernen.

Dann zog er sich mit behendem Herzen in einen Winkel der Bastei zurück, um den Brief, den er empfangen hatte, zu lesen.

Er enthielt nur folgende Worte:

»Man wird Euch angreifen. Seid Ihr meiner nicht mehr würdig, so zeigt Euch wenigstens Eurer würdig.«

Der Brief war nicht unterzeichnet; aber Canolles erkannte Frau von Cambes, wie er Pompée erkannt hatte; er schaute umher, ob ihn Niemand beobachtete und drückte erröthend, wie ein Kind bei seiner ersten Liebe, das Papier an seine Lippen, bedeckte es mit glühenden Küssen und verbarg es sodann an seinem Herzen.

Hierauf stieg er auf den Kranz der Bastei, von wo aus er den Lauf der Garonne auf ungefähr eine Meile und die umliegende Ebene in ihrer ganzen Ausdehnung überschauen konnte.

Er vermochte weder auf dem Fluß, noch auf dem Lande irgend etwas wahrzunehmen.

»So wird der Morgen vorübergehen,« murmelte er, »sie werden nicht am hellen Tage kommen; ohne Zweifel rasten sie unterwegs und beginnen den Angriff am Abend.«

Canolles hörte ein leichtes Geräusch hinter sich und erblickte sich umwendend seinen Lieutenant.

»Nun, Herr von Vibrac,« fragte Canolles, »was sagt man?«

»Mein Commandant, man sagt, die Fahne der Prinzen werde morgen auf der Insel Saint-George flattern.«

»Wer sagt dies?«

»Zwei von unseren zurückkehrenden Läufern; sie haben die Vorkehrungen gesehen, welche die-Bürger der Stadt gegen uns treffen.«

»Und was habt Ihr denjenigen geantwortet, welche Euch sagten, die Fahne der Herren Prinzen würde morgen auf dem Fort Saint-George flattern?«

»Mein Commandant, ich antwortete, das wäre mir gleichgültig, in Betracht, daß ich es nicht sehen würde.«

»So habt Ihr mir meine Antwort gestohlen.«

»Bravo Commandant! wir verlangten nichts Anderes, und die Soldaten werden kämpfen wie die Löwen, wenn sie Eure Antwort erfahren.«

»Sie mögen sich schlagen wie Männer, mehr fordere ich nicht. . . Und was spricht man von der Angriffsweise?«

»General, es ist eine Ueberraschung, die man uns bereitet,« antwortete Vibrac lachend.

»Teufel, was für eine Überraschung!« rief Canolles; »das ist bereits die zweite Warnung, weiche ich erhalte . . . Und wer befehligt die Angreifenden.

»Herr von Larochefoucault die Landtruppen d’Espagnet, Rath im Parlament, die Seetruppen.«

»Wohl, ich werde ihm einen Rath geben,«

»Wem?«

»Dem Rath im Parlament.«

»Welchen?«

»Die städtischen Milizen mit einem wohl disziplinierten Regiment zu verstärken, welches diese Bürger lehre, wie man ein gut genährtes Feuer empfängt.«

»Er hat nicht auf Euren Rath gewartet, Commandant, denn ehe er ein Justizmann war, ist er, glaube ich ein Kriegsmann gewesen, und er hat sich für diese Expedition mit dem Regiment Navailles in Verbindung gesetzt.«

»Wie, mit dem Regiment Navailles?«

»Ja.«

»Meinem ehemaligen Regiment?

»Demselben. Es ist, wie es scheint, mit Sack und Pack zu den Prinzen übergangen.«

»Wer commandiert es?«

»Der Baron von Ravailly.«

»Wirklich!«

»Kennt Ihr ihn?«

»Ja; ein trefflicher Junge, brav wie sein Schwert. Dann wird es wärmer werden, als ich glaubte, und wir bekommen Unterhaltung.«

»Was befehlt Ihr, Commandant?«

»Man verdoppele die Posten; die Soldaten sollen sich ganz angekleidet mit den geladenen Gewehren im Bereiche ihrer Hand niederlegen; eine Hälfte hat zu wachen, während die andere ruht; die wachende Hälfte soll sich hinter den Böschungen verborgen halten. Wartet noch.«

»Ich warte.«

»Habt Ihr irgend Jemand die Meldung des Boten mitgetheilt?«

»Niemand in der Welt.«

»Gut. Haltet die Sache noch einige Zeit geheim. Wählt etwa zehn von Euren schlechtesten Soldaten; Ihr müßt Wilddiebe und Fischer hier haben?«

»Wir haben nur zu viele, Commandant.«

Wählt also, wie ich Euch sage, zehn aus; gebt ihnen Urlaub bis morgen Mittag; sie werden ihre Angeln in die Garonne werfen, ihre Schlingen auf der Ebene legen. Diese Nacht werben sie sicherlich von d’Espagnet und Herrn Von Larochefoucault aufgefangen und ausgeforscht.«

»Ich begreife nicht.«

»Ihr begreift nicht, daß die Angreifenden glauben sollen, wir leben in völliger Sicherheit? Diese Menschen welche nichts wissen, werden ihnen mit einer Miene der Wahrheit, wodurch sie sich hintergehen lassen, weil sie nicht geheuchelt ist, schwören, daß wir auf beiden Ohren schlafen.«

»Ah! sehr gut.«

»Laßt den Feind herannahen, laßt ihn sich ausschiffen, laßt ihn seine Leitern aufpflanzen.«

»Aber wann wird man feuern?«

»Wann ich es befehle; geht ein einziger Schuß aus unseren Reihen, ehe ich Commandire, los, so lasse ich denjenigen, welcher gefeuert hat, so wahr als ich Commandant bin, erschießen,«

»Ah! Teufel,«

»Der Bürgerkrieg ist zweimal Krieg; es liegt also Alles daran, daß der Bürgerkrieg nicht wie eine Jagdpartie betrieben wird. Laßt die Herren Bordelesen lachen, lacht selbst, wenn es Euch Freude wacht, aber erst, wann ich sage, man möge lachen.«

Der Lieutenant entfernte sich und überbrachte die Befehle von Canolles den anderen Officieren, welche einander erstaunt anschauten. Es lagen zwei Menschen in dem Gouverneur: der höfliche Edelmann, der unbeugsame Commandant.

Canolles kehrte zum Abendbrod zu Nanon zurück; nur war diesen Abendbrod um zwei Stunden vorgerückt, denn Canolles hatte beschlossen, den Wall von Sonnenuntergang bis zur Morgendämmerung nicht zu verlassen. Er fand Nanon in einer umfangreichen Correspondenz blätternd.

»Ihr könnt Euch kühn vertheidigen, lieber Canolles,« sagte sie zu ihm; »denn Ihr werdet nicht lange auf Unterstützung zu warten haben: der König kommt. Herr de La Meilleraye bringt eine Armee und Herr von Epernon erscheint mit fünfzehntausend Mann.«

»Mittlerweile vergehen aber acht Tage, zehn Tage, Nanon,« entgegnete Canolles lächelnd; »die Insel Saint-George ist nicht uneinnehmbar.«

»Oh! so lange Ihr kommandiert, stehe ich für Alles.«

»Ja; aber gerade weil ich kommandiere, kann ich getödtet werden. Nanon, was würdet Ihr in diesem Falle thun? Habt Ihr wenigstens dafür vorgesehen?«

»Ja,« antwortete Nanon ebenfalls lächelnd.

»Wohl, haltet Euer Gepäcke bereit. Ein Bootsmann wird an einem bezeichneten Posten sein; müßt Ihr ins Wasser springen., so habt Ihr hier von meinen Leuten, gute Schwimmer, denen Befehl gegeben worden ist, Euch nicht zu verlassen, und die Euch an das andere Ufer bringen werden.«

»Alle diese Vorsichtsmaßregeln sind unnöthig, Canolles; werdet Ihr getödtet, so brauche ich nichts mehr.«

Man meldete, daß aufgetragen war. Zehnmal während den Abendbrodes stand Canolles auf und ging an das Fenster, von welchem aus man nach dem Flusse sehen konnte; vor dem Ende des Mahles verließ Canolles die Tafel . . . Die Nacht brach eben ein.

Nanon wollte ihm folgen.

»Nanon,« sprach Canolles, »kehrt zurück und schwört mir, nicht auszugehen. Wenn ich Euch außen wüßte . . . irgend einer Gefahr preisgegeben, könnte ich nicht mehr für mich stehen. Nanon, es handelt sich um meine Ehre, spielt nicht mit meiner Ehre.«

Nanon reichte Canolles ihre Lippen, deren Roth sich noch mehr durch die Blässe ihrer Wangen hervorhob, und kehrte dann mit den Worten zurück:

»Ich gehorche Euch, Canolles; Freunde und Feinde sollen den Mann kennen lernen, den ich liebe; geht!«

Canolles entfernte sich; er konnte nicht Umhin, diese unter alle seine Wünsche sich beugende, in allen Stücken seinem Willen gehorchende Natur zu bewundern. Kaum war er an seinem Posten, als die Nacht furchtbar und drohend eintrat, wie sie stets erscheint, wenn sie in ihren schwarzen Falten ein blutigen Geheimniß verbirgt.

Canolles hatte sich an das Ende der Esplanade gestellt; er beherrschte den Lauf des Flusses und seine zwei Ufer. Kein Mond: ein Wolkenschleier zog schwerfällig am Himmel hin. Unmöglich, gesehen zu werden, aber auch beinahe unmöglich,zu sehen.

Um Mitternacht kam es ihm vor, als gewahrte er, wie dunkle Massen auf dem linken Ufer sich bewegten und riesige Formen auf dem Flusse hinglitten. Uebrigens war kein Geräusch zu bemerken, als das des Windes, der durch die Blätter der Bäume wehklagte.

Diese Massen hielten an, diese Formen blieben in der Entfernung stille stehen. Canolles glaubte, er hätte sich getäuscht, verdoppelte jedoch seine Wachsamkeit; seine glühenden Augen durchdrangen die Finsterniß, sein unablässig gespanntes Ohr faßte das geringste Geräusch auf.

Die Glocke der Festung schlug drei Uhr und der Schall verlor sich langsam und düster in der Nacht. Canolles fing an zu glauben, er habe eine falsche Nachricht erhalten und war im Begriff, sich zurück zuziehen, als plötzlich der Lieutenant Vibrac, der sich in seiner Nähe befand, eine Hand auf seine Schulter legte und mit der andern nach dem Flusse deutete.

»Ja, ja!« sagte Canolles, »sie sind es vorwärts, wir werden durch das Warten nichts verloren haben. Weckt die Leute, welche schlafen; sie sollen ihren Posten hinter der Mauer nehmen. Nicht wahr, Ihr habt ihnen gesagt, daß ich den Ersten, welcher Feuer gibt, erschießen lasse?«

 

»Ja,«

»Wohl, so sagt es Ihnen zum zweiten Male.«

Man sah wirklich bei dem ersten Schimmer des Tags lange Barken, beladen mit Menschen, welche lachten und leise plauderten, herannahen, während man in der Ebene seine Art von Erhöhung wahrnahm, die am Tage vorher noch nicht bestanden hatte. Es war eine Batterie von sechs Kanonen, welche Herr von Larochefoucault in der Nacht hatte errichten lassen; die Leute von den Barken hatten nur so sehr gezögert, weil bis jetzt die Batterie noch nicht zu beginnen im Stande gewesen war.

Canolles fragte, ob die Gewehre geladen wären, und bedeutete auf eine bejahende Antwort durch ein Zeichen, man solle aufmerken.

Die Barken kamen immer näher, und bei der ersten Tageshelle unterschied Canolles das Lederwerk und den eigenthümlichen Hut der Compagnie Navailles, welche erwähnter Maßen die seinige gewesen war: auf dem Vordertheile von einer der ersten Barken stand der Baron von Ravailly, der ihn im Commando der, Compagnie ersetzt hatte, und auf dem Hintertheil der Lieutenant, sein Milchbruder, den seine Kameraden wegen seiner heiteren Laune und seiner nie versiegenden Scherze ungemein liebten.

»Ihr werdet sehen,« sagte er; »sie rühren sich nicht, und Herr von Larochefoucault muß sie am Ende mit der Kanone aufwecken. Teufel! wie schläft man in Saint-George; wäre ich krank, so ließe ich mich dahin bringen.«

»Dieser gute Canolles,« versetzte Ravailly, »er spielt seine Gouverneurrolle als Familienvater; er befürchtet, seine Soldaten könnten den Schnupfen bekommen, wenn sie bei Nacht die Wache beziehen müßten.«

»In der That,« sagte ein Anderer, »man sieht nicht einmal eine Schildwache.«

»Oho!« rief der Lieutenant an das Land springend, »wacht doch auf da oben und gebt uns die Hand, daß wir hinaufsteigen können.«

Bei diesem letzten Scherz durchlief das Gelächter die ganze Linie der Belagernden, und während drei bis vier Barken in der Richtung des Hafens verrückten, schiffte sich der Rest der Landtruppen aus.

»Vorwärts!« sprach Ravailly, »ich begreife, Canolles will das Ansehen haben, als würde er überrumpelt, um sich mit dem Hofe nicht zu entzweien. Meine Herren, wir wollen seine Höflichkeit erwiedern und Niemand tödten. Sind wir einmal in der Festung. . . Gnade für Alle, mit Ausnahme der Frauen, welche wohl gar keine verlangen werden! Meine Kinder, vergessen wir nicht, daß dies ein Krieg von Freunden ist,– ich lasse euch den Ersten, der vom Leder zieht, über die Klinge springen.«

Bei dieser mit echt französischer Heiterkeit ausgesprochenen Einschärfung begann das Gelächter abermals, und die Soldaten theilten die muntere Laune der Officiere.

»Ah! meine Freunde,« sagte der Lieutenant, »es ist etwas Schönes um das Lachen, aber man darf darüber das Geschäft nicht vergessen. Zu den Leitern und geklettert!«

Die Soldaten zogen lange Leitern aus den Barken und reckten gegen die Mauern.

Nun stand Canolles auf und näherte sich, den Stock in der Hand, den Hut auf dem Kopf, wie ein Mensch, der am Morgen zu seinem Vergnügen frische Luft schöpft, der Brustwehr, die er bis zum Gürtel überragte.

Es war hell genug, daß man ihn erkennen konnte.

»Ei guten Morgen, Navailles,« rief er dem ganzen Regimente zu; »guten Morgen, Ravailly; guten Morgen, Remonenq.«

»Halt, das ist Canolles,« riefen die jungen Leute. »Bist Du endlich erwacht, Baron?«

»Oh ja, was wollt Ihr? man führt hier ein Leben wie der König von Ivetot, man legt sich früh nieder und steht spät auf; aber was Teufels macht Ihr so frühzeitig?«

»Bei Gott,« erwiederte Ravailly, »Du siehst es wohl, wie es scheint: wir wollen Dich belagern, sonst nichts.»

»Und warum wollt Ihr mich belagern?«

»Um Dein Fort zu nehmen.«

Canolles brach in Gelächter aus.

»Nicht wahr, Du capitulirst?« rief Ravailly.

»Zuvor muß ich wissen, muß ich mich wissen, wem ich mich ergebe. Wie kommt es, daß Navailly gegen den König dient?«

»Meiner Treue, Freund, wir Rebellen sind. Bei genauer Ueberlegung faßten wir die Ansicht, Mazarin wäre offenbar ein Knauser, unwürdig der Dienste braver Edelleute, und dem zu Folge gingen wir zu den Prinzen über. Und Du?«

»Ich, mein Lieber, bin ein wüthender Epernonist.«

«Bah! laß Deine Leute und komm mit uns.«

»Unmöglich.He! Ihr da unten, laßt die Ketten vom Hafen. Ihr wißt wohl, daß man dergleichen Dinge anschaut, aber nur von ferne; berührt man sie, so bringt es Unglück. Navailly, befiehl ihnen doch, die Kette nicht zu berühren,« fuhr Canolles die Stirne faltend fort, »oder ich lasse auf sie schießen, und ich sage Dir zum Voraus, Navailly, ich habe gute Schützen.«

»Bah! Du scherzest,« antwortete der Officier, »sei vernünftig, Du hast keine Kräfte zum Widerstand.«

»Ich scherze nicht, die Leitern nieder! Ravailly, ich bitte Dich, es ist das Haus des Königs, das Du belagerst, gib wohl darauf Acht.«

»Saint-George! Haus des Königs?«

»Bei Gott! schaue nur, und Du wirst die Fahne an der Ecke der Bastei sehen. Laß Deine Barken wieder in das Wasser setzen und Deine Leitern in die Barken legen, oder ich schieße. Willst Du plaudern, so konnte allein oder mit Remonenq und wir plaudern beim Frühstück, ich habe einen vortrefflichen Koch auf der Insel Saint-George.«

Ravailly lachte und ermuthigte seine Leute mit dem Blick. Während dieser Zeit schickte sich eine andere Compagnie an, aus den Schiffen zu steigen.

Canolles bemerkte, daß der entscheiden-de Augenblick gekommen war, nahm die feste Haltung und die ernste Miene an, wie es einem mit so schwerer Verantwortlichkeit belasteten Mann geziemte und rief:

»Halt, Ravailly; genug des Scherzes, Nemonenq; kein Wort mehr, keinen Schritt mehr, keine Geberde mehr, oder ich lasse schießen, so wahr, als dies hier die Fahne den Könige ist und Ihr gegen die Lilien von Frankreich marschiert.«

Und die That mit der Drohung verbindend, warf er mit kräftigem Arme die erste Leiter um, welche ihren Kopf über den Steinen des Walles zeigte.

Fünf oder sechs von den eifrigsten Leuten fingen gerade an hinaufzusteigen; der Stoß schleuderte sie nieder. Sie fielen und ihr Sturz veranlaßte ein ungeheures Gelächter unter den Angreifenden und unter den Belagerten: man hätte glauben sollen, es wären Schülerschwänke.

In diesem Augenblick verkündigte ein Signal, daß die Belagerer die Ketten gesprengt hatten, welche den Hafen schossen.

Sogleich nahmen Ravailly und Nemonenq eine Leiter, schickten sich ebenfalls an, in die Gräben hinabzusteigen, und riefen:

»Herbei, Navailles! zu den Sturmleitern! Aufgestiegen!«

»Mein armer Ravailly,« rief Canolles, »halt ein, ich bitte Dich!,«

Aber in demselben Augenblick brach die Landbattery, welche bis jetzt geschwiegen hatte, in Lärmen und Licht aus und eine Kugel riß die Erbe rings um Canolles auf.

»Vorwärts, da sie es durchaus haben wollen,« sprach Canolles seinen Stock ausstreckend; »Feuer, meine Freunde, Feuer auf die ganze Linie.«

Nun sah man, ohne daß man einen einzigen Mann erblickte, eine Reihe von Musketen sich gegen die Brustwehr senken, ein Flammengürtel umhüllte den Kranz der Mauer, während der Donner von zwei ungeheuren Kanonen der Batterie den Herzoge von Larochefoucault antwortete.

Es fielen etwa zehn Mann, aber ihr Sturz verlieh ihren Gefährten statt sie zu entmuthigen, neuen Eifer; die Landbatterie antwortete ihrer Seits der Batterie vom Wall, eine Kugel schlug die königliche Fahne nieder, eine zweite Kugel zerschmetterte einen Lieutenant von Canolles Namens d’Elboin.

Canolles schaute abermals um sich her, sah, daß seine Leute ihre Gewehre wieder geladen hatten, und rief:

»Feuer überall!«

Dieser Befehl wurde mit derselben Pünktlichkeit ausgeführt, wie sein erster.

Zehn Minuten, nachher war keine Scheibe mehr auf der ganzen Insel Saint-George übrig; die Steine zitterten und zersprangen in Stücke; das schwere Geschütz durchlöcherte die Mauern, die Kugeln prallten von den großen Platten ab, und ein dichter Rauch verdunkelte die von Geschrei, Drohungen und Seufzern erfüllte Luft.

Canolles sah, daß die Batterie von Herrn von Larochefoucault seinem Fort am meisten Schaden zufügte, und sagte:

»Vibrac, beschäftigt mit Navailly und laßt ihn in meiner Abwesenheit keinen Zoll Boden gewinnen. Ich laufe zu unseren Batterien.«

Canolles eilte wirklich zu den zwei Kanonen, welche das Feuer von Herrn von Larochefoucault erwiederten, leitete selbst den Dienst, machte sich zum Stücklader, Stückrichter und Commandanten, brachte in einem Augenblick drei Kanonen von sechs zum Schweigen und streckte gegen fünfzig Mann auf das Blachfeld nieder. Die Anderen, welche diesen scharfen Widerstand nicht erwartet hatten, singen an auseinander zu laufen und zu fliehen. Herr von Larochefoucault, der sie wieder zu sammeln suchte, wurde von einem Kieselsplitter getroffen, der ihm den Degen aus der Hand riß.

Als Canolles diesen Erfolg wahrnahm, überließ er den Rest der Arbeit dem Anführer der Artillerie und lief zu dem Sturme zurück, den die Compagnie Navailles unterstützt von den Leuten von d’Espagnet fortsetzte.

Vibrac hielt fest, aber er hatte eine Kugel in die Schulter bekommen.

Die Erscheinung von Canolles wurde mit Freudengeschrei empfangen und verdoppelte den Muth seiner Truppen.

»Vergib,« rief er Ravailly zu, »vergib, wenn ich genöthigt war, Dich einen Augenblick zu verlassen, lieber Freund, aber es geschah, wie Du sehen kannst, um die Kanonen des Herrn Herzogs von Larochefoucault zum Schweigen zu bringen; sei nur ruhig, ich bin wieder hier.«

Und da der Kapitän von Navailles, zu sehr aufgeregt, um den Scherz zu erwiedern, den er überdies vielleicht unter dem furchtbaren Lärmen der Kanonen und Musketen nicht gehört hatte, in diesem Augenblick seine Leute zum dritten Male zum Sturme führte, zog Canolles eine Pistole aus seinem Gürtel und drückte die Hand gegen seinen alten Kameraden ausstreckend, welcher sein Feind geworden war, rasch los.

Die Kugel war von einer festen Hand und von einem sichern Auge gelenkt und zerschmetterte den Arm von Ravailly.

»Ich danke,« rief der Kapitän, welcher gesehen hatte, woher die Kugel kam; »ich danke und werde Dir diese wett machen.«

Aber trotz seiner Selbstbeherrschung war der junge Kapitän genöthigt stille zu stehen, und sein Degen entfielen seinen Händen. Remonenq lief hinzu und faßte ihn in seine Arme.

»Willst Du Dich bei mir verbinden lassen. Ravailly?« rief Canolles, »ich habe einen Wunderarzt, der in keiner Beziehung meinem Koch nachsteht.«

»Nein, ich kehre nach Bordeaux zurück; aber erwarte mich jeden Augenblick, ich verspreche Dir zurückzukommen. Nur werde ich diesmal meine Stunde wählen.«

»Zum Rückzug,« rief Remonenq, »zum Rückzug! man flieht dort. Auf Wiedersehn, Canolles, Ihr habt die erste Partie gewonnen.«

Remonenq sprach die Wahrheit, die Artillerie hatte furchtbare Verheerungen unter den Landtruppen angerichtet, welche bei dieser Affaire wenigstens hundert Mann verloren; die Seetruppen hatten nicht weniger verloren. Den stärksten Verlust hatte jedoch die Compagnie Navailles erlitten, welche, um die Ehre der Uniform aufrecht zu erhalten, stets an der Spitze der Bürger von d’Espagnet marschieren wollte.

Canolles hob seine entladene Pistole in die Höhe und rief:

»Stellt das Feuer ein, last sie ruhig sich zurückziehen; wir haben keine Munition zu verlieren.«

Die Schüsse, welche man ferner abgefeuert hätte, waren wirklich verlorene Schüsse gewesen. Die Angreifenden zogen sich in Eile zurück, ließen ihre Todten an dem Platze und nahmen nur ihre Verwundeten mit. Canolles zählte die Seinigen; er hatte sechzehn Verwundete und vier Todte. Er selbst hatte keine Schramme bekommen.

»Teufel!« sagte er, während er zehn Minuten nachher die freudigen Liebkosungen von Nanon in Empfang nahm, »meine liebe Freundin, man hat nicht gesäumt, mich mein Gouverneurs-Patent gewinnen zu lassen. Welche alberne Schlächterei! Ich habe ihnen wenigstens hundertundfünfzig Mann getödtet und einem meiner besten Freunde den Arm zerschmettert, um ihn zu verhindern, sich völlig todt schießen zu lassen.«

»Ja, erwiederte Nanon, »aber Ihr seid wohlbehalten.«

»Gott sei Dank, und Ihr habt mir ohne Zweifel Glück gebracht, Nanon; aber aufgepaßt vor der zweiten Partie! Die Bordelesen sind hartnäckig, und Navailly und Remonenq haben mir überdies wiederzukommen versprochen.«

»Wohl,« versetzte Nanon, »derselbe Mann commandiert im Fort Saint-George und dieselben Soldaten vertheidigen es; sie mögen kommen und sie werden das zweite Mal noch besser empfangen werden, als das erste Mal; denn nicht wahr, bin dahin habt Ihr Zeit, Eure Vertheidigungsmittel noch zu vermehren?«

 

»Meine Liebe, »sprach Canolles vertraulich zu Nanon, »man lernt einen Platz nur durch den Gebrauch gut kennen; der meinige ist nicht uneinnehmbar, ich habe es bald entdeckt, und wenn ich Herzog von Larochefoucault hieße, so hätte ich die Insel Saint-George morgen früh. Doch hört, d’Elboin wird nicht mit uns frühstücken.«

»Warum?«

»Weil er durch eine Kanonenkugel entzwei gerissen worden ist.«

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