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Der Frauenkrieg

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XIV

Außer Canolles und dem Officier, welcher den Parlamentär gemeldet hatte und nun in einem Winkel neben der Thüre stand, war Niemand mehr in dem Speisesaal.

»Was befiehlt der Herr Gouverneur?« sprach der Officier nach kurzem Stillschweigen.

Canolles, welcher Anfangs in seine Gedanken vertieft geblieben war, bebte bei dieser Stimme, erhob das Haupt und fragte:

»Wo ist der Parlamentär?«

»Im Waffensaal.«

»Wer begleitet ihn?«

»Zwei Wachen von der Bürgermiliz von Bordeaux.«

»Wer ist es?«

»Ein junger Mensch, so viel sich beurtheilen läßt, denn er trägt einen breitkrämpigen Filzhut und ist in einen weiten Mantel gehüllt.«

»Und wie hat er sich angekündigt?«

»Als der Ueberbringer von Briefen der Frau Prinzessin und des Parlaments von Bordeaux.«

»Bittet ihn, einen Augenblick zu warten,« sagte Canolles. »Ich stehe zu Dienst.«

Der Officier entfernte sich, um seinen Auftrag zu vollziehen, und Canolles schickte sich an, ihm zu folgen, als Nanon, ganz bleich und zitternd, aber mit ihrem liebevollen Lächeln erschien und ihn bei der Hand fassend zu dem jungen Manne sagte:

»Ein Parlamentär, mein Freund, was soll das bedeuten?«

»Das soll bedeuten, liebe Nanon, daß die Herren von Bordeaux mich erschrocken oder verführen wollen,«

»Und was habt Ihr beschlossen?«

»Ihn zu empfangen.«

»Könnt Ihr Euch dessen nicht überheben?«

»Unmöglich. Es ist ein Gebrauch, dem man sich nicht entziehen darf.«

»Ah! mein Gott!«

»Was habt Ihr, Nanon?«

»Ich habe bange.«

»Wovor?«

»Sagtet Ihr nicht, dieser Parlamentär komme, um Euch zu erschrocken oder zu verführen?«

»Allerdings; ein Parlamentär taugt nur zu dem einen oder dem andern von diesen zwei Gebräuchen. Habt Ihr bange, er könnte mich erschrecken?»

»Oh! nein; aber er wird Euch vielleicht verführen.«

»Ihr beleidigt mich, Nanon.«

»Ach! mein Freund, ich sage, was ich befürchte.»

»Ihr zweifelt an mir in dieser Hinsicht, und für was haltet Ihr mich denn?«

»Für das, was Ihr seid, Canolles, für ein edles, aber zärtliches Herz.«

»Ah!« sprach Canolles lachend, »was für einen Parlamentär schickt man mir? Sollte es Cupido in Person sein?«

»Vielleicht.«

»Ihr habt ihn also gesehen?«

»Ich habe ihn nicht gesehen, aber seine Stimme gehört; sie ist sehr zart für die Stimme eines Parlamentärs.«

»Nanon, Ihr seid toll, laßt mich meinen Dienst vollziehen; Ihr habt mich zum Gouverneur gemacht . . .«

»Um mich zu vertheidigen, Freund.«

»Haltet Ihr mich für so feig, daß ich Euch verrathen könnte? In der That, Ihr beleidigt mich, daß Ihr so an mir zweifelt.«

»Ihr seid also entschlossen, diesen jungen Mann zu sehen?«

»Ich muß, und wüßte Euch wahrlich wenig Dank, wenn Ihr Euch noch ferner der Erfüllung meiner Pflicht widersetzen würdet.«

»Ihr möget nach Eurem Belieben handeln, mein Freund,« erwiederte Nanon traurig. »Nur noch ein Wort . . .«

»Sprecht.«

»Wo werdet Ihr ihn empfangen?«

»In meinem Cabinet.«

»Canolles, gewährt mir eine Bitte.«

»Welche?«

»Statt ihn in Eurem Cabinet zu empfangen, empfangt ihn in Eurem Schlafzimmer.«

»Was für ein Gedanke!«

»Begreift Ihr nicht?«

»Nein.«

»Mein Zimmer geht in Euren Alkoven.«

»Und Ihr werdet horchen?«

»Hinter den Vorhängen, wenn Ihr es erlaubt.«

»Nanon!«

»Laßt mich in Eurer Nähe bleiben, Freund; ich habe Vertrauen auf mein Gestirn und bringe Euch Glück.«

»Aber, Nanon, wenn dieser Parlamentär . . .«

»Nun?«

»Käme, um mir ein Staatsgeheimniß anzuvertrauen?«

»Könnt Ihr derjenigen, welche Euch ihr Leben und ihr Glück anvertraut hat, nicht ein Staatsgeheimnis anvertrauen?

»Wohl, so hört uns, Nanon, da Ihr es durchaus wollt, aber haltet mich nicht länger zurück, denn der Parlamentär erwartet mich.«

»Geht, Canolles, geht, zuvor aber seid gesegnet für das Gute, das Ihr mir erweist.«

Die junge Frau wollte die Hand ihren Geliebten küssen.

»Tolle,« sprach Canolles, zog sie an seine Brust und küßte sie auf die Stirne. Ihr, werdet also . . .«

»Hinter den Vorhängen Eures Bettes sein. Von dort aus kann ich sehen und hören.«

»Lacht wenigstens nicht, Nanon, denn es sind ernste Dinge.«

»Seid unbesorgt, erwiederte die junge Frau, »ich werde nicht lachen.«

Canolles ab Befehl, den Boten einzuführen, und ging in sein Zimmer, ein weites, unter Karl IX. ausgestattetes Gemach von ernstem Ansehen; zwei Kandelaber brannten auf dem Kamin, warfen aber nur einen schwachen Schein in den ungeheuren Raum; der anstoßende Alkoven lag völlig im Schatten.

»Seid Ihr da, Nanon?« fragte Canolles.

Ein ersticktes, keuchendes Ja gelangte zu ihm.

In diesem Augenblick erschollen Tritte; die Schildwache präsentierte das Gewehr. Der Bote trat ein und folgte mit den Augen demjenigen, welcher ihn eingeführt hatte, bis er mit Canolles allein zu sein glaubte; dann lüpfte er seinen Hut und warf seinen zurück. Alsbald fielen blonde Haare auf reizende Schultern herab; die feine, geschmeidige Gestalt einer Frau erschien unter dem Wehrgehänge und Canolles erkannte an ihrem sanften, traurigen Blick die Vicomtesse von Cambes.

»Ich habe Euch gesagt, ich würde Euch wiederfinden, und halte mein Wort,« sprach sie. »Hier bin ich.«

Canolles schlug mit einer Bewegung des Staunens und der Furcht die Hände an einander, sank auf einen Stuhl und murmelte:

»Ihr! Ihr! . . . Oh! mein Gott, was habt Ihr gemacht, was wollt Ihr hier?«

»Ich will Euch fragen, ab Ihr Euch meiner noch erinnert?«

Canolles stieß einen Seufzer aus und hielt seine Hände vor die Augen, um diese zugleich bezaubernde und unselige Erscheinung zu beschwören.

Nun war ihm Alles klar: die Furcht, die Blässe, das Zittern von Nanon und besonders ihr Verlangen, der Zusammenkunft beizuwohnen. Nanon hatte mit den Augen der Eifersucht eine Frau in dem Parlamentär erkannt.

»Ich will Euch fragen,« fuhr Claire fort, »ob Ihr bereit seid die Verpflichtung, die Ihr gegen mich in dem kleinen Zimmer in Jaulnay übernommen habt, zu erfüllen, von der Königin Eure Entlassung zu nehmen und in den Dienst der Prinzen zu treten?«

»Oh! Stille! Stille! Madame,« rief Canolles.

Claire schauderte bei dem Ausdrucke des Schreckens, der sich in dem Zittern der Stimme des jungen Mannes offenbarte, schaute unruhig umher und fragte:

»Sind wir nicht allein hier?«

»O ja, doch! Madame,« erwiederte Canolles; »kann und aber nicht Jemand durch diese Wände hören?«

»Ich hielt die Mauern des Fort Saint-George für stärker,« sagte Claire lächelnd.

Canolles antwortete nicht.

»Ich bin also gekommen, um Euch zu fragen,« fuhr Claire fort, »warum ich in den acht bis zehn Tagen, die Ihr hier seid, nicht von Euch habe sprechen hören, so daß ich gar nicht wüßte, wer auf der Insel Saint-George kommandiert, wenn mich nicht der Zufall oder das öffentliche Gerücht belehrt hätte, es sei der Mann, der mir vor kaum zwölf Tagen geschworen hat, die Ungnade, die er sich zugezogen, wäre ein Glück, denn sie gestattete ihm, seinen Arm, seinen Muth, sein Leben der Partei zu widmen, der ich angehöre.«

Nanon konnte sich einer Bewegung nicht erwehren, welche Canolles beben und Frau von Cambes sich umdrehen machte.

»Was ist das?« fragte diese.

»Nichts,« antwortete Canolles, »ein gewöhnliches Geräusch in diesem alten Zimmer voll unheimlichen Krachens.«

»Wenn es etwas Anderes ist,« sprach Claire, ihre Hand auf den Arm von Canolles legend, »so verbergt es mir nicht, Baron, denn Ihr begreift, von welcher Bedeutung von dem Augenblick an, wo ich mich entschloß, Euch selbst aufzusuchen, die Unterredung ist, die wir haben werden.«

Canolles trocknete den Schweiß, der von seiner Stirne lief, suchte zu lächeln und sagte:

»Sprecht; ich bitte Euch.«

»Ich wollte Euch also an dieses Versprechen erinnern und Euch fragen, ob Ihr bereit seid, es zu halten?«

»Ach! Madame, die Sache ist unmöglich geworden.«

»Warum?«

»Weil seit jener Zeit viele unerwartete Ereignisse eingetreten sind, viele Bande, welche ich für zerrissen hielt, sich wieder geknüpft haben; an die Stelle der Strafe, welche ich zu verdienen glaubte, hat die Königin eine Belohnung gesetzt, der ich nicht würdig war. Heute bin ich an die Partei Ihrer Majestät durch die . . . Dankbarkeit gebunden.«

Ein Seufzer durchdrang die Luft, die arme Nanon erwartete ohne Zweifel ein anderes Wort als das, welches ausgesprochen wurde.

»Sagt durch den Ehrgeiz, Herr von Canolles, und ich werde das begreifen; Ihr seid von adeligem Geblüt; man hat Euch mit achtundzwanzig Jahren zum Oberstlieutenant und Gouverneur einer Festung gemacht; das ist schön, ich weiß es wohl; aber es ist nur die natürliche Belohnung für Euer Verdienst; dieses Verdienst schätzt jedoch nicht allein Herr von Mazarin . . .«

»Madame, kein Wort mehr, ich bitte Euch.«

»Entschuldigt, mein Herr, diesmal ist es nicht mehr die Vicomtesse von Cambes, welche mit Euch spricht, es ist die Abgesandtin der Frau Prinzessin, die einen Auftrag an Euch übernommen hat und ihre Botschaft erfüllen muß.«

»Sprecht, Madame,« erwiederte Canolles mit einem Seufzer, der einem Stöhnen glich.

»Die Frau Prinzessin, vertraut mit den Gefühlen, die Ihr mir zuerst in Chantilly und dann in Jaulnay kundgegeben habt, ängstlich besorgt, zu erfahren, welcher Partei Ihr wirklich angehört, beschloß, Euch einen Parlamentär zu schicken und einen Versuch auf Euren Platz zu machen; diesen Versuch, welchen ein anderer Parlamentär auf eine etwas unpassende Weise gemacht haben dürfte, übernahm ich; denn ich dachte, in Eure geheimsten Gedanken in dieser Hinsicht eingeweiht, könnte ich ihn besser, als irgend Jemand ausführen.«

 

»Ich danke, Madame,« sprach Canolles, »seine Brust mit der Hand zerfleischend, denn während der kargen Zwischenräume des Gesprächs vernahm er den keuchenden Athem von Nanon.

»Hört also, was ich Euch im Namen der Frau Prinzessin vorschlage, denn geschähe es in dem meinigen,« fuhr Claire mit ihrem bezaubernden Lächeln fort, »so würde ich die Ordnung der Vorschläge umkehren.«

»Ich höre,« sprach Canolles mit dumpfem Tone.

»Ihr übergebt die Insel Saint-George gegen eine von den drei Bedingungen, die ich Eurer Wahl anheimstelle. Die erste ist . . . erinnert Euch wohl, nicht ich spreche so: eine Summe den zweimal hunderttausend Livres.«

»Oh! Madame, geht nicht weiter,« sagte Canolles, bemüht das Gespräch abzubrechen. »Die Königin hat mich mit einem Commando beauftragt; diesen Commando ist die Insel Saint-George, und ich werde sie bis zum Tod vertheidigen.«

»Erinnert Euch der Vergangenheit,« rief Claire traurig, »das sagtet Ihr mir nicht bei unserer letzten Zusammenkunft, als Ihr mir den Antrag machtet Alles zu verlassen, um mir zu folgen, als Ihr bereite die Feder in der Hand hieltet, um denjenigen, welchen Ihr heute Euer Leben opfern wollt, Eure Entlassung anzubieten.«

»Ich konnte das anbieten, Madame, als es mir noch frei stand, meinen Weg zu wählen; heute bin ich nicht mehr frei . . .«

»Ihr seid nicht mehr frei!« rief Claire erbleichend, »wie versteht Ihr das? was wollt Ihr damit sagen?«

»Ich will damit sagen, daß ich durch die Ehre gebunden bin.«

»Wohl, so hört meinen zweiten Vorschlag.«

»Wozu? habe ich Euch nicht bereits wiederholt, ich wäre unerschütterlich in meinem Entschluß? Versucht mich also nicht ferner.«

»Verzeiht, mein Herr,« entgegnete Claire, »ich habe auch eine Sendung und muß sie bis zum Ende erfüllen.«

»Thut es,« murmelte Canolles, »aber in der That, Ihr seid sehr grausam.«

»Fordert Eure Entlassung, und wir werden sodann nachdrücklicher auf Euren Nachfolger einwirken als auf Euch. In einem, in zwei Jahren nehmt Ihr wieder Dienst unter dem Herrn Prinzen mit dem Grade eines Brigadier.«

Canolles schüttelte traurig den Kopf und erwiederte:

»Ach! Madame, warum verlangt Ihr nur unmögliche Dinge von mir?«

»Mir antwortet Ihr das? in der That, ich verstehe Euch nicht, mein Herr. Wart Ihr nicht im Begriff, Eure Entlassung zu unterzeichnen? Sagtet Ihr nicht zu derjenigen, welche damals bei Euch war und Euch mit so viel Freude zuhörte, Ihr nehmt sie freiwillig und aus dem Grunde Eures Herzens? Warum solltet Ihr also nicht hier thun, wenn ich es von Euch fordern, wenn ich Euch darum bitte, was Ihr in Jaulnay zu thun vorgeschlagen habt?«

Alle diese Worte drangen wie Dolchstiche in das Herz der armen Nanon, und Canolles fühlte, wie sie eindrangen.

»Was damals eine Handlung ohne Belang war, wäre heute ein Verrath, ein schändlicher Verrath!« sagte Canolles mit dumpfer Stimme. »Nie werde ich die Insel Saint-George übergeben! nie werde ich meine Entlassung nehmen!«

»Wartet, wartet,« sprach Claire mit ihrem sanftesten Tone, während sie jedoch unruhig umherschaute, denn dieser Widerstand von Canolles, und besondere der Zwang, der denjenigen zu drücken schien, welcher ihn leistete, kamen ihr seltsam vor. »Hört noch den letzten Vorschlag, mit welchem ich anfangen wollte, denn ich wußte und habe zum Voraus gesagt, Ihr windet die zwei ersten zurückweisen; die materiellen Vortheile, . . . ich bin glücklich, daß ich es errathen habe, sind keine Dinge, welche ein Herz, wie das Eurige, in Versuchung führen; Ihr braucht andere Hoffnungen, als die des Ehrgeizes und des Vermögens; edle Instinkte bedürfen edler Belohnungen. Hört also . . .«

»In des Himmels Namen, Madame, habt Mitleid mit mir!« sagte Canolles und machte eine Bewegung um sich zurückzuziehen.

Claire glaubte, er wäre erschüttert, und in der Ueberzeugung, das, was sie ihm sagen wollte, müßte Ihren Sieg vollenden, hielt sie ihn zurück und fuhr fort:

»Wenn man Euch statt eines gemeinen Interesses ein reineres ehrenhafteres Interesse böte; wenn man Euch Eure Entlassung, die Ihr ohne Schmach nehmen könnt, denn da die Feindseligkeiten noch nicht begonnen haben, so ist diese Entlassung weder ein Abfall, noch eine Treulosigkeit, sondern eine einfache Wahl, wenn man Euch, sage ich, Eure Entlassung mit einer Verbindung bezahlen würde; wenn eine Frau, der Ihr gesagt habt, Ihr liebtet sie, und die trotz dieser Schwüre Eure Leidenschaft nie offen erwiederte, zu Euch spräche: »»Herr von Canolles, ich bin frei, ich bin reich, ich liebe Euch, werdet mein Gatte . . . gehen wir mit einander, gehen wir, wohin Ihr wollt, fern von allen bürgerlichen Zwistigkeiten, an irgend einen Ort außerhalb Frankreich, . . .«« nun, Herr von Canolles, würdet Ihr diesmal nicht einwilligen?«

Trotz der Röthe, trotz des reizenden Zögerns von Claire, trotz der Erinnerung an das hübsche kleine Schloß Cambes, das er dort seinem Fenster aus hatte sehen können, wenn nicht während der von uns mitgetheilten Scene die Nacht vom Himmel herabgestiegen wäre, blieb Canolles fest und unerschütterlich in seinem Entschluß, denn er sah von ferne, bleich im Schatten, den Kopf der vor Angst zitternden Nanon aus den gothischen Vorhängen hervorkommen.

»Antwortet mir doch in des Himmels Namen!« fuhr die Vicomtesse fort; »ich kann Euer Stillschweigen gar nicht begreifen. Seid Ihr nicht der Herr Baron von Canolles? Seid Ihr nicht derselbe Mann, der mir in Chantilly gesagt hat, er liebe mich? der es mir in Jaulnay wiederholte, der mir schwur, er liebe nur mich auf der ganzen Welt und sei bereit, mir jede andere Liebe zu opfern? Sprecht! sprecht! antwortet in des Himmeln Namen. Antwortet doch.«

Es ließ sich ein Seufzer hören, der diesmal so verständlich, so deutlich war, daß Frau von Cambes nicht zweifeln konnte, es wohne eine dritte Person der Unterredung bei; ihre erschrockenen Augen folgten der Richtung der Augen von Canolles, und dieser vermochte seine Blicke nicht so rasch abzuwenden, daß die Vicomtesse, von denselben geleitet, nicht den bleichen, unbeweglichen Kopf, diese geisterartige Form bemerkt hätte, welche keuchend allen Phasen den Gesprächen folgte.

Die zwei Frauen wechselten durch die Dunkelheit einen Flammenblick und stießen beide einen Schrei aus.

Nanon verschwand.

»Frau von Cambes ergriff hastig ihren Hut und ihren Mantel, wandte sich gegen Canolles und sprach:

»Mein Herr, ich begreife nun das, was Ihr Pflicht und Dankbarkeit nennt; ich begreife, welche Pflicht hintanzusetzen oder zu verrathen Ihr Euch geweigert; ich begreife, daß es für jede Verführung unzugängliche Neigungen gibt, und überlasse Euch ganz diesen Neigungen, dieser Macht, dieser Dankbarkeit. Lebt wohl, mein Herr; lebt wohl.«

Sie machte eine Bewegung, um sich zu entfernen, ohne daß Canolles sie aufzuhalten suchte; aber eine schmerzliche Erinnerung hielt sie zurück.

»Noch einmal, mein Herr,« sagte sie, »im Namen einer Freundschaft, die ich Euch für den Dienst schuldig bin, den Ihr mir zu leisten die Güte gehabt habt, im Namen der Freundschaft, die Ihr mir für den Dienst, weichen ich Euch leistete, schuldig seid, im Namen aller Derer, welche Euch lieben und welche Ihr liebt, ich nehme Niemand aus, macht nicht, daß es zum Kampfe kommt; morgen, übermorgen vielleicht wird man Euch in Saint-George angreifen; bereitet mir nicht den Schmerz, Euch besiegt oder todt zu wissen.«

Canolles bebte und erwiederte aus seiner Verwirrung erwachend:

»Madame, ich danke Euch auf den Knieen für die Versicherung, die Ihr mir über diese Freundschaft gegeben habt, welche mir kostbarer ist, als ich Euch sagen kann. Oh! mein Gott, man komme, man greife mich an. Oh! ich rufe den Feind mit heißerem Eifer herbei, als er je an den Tag legen wird, um mit mir zusammenzutreffen. Ich bedarf des Kampfes, ich bedarf der Gefahr, um mich in meinen eigenen Augen zu erheben; es komme der Kampf, es komme die Gefahr, es komme selbst der Tod; der Tod wird mir willkommen sein, da ich weiß, daß ich reich durch Eure Freundschaft, stark durch Euer Mitleid und geehrt durch Eure Achtung sterben werde.«

»Lebet wohl, mein Herr,« sprach Claire und wandte sich der Thüre zu.

Canolles folgte ihr. Mitten in dem düsteren Gange ergriff er ihre Hand und sprach mit so leiser Stimme, daß er selbst Mühe hatte, seine Worte zu hören:

»Claire, ich liebe Euch mehr, als ich Euch je geliebt habe, aber das Unglück will, daß ich Euch diese Liebe nur beweisen kann, indem ich fern von Euch sterbe.«

Ein kurzen ironisches Lachen war für den Augenblick die einzige Antwort von Frau von Cambes; aber kaum befand sie sich außerhalb des Schlosses, als ein schmerzlichen Schluchsen sich aus ihrer zerrissenen Brust hervordrängte, und sie rief die Hände ringend:

»Ah! er liebt mich nicht, nein Gott! er liebt mich nicht. Und ich, ich Unglückliche liebe ihn!«

XV

Als Canolles Frau von Cambes verließ, kehrte er in seine Wohnung zurück. Nanon stand bleich und unbeweglich mitten im Zimmer. Canolles ging mit einem traurigen Lächeln auf sie zu; je näher er zu ihr kam, desto mehr bog Nanon das Knie: er reichte ihr die Hand, sie fiel zu seinen Füßen.

»Verzeiht mir,« sprach sie, »verzeiht mir, Canolles! Ich habe Euch hierher gebracht, ich habe Euch diesen schwierigen und gefährlichen Posten übergeben lassen; werdet Ihr getödtet, so bin ich die Ursache Eures Todes. Ich bin eine Selbstsüchtige und dachte nur an mein Glück. Verlaßt mich, geht.«

Canolles hob sie sachte auf und erwiederte:

»Ich Euch verlassen! nie, Nanon, nie, Ihr seid mir heilig; ich habe geschworen, Euch zu beschützen, zu verteidigen, zu retten; und ich werde Euch vertheidigen, oder ich sterbe.

»Sprichst Du dies aus dem Grunde Deines Herzens, Canolles ohne Zögern, ohne Bedauern?«

»Ja,« antwortete Canolles lächelnd.

»Ich danke, mein würdiger, mein edler Freund, ich danke. Siehst Du, diesen Leben, an das ich mich anklammerte, ich würde es Dir heute ohne eine Klage opfern; denn seit heute erst weiß ich, was Du für mich gethan hast. Man bot Dir Geld; gehören meine Schätze nicht Dir? Man bot Dir Liebe; kann es in der Welt eine Frau geben, welche Dich lieben wird, wie ich Dich liebe? Man bot Dir einen Grad! Höre, man wird Dich angreifen. Gut wir wollen Soldaten anwerben, Waffen und Munition aufhäufen, unsere Kräfte verdoppeln, uns vertheidigen. Ich werde für meine Liebe kämpfen. Du kämpfst für Dein Glück. Du wirst sie schlagen, mein braver Canolles; Du wirst machen, daß die Königin sagt, sie habe keinen tapfereren Kapitän, als Du bist; Deine Beförderung übernehme ich, und wenn Du reich, mit Ruhm und Ehre beladen bist, magst Du mich verlassen; ich werde meine Erinnerungen zum Troste haben.«

So sprechend schaute Nanon Canolles an und erwartete die Antwort, welche die Frauen immer auf überspannte Reden erwarten, das heißt, eine Antwort so toll und überspannt als diese Reden. Aber Canolles senkte traurig den Kopf und erwiderte:

Nanon, nie werdet Ihr einen Schaden erleiden, nie werdet Ihr eine Schmach erdulden, so lange ich auf der Insel Saint-George lebe. Beruhigt Euch also, denn Ihr habt nichts zu befürchten.«

»Ich danke sprach Nanon, »obgleich dies nicht Alles ist, was ich fordere.«

Dann ganz leise:

»Ach! ich bin verloren, er liebt mich nicht mehr.«

Canolles erhaschte einen Flammenblick der wie ein Blitz schimmert, jene furchtbare Blässe einer Sekunde, welche so viel Schmerz enthüllt.

»Wir wollen ganz und gar edelmüthig sein,« sagte er zu sich selbst, »sonst wären wir ehrlos! Komm Nanon,« fuhr er fort, »komm meine Freundin; wirf Deinen Mantel über Deine Schultern, nimm Deinen Männerhut, die Nachtluft wird Dir wohlthun. Ich kann jeden Augenblick angegriffen werden, und will meine Runde machen.«

Zitternd vor Freude kleidete sich Nanon wie ihr Geliebter es ihr sagte, und folgte ihm.

Canolles war ein wahrer Kapitän. Beinahe als Kind in den Dienst eingetreten, hatte er ein wirkliches Studium in seinem rauhen Gewerbe gemacht. Er visitierte auch die Festung nicht allein als Commandant, sondern ebenso als Ingenieur. Die Officiere die ihn als Günstling hatten ankommen sehen und es mit einem Parade-Gouverneur zu thun zu haben glaubten, wurden einer nach dem andern von ihm über alle Vertheidigungs- und Angriffsmittel befragt. Sie sahen sich genöthigt, in dem frivolen jungen Manne einen erfahrenen Kapitän anzuerkennen; die Aeltesten sprachen voll Achtung mit ihm. Das Einzige was sie Canolles vorwerfen konnten, war die Weichheit seiner Stimme, wenn er Befehle gab, und seine außerordentliche Höflichkeit, wenn er fragte. Sie befürchteten diese Höflichkeit könnte eine Maske der Schwäche sein. Da jedoch Alle die dräuende Gefahr fühlten, so wurden die Befehle des Gouverneur mit einer pünktlichen Schnelligkeit ausgeführt, welche dem Chef dieselbe Ansicht von seinen Soldaten gab, die sie von ihm gefaßt hatten. Eine Compagnie Pioniere war im Verlaufe des Tags eingetroffen. Canolles ertheilte Befehl zu Arbeiten, welche sogleich angefangen wurden. Vergebens versuchte es Nanon ihn in das Fort zurückzuführen, um ihm die Anstrengung einer auf diese Art zugebrachten Nacht zu ersparen; Canolles setzte seine Runde fort und verabschiedete auf eine sanfte Weise Nanon, indem er von ihr verlangte, daß sie nach Hause kehre. Nachdem er sodann noch drei bis vier Kundschafter abgeschickt hatte, welche ihm von dem Lieutenant als die Gescheitesten im Dienste empfohlen wurden, legte er sich auf einen Steinblock, um die Arbeiten zu beaufsichtigen.

 

Während aber seine Augen maschinenmäßig der Bewegung der Karfie und Hacken folgten, verweilte sein Geist, den materiellen, in der Ausführung begriffenen Dingen entrissen, ganz und gar nicht allein bei den Ereignissen des Tages, sondern auch bei allen den seltsamen Abenteuern, deren Held er seit dem Tage gewesen war, wo er Frau von Cambes zum ersten Male gesehen hatte. Doch seltsamer Weise ging sein Geist nicht darüber hinaus; es kam ihm vor, als hätte er erst von dieser Stunde zu leben angefangen; als hätte er bis dahin in einer andern Welt mit niedrigeren Instinkten, mit unvollständigen Empfindungen gelebt. Von dieser Stunde war in seinem Leben ein Licht, das Allem einen neuen Anblick verlieh, und in diesem neuen Tage wurde Nanon, die arme Nanon unbarmherzig einer andern Liebe geopfert, einer Liebe heftig von ihrer Entstehung an, wie alle solche Leidenschaften, die sich des ganzen Lebens bemächtigen, in welchen sie eingetreten sind.

Nach schmerzhaften Betrachtungen, vermischt mit himmlischem Entzücken bei dem Gedanken, daß er von Frau von Cambes geliebt sei, gestand sich Canolles, nur die Pflicht allein schreibe ihm vor, ein Mann von Ehre zu sein, und die Freundschaft, welche er für Nanon hege, lege kein Gewicht in die Waagschale bei seiner Entschließung.

Arme Nanon! Canolles nannte sein Gefühl für sie Freundschaft. Die Freundschaft kommt aber in der Liebe der Gleichgültigkeit sehr nahe.

Nanon wachte ebenfalls, denn sie hatte sich nicht entschließen können, zu Bette zu gehen; am Fenster stehend, in einen Nachtmantel gehüllt, um nicht gesehen zu werden, verfolgte sie nicht den traurigen, verschleierten Mond, wie er durch die Wolken hinglitt, nicht die anmuthig von dem Nachtwinde gewiegten hohen Pappelbäume, nicht die majestätische Garonne, welcher eher ein rebellischer Vasall, der sich erhebt, um seinen Herrn zu bekriegen, als ein treuer, dem Ocean seinen Tribut überbringender Sklave zu sein scheint, sondern die langsame, peinliche Arbeit, die sich gegen sie in dem Geiste ihres Geliebten bewerkstelligte; sie erblickte in der braunen, auf dem Steine sich abzeichnenden Gestalt, in dem unbeweglichen, vor einer Leuchtpfanne gekauerten Schatten das lebendige Gespenst ihres vergangenen Glückes; sie, die einst so Energische, so Stolze, so Gewandte, hatte nun ihre ganze Gewandheit, ihren ganzen Stolz, ihre ganze Energie verloren; man hätte glauben sollen, ihre durch die Empfindung ihres Unglücks angespannten Sinne erlangten das doppelte Maß ihrer Schärfe; sie fühlte die Liebe im Grunde des Herzens ihres Geliebten keimen, wie Gott, sich auf das unermeßliche Himmelsgewölbe neigend, den Grashalm in den Eingeweiden der Erbe keimen fühlt.

Der Tag brach an; Canolles kehrte jetzt erst in sein Zimmer zurück; Nanon war wieder in das ihrige gegangen, und er wußte also nicht, was sie die Nacht hindurch gemacht hatte; er kleidete sich nun sorgfältig an, versammelte abermals die Garnison, besuchte bei Tag die verschiedenen Batterien und besonders diejenige, welche das linke Ufer der Garonne beherrschte, ließ den kleinen Hafen durch Ketten schließen, richtete mit Falkonetten und Espingolen beladene Schaluppen, lies seine Mannschaft die Revue passieren, belebte sie mit seinem so farbenreichen, so hochherzigen Worte, und konnte somit erst gegen zehn Uhr zurückkehren.

Nanon erwartete ihn ein Lächeln auf den Lippen: es war nicht mehr die stolze, gebieterische Nanon, deren Launen selbst Herrn von Epernon zittern machten; es paar eine schüchtern Liebende, eine furchtsame Sklavin, die nicht einmal mehr darauf Anspruch machte, daß man sie liebte, sondern nur verlangte, das man ihr zu lieben erlaubte.

Der Tag verging ohne ein anderes Ereignis, als die verschiedenen Entwickelungen des innern Dramas, das im Herzen von jedem der zwei jungen Leute spielte. Die von Canolles abgesandten Läufer kamen einer nach dem andern zurück. Keiner brachte eine bestimmte Nachricht; es herrschte nur große Aufregung in Bordeaux, und offenbar bereitete sich daselbst irgend Etwas vor.

Frau von Cambes hatte wirklich bei ihrer Rückkehr in die Stadt, die einzelnen Umstände ihrer Unterredung in den geheimsten Falten ihres Herzens verbergend, Lenet den Erfolg mitgetheilt. Die Bordelesen verlangten mit lauter Stimme, man sollte sich der Insel Saint-George bemächtigen. Das Volk erbot sich in Masse, an der Expedition Theil zu nehmen. Die Häupter hielten dasselbe nur unter dem Vorwande zurück, es fehle noch an einem Kriegsmanne, um die Expedition zu leiten, und an regelmäßigen Soldaten, welche dieselbe unterstützen könnten. Lenet benützte diesen Augenblick, um den Namen der Herzoge durchgleiten zu lassen und ihr Heer anzubieten: diese Eröffnung wurde mit der größten Begeisterung aufgenommen, und selbst diejenigen, welche am Tage zuvor dafür gestimmt hatten, daß man ihnen die Thore verschließe, riefen sie nun mit gewaltigem Geschrei herbei.

Lenet überbrachte eiligst diese gute Nachricht der Prinzessin, welche sogleich ihren Rath versammelte.

Claire schützte Müdigkeit vor, weil sie an keiner Entschließung gegen Canolles Theil zu nehmen genöthigt sein wollte, und zog sich in ihr Zimmer zurück, um nach Belieben weinen zu können.

Von diesem Zimmer aus hörte sie das Geschrei und die Drohungen des Volkes. Alles dieses Geschrei, alle diese Drohungen waren gegen Canolles gerichtet.

Bald erscholl die Trommel; die Compagnien versammelten sich, die Juraten ließen das Volk bewaffnen, welches Piken und Büchsen verlangte; man zog die Kanonen aus dem Arsenal, man theilte Pulver aus, und zweihundert Schiffe hielten sich bereit, mit Hilfe der Nachtfluth die Garonne hinaufzufahren, während dreitausend Mann, am linken Ufer marschierend, zu Land angreifen würden.

Die Seearmee sollte von d’Espagnet, Rath im Parlament, einem braven und verständigen Mann, und die Landarmee von Herrn von Larochefoucault befehligt werden, welcher so eben mit beinahe zweitausend Edelleuten in die Stadt eingezogen war. Der Herzog von Bouillon sollte erst zwei Tage nachher mit zweitausend weiteren Streitern eintreffen. Der Herzog von Larochefoucault betrieb den Angriff so sehr als er konnte, damit sein College sich nicht dabei befände.

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