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Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters

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Die Wache Georgs war beendigt; er kam und setzte sich neben seinen Sohn, und ein anderer löste ihn ab. Ich hörte nun, daß der junge Mann dem Greise alle Einzelheiten des Kampfes erzählte. Während dieses Berichtes glänzten die Augen Georgs gleich glühenden Kohlen. Als er geendigt hatte, bot Louise dem Verwandten: einige unserer Pelze an, um sich einzuhüllen, aber er schlug es aus, legte seinen Kopf auf die Schulter des Greises, und entschlief.

Wir waren so ermüdet, daß wir es bald eben so machten, und wir erwachten gegen fünf Uhr Morgens wieder, ohne daß irgend ein Verfall unseren Schlaf gestört hätte.

Unsere Führer hatten schon die Hälfte der Wagen und unseren Schlitten angespannt. Da der Berg minder steil als am Tage zuvor war, so hofften sie, daß sie dieses Mal nur zwei Reisen zu machen nöthig hätten. Georg nahm, wie er es schon gethan hatte, den Zügel unseres vordersten Pferdes, und führte die Karawane an; sein Sohn und ein anderer Fuhrmann gingen mit ihren langen Spießen voraus, um den Boden zu untersuchen. Gegen Mittag langten wir auf dem höchsten Punkte, nicht des Gebirges, aber des Fahrweges an. Es wer Zeit, Halt zu machen, wenn wir wollten, daß der übrige Theil der Wagen uns vor der Nacht einholen sollte. Wir blickten um uns, um zu sehen, ob wir nicht, wie am Tage zuvor, einige Bäume finden könnten; aber so weit auch der Blick reichen konnte, der Berg war kahl; es wurde deute nach beschlossen, daß der zweite Zug eine hinreichende Ladung Holz mitbrächte, nicht allein, um das Nachtessen zu bereiten, sondern auch, um während der ganzen Nacht Feuer zu unterhalten.

Was uns anbelangt, so waren wir untröstlich, daß wir diesen Gedanken nicht von Anfang an gehabt, und wir waren eben beschäftigt, aus vier in den Boden gesteckten Spießen, und der Leinwand, welche einen der Wagen bedeckte, so gut als möglich eine Art von Zelt zu errichten, als wir den Sohn Georgs zurückkehren sahen, der mit zwei ganz mit Holz beladenen Pferden in vollem Trabe daher kam. Diese wackeren Leute hatten an uns gedacht, und in der Voraussicht, daß uns die Zeit ohne Feuer sehr lang vorkommen würde, sandten sie uns Brennmaterialien. Das Zelt war fertig, wir scharrten wie gewöhnlich den Schnee weg, und Georgs Sohn grub ein viereckiges Loch von ohngefähr einem Fuß Tiefe in die Erde, zündete eine erste Welle über dieser Höhlung an; als die Welle verbrannt war, füllte er das Loch zur Hälfte mit glühenden Kohlen, legte zwei von den Klauen des Bären, den er am Abends zuvor getödtet, darauf, bedeckte sie wieder mit glühenden Kohlen, wie er es mit Kartoffeln oder Kastanien gemacht haben würde, und legte hernach auf diese Art von Feldbackofen eine zweite Welle, die nach Verlauf von zwei Stunden Nichts mehr als ein Haufen von Asche und Kohlen war.

Inzwischen und während er die Vorbereitungen zum Nachtessen traf, ging unser Koch häufig nach der Oeffnung des Zeltes, um das Wetter zu untersuchen; in der That, der Himmel bedeckte sich mit Wolken, und eine finstere Stille herrschte in der Atmosphäre, welcher irgend eine Veränderung für die Nacht andeutete; jede Veränderung aber konnte uns in unserer Lage nur nachtheilig sein. Als demnach der zweite Zug anlangte, so versammelten sich die Fuhrleute zu einer Berathung, indem sie den Himmel untersuchten und die Hand nach dem Winde ausstreckten, um zu wissen, ob er nicht irgendeine bestimmte Richtung annehme; das Resultat war ohne Zweifel sehr wenig befriedigend, denn sie setzten sieh betrübt zum Feuer. Da ich in Gegenwart Louisens nicht den Schein haben wollte, diese Besorgniß zu theilen, so trug ich Iwan auf, sich nach dem zu erkundigen, was sie befürchteten; Iwan kam einen Augenblick nachher zurück, um mir zusagen, daß das Wetter mehr Schnee andeutet sie fürchteten demnach für den folgenden Tag, außer den Sturmwinden und den Lawinen, ihren Weg nicht genau befolgen zu können, und da der ganze Weg bergab mit Abgründen begränzt war, so konnte das geringste Abweichen von demselben verderblich werden. Das war gerade die Gefahr, welche ich fürchtete, die Nachricht fand mich demnach ganz vorbereitet.

Welche Besorgnisse unsere Reisegefährten auch haben mochten, der Hunger verlor inzwischen seine Rechte nicht; kaum hatten sie sich demnach ans das Kohlenfeuer niedergelassen, als sie Stücken von dem Bären abzuschneiden begannen, welche sie auf den Kohlen ausbreiteten. Was uns anbelangt, so sparte man uns ein köstliches Mahl auf, das waren die in der Asche gebratenen Klauen; als derjenige, welcher sich zu unserem Koch aufgeworfen, sie für gar hielt, schob er vorsichtig die sie bedeckenden Kohlen weg, und zog eine nach der anderen ans der Asche.

Auch dieses Mal, – der Leser wird sieh erinnern, das ich bereits bei der in der Nähe von St. Petersburg veranstalteten Bärenjagd, zu der Graf Waninkoff mich mitgenommen, von diesem Gericht gegessen hatte, – gestehe ich, war der Eindruck wenig einladend, die Klauen waren übermäßig dick geworden und zeigten eine unförmliche und wenig anziehende Masse. Nachdem er sie ganz rauchend auf einen tannenen Klotz gelegt, den seine Gefährten am Abende vorher gesägt und mitgebracht hatten, um uns eine Art von Tisch zu machen, begann unser Koch mit seinem Messer die sie bedeckende Kruste abzuschälen. Da inzwischen in dem Maaße, als er dieses Werk vollzog, sich ein äußerst kräftiger Geruch verbreitete, so kam ich um so mehr bald von meiner Meinung zurück, als ich einen wüthenden Hunger fühlte, da ich seit dem Morgen Nichts als ein wenig Brod und rohen Schinken gegessen hatte. Was Louisen anbelangt, so betrachtete sie diese ganzen Vorbereitungen mit einem sichtlichen Widerwillen, und hatte bestimmt erklärt, daß sie nur Brod essen würde.

Als das Mahl bereit war, hätte unglücklicher Weise der Anblick mich beinahe den Appetit verlieren lassen, den der Geruch aufgeregt hatte; in der That machten die von ihrer Haut entschälten Bärenklauen den Eindruck von ein Paar Riesenhänden. Ich blieb demnach zum großen Erstaunen der Zuschauer einen Augenblick lang unentschlossen, angezogen durch den Geruch, zurückgestoßen durch die Gestalt, und sehr verlangend, einen Vorkoster zu diesem so sehr gepriesenen Gerichte zu haben. Ich wandte mich demnach an Iwan, dem mit einer sichtlichen Begierde nach diesem Braten gelüsten, und gab ihm ein Zeichen, davon zu kosten; er ließ sieh dies nicht zwei Mal sagen, lieh von seinem Nachbar Gabel und Messer, und schnitt mit sichtlichem Behagen eine der beiden Klauen an; da man sich weder über seine uninteressierte Zuversicht, noch über seine augenscheinliche Zufriedenheit täuschen konnte, so machte ich es ebenso, als er, und bei dein ersten Bissen war ich gezwungen, zu gestehen, daß Iwan vollkommen Recht hatte.

Ueber Louisen vermogten weder unser Beispiel, noch unsere Bitten das Geringste; sie begnügte sich, ein wenig Brod und gebratenen Schinken zu essen, und da sie keinen Branntwein trinken wollte, so löschte sie ihren Durst mit Schnee.

Mittlerweile war die Nacht herbeigekommen, und die immer wachsende Dunkelheit deutete an, daß das Wetter immer trüber wurde; die Pferde drängten sich mit einer Art von instinktmäßiger Angst an einander, und von Zeit zu Zeit zogen Windstöße vorüber, die unser Zelt mit sich fortgerissen hätten, wenn unsere vorsichtigen Gefährten nicht besorgt gewesen wären, es an einen Felsen zu lehnen; wir trafen Nichts desto weniger unsere Anstalten zum Schlafen, wenn die Sache uns möglich wäre. Da das Zelt keine genügende Zufluchtsstätte für eine Frau bot, so kehrte Louise in ihren Schlitten zurück, dessen Oeffnung ich mit der Haut des gestern getödteten Bären verschloß, und kehrte in das Zelt zurück, das unsere Fuhrleute verlassen hatten, indem sie behaupteten, daß sie sich sehr gut unter ihren Wagen befänden. In der That war das Zelt zu klein, um sie alle zu fassen, inzwischen bestanden wir darauf, daß die Hälfte der Truppe es mit uns theilt; aber sie schlugen es beharrlich aus, und nur der Sohn Georgs entschloß sich auf den Befehl seines Vaters und noch leidend an seiner Wunde von gestern, unser Schlafkamerad zu sein. Die übrigen legten sich, wie ich gesagt habe, unter ihre Wagen, mit Ausnahme von Georg, der, diese Weichlichkeit verachtend, sich in seine Hammelfelle wickelte, und mit dem Kopfe auf einen Felsen sich ganz einfach auf den Boden legte; einer der Fuhrleute blieb, wie am Abende zuvor, als Schildwache vor der Zeltthür.

Als ich zurückkehrte, nachdem ich alle diese äußeren Anstalten besucht, sah ich eine, die ich noch nicht bemerkt hatte; das war ein großer, in Mitte den Weges ausgeworfener Haufen von Zweigen, den man anzuzünden begann. Dieser zweite Heerd, der Niemanden wärmen sollte, schien mir beinahe nutzlos, und ich fragte, zu welchem Zwecke man ihn zubereite; Georgs Sohn antwortete mir nun, daß es deshalb geschähe, um die Wölfe abzuhalten, die, durch den Geruch unseren Bratens angelockt, nicht ermangeln würden, um uns herumzuschwärmen. Der Grund schien mir genügend, und die Vorsichtsmaßregel aufs Beste getroffen; die Schildwache war beauftragt, das Feuer unseres Zeltes und das des Weges zu unterhalten.

Wir hüllten uns in unsere Pilze, und warteten wenn nicht mit Ruhe, doch zum Mindesten mit Ergebung die beiden uns bedrohenden Feinde, den Schnee und die Wölfe ab. Das Warten dauerte nicht lange, und eine halbe Stunde war noch nicht verflossen, als ich den einen fallen sah, und das Geheul der anderen in der Ferne hörte. Inzwischen war ich so ermüdet, daß, als ich nach Verlauf von etwa zwanzig Minuten sah, das sich diesen Geheul, welchen, ich gestehe es, mich mehr beunruhigte als der Schiene, obgleich es wirklich minder gefährliche war, nicht näherte, fest entschlummerte.

Ich weiß nicht, seit wie langer Zeit ich in diesen Schlaf versunken war, als ich eine schwere Masse auf wich fallen fühle. Ich fuhr aus dem Schlafe empor, und breitete instinktmäßig meine Arme aus, aber ich begegnete einem Hindernisse; ich wollte schreien, aber meine Stimme verlor sich wie erstickt. In dem ersten Augenblicke wußte ich gar nicht, wo ich war; als ich hierauf meine Gedanken sammelte, glaubte ich, das der Berg über uns eingestürzt wäre, und ich verdoppelte meine Anstrengungen. An den ihn rüttelnden Stößen fühlte ich, daß ich nicht der einzige unter diesem neuen Aetna Vergrabene wäre. Ich streckte meine Hand nach meinem Unglücksgefährten aus, der mich bei dem Arme faßte, und mich nach sich zog; ich gab der Einwirkung nach, und befand mich mit dem Kopfe außerhalb. Die mit Schnee überladene Leinwand unseren Zeltes hatte sieh auf uns herabgesenkt, und uns wie in ein Netz eingehüllt: aber Georgs Sohn hatte sie, während ich einen unmöglich zu findenden Ausweg suchte, mit seinem Dolche aufgeschlitzt, und mich mit der einen, und Iwan mit der anderen Hand fassend, hatte er uns mit sich aus der Oeffnung, die er sich gebrochen, herausgehen lassen.

 

Es war während der ganzen übrigen Recht an keinen Schlaf mehr zu denken; der Schnee fiel in so dichten Flecken, daß unsere Wagen unter der sie einhüllenden Decke ganz verschwunden waren, und zu dem Gebirge, gehörende Hügel zu sein schienen. Was Georg anbelangt, so zeigte eine leichte Erhöhung des Bodens allein den Ort an, wo er sich gelegt hatte. Wir setzten uns, die Füße an das Feuer und den Rücken gegen den Wind gerichtet, und warteten den Tag ab.

Gegen sechs Uhr Morgens hörte der Schnee auf, inzwischen blieb der Himmel trotz der Annäherung des Tages trüb und schwer. Bei dein ersten Strahle, der in Osten erschien, riefen wir Georg, der sogleich den Kopf aus seiner Schneedecke streckte. Aber das war Alles, was er machen konnte; sein Hammelfell war in dem fest gewordenen Schnee festgehalten, und hielt ihn wie an den Boden genagelt zurück. Er mußte eine gewaltsame Anstrengung machen, mit deren Hilfe er wieder in den Besitz seiner selbst gelangte. Sogleich rief auch er die anderen Fuhrleute.

Nun sahen wir sie, einen nach dem anderen, ihre Köpfe durch den Schneevorhang strecken, welcher aus dem unteren Theile eines jeden Wagens eine Art von geschlossenem Alkoven gemacht hatte. Ihr erster Blick richtete sich nach Osten. Ein bleicher und trauriger Tag kämpfte daselbst mit der Nacht, und es schien, als ob die Nacht den Sieg davon tragen sollte; der Anblick war beunruhigend, denn sogleich versammelten sie sich zu einer Berathung, um zu beschließen, was geschehen sollte.

In der That, die ganze Nacht über war Schnee gefallen, und bei jedem Schritte, den man that, sank man bis an die Kniee in diese neue Lage ein. Jeder Weg war demnach verschwunden, und die Stürme, welche die ganze Nacht so heftig gewehet, mußten die Schlünde gefüllt haben, so daß es unmöglich wurde, sie zu vermeiden. Auf der anderen Seite konnten wir nicht, an allem Mangel leidend, ohne Feuer, ohne Lebensmittel, ohne Zufluchtsstätte, an demselben Orte bleiben. Was das Umkehren anbelangt,bot dieser Entschluß eben soviel Gefahr, wie vorwärts zu gehen; wäre außerdem das die Meinung unserer Gefährten gewesen, so waren wir fest entschlossen, sie nicht anzunehmen.

In Mitte aller dieser Verhandlungen hatte Louise den Kopf aus ihrem Schlitten gestreckt und mich gerufen; wie die andern Fahrzeuge, war er gänzlich unter dem Schnee begraben, so daß sie auf den ersten Blick die Lage beurtheilt und errathen hatte, was vorging. Ich fand sie fest und ruhig, wie immer, und entschlossen, vorwärts zu gehen.

Während dieser Zeit setzte sich die Verhandlung unter den Fuhrleuten fort, und ich sah an den raschen Geberden und au den heftigen Worten Georgs, daß er eine Meinung behauptete, die er Mühe hatte, annehmen zu lassen. In der That, Georg wollte vorwärts gehen, und die anderen wollten warten. Georg sagte, daß der Schnee vielleicht noch ein oder zwei Tage lang in gleicher Masse könnte fallen, und, wie das zuweilen geschieht, eine Woche und selbst längere Zeit vergehen könnte, bevor er irgend eine Festigkeit annähme. Dann würde die ganze Karawane weder vorwärts noch zurückgehen können, und lebendig begraben sein; wenn man im Gegentheile noch am selben Tage und während der neue Schnee erst zwei Fuß hoch wäre, den Weg fortsetzte, so könnte man am anderen Morgen in einem Dorfe anlangen, das sich am Fuße den östlichen Abhanges, ein fünfzehn Stunden von Ekatarinenburg befindet.

Obgleich diese Ansicht diejenige war, der ich mich im Voraus sympathetisch angeschlossen hatte, so muß ich doch sagen, daß sie viele Gefahren bot. Der Wind fuhr fort mit Heftigkeit zu blasen, und die Schneestürze und die Lawinen sind außerdem häufig in diesen Gebirgen. Er zeigte sich demnach auch ein heftiger Widerstand gegen die Meinung Georgs, und nach Verlauf einiger Zeit artete er in gänzliche Empörung aus. Da das Ansehen, mit dem er bekleidet, nur eine freiwillige Zustimmung war, so konnten diejenigen, weiche es ihm verliehen, es ihm auch wieder nehmen, und wirklich hatten sie ihm so eben gesagt, er könne den Weg mit seinem Sohne und seinem Wagen fortsetzen, wenn er wolle, als Iwan, nachdem er mich und Louisen um unsere Zustimmung befragt, gleich uns voll Vertrauen in die Erfahrung des alten Führern vortrat und befahl, die Pferde an die Fuhrwerke zu spannen. Dieser Befehl erregte anfangs Erstaunen, dann Murren; nun aber zog Iwan ein Papier aus seiner Tasche, und es entfalltend, sagte er: Ein Befehl des Kaisers. – Keiner der Fuhrleute konnte lesen, aber alle kannten das kaiserliche Siegel. Ohne sich zu erkundigten auf welche Weise Iwan der Besitzer dieses Befehles sei, ohne zu bestreiten, ob sie demselben unterworfen wären, eilten sie zu den Pferden, die, auf einem einzigen Haufen versammelt, sich wie eine Heerde Schafe aneinander drängten, und nach Verlauf von zehn Minuten war die Karawane zur Abfahrt bereit.

Georgs Sohn war vorausgegangen, um den Boden zu untersuchen, Georg und sein Wagen stellte sich an die Seine der Kolonne; unser Schlitten folgte unmittelbar, so daß, wenn das Fuhrwerk Georgs in irgend einen Schlund versänke, wir mit unserer leichten Telegue bequem ausweichen konnten. Die Anderen folgten in einer einzigen Reihe, denn dieses Mal konnten wir zusammen fahren. Wie ich gesagt habe, so waren wir auf dem höchsten Punkte des Gebirges angelangt, und hatten nur wieder hergab zu fahren.

Nach Verlauf eines Augenblicken hörten wir einen Schrei, und wir sahen unseren Führer versinken. Wir eilten an den Ort, wo er verschwunden war, und sahen ein Loch von etwa fünfzehn Fuß Tiefe, auf dessen Grunde sich der Schnee bewegte, dann eine Hand, die noch herausblickte. In diesem Augenblicke eilte der arme Vater, einen langen Strick in der Hand haltend, herbei, damit man ihm denselben um den Leib befestigt und er seinem Sohne mit einiger Hoffnung, ihn zu retten, nachstürzen könne. Aber ein Fuhrmann trat hervor, indem er sagte, daß Georg sich zur Führung der Karawane erhalten müsse, und daß er hinabsteigen wolle. Man legte ihm das Seil unter die Achseln, Louise reichte ihm ihre Börse, die er mit einem Kopfnicken in seine Tasche steckte, ohne sich darum zu bekümmern, was sich darin befand; wir faßten zu sechs oder acht den Strick, den wir rasch hinabgleiten ließen, so daß er im Augenblicke ankam, wo die Hand zu verschwinden begann. Nun den Unglücklichen bei der Hand fassend, während wir zu gleicher Zeit in die Höhe zogen, gelang es ihm, denselben aus der Schneelage zu ziehen, in der er begraben war, und er faßte ihn ganz ohnmächtig in seine Arme; sogleich verdoppelten wir unsere Anstrengung, und einen Augenblick darauf befanden sich beide wieder auf festem Boden. —

Der arme Vater wußte nicht, wen er zuerst umarmen sollte, ob seinen Sohn, oder denjenigen, welcher ihn aus dem Grunde des Schundes heraufgeholt hatte; da aber David ohnmächtig war, so beschäftigte er sich zuerst mit ihm. Die Ohnmacht rührte sichtlich von der Kälte her. Georg ließ demnach dem Kranken einige Schluck Branntwein verschlucken, die ihn wieder belebten; hierauf legte man ihn auf einen Pelz, entkleidete ihn, rieb ihn am ganzen Körper mit Schnee, bis das die Haut blutroth war, und dann, da er Arme und Beine wieder bewegte und keine Gefahr mehr vorhanden war, bat David selbst, daß man den Weg fortsetze, indem er, wie er sagte, sich im Stande fühle, zu gehen; aber Louise wollte es nicht zugeben, sie ließ ihn sich neben sie in die Telegue setzen, und ein anderer Fuhrmann versah seine Stelle. Unser Postillon stieg auf eines seiner Pferde, ich setzte mich neben Iwan auf den Bock, und wir begaben uns wieder auf den Weg.

Die Straße drehte sich zur Linken, hart an den Seiten des Bergen hinlaufend; zur Rechten dehnte sich der Schlund aus, in welchen Georgs Sohn gefallen, und dessen Tiefe zu ermessen unmöglich war, denn aller Wahrscheinlichkeit nach war David nicht auf den Grund gesunken, sondern an irgend einem Vorsprung des Bodens hängen geblieben, der ihn glücklicher Weise aufgehalten hatte. Das Beste war demnach, sich so dicht als möglich an der Felsenwand zu halten, an welche ohne Zweifel der Weg gelehnt war.

Dieses Manöver glückte und, und wir fuhren auf diese Weise ohngefähr zwei Stunden lang ohne Unfall. Während dieser zwei Stunden ging es merklich Bergab, obgleich der Abhang nicht jäh war. Wir waren nun an einen mit Bäumen besetzten Platz gekommen, ähnlich dem, auf welchem wir während der ersten Nacht angehalten hatten. Niemand von uns hatte noch Etwas gegessen, wir beschlossen demnach, eine Stunde lang anzuhalten, um die Pferde ausruhen zu lassen, zu frühstücken und ein Feuer anzuzünden.

Gewiß war es die allbarmherzige Vorsicht Gottes, das sie in Mitte des Schnees diese harzigen so leicht in Brand zu steckenden Bäume gesetzt hatte. Wir brauchten demnach auch nur eine Tanne abzuhauen, und den an ihren Zweigen gleich Fransen hängenden Schnee abzuschütteln, um uns einen glänzenden Heerd zu machen, um den herum wir im Augenblicke Alle gruppirt waren, und dessen Wärme David gänzlich wieder herstellte. Ich hatte große Lust zu einer dritten Bärenklaue, aber wir hatten keine Zeit, um den zu ihrem Braten nöthigen Ofen herzurichten; ich war demnach genöthigt, mich mit einigen auf Kohlen gebratenen Schnitten zu begnügen, Schnitte, die ich übrigens vortrefflich fand. Wir aßen Nichts als Fleisch, das Brod war uns zu kostbar, da uns nicht mehr als einige Pfund davon übrig blieben.

Dieser Halt, so kurz er auch sein mochte, hatte Allen außerordentlich gut gethan, und Menschen wie Vieh waren bereit, mit neuem Muthe wieder aufzubrechen, als man bemerkte, daß sich die Räder nicht mehr drehten; während unseres Halten hatte sich eine dichte Lage Eis um die Büchsen gelegt, und man mußte diese mit Hammerschlägen zerbrechen, damit die Räder ihren Dienst: thun konnten. Diese Arbeit nahm uns zum mindesten noch eine halbe Stunde weg; es war beinahe zwölf Uhr, als wir uns wieder auf den Weg begaben. —

Wir fuhren drei Stunden lang ohne Unfall, so daß wie seit unserer ersten Abfahrt an sieben Stunden Weges zurückgelegt haben mußten, als wir Etwas wie ein Krachen, begleitet von einem Getöse, ähnlich dem eines von Echo zu Echo wiederhallenden Donnerschlages hörten, zu gleicher Zeit fühlten wir Etwas wie einen Wirbelwind vorüberziehen, und wir sahen die Luft von Schneestaub verdunkelt. Bei diesem Getöse hielt Georg seinen Wagen kurz an; eine Lawine, rief er aus, und jeder blieb stumm, bewegungslos und in banger Erwartung. Nach Verlauf eines Augenblickes hörte das Getöse auf, die Lust erhellte sich, und der Windstoß setzte, gleich einem Wirbelwinde, seinen Weg fort, indem er den Schnee vor sich her kehrte, und etwa fünf hundert Fuß unterhalb zwei auf einem Felsen gewachsene Tannen umwarf. Alle Fuhrleute stießen ein Freudengeschrei aus, denn, wenn wir nur eine halbe Werste weiter vorwärts gewesen wären, so wären wir von dem Sturmwinde fortgerissen oder von der Lawine verschlungen worden; in der That, eine halbe Werste von da, wo wir waren, fanden wir den Weg von Schnee verschüttet.

Das war, die Wahrheit gesagt, kein unvorhergesehenes Hinderniß; denn, sobald der Wirbelwind bemerkt worden war, hatte Georg die Besorgniß ausgesprochen, daß er uns diese Spur seines Durchzuges zurücklassen würde. Da dieser Schnee leicht und bröckelich war, so versuchten wir hindurch zu dringen, und trieben die Pferde hinein; aber die Pferde wichen zurück, als ob man sie auf eine Mauer jagte; wir stachen sie mit unseren Lanzen, um sie zu zwingen, vorwärts zu gehen, sie bäumten sich gerade in die Höhe, fielen dann mit ihren Füßen nach vorn in diesen Schnee, der, ihnen in die Augen und in die Nasenlöcher dringend, sie rasend machte und sie zurückweichen ließ. Es war vergeblich, den Durchgang mit Gewalt zu erzwingen, man mußte einen Weg bahnen.

Drei Fuhrleute stiegen auf den höchsten der Wagen, und ein vierter stellte sich aus ihre Schultern, um das Hinderniß zu übersehen. Die Verschüttung konnte ein zwanzig Fuß Dicke haben, das Uebel war demnach minder groß, als man vom ersten Anfang an hatte glauben können; es gab, wenn wir uns Alle daran machten, für zwei oder drei Stunden Arbeit.

 

Der Himmel war so bedeckt, daß, ob es gleich kaum vier Uhr Nachmittags war, die Nacht doch schon rasch und drohend heranrückte. Dieses Mal hatten wir nicht einmal die Zeit, uns die schwache Zufluchtsstätte eines Zeltes zu errichten, und was noch mehr, wir besaßen kein Mittel, uns Feuer zu verschaffen, da, so weit das Auge reichte, wir keinen Baum erblickten. Wir hielten demnach augenblicklich an, stellten unsere Wagen in einem Halbkreise auf, dessen Sehne die Verschüttung bildete, und in diesen Halbkreis schlossen wir die Pferde und die Telegue ein. Alle diese Vorsichtsmaßregeln waren gegen die Wölfe genommen, die es wegen Mangel an Feuer nicht mehr möglich war entfernt zu halten. Kaum hatten wir diese Anstalten getroffen, als wir uns in gänzlicher Finsternis befanden.

Es war ebenso kein Mitte! vorhanden, an das Nachts! essen zu denken; inzwischen aßen unsere Fuhrleute jeder ein Stückchen von dem Bären, indem sie dieses Fleisch roh eben so gut als gebraten zu finden schienen. Was mich anbetrifft, so konnte ich, so groß auch der Hunger sein mochte, welchen ich empfand, den Ekel nicht überwinden, den mir dieses rohe Fleisch einflößte; ich begnügte mich demnach damit, ein Brod mit Louisen zu theilen, und bot hierauf meine letzte Flasche Branntwein an; aber Georg schlug sie im Namen aller seiner Kameraden mit der Bemerkung aus, daß man sie für die Arbeiter aufsparen müsse.

Nun erinnerte mich Louise mit ihrer gewöhnlichen Geistesgegenwart daran, daß sich an unserer Postchaise zwei Laternen befunden hätten, die ich Iwan sehr anempfohlen, in unsere Telegue zu legen. Ich; rief ihn demnach, um ihn zu fragen, ob er meinen Auftrag in dieser Beziehung befolgt habe, und erfuhr mit Vergnügen, daß diese beiden Laternen in dem Wagenkasten wären. Ich nahm sie sogleich heraus, und fand sie beide mit ihren Kerzen versehen.

Iwan zeigte unseren Gefährten den Schatz an, den wir so eben entdeckt hätten, und er wurde mit Freudengeschrei empfangen. Das war kein Feuer, welches die Raubthiere von uns entfernen konnte; aber es war ein Licht, mit dessen Hilfe wir zum Mindesten von ihrer Annäherung unterrichtet sein würden. Die beiden Laternen wurden an zwei, auf eine feste Weise in den Schnee gesteckte, Stangen gebunden; hierauf zündete man sie an, und wir sahen zu unserer Zufriedenheit, daß ihr, obgleich matter Schimmer durch den Glanz des Schnees hinreichte, um in dein Umkreise von etwa fünfzig Schritten die Umgebungen unseres Lagers zu erleuchten.

Wir waren unser zehn Männer in Allem, zwei stellten sich als Schildwachen auf die Wagen, und acht machten sich an die Arbeit, um die Verschüttung zu durchbrechen. Seit zwei Uhr Nachmittags hatte die Kälte wieder ihre ganze Stärke angenommen, so daß der Schnee schon Festigkeit genug bot, um einen Durchgang auszuhöhlen, obgleich er noch nicht hart genug war, um diese Arbeit so ermüdend zu machen, als sie es zwei Tage später gewesen sein würde. Ich hatte es vorgezogen, zu der Zahl der Arbeiter zu gehören, denn ich hatte gedacht, daß ich weniger von der Kälte leiden würde, wenn ich gezwungen sei, mir eine unaufhörliche Bewegung zu machen.

Während drei oder vier Stunden arbeiteten wir ziemlich ruhig, und mein, glücklicher Weise durch Georg aufgesparter, Branntwein war es nun, der Wunder that. Aber gegen elf Uhr Abends ließ sich ein so anhaltenden und so nahes Geheul hören, daß wir alle still hielten; zu gleicher Zeit hörten wir die Stimme des alten Georg, den wir als Schildwache aufgestellt, und der uns rief. Wir verließen unsere zu drei Viertheilen fertige Arbeit, und eilten zu den Wagen, auf welche wir stiegen. Es waren daselbst: schon seit länger als einer Stunde ein Dutzend Wölfe im Gesicht; aber durch das Licht unserer Laternen im Zaume gehalten, wagten sie nicht, sich zu nähern, und man sah sie wie Schatten auf der Grenze dieses Lichtes herumschwärmen, indem sie in die Dunkelheit zurückkehrten, dann wieder erschienen, und hierauf noch einmal verschwanden. Endlich hatte sich einer so nahe herbeigemacht, und Georg hatte an seinem Heulen so richtig verstanden, daß er sich bald noch mehr nähern würde, daß er uns gerufen hatte.

Ich gestehe, daß ich im ersten Momente bei dem Anblicke dieser monstruösen Thiere, welche mir zum Mindesten doppelt so groß, als die von Europa, zu sein schienen, wenig beruhigt war. Ich behielt Nichts desto weniger gute Fassung, indem ich mich versicherte, daß die Zündpfanne meiner Flinte, die ich in der Hand hatte, und die meiner Pistolen, die in meinem Gürtel steckten, in gutem Stande war. Alles war in guter Ordnung, und doch fühlte ich, trotz der Kälte, einen heißen Schweiß über mein Gesicht rinnen.

Unsere acht Wagen bildeten, wie ich bemerkt habt, die halbrunde Umzäunung, in welcher unsere Pferde, die Telegue und Louise eingeschlossen waren; diese Umzäunung war von der einen Seite durch die Gebirgswand, welche in einer Höhe von achtzig Fuß senkrecht abgeschnitten war, und von der anderen durch den Einsturz geschützt; der in unserem Rücken eine Art natürlichen Wall bildete. Was die Wagenlinie betrifft, so war sie wie die Zinnen einer belagerten Stadt besetzt; jeder Mann hatte seine Lanze, sein Beil und sein Messer, und Iwan und ich hatten jeder eine Flinte und ein Paar Pistolen.

Auf diese Weise blieben wir ohngefähr eine halbe Stunde, von beiden Seiten damit beschäftigt, unsere Kräfte zu messen. Wie ich bemerkt, drangen die Wölfe zuweilen in den Lichtkreis als ob sie steh dreist machen wollten; aber dieses Eindringen hatte einen Charakter von sichtlicher Bangigkeit. Diese Taktik von ihrer Seite hatte das Ungeschickte, daß sie uns mit der Gefahr vertraut machte; was mich anbelangt, so war meiner anfänglichen Furcht eine Art von Fieber gefolgt, und ich war ungeduldig über diese Lage, welche schon seit langer Zeit Gefahr war, ohne noch Kampf zu sein. Endlich näherte sich einer der Wölfe uns so nahe, daß ich Georg fragte, ob es nicht gut wäre, ihm eine Kugel zuzusenden, um ihn seine Verwegenheit bereuen zu lassen.

– Ja, sagte er zu mir, wenn Sie gewiß sind, ihn uns der Stelle zu tödten.

– Warum das?

– Weil, wenn Sie ihn gleich todtschießen, seine Kameraden sich belustigen werden, ihn zu verzehren, wie es die Hunde in einem Hundestalle machen; freilich, murmelte er zwischen seinen Zähnen, werden sie auch wie die Teufel sein, wenn sie einmal Blut gekostet haben.

– Meiner Treue! antwortete ich, er macht mir so gutes Spiel, daß ich meines Schusses beinahe gewiß bin.

– So schießen Sie denn, sagte Georg, denn das Ding muß wohl auf eine oder die andere Weise ein Ende nehmen.

Er hatte noch nicht ausgesprochen, als der Schuß losgegangen war, und der Wolf sich auf dem Schnee wälzte.

Zu gleicher Zeit, und wie es Georg vorhergesehen hatte, stürzten sich fünf oder sechs Wölfe, die wir nur wie Schatten bemerkten, in den Lichtkreis, packten den Todten, schleppten ihn mit sich fort, und kehrten in kürzerer Zeit, als es zum Erzählen bedarf, in die Dunkelheit zurück.

Aber, obgleich die Wölfe außer dem Gesicht waren, war ihre Gegenwart Nichts desto weniger durch ein grimmiges Geheul bestätigt; ja noch mehr, dieses Geheul veredoppelte sich dermaaßen, daß es augenscheinlich war, daß sich die Heerde an Zahl vermehrte. In der That, es war eine Art von Ruf zum Jägerrecht, und Alles, was es von diesen Thieren auf zwei Stunden in der Runde gab, war jetzt uns gegenüber versammelt; endlich hörte das Geheul auf. —

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