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Der Teufelssumpf

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Der Teufelssumpf
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Hör einmal, Germain, [Der Schauplatz dieser Dorfgeschichten von G. Sand ist Mittelfrankreich (Umgegend von Bourges)] sagte eines Tages Vater Maurice zu seinem Schwiegersohn, es wär' doch gut, wenn du dich entschließen könntest, wieder zu heirathen. Du bist jetzt bald volle zwei Jahre Wittwer, und dein Erstgeborener, geht schon ins achte. Du rückst den Dreißigen immer näher, mein Junge, und weißt, daß wer drüber hinaus ist, hier zu Land für zu alt gilt, um einen neuen Hausstand zu gründen. Bis jetzt haben uns deine drei schmucken Kinder kein Kopfzerbrechen gemacht. Mein Weib und meine Sohnsfrau haben redlich für sie gesorgt, und haben sie lieb gehabt nach Schuldigkeit. Mit dem kleinen Peter seiner Erziehung wären wir auch so ziemlich im Reinen: er versteht sich schon ganz gut drauf, sein Paar Ochsen voranzutreiben, ist auch schon so vernünftig, daß er das Vieh hüten kann, und reitet dir einen Gaul recht manierlich in die Schwemme. Um Den hätten wir uns also weiter kein graues Haar wachsen zu lassen; aber die zwei Jüngeren, die armen Dinger, – wie sie uns ans Herz gewachsen sind, das weiß Gott – die gehen uns heuer viel im Kopf herum, denn sieh! über ein Kurzes kommt meine Sohnsfrau in die Wochen; mit ihrem Erstgeborenen hat sie schon ihre liebe Noth, weil er noch halb und halb in den Windeln liegt, und ist einmal das andere Würmchen, das wir erwarten, auch da, wo soll sie dann die Zeit hernehmen für deine kleine Solange und gar für deinen Sylvain, der noch nicht vier Jahre alt ist und bei Tag und Nacht keine Ruh giebt? Das lebhafte Wesen hat er von dir geerbt und wird später auf dem Acker ins Zeug gehen, daß es eine Art hat; aber vor der Hand hat's eher eine Unart als eine Art, und meine Alte holt ihn kaum mehr ein, wenn er ihr davon läuft auf den tiefen Graben zu oder mitten unter die Pferde. Und dann mußt du auch bedenken, daß, so lang deine Schwägerin ihr eines Kind nährt, das andere ausschließlich der Großmutter zur Last fallen wird. Wer kann sich danach bei all der Schererei um deine Kleinen annehmen? Siehst du, das ist's, was uns Sorgen macht. Deine Kinder dürfen nicht verwahrlos't werden, und wenn wir uns all das Unheil vor Augen stellen, das bei mangelhafter Aufsicht über sie kommen könnte, wird uns ganz bang ums Herz. Darum solltest du dir zu einem Weib und uns zu einer Schwiegertochter verhelfen. Das überlege dir, mein Junge. Ich habe dir's schon mehrmals vorgehalten: es verstreicht ein Tag nach dem andern, und die Jahre werden nicht warten, bis es dir genehm ist. Deinen Kindern und uns, die wir drauf achten müssen, daß Alles im Hause seinen richtigen Gang geht, bist du es schuldig, dich nach einer Frau umzusehen.

Wenn Ihr's denn durchaus haben wollt, Vater, antwortete Germain, so soll Euch der Wille gethan werden. Aber verhehlen kann ich Euch nicht, daß es mir sehr schwer werden wird, und daß mir dabei zu Muth ist, als sollte ich ins Wasser springen. Man weiß, was man verloren hat, doch was man zum Ersatz findet, das weiß man nicht. Ich hatte ein braves, ein schönes Weib, gutherzig und unverdorben, voller Liebe zu Vater und Mutter, voller Liebe zu ihrem Mann, zu ihren Kindern und zur Arbeit, fleißig auf dem Acker wie im Hauswesen, flink und anstellig, kurzum, ein Weib, das Alles am rechten Ende anzugreifen wußte; und als Ihr mir sie gabt und ich sie heimführte, wurde zwischen uns nicht ausgemacht, ich müßte sie vergessen, wenn ich das Unglück haben sollte, sie zu verlieren.

Was du da sagst, Germain, erwiderte Vater Maurice, ist ein neuer Beweis für deine Herzensgüte; ich weiß, daß du meine Tochter auf den Händen getragen hast, daß sie glücklich mit dir gewesen ist, und daß, wenn's auf deine Wahl angekommen wäre, die Kathrine heut noch lebte, und du an ihrer Stelle auf dem Kirchhof lägst. Sie hat's auch um dich verdient, daß du sie so lieb gehabt hast, und wir können es eben so wenig verschmerzen, wie du, daß sie nimmer da ist. Wer spricht dir denn davon, sie zu vergessen? Der liebe Gott hat sie zu sich gerufen, und es soll kein Tag vergehen, wo ihr nicht unsre Gebete und stillen Gedanken, unser Reden und unser Thun zeigen, daß wir ihr Gedächtniß in Ehren halten und ihren Verlust beklagen. Aber wenn sie aus der andern Welt noch zu dir sprechen und dir ihre Wünsche, mittheilen könnte, sie selber würde dir anbefehlen, um eine Mutter zu sorgen für ihre unmündigen Waisen. Es muß ihr also eine würdige Nachfolgerin gegeben werden. Sehr leicht wird's nicht sein, eine solche zu finden, aber ein Ding der Unmöglichkeit ist es nicht, und haben wir sie einmal, dann wirst du sie auch lieben, wie früher unsere Kathrine, weil du ihr als ein rechtschaffener Mann dankbar dafür sein wirst, daß sie uns aus der Noth hilft und ein Herz hat für deine Kinder.

Gut, Vater Maurice, sagte Germain, ich will auch in dieser Sache handeln, wie Ihr mir rathet.

Ja, mein Sohn, auch dafür muß ich dich loben, daß du mein väterliches Zureden und meine guten Gründe nie in den Wind geschlagen hast. Jetzt aber laß uns mit einander erwägen, wie du bei der Wahl deiner künftigen Frau am klügsten verfährst. Vor Allem bin ich nicht der Meinung, daß du ein junges Ding heimführst. Das wäre für Deinesgleichen ein schlimmer Kauf. Junges Blut hat leichten Sinn, und da es keine Kleinigkeit ist, drei Kinder zu erziehen, zumal wenn es Stiefkinder sind, mußt du dich umthun nach einer guten Seele, einer gesetzten, sanftmüthigen und recht arbeitslustigen Person. Wenn dein Weib nicht ungefähr in gleichen Jahren stünde, wie du, so ginge ihr noch die rechte Einsicht ab für ihre Pflichten. Dich würde sie zu alt und deine Kinder zu jung finden. Sie würde sich über ihr Schicksal beklagen, und die Kleinen müßten's entgelten.

Gerade davor bangt mir, sagte Germain. Wenn meine armen Kinder von der Stiefmütter lieblos behandelt, gehaßt, geschlagen würden . . .

Da sei Gott vor! entgegnete der alte Mann. Die bösen Weiber sind hier zu Land seltener, als die guten, und es müßte schon mit dem Teufel zugehen, wenn wir die Rechte nicht herauskriegten.

Das, Schwäher, ist auch wieder wahr: an braven Dirnen ist im Dorf kein Mangel. Da haben wir die Luise, die Sylvaine, die Claudia, die Margret . . . Euch überlasse ich die Wahl.

Nur ruhig, mein Junge, nur ruhig! Die sind alle für dich entweder zu jung oder zu arm oder – zu hübsch, denn auch darauf ist zu achten, mein Sohn. Bei einem hübschen Weib steht's oft um die Sittsamkeit nicht so gut, wie bei einer Andern.

Ihr rathet mir also zu einer Häßlichen? frug Germain etwas ängstlich.

Das nicht, denn von deinem Weib sollst du ja Kinder bekommen, und ich kenne nichts Traurigeres, als häßliche, schwächliche und kränkelnde Kinder zu haben. Nein, frisch und gesund müßte dein Weib sein, schön nicht, aber auch nicht häßlich.

Mir scheint, sagte Germain mit einem wehmüthigen Lächeln, daß eine Frau, wie Ihr sie für mich im Sinn habt, eigens geschaffen werden müßte; um so mehr, als Ihr auch auf Vermögen setzt und es so leicht nicht ist, bei einer Reichen anzukommen, zumal für einen Wittwer.

Aber gesetzt den Fall, sie selber wäre verwittwet. Germain? Denk dir eine kinderlose Wittwe mit einem hübschen Vermögen.

Eine solche ist mir zur Zeit in unserer Gemeinde nicht bekannt.

Mir auch nicht; doch es giebt nach andere Gemeinden.

Schwäher, Ihr haltet schon Eine in Bereitschaft; wenn dem so ist, sagt mir's lieber gleich.

Wohl hätte ich Eine in Bereitschaft, antwortete Vater Maurice: eine Wittwe Guerin, eine geborene Leonard aus Fourche.

Ich kenne weder die Frau nach den Ort, bemerkte Germain, der immer trauriger geworden war, mit ergebener Miene.

Sie heißt Kathrine, wie deine Selige.

Kathrine? Es würde mir wohl thun, sie bei diesem Namen zu nennen . . . Kathrine! Und doch, wenn ich sie nicht so lieb haben könnte, wie die Andere, thäte mir's um so weher, weil es mich noch häufiger an sie erinnern würde.

Du wirst sie aber lieb haben, sag' ich dir: sie ist ein tüchtig Weib und dabei seelengut; ich habe sie zwar seit langer Zeit nicht mehr gesehen, doch als Mädel war sie gar nicht übel; nur ist sie nicht mehr jung, denn sie geht ins Dreiunddreißigste. Sie hat eine rechtschaffene Verwandtschaft, lauter wackere Leute, und ein Vermögen von acht oder zehntausend Francs in liegenden Gütern, die sie gern losschlagen würde, um sich in einer neuen Heimath anzukaufen, denn auch sie denkt an eine zweite Heirath, und ich weiß, daß sie mit deinen äußern Umständen ganz zufrieden wäre, wenn sie sonst Gefallen fände an deiner Sinnesart.

Ihr habt also Alles schon in Richtigkeit gebracht?

Ja, bis auf euer Beider Jawort, und das werdet ihr einander schon geben, wenn ihr erst bekannt geworden seid. Der Frau ihr Vater ist noch ein Verwandter von mir, und ist mir auch ein recht guter Freund gewesen. Du kennst ihn ja, den alten Leonard?

Ja, ich sah ihn bei Jahrmärkten mit Euch reden, und jetzt erinnere ich mich, daß Ihr beim letzten Mittag mit ihm gehalten habt; das also war's, was er so ausführlich mit Euch besprach?

Gewiß; er hatte dir bei dem Verkauf deines Viehs zugeschaut und gefunden, daß du deine Sache gut gemacht; dein lebendiges und verständiges Wesen hatten ihm in die Augen gestochen, und als ich ihm Alles auseinandersetzte, wer du bist, und wie du dich mit uns so wohl verträgst seit den acht Jahren, wo wir zusammen leben und wirthschaften, und wie es zwischen, uns noch nie zu einem bösen Wort gekommen, da gerieth der Alte auf den Gedanken, aus dir seinen Tochtermann zu machen; ich ging, offen gesagt, gleich darauf ein in Anbetracht des guten Rufs der Wittfrau sowohl als der Rechtschaffenheit ihrer Verwandtschaft und des günstigen Standes ihres Vermögens.

Wie mir scheint, Vater Maurice, legt Ihr auf das Vermögen, einen ziemlich großen Werth.

Allerdings schlage ich's hoch an. Legst denn du keinen großen Werth darauf?

 

Ich will ihn Euch zu Lieb drauf legen, wenn Ihr's begehrt; aber Ihr wißt, daß ich für meinen Theil mich blutwenig drum kümmere, wie viel oder wie wenig von unserem gemeinsamen Erwerb für mich abfällt; ich verstehe mich ein für allemal nicht aufs Rechnen; dergleichen wollte mir nie recht in den Kopf. Auf den Grund und Boden versteh' ich mich und auf Ochsen, Pferde, Wagengeschirr, Sämereien, Dreschen und Futterschneiden. Was die Schafzucht, den Wein-, Garten-, Gemüsebau betrifft und Alles was sonst noch dazu gehört, so wißt Ihr, daß das Eures Sohnes Sache ist, und daß ich so gut wie nie dreinrede. In Geldangelegenheiten läßt mich mein Gedächtniß im Stich, und lieber würde ich auf Alles verzichten, als über das Mein und Dein herumstreiten, denn ich müßte befürchten, vielleicht mehr zu verlangen, als mir billigerweise zukommt, und würde mich überhaupt in Fällen, die nicht ganz klar und einfach wären, nun und nimmermehr zurechtfinden.

Das ist ein Fehler, mein Sohn, und darum wünsch' ich dir ein kluges Weib, damit Jemand für mich einspringe, wenn ich einmal nicht mehr bei der Hand bin. Du hast es von jeher vermieden, über unsere Abrechnungen einen genauen Ueberblick zu gewinnen, und das könnte zwischen dir und meinem Sohn zu Ungelegenheiten führen, wenn ihr mich nicht mehr um euch haben solltet, um Alles zu schlichten und euch zu sagen, was einem Jeden zufällt.

Möget Ihr noch lange leben, Vater Maurice! Wie es nachher gehen wird, darüber macht Euch keine Sorgen, denn mit Eurem Sohn werde ich nie uneinig werden, dem Jakob vertrau' ich, wie Euch selber, und da ich ja nichts mit in die Ehe gebracht habe, da Alles, was etwa noch mein werden kann, von Eurer Tochter kommt und unsern Kindern angehört, so dürfen wir Beide ganz ruhig sein; dem Jakob wird es nicht im Traum einfallen, die Kinder seiner Schwester, die ihm fast eben so lieb sind wie die eigenen, zu Gunsten der Seinigen an ihrem Erbe zu schädigen.

Da hast du wieder Recht, Germain. Mein Jakob ist ein guter Sohn, ein guter Bruder und ein wahrhaftiger Mensch. Aber er könnte vor dir sterben, eh' eure Kinder großjährig geworden, und in einer Familie muß immer darauf geachtet werden, daß ein Oberhaupt da sei für die Unmündigen, um ihnen guten Rath zu ertheilen und den Hausfrieden zu erhalten, sonst mischen sich die Advocaten drein und hetzen so lang den Einen auf den Andern los, bis das Processiren den letzten Heller aufgefressen hat. Folglich müssen wir bei der Aufnahme irgend eines neuen Gliedes in unsere Familie, gleichviel ob Mann ob Weib, immer die Möglichkeit bedenken, daß dies Familienmitglied später vielleicht in den Fall kommen wird, den Lebenswandel und das Vermögen so und so vieler Kinder, Enkel, Schwiegersöhne und Sohnsfrauen zu überwachen und zu verwalten, denn man kann nie wissen, in welchem Maß eine Familie sich mehren wird, und fügt sich's einmal so, daß das Bienenhaus nicht mehr groß genug ist für den ganzen Schwarm, und daß ausgeflogen werden muß, dann ist jeder Einzelne darauf bedacht, seinen Honig mit fortzutragen. Wie ich dich als Schwiegersohn zu mir ins Haus nahm, war ich mit der Wahl meiner Tochter einverstanden, wiewohl sie reich war und du arm. Ich kannte dich als einen tüchtigen Arbeiter und wußte, daß zwei kräftige Arme und ein Herz, wie du eins hast, das beste Heirathsgut sind für uns Bauersleute. Wenn ein junger Bursche das mit in die Ehe bringt, braucht man von ihm weiter nichts zu begehren. Von einem Weib hingegen darf man mehr verlangen: der Fleiß der Hausfrau mehrt den Erwerb nicht; er hält ihn bloß zusammen. Uebrigens mußt du auch bedenken, daß die Kinder deiner zweiten Frau, die an dem Erbe deiner jetzigen Kinder keinen Antheil haben werden, ins Elend kämen, wenn du sterben solltest und ihre Mutter nicht einiges Vermögen besäße. Und dann werden auch die Kleinen, die dein Weib dir schenken wird, mancherlei Ausgaben nach sich ziehen. Wir würden sie freilich von Herzen gern ernähren, hätten wir allein die Lasten zu tragen; aber diese Lasten würden ja den Wohlstand der ganzen Gemeinschaft verringern, und deine Kinder aus erster Ehe müßten die daraus hervorgehenden Entbehrungen gleichfalls mit in den Kauf nehmen. Wenn sich die Familien übermäßig, das heißt, ohne eine entsprechende Vermehrung der Einkünfte vergrößern, reißt die Armuth ein, wie sehr man sich auch dagegen wehrt. Das sind so meine Betrachtungen, Germain; mach sie dir zu Nutzen und suche der Wittwe Guerin zu gefallen, denn an ihren guten Eigenschaften und ihren blanken Thalern würden wir für die Gegenwart eine Stütze gewinnen und einen Trost für die Zukunft.

Abgemacht, Schwäher. Ich werde darnach trachten, ihr zu gefallen und Gefallen zu finden an ihr.

Nun, so mußt du sie aufsuchen und kennen lernen.

In ihrer Heimath? In Fourche? Aber sagt mir, ist das nicht ein entfernter Ort? Und jetzt, wo eben geackert wird, bleibt schwerlich genug Zeit übrig zu einer Reise.

Wer aus Liebe heirathen will, der muß sich darauf gefaßt machen. Zeit zu verlieren; aber eine Vernunftheirath zwischen Leuten, die keine Flausen im Kopf haben und genau wissen, was sie thun, kommt rasch zu Stand. Morgen ist Samstag; da machst du etwas früher Feierabend, kannst des Nachmittags um Zwei reisefertig sein, und bist noch vor Nacht in Fourche; übrigens haben wir ja Vollmond; die Wege sind gut, und das Dorf liegt kaum mehr als drei Meilen von hier, ganz nach bei Magnier. Zudem wirst du hinreiten.

Bei der kühlen Witterung möcht' ich eigentlich lieber, gehen.

Ganz recht, aber unsere Stute ist ein schmuckes Thier, und ein schön berittener Freier nimmt sich besser aus. Du wirst auch deine neuen Kleider anziehen und für den alten Leonard ein paar Stück Wildpret mitnehmen zum Geschenk mit einer Empfehlung von mir; dann redest du mit ihm ein vernünftig Wort; den Sonntag bringst du mit der Tochter zu, und kannst schon am Montag in der Früh mit einem Ja oder einem Nein zurück sein.

Gut, erwiderte Germain mit Gelassenheit, wiewohl er sich innerlich nicht vollkommen beruhigt fühlte.

Germain hatte von jeher, wie alle arbeitsamen Landleute, ein geregeltes, sittsames Leben geführt. Seine Frau, die er in seinem zwanzigsten Jahr geheirathet, war und blieb seine erste und einzige Liebe; trotz seines leicht erregbaren, zur Munterkeit hinneigenden Naturells hatte er, seit sie gestorben war, mit keiner Andern gelacht oder gescherzt. Treu und wahr hatte er die Trauer um die Todte im Herzen gehegt, und nun gab er nicht ohne eine wehmüthige Beklommenheit dem Drängen seines Schwiegervaters nach. Der Gedanke an eine Auflehnung gegen die guten Gründe desselben und den Vortheil Aller konnte jedoch in ihm nicht aufkommen, denn der Schwiegervater hatte die Familieninteressen stets mit großer Umsicht verwaltet, und Germain, der mit seiner ganzen Kraft für das Gemeinwesen einstand, war dem leitenden Oberhaupt mit Leib und Seele ergeben.

Dennoch war ihm das Herz schwer. Selten verging ein Tag, wo er nicht unter heimlichen Thränen seiner Frau gedachte, und wenn ihm auch die Einsamkeit peinlich zu werden begann, so war doch in ihm das Bangen vor einer neuen Heirath stärker als der Wunsch, sieh dem Gram zu entziehen. Eine dunkle Ahnung raunte ihm zu, daß eine unverhoffte Liebe ihn vielleicht trösten könnte, denn nur den, welchen sie überrascht, tröstet die Liebe. Wer sie sucht, findet sie nicht; sie stellt sich ein, wenn wir sie am wenigsten erwarten. Der kalt vernünftige Heirathsplan des Schwiegervaters, jene unbekannte Braut und wohl auch all die schönen Lobreden über ihre Klugheit und Tugend machten Germain nachdenklich. Und so ging er vor sich hin, grübelnd wie Einer, dessen innere Gefühls-Gegensätze zu unbestimmt sind, um in offenen Widerstreit zu gerathen, wie Einer, der die egoistischen Gründe seines Widerstrebens nicht in deutliche Worte fassen kann, aber einen dumpfen Schmerz empfindet und den Kampf gegen ein unvermeidliches Uebel nicht aufzunehmen wagt.

Mittlerweile war bei heranbrechender Nacht Vater Maurice in die Meierei zurückgekehrt, Germain benutzte noch die letzte Tagesstunde, um die Lücken zu verschließen, welche die Schafe bei den Wirthschaftsgebäuden durch eine Umzäunung gebrochen hatten. Während er die dornigen Stauden aufrichtete und mit Erdschollen stützte, zwitscherten im nahen Busch die Drosseln, als wollten sie ihn zur Eile mahnen, um recht bald ihre Neugierde befriedigen und sein Werk betrachten zu können, wenn er nur erst fort wäre.

Als Vater Maurice ins Zimmer trat, fand er seine Frau im Gespräch mit einer alten Nachbarin, welche glühende Kohlen holte, um ihr Feuer anzuzünden. Mutter Guillette wohnte einen Büchsenschuß oder zwei von der Meierei in einer ärmlichen Hütte und war ein ordnungsliebendes, ausdauerndes Weib. Ihr elendes Häuschen war sauber und wohlgehalten, und ihren sorgfältig geflickten Kleidern sah man an, daß ihr trotz der bitteren Noth die Selbstachtung nicht verloren gegangen war.

Ihr holt Euch Feuer für den Abend, Mutter Guillette, redete sie der Alte an. Braucht Ihr vielleicht sonst noch was?

Nein, Vater Maurice, gegenwärtig nicht, gab sie zur Antwort. Ihr wißt ja, das Heischen liegt nicht in meiner Art, nach das Loshausen auf die Gutmüthigkeit meiner Bekannten.

Ja, so ist's; eben deßhalb sind Eure Bekannten auch gern bereit, Euch Alles zu Gefallen zu thun.

Ich unterhielt mich gerade mit Eurer Frau und fragte sie, ob es Germain nicht endlich übers Herz bringen wird, wieder zu heirathen.

Ihr seid ein zuverlässig Weib, erwiderte Vater Maurice; vor Euch kann man reden, ohne fürchten zu müssen, daß Ihr's ausplaudert: ich darf also in Eurer Gegenwart meiner Alten schon sagen, daß er jetzt ganz dazu entschlossen ist und sich morgen auf den Weg macht nach Fourche,

Gott sei Dank! rief Mutter Maurice; der arme Junge! Geb' ihm der Himmel ein Weib so gut und so brav wie er selber!

So? nach Fourche geht er? fiel die Guillette ein. Das findet sich ja prächtig! Es kommt mir wie gerufen, und da Ihr mich vorhin doch gefragt habt, ob ich sonst was brauche, so will ich Euch sagen, Vater Maurice, womit mir ein Gefallen geschehen könnte.

Sagt's nur gleich heraus; Euch soll nach Kräften geholfen werden.

Mir wäre lieb, wenn Germain so gut sein wollt., meine Tochter mitzunehmen.

Wohin denn? nach Fourche?

Das gerade nicht, aber nach dem Ulmenhof, wo sie bis übers Jahr bleiben soll.

Was? sagte die Mutter Maurice. Ihr gebt sie von Euch?

Ihr bleibt keine andere Wahl, als in einen Dienst zu treten, um etwas zu verdienen. Es kommt mich sauer genug an, und sie auch, das arme Ding! Um Johanni haben wir's nicht übers Herz bringen können, von einander zu gehen; aber jetzt steht Martini vor der Thür, und es hat sich eine gute Stellung für sie gefunden. Der Ulmenhofbauer war nämlich drüben auf dem Jahrmarkt, und wie er durch unsere Gegend ritt, sah er meine kleine Marie auf der Gemeindewiese unsere drei Schafe hüten. Nun, Dirnel, sprach er zu ihr, dir wächs't die Arbeit just nicht über den Kopf; denn drei Schafe geben einem Hirtenmädel nicht viel aufzurathen. Willst du statt der drei da hundert hüten? Ich nehme dich in meinen Dienst. Unsere Schäferin geht zu ihren Eltern, weil sie krank geworden ist, und wenn du bis in acht Tagen bei uns bist, sollst du für dies Jahr bis Johanni fünfzig Francs Lohn bekommen. Die Kleine hat's zwar ausgeschlagen, aber sie hat sich doch Gedanken drüber gemacht und hat mir's am Abend erzählt, als sie mich traurig fand und bekümmert wegen des künftigen Winters, der jedenfalls streng und andauernd sein wird, denn heuer sind die Kraniche und Schneegänse um mehr denn einen Monat früher vorbeigeflogen als gewöhnlich. Wir hatten beide Wasser in den Augen; aber endlich haben wir doch ein Herz gefaßt. Wir haben eingesehen, daß es nichts ist mit dem Beisammenbleiben, weil ja von dem Ertrag unseres Grundstückchens mit knapper Noth Eins sein Dasein fristen kann; und da die Marie die Kinderschuhe ausgetreten hat (sie ist beinahe sechzehn Jahre alt), so ist's eben auch an der Zeit., daß sie's macht, wie die Andern alle, und ihr Brod verdient, um ihrer armen Mutter von den Sorgen zu helfen.

Mutter Guillette, sagte der alte Bauer, wenn bloße fünfzig Francs ausreichten, um Euch von allen Sorgen zu helfen und Euch die Trennung von Eurem Kinde zu ersparen, glaubt mir, ich würde sie zur Stelle schaffen, wiewohl fünfzig Francs für Unsereins schon ins Gewicht fallen. Aber man muß in allen Dingen die Vernunft walten lassen und nicht die Freundschaft allein zu Rathe ziehen. Wenn Ihr auch geborgen wäret für den kommenden Winter, so wäret Ihr's darum nicht für alle Zukunft, und je länger es Euer Mädel anstehen läßt, desto schmerzhafter wird euch Beiden der Abschied werden. Und dann ist auch bei Euch Eure Marie, die schon groß und kräftig ist, weitaus nicht genug beschäftigt: da könnte ihr denn nach und nach die Unthätigkeit zur Gewohnheit werden . . .

 

Nein, was das betrifft, hätt' ich nichts zu fürchten, sagte die Guillette, Die Marie gibt dem reichsten Mädel, das in einem großen Anwesen herumwirthschaftet, an Arbeitslust nichts nach. Die legt Euch den ganzen Tag keine Minute lang die Hände in den Schooß, und wenn es sonst nichts zu hantieren giebt, putzt und reibt sie Euch unsere armen Möbel so blank, daß man sich drin spiegeln könnte. Das Kind ist nicht mit Gold zu bezahlen, und deßhalb wäre mir viel lieber, sie stünde bei Euch im Dienst, anstatt weit hinaus zu kommen zu wildfremden Leuten. Ihr hättet sie zu Johanni ins Haus genommen, wenn wir's damals zu einem Entschluß gebracht hätten; jetzt aber habt Ihr bereits eine Magd gedungen, und ich muß mich aufs nächste Jahr vertrösten.

Dann soll es aber auch gewiß nicht fehlen, Mutter Guillette, und es wird mich von Herzen freuen. Unterdessen mag das Mädel immerhin was Rechts lernen und, sich dran gewöhnen, unter fremden Menschen zu leben.

Da habt Ihr Recht; es ist nun einmal so und nicht anders. Diesen Morgen hat der Ulmenhofbauer nach ihr geschickt; wir haben zugesagt, und jetzt muß sie hin. Aber das arme Kind kennt weder Weg nach Steg, und ich lasse sie auch nicht gern so mutterseelenallein fort. Wenn also Euer Tochtermann morgen doch nach Fourche geht, so kann er sie ja wohl mitnehmen. Der Ulmenhof liegt ganz in der Nähe der Ortschaft; so hat man mir wenigstens versichert, denn ich selber bin meiner Lebtage nicht drüben gewesen.

Ja, hart nebenan, Mein Schwiegersohn wird sie schon hinführen. So was ist man einander ja schuldig; er soll sie sogar zu sich aufs Pferd nehmen, damit sie ihre Schuhe schont. Da kommt er gerade herein zum Abendessen. Du, Germain, der Mutter Guillette ihre kleine Marie geht auf den Ulmenhof in Dienst. Willst du sie nicht auf der Stute hinbringen?

Freilich, antwortete Germain, der trotz seiner sorgenvollen Stimmung immer gern bereit war, seinem Nebenmenschen behülflich zu sein.

In unseren Kreisen käme es nun allerdings einer Mutter nicht in den Sinn, ihre sechzehnjährige Tochter einem so jungen Mann anzuvertrauen, denn Germain ging erst ins neunundzwanzigste Jahr, und wenn er auch nach heimathlichen Heirathsbegriffen für ältlich galt, so war er nichts desto weniger der schönste Mann im ganzen Dorfe. Er sah nicht, wie die meisten Bauern nach zehnjähriger Arbeit hinter dem Fluge, hohlwangig und abgequält aus. Allem Anschein nach konnte er nach weitere zehn Jahre zu Acker fahren, ohne merklich zu altern, und ein junges Mädchen hätte von Vorurtheilen ganz verblendet sein müssen, um nicht wahrzunehmen, daß Germain eine frische Gesichtsfarbe hatte und ein glänzendes Auge, blau wie der Maienhimmel, und tiefrothe Lippen und blendend weiße Zähne, und daß er schlank gewachsen war und gelenkig wie ein Füllen, das die Weide noch nicht verlassen hat.

Aber in jenen abgelegenen, vom lasterhaften großstädtischen Getriebe nach unberührten Gegenden hat sich die Sittenreinheit in heiliggehaltener Ueberlieferung bis auf den heutigen Tag fortgepflanzt, und unter allen Familien von Belair stand die des alten Maurice in einem ganz besondern Ruf der Rechtlichkeit und aufrichtigen Pflichterfüllung. Für Germain, der auf die Brautschau ging, war Marie sowohl zu jung wie zu arm, um in Betracht zu kommen, und ein sündhafter Gedanke konnte in ihm nicht aufsteigen, er hätte denn »ein abgefeimter Mensch« oder »ein schlechter Kerl« sein müssen. Der alte Maurice sah also in aller Seelenruhe zu, wie sein Tochtermann das hübsche Mädchen hinter sich aufs Pferd nahm, und die Guillette hätte es für eine kränkende Verdächtigung gehalten, demselben die Ehre ihres Kindes eigens ans Herz zu legen. Marie schwang sich unter heißen Thränen auf die Stute, nachdem sie Mutter und Freundinnen unzählige Male umarmt hatte. Germain, dem selber gar traurig zu Muthe war, fühlte ihren Kummer um so lebhafter mit und trabte mit tiefernster Miene von dannen, während die Leute aus der Nachbarschaft der armen Marie, ohne sich weitere Gedanken zu machen, mitleidig nachwinkten.

* * *

»Die Graue« war ein schönes und kräftiges junges Thier. Ohne eine Spur von Anstrengung trug sie ihre doppelte Last, mit zurückgeschlagenen Ohren und am Gebisse kauend, wie es einer stolzen und feurigen Stute ziemt. Als sie an der langen Wiese vorübertrabte, erblickte sie ihre Mutter, welche man die alte Graue nannte, wie sie selber die junge Graue hieß, und wieherte ihr einen Abschiedsgruß zu. Die alte Graue trat mit klirrender Fessel an den Zaun heran und versuchte am Saum der Wiese einherzugaloppiren, um der jungen zu folgen; da sich aber diese in scharfem Trab entfernte, fing auch sie zu wiehern an und blieb nachdenklich stehen, mit vorgestrecktem Hals und weitaufgerissenen Nüstern, ohne mehr an das Gras zu denken, das sie noch ungekaut im Maul hatte.

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