BRENNENDE SCHATTEN

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Из серии: Dan Taylor #2
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BRENNENDE SCHATTEN
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BRENNENDE SCHATTEN
Rachel Amphlett

übersetzt von Wolfgang Schroeder

© Rachel Amphlett 2013

The copyright of this book belongs to Rachel Amphlett

No reproduction without permission

The names, characters and events in this book are used fictitiously.

Any similarity to actual people living or dead, events or locales is entirely coincidental

Impressum

Deutsche Erstausgabe

Originaltitel: UNDER FIRE

Copyright Gesamtausgabe © 2019 LUZIFER-Verlag Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert

Übersetzung: Wolfgang Schroeder

Lektorat: Astrid Pfister

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2019) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-382-4

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

BRENNENDE SCHATTEN

Impressum

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Epilog

Über die Autorin

Prolog

North Kent, UK

Grant Swift nahm in der Eingangshalle des großen Bürogebäudes seine Autoschlüssel aus der Jackentasche und blickte dabei durch die Glastüren nach draußen. Seine Finger schlossen sich fest um den Griff des abgenutzten Aktenkoffers in seiner Hand, dessen schwarzes Leder sich bereits ablöste und zu einem unansehnlichen Grau verblasste.

Schneeregen prasselte auf das Dach des Verbindungsganges und das lautstarke Trommeln des Regengusses hallte durch den Empfangsbereich des Gebäudes. Grant zuckte zusammen, als ein Windstoß an den Glastüren rüttelte und Abfall über den Weg zum Parkplatz wirbelte.

»Wollen Sie da wirklich rausgehen, Mr. Swift?«

Grant drehte sich zu dem Empfangsschalter um, hinter dem ein einzelner Wachmann saß, der nun von einem halb gelösten Sudoku-Rätsel aufblickte. Grant schob seinen Schal unter den Mantelkragen und sagte: »Wenn ich dieses Jahr unser Dinner zum Hochzeitstag verpasse, kann ich mich genauso gut sofort nach einem neuen Zuhause umsehen.«

Der Wachmann lachte, beugte sich nach vorn und drehte das Radio etwas lauter. »Ich schätze mal, dann sollten Sie das Risiko wohl besser eingehen, Sir. Lieber klatschnass und durchgefroren dort auftauchen, als zu spät zu kommen.«

»Genau das denke ich mir auch.« Grant hielt den Aktenkoffer über den Kopf und stemmte sich gegen die Glastüren, während hinter ihm die Musik eines Top-40-Radiosenders durch den Empfangsbereich hallte. Das Wasser unter seinen Füßen spritzte in alle Richtungen, als er auf dem betonierten Gehweg durch die Pfützen rannte und sein Atem bildete derweil Wölkchen in der Luft.

Als er sich seinem Auto näherte, einer brandneuen silbernen Mercedes Limousine, auf deren Nummernschild ›GEN1US‹ stand, hob er seinen Arm und richtete den Schlüsselanhänger auf die Tür. Die Blinker leuchteten daraufhin einmal kurz auf. Nachdem er die Tür geöffnet hatte, warf er seine Aktentasche auf den Beifahrersitz und ließ sich auf den Fahrersitz fallen. Er zog die Tür zu, dann saß er erst einmal wie gelähmt da und starrte den Schneeregen an, der auf seine Windschutzscheibe prasselte.

»Jesus«, murmelte er, »dieses gottverdammte englische Wetter.«

Er schüttelte sich vor Kälte. Sein letzter Einsatz war bei einem Unternehmen im Nahen Osten gewesen. Zwei Monate später hatte er bereits den Tag bereut, an dem er den Vertrag für dieses Projekt abgeschlossen hatte, und war in das Vereinigte Königreich zurückgekehrt.

 

Grant fuhr sich mit der Hand durch sein klatschnasses, schwarzes Haar, erschauderte, als ihm eiskaltes Wasser den Nacken hinunterlief, und starrte wütend auf die Wasserlache, die sich bereits auf dem Beifahrersitz unter seinem Aktenkoffer ausbreitete.

Er schüttelte den Kopf, schob die Karte in den Schlitz und startete damit das Auto. Der Motor erwachte schnurrend zum Leben und die Instrumente auf dem Armaturenbrett leuchteten auf wie das Cockpit eines Kampfjets. Grant beugte sich nach vorn und stellte die Temperaturkontrolle ein. Noch während er sich anschnallte und die Scheinwerfer einschaltete, verschwand bereits der Beschlag auf der Innenseite der Windschutzscheibe.

Jetzt schaltete er die Scheibenwischer ein, legte den Rückwärtsgang ein und rollte am Gebäudekomplex vorbei vom Parkplatz herunter.

Das Hauptquartier des Unternehmens bestand aus einer Ansammlung von architektonisch interessant miteinander verwobenen Glas- und Stahlelementen und bildete den Mittelpunkt eines ganz neuen Gewerbegebietes. Die drei Stockwerke überragten die benachbarten Bürogebäude, die weitaus besser zu der umliegenden Landschaft passten. Das Hauptquartier lag zwanzig Meilen von London-Mitte entfernt, um den Software-Ingenieuren, die vor fast zwei Jahren hierhergezogen waren, eine Oase der Ruhe zu bieten.

Grant rutschte in seinem Sitz einige Male hin und her, bis er bequem saß, und lenkte das Auto dann in Richtung Stadt. Falls das Wetter noch schlechter werden würde, würde sich die Fahrzeit von eigentlich einer Stunde garantiert auf gute zwei Stunden verlängern, und dann würde er definitiv zu spät kommen.

Zwanzig Minuten später war er immer noch auf der Straße nach Westen unterwegs, und während die Fahrzeuge inzwischen Stoßstange an Stoßstange dahinrollten, versuchte er verzweifelt, sich nicht von der Nebelschlussleuchte blenden zu lassen, die der Idiot vor ihm eingeschaltet hatte.

Schließlich ging es nur noch im Schritttempo vorwärts und Grant verrenkte sich den Hals bei dem Versuch, einen Blick über die Fahrzeuge vor ihm werfen zu können. Dann entdeckte er irgendwann die rot-blauen Blinklichter von Rettungsfahrzeugen und stöhnte leise auf. Er sah kurz nach unten, als sein Handy in der Halterung zu klingeln anfing, und schaltete schnell am Lenkrad die Freisprechanlage an.

»Reich bitte nicht gleich die Scheidung ein.«

Ein kehliges Lachen war nun über die Lautsprecher zu hören. »So schlimm?«

»Ich brauche noch ungefähr vierzig Minuten, allerhöchstens«, log er.

»Das habe ich mir schon fast gedacht.« Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: »Ich rufe das Restaurant an und sage dort Bescheid, dass wir erst nach acht Uhr kommen können, okay?«

»Das klingt nach einem guten Plan.« Er warf einen prüfenden Blick in seinen Rückspiegel. »Ich werde die nächste Ausfahrt nehmen. Das ist zwar ein kleiner Umweg, aber wenigstens kann ich dann in Bewegung bleiben. Ich glaube nämlich nicht, dass sich der Stau hier so bald wieder auflöst.«

»Okay. Aber fahr vorsichtig.«

»So wie immer. Ich liebe dich.«

»Ich dich auch. Wir sehen uns, wenn du angekommen bist.«

Grant beendete den Anruf. Nachdem er einen weiteren Blick in den Rückspiegel geworfen hatte, blinkte er links und fing an, auf die linke Spur zu ziehen. In seinem Rückspiegel blitzten Scheinwerfer auf. Er blinzelte und drehte den Kopf zur Seite, damit sich seine Augen darauf einstellen konnten. Er schätzte, dass die Ausfahrt nicht mehr als zwei Meilen entfernt war und tatsächlich tauchte nach gut einer Minute ein grünes Schild auf, das die Abfahrt auf der linken Seite ankündigte. Er fing bereits eine halbe Meile vor der Ausfahrt an zu blinken und manövrierte sich vorsichtig aus dem stockenden Verkehr hinaus, um anschließend über die Abfahrt die doppelspurige Schnellstraße zu verlassen.

Der Van hinter ihm blieb dabei in seinem Kielwasser und folgte ihm die Abfahrt hinunter. Grant warf einen kurzen Blick in den Rückspiegel und grinste. Offensichtlich hatte noch jemand anderes die Nase voll vom Stau.

Als sein Auto die Abfahrtsrampe hinunterrollte, wurde es automatisch schneller, dann verlangsamte Grant es allerdings wieder, als er am Ende der Abfahrt auf eine grüne Ampel zufuhr. Er bog nun nach rechts ab und bremste an einer T-Kreuzung.

Die Wucht des plötzlichen Aufpralls, als jemand in ihn hineinfuhr, warf ihn nach vorn und presste seinen Körper in den Sicherheitsgurt. Er blinzelte schockiert, hielt das Lenkrad fest umklammert und korrigierte schnell die Richtung des Autos, als es zur Kreuzungsmitte abdriftete. Die Lichthupe des Vans blitzte einmal kurz auf. Grant stöhnte, lenkte den Wagen über die Kreuzung und hielt dann auf der gegenüberliegenden Straßenseite an.

Die Straße war verlassen und außer den beiden Wagen waren hier keine Fahrzeuge unterwegs. Über dem Mercedes flackerte eine Straßenlaterne und warf schimmerndes Licht auf den nassen Asphalt.

Absolut fantastisch. Er schlug mit den Handflächen auf das Lenkrad, stellte den Schalthebel auf Parken und löste den Sicherheitsgurt, während sein Herz wild hämmerte.

Hoffentlich hat der Idiot eine Versicherung. Er beugte sich zum Handschuhfach hinunter, öffnete die Klappe und nahm ein kleines Notizbuch heraus. Danach griff er noch tiefer in das Fach und nahm einen Kugelschreiber, dessen Ende bereits angeknabbert war. Anschließend schloss er die Klappe wieder und legte seine Hand auf den Türgriff.

Er warf einen kurzen Blick in den Außenspiegel und erstarrte, denn eine schemenhafte Gestalt war nun aus dem anderen Fahrzeug ausgestiegen, hatte sich einen Mantel über den Kopf gezogen und rannte auf sein Auto zu. Grant drückte den Schalter, der das Fenster öffnete und blinzelte, als der Regen hineinpeitschte.

Die Gestalt blieb an der Wagentür stehen und bückte sich. Bei diesen schlechten Lichtverhältnissen konnte Grant nur ein bärtiges Kinn und eine Kapuze, die den oberen Teil des Gesichtes verdeckte, erkennen, während der Regen in Sturzbächen den Rücken der Gestalt hinunterlief. Der Mann musste gegen den Lärm des Sturms anschreien.

»Es tut mir leid! Meine Frau ist zu Hause und sie erwartet gerade unser erstes Kind. Ich hab noch versucht, anzuhalten, aber die Bremsen haben einfach nicht mehr gegriffen. Ist bei Ihnen alles okay?«

Grant hielt ihm den Notizblock und Stift entgegen. »Geben Sie mir einfach Ihre Versicherungsdaten und ich schreibe Ihnen meine auf.«

Der Mann nickte und öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, doch dann wurde plötzlich ohne Vorwarnung die Beifahrertür aufgerissen. Grant drehte sich überrascht in diese Richtung, als ein anderer Mann den Aktenkoffer auf den Boden stieß und sich auf ihn stürzte. Grant schrie und versuchte verzweifelt, die Fahrertür zu öffnen, doch dann spürte er, wie sich ein Arm eng um seinen Hals legte. Keuchend schnappte er nach Luft.

Der Mann mit der Kapuze lehnte sich nun durch das Fenster und flüsterte ihm ins Ohr: »Nicht dagegen ankämpfen … du machst es nur noch schlimmer.«

Der andere Angreifer hatte inzwischen eine Spritze hervorgeholt und hielt sie mit nach oben gerichteter Nadel in der Hand.

Grant trat mit seinen Füßen hilflos auf den Wagenboden ein und seine Schuhspitzen stießen dabei gegen das Gaspedal. Der Mann mit der Spritze grinste und sein kurz geschnittenes grau meliertes Haar schimmerte im schwachen Licht der Innenraumbeleuchtung.

Während Galle in ihm hochstieg, versuchte Grant, den Griff um seinen Hals abzuschütteln. Der grauhaarige Mann packte daraufhin sein Handgelenk, schob seinen Ärmel hoch und versenkte die Nadel in Grants Vene.

Dieser öffnete seinen Mund, um alles hinauszubrüllen … die Angst, den Schmerz und die Frustration … doch sofort presste der Kapuzenmann ihm die Hand auf den Mund, sodass nur noch ein gedämpfter Schrei zu hören war.

Der andere Mann entspannte sich jetzt, lehnte sich auf dem Beifahrersitz zurück und beobachtete Grant mit glänzenden Augen.

In dessen Kopf drehte sich plötzlich alles, sein Herzschlag, der gerade noch in seinen Ohren gedröhnt hatte, wurde allmählich langsamer, und vom Prasseln des Regens, der auf das Autodach trommelte, übertönt. Schwarze Punkte erschienen vor seinen Augen, dann ließ der Griff des Kapuzenmannes nach und Grant fiel zurück in seinen Sitz.

Eine gedämpfte Stimme erklang nun neben ihm. »In sechzig Sekunden ist er ganz weg.«

Sechzig Sekunden? Was passiert in sechzig Sekunden? Eine unfassbare Schläfrigkeit begann ihn auf einmal zu überwältigen. Grant blinzelte zweimal hektisch und versuchte sein Kinn von der Brust zu heben, weil er spürte, dass sein Kopf schlaff hinunterhing.

Der Mann mit dem graumelierten Haar griff im Fußraum des Wagens nach Grants Aktenkoffer, öffnete ihn und begann, den Inhalt zu durchsuchen, dann ließ er ihn wieder zuschnappen und blickte den anderen Angreifer kopfschüttelnd an.

»Da ist nichts drin. Wir nehmen ihn mit. Auf geht’s.«

Grants Körper sackte nun endgültig in sich zusammen, als die Autotür geöffnet wurde. Der Kapuzenmann packte ihn, schaute sich kurz über die Schulter nach unerwünschten Zeugen um und begann dann vorsichtig, Grant aus dem Fahrzeug zu ziehen.

»Nein …«, murmelte Grant. Verdammt, was hatten sie ihm da gegeben?

Bevor er das Bewusstsein komplett verlor, spürte er, wie er in den hinteren Teil des Vans gehoben und eine Decke über seinem Körper ausgebreitet wurde. Der muffige Geruch von Öl drang in seine Nasenlöcher, während sich der harte Stahlboden des Fahrzeugs in seinen Rücken bohrte.

Dann tauchte er ganz und gar in die Dunkelheit ein.

Kapitel 1

Arizona, USA

Dan Taylor lief langsam über die staubtrockene Erde. Er trug eine dunkelgrüne Jacke, die mit Kevlar gepanzert war, eine farblich passende Hose sowie schwarze Schnürstiefel und ging gerade auf ein kleines, bösartig aussehendes Objekt zu, das vor ihm auf dem Boden lag.

Über der unfruchtbaren Ebene zog Dunst auf, der den blauen wolkenlosen Himmel zu verschleiern begann. In der Ferne teilte er sich wieder und enthüllte dabei eine lang gezogene Hügelkette, die die Hitze des vergangenen Sommers braun versengt hatte. Ein paar verkümmerte Bäume unterbrachen die Monotonie der Landschaft und spendeten inmitten des verdorrten Grases und des allgegenwärtigen Staubes ein bisschen kostbaren Schatten.

Während er sich dem Gegenstand näherte, wurde Dan immer langsamer. Fast ehrfürchtig umrundete er das Objekt vorsichtig im Uhrzeigersinn, wobei er kleine Steine und Kiesel aus dem Weg kickte.

Während sich hinter ihm die Staubwolke langsam wieder senkte, hielt er inne und starrte den Apparat, der vor ihm in der Sonne glitzerte, intensiv an. Er seufzte leise und wartete darauf, dass sein Herz endlich aufhörte, wie verrückt gegen seine Rippen zu hämmern. Als sich sein Puls endlich ein bisschen beruhigt hatte, hockte er sich vorsichtig hin, ballte ein paar Mal die Fäuste, um seine Finger geschmeidig zu machen und konzentrierte seine Aufmerksamkeit dann auf die Sprengvorrichtung.

Seine Augen blinzelten heftig hinter dem Visier, das sein Gesicht schützen sollte, denn ein Schweißtropfen rann ihm über die Stirn und drohte, in seine Augen zu laufen. Doch das Visier hochzuklappen und sich über das Gesicht zu wischen, war keine Option. Er schüttelte stattdessen leicht den Kopf, knetete seine Finger und fokussierte seine Aufmerksamkeit erneut auf die Apparatur.

Dann lehnte er sich auf den Fersen ein wenig zurück, öffnete eine Tasche an der Vorderseite seiner Jacke und holte einen Satz kleiner Zangen heraus. Anschließend schloss er den Reißverschluss wieder, hielt die Zangen vor sein Gesicht und bückte sich so tief hinunter, bis seine Augen mit der Vorrichtung auf einer Höhe waren.

Am Vortag hatte er bereits einen ähnlichen Apparat untersucht, nur war dieser fest in eine Werkbank eingespannt und nicht aktiviert gewesen, als er ihn in Ruhe methodisch auseinandergenommen und sich dabei bemüht hatte, ihm seine Geheimnisse zu entlocken.

Dieses Mal war es vollkommen anders.

Er versuchte zu rekapitulieren, was er gestern herausgefunden hatte … welchen Draht er ohne Gefahr durchschneiden konnte und welchen er besser in Ruhe lassen sollte … und was für eine gewaltige Explosionskraft unter diesen Metallschichten verborgen lag.

 

Dan verdrängte nun alle Gedanken an das, was eventuell passieren könnte, beugte sich nach vorn und schob eine der Zangen sanft über die knochentrockene Erde auf die Sprengvorrichtung zu. Normalerweise würde jedes Bombenbeseitigungsteam der Welt einen speziell dafür entwickelten Roboter verwenden, um eine solche Bedrohung zu neutralisieren, das Problem war nur, dass einige Vorrichtungen mit Absicht an Stellen platziert wurden, an denen Roboter nicht eingesetzt werden konnten.

Zwischen der lockeren Erde und der glänzenden Oberfläche des Objektes entdeckte Dan jetzt einen etwa ein Zentimeter breiten Spalt. Ein dünner gelber Draht ragte an dieser Stelle aus dem Gerät hervor, mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar. Er zog die Zange langsam wieder zurück und blieb einige Sekunden nachdenklich in der Hocke sitzen. Anschließend legte er sich flach auf den Boden, schlängelte sich behutsam vorwärts und bewegte das Werkzeug erneut mit zur Seite geneigtem Kopf auf die Vorrichtung zu.

Vorsichtig übte er Druck auf die Zange aus und die Schneiden schlossen sich langsam um den gelben Draht. Als sie die farbige Plastikabdeckung berührten, hörte er kurz zu atmen auf.

Über ihm war das ferne Dröhnen eines Düsenjägers zu hören, der seine Kondensstreifen quer über den azurblauen Himmel ausspie. Er wartete, bis der Jet vorübergeflogen und die Stille zurückgekehrt war und das einzige Geräusch, das seines Herzschlages war, der in seinen Ohren widerhallte.

Ein weiterer Herzschlag folgte, dann durchtrennte er den Draht. Er atmete langsam wieder aus und zog die Zange vorsichtig zurück, während sein Puls anfing zu rasen.

Plötzlich drang ein schrilles Heulen aus dem Objekt.

Dan riss erschrocken die Augen auf. Mühsam sprang er auf und begann so schnell wie nur möglich von der Sprengvorrichtung wegzurennen. Sein Ziel war ein Absperrband, das zwischen zwei Zaunpfosten in der Brise flatterte.

In seinem Kopf zählte er die Sekunden … allerdings mehr aus alter Gewohnheit als aus dem Wissen heraus, wie viel Zeit ihm tatsächlich noch blieb.

Es würde verdammt knapp werden.

Als er das abgesperrte Areal endlich erreichte, ließ er sich auf die Knie fallen, glitt unter dem Absperrband hindurch und rutschte dann hastig in einen flachen Graben hinein, der erst vor wenigen Stunden ausgehoben worden war. Dort rollte er sich zu einer Kugel zusammen und legte seine Arme schützend über den Kopf.

Die Explosion ließ die gesamte Umgebung erzittern. Der Boden schien plötzlich zu kochen und wölbte sich in die Höhe. Erde, Sträucher und Steine wurden in die Luft geschleudert. Ein kleiner Schwarm Krähen stob krächzend auseinander, als Sand und Felssplitter auf Dans Körper niederregneten und ihn mit einer Staubschicht bedeckten.

Dann herrschte endlich Stille.

Dan hob langsam den Kopf und schaute über die Schulter. Eine dicke Staubwolke verbarg nun das Areal, auf dem er gerade versucht hatte, die Vorrichtung zu entschärfen. Er richtete sich vorsichtig auf und fluchte leise, als ihm kleine Erdbrocken in den Kragen fielen und den Nacken hinunterrutschten. Während er sich den Staub vom Körper abklopfte, schluckte er ein paar Mal, um das Klingeln in seinen Ohren loszuwerden, doch dann hörte er hinter sich einen Schrei und drehte sich hastig um.

Zwei große weiße Allradfahrzeuge parkten hundert Meter entfernt von ihm und bildeten dort einen Bereich willkommenen Schattens. Er hatte zwischen den beiden Wagen eine Plane gespannt, die das Licht der hellen Wintersonne abhielt. Ein breiter Streifen rotes Absperrband flatterte in der leichten Brise und markierte den äußeren Rand der temporären No-go-Area.

Dan ging langsam auf die Fahrzeuge zu, anfangs allerdings noch etwas unbeholfen, weil er seine geschundenen Gliedmaßen erst wieder in die Gänge bringen musste. Unwillkürlich fragte er sich, wie viele blaue Flecken er sich wohl dieses Mal zugezogen hatte. Als er das Absperrband erreichte, kam hinter dem Heck eines der Allradfahrzeuge ein Mann hervor. Dieser steckte sein Handy in die Gesäßtasche seiner Jeans und verschränkte wartend die Arme vor der Brust.

»Gute Arbeit«, sagte er, als die staubige Gestalt sich ihm weit genug genähert hatte.

Dan nahm das Schutzvisier ab und runzelte die Stirn, während er sich mit der Hand durch sein braunes Haar strich, das er seit dem vergangenen Sommer länger trug. Zumindest verglichen mit dem Stoppelhaarschnitt, den er während seiner Dienstzeit in der britischen Armee bevorzugt hatte. Er blieb nun stehen und drehte sich um, dann betrachtete er die zerstörte Landschaft hinter sich und den feinen Rauchfaden, der sich in den blauen Himmel hinaufschlängelte. Danach wandte er sich dem Mann zu, der jetzt genau neben ihm stand.

»Das da«, sagte er und zeigte über seine Schulter hinweg auf den rauchenden Krater im Boden, »war ein wirklich, wirklich hinterhältiger Sprengsatz, Chris.«

Der Mann neben ihm schützte seine Augen mit der rechten Hand und nickte. »Nach meinen Informationen hat man sie bei einem Kerl gefunden, der an einem israelischen Kontrollpunkt verhaftet wurde. Natürlich ein Mitglied der Hisbollah …«

»Hatten die Israelis so etwas schon zuvor gesehen?«, fragte Dan.

Chris schüttelte den Kopf. »Nein, deshalb haben sie uns ja ein paar davon zur Verfügung gestellt … und aus demselben Grund haben wir auch dich dazu geholt. Damit wir gemeinsam herausfinden können, wie zur Hölle man diese Dinger entschärfen kann und auch um ihre Sprengkraft zu testen, damit wir eine Ahnung davon bekommen, womit wir es hier überhaupt zu tun haben.«

Dan nickte. Er hatte die britische Armee verlassen, nachdem er im Irak bei der Explosion einer Sprengfalle schwer verletzt worden war. Danach hatte er es sich zum Ziel gemacht, so viel wie möglich über die neuen terroristischen Waffen zu lernen … damit das, was ihm zugestoßen war, wenigstens einen Sinn gehabt hatte, und um andere Menschen davor zu bewahren, durch die gleiche Hölle gehen zu müssen, durch die er hatte gehen müssen.

Obwohl seine Albträume allmählich verschwunden waren, genügte bereits ein entsprechender Nachrichtenbericht, um den Schalter sofort wieder umzulegen und ihm für Wochen schlaflose Nächte zu bescheren. Als Berater der britischen Armee zu arbeiten und dabei seine Fähigkeiten als Kampfmittelräumer anzuwenden, befriedigte ihn irgendwie.

In den vergangenen Monaten hatte er sich mit Chris Lewis zusammengetan, einem ehemaligen SEAL-Munitionsexperten, der nach einem Trainingsunfall, bei dem er zwei Finger der linken Hand verloren hatte, von der US-Navy in Pension geschickt worden war.

Dan drehte sich jetzt um und ging zu einem der Allradfahrzeuge. Im Schatten der Plane fing er an, die einzelnen Teile der Kevlar-Körperpanzerung auszuziehen.

Chris folgte ihm unter das provisorische Zelt und half ihm, die schwere Schutzjacke über den Kopf zu heben. Dan kam bei dieser Anstrengung fast ins Stolpern. Als Chris die Jacke auf den Boden warf, zog Dan seine Stiefel aus und schälte sich langsam aus der ebenfalls gepanzerten Hose. Darunter trug er eine blaue Jeans und ein schwarzes Poloshirt, die beide schon durch jahrelanges Tragen ausgeblichen waren. Während Chris die Kevlar-Körperpanzerung auf dem Rücksitz von Dans Pick-up verstaute, schnürte Dan seine Stiefel wieder zu, dann ging er zu einem Mini-Kühlschrank hinüber, der an einen kleinen Generator angeschlossen war, und nahm sich eine Limonade. Nachdem er den Verschluss geöffnet hatte, trank er die halbe Dose in drei Zügen aus und rülpste dann laut.

Verlegen grinsend stellte er die Dose auf dem Kühlschrank ab. Daneben lag auf einer auf dem Boden ausgebreiteten Plane eine ganze Ansammlung von ausgeschlachteten Metallteilen, Drähten und Sprengvorrichtungen. Dan zog ein Paar Handschuhe an, dann bückte er sich und nahm eine der zerlegten Vorrichtungen in die Hand. Er drehte sie zwischen seinen Fingern hin und her, während seine blauen Augen auf das Gerät starrten und versuchten, herauszufinden, wie es konstruiert worden war.

Er drehte sich um und streckte es Chris entgegen. »Es ist fast wie eine kleine Haftmine, aber mit einem ausrichtbaren Detonationsmechanismus.«

Chris hockte sich neben ihn hin. »Und wie kommt es, dass die Bombe, die wir gerade gezündet haben, so einen verdammt großen Krater in die Pferdekoppel des Generals gerissen hat?«

»Genau das würde ich auch gern wissen.«

Als der Schatten eines Mannes über sie hinwegglitt und das schwelende Loch im Boden betrachtete, blickten sie hoch.

»Vielleicht war sie defekt?«, schlug Dan vor.

Der Neuankömmling rollte die Ärmel seines Jeanshemdes hoch, hob seine Baseballmütze ein wenig an und kratzte sich am Ohr. »Zumindest war sie brandgefährlich.«

Mit Ende sechzig hatte sich General Bartholomew Bart Collins aus der US-Army zurückgezogen, sich mitten in Arizona Land gekauft und fuhr dort fort, den Terrorismus auf seine ganz eigene Art und Weise zu bekämpfen. Dabei kooperierte er sowohl mit der US-Army als auch mit der britischen Armee und Beratern wie Dan. Dies bot ihm die Möglichkeit, mit verschiedensten Experten zusammenzuarbeiten und so ihr Wissen zu bündeln.

Dan schaute den General über die Schulter hinweg an und runzelte die Stirn. »Ich habe Sie gar nicht kommen gehört. Wo ist denn Ihr Pick-up?«

Ein tiefes, grollendes Schnauben hinter einem der Fahrzeuge nahm die Antwort des Generals vorweg.

Er lächelte. »Ich habe mir doch keine Ranch gekauft, damit ich den ganzen Tag lang mit dem Auto herumfahre, Sohn. Ich war gerade auf einem Ausritt, sah die Explosion und dachte mir, ich sollte mal besser vorbeischauen, um sicherzugehen, dass ihr beide noch in einem Stück seid.«

Dan drehte sich zur Seite, streckte den Rücken durch und warf dem General, der weiterhin stirnrunzelnd den Krater betrachtete, einen Blick zu.

»Was halten Sie davon, General?«

Der ältere Mann wandte sich ihm zu. »Da draußen sind mittlerweile einige wirklich üble Bastarde unterwegs.« Er zuckte mit den Schultern, band sein Pferd vom Kuhfänger des Pick-ups los und schwang sich mit der Beweglichkeit eines zwanzig Jahre jüngeren Mannes in den Sattel.

»Das mit der Pferdekoppel tut mir leid«, sagte Dan.

Der Mann zuckte mit den Achseln. »So ist nun mal das Leben. Ich wollte sie dieses Jahr ohnehin umpflügen. Du hast mir nur die Arbeit abgenommen.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Ihr solltet jetzt besser alles zusammenräumen und euch auf den Nachhauseweg machen, bevor Wendy das Abendessen serviert.«

Während er die Zügel zwischen seinen Fingern hindurchgleiten ließ, sah er auf Dan hinunter. »Ich erwarte euch um sechs Uhr für ein paar Drinks und einen ausführlichen Bericht in meinem Arbeitszimmer«, sagte er und trieb sein Pferd dann mit einem schnellen Schenkeldruck an.

Als das Pferd losgaloppierte, salutierte Dan locker und machte sich dann wieder ans Aufräumen. Er bückte sich und fing an, die Teile der Sprengvorrichtung, die er untersucht hatte, einzusammeln, wobei er seine dabei gemachten Notizen sorgfältig zusammenfaltete und in die Gesäßtasche steckte. Danach verpackte er jedes Teil der Vorrichtung einzeln in eine eigene Plastiktüte.

Chris beschriftete die einzelnen Beutel anschließend mit einem Permanentmarker, bevor er sie in einem Metallbehälter von der Größe eines Werkzeugkastens verstaute. Dan warf ihm den letzten Beutel zu, dann richtete er sich leise ächzend auf, zog die Handschuhe aus, knüllte sie zusammen und schleuderte sie achtlos in den Beifahrerfußraum seines Wagens.

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