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Eine wunderliche Geschichte

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Eine wunderliche Geschichte
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I

Vor etwa fünfzehn Jahren – so begann Herr Ch. – zwangen mich dienstliche Obliegenheiten einmal einige Tage in der Gouvernementsstadt O. Zuzubringen. Ich stieg in einem erträglichen Gasthause ab, welches ein halbes Jahr vor meiner Ankunft von einem reich gewordenen Jüdischen Schneider erbaut worden war. Wie man sagt, hat es nicht lange geblüht, was bei uns etwas sehr Gewöhnliches ist; aber ich fand es noch in seinem vollen Glanze; die neuen Meubel knallten in der Nacht wie ein Pistolenfeuer, die Bettwäsche, Tischtücher und Servietten rochen nach Seife und die gestrichenen Dielen nach Firniß, was übrigens nach der Meinung des Kellners, eines überaus feinen, obgleich nicht ganz reinlichen Menschen, die Verbreitung des Ungeziefers verhinderte. Dieser Aufwärter, ein ehemaliger Kammerdiener des Fürsten Z., zeichnete sich durch die Ungezwungenheit seines Benehmens und sein Selbstbewußtsein aus. Er ging stets in einem Frack, der schon auf andern Schultern gesessen und in niedergetretenen Schuhen, hatte eine Serviette unter dem Arm und eine Menge Finnen auf den Backen und hielt, indem er mit den schweißigen Händen ungenirt gesticulirte, kurze aber eindringliche Reden. Er erwies mir, als einem Menschen, der im Stande wäre, seine Bildung und seine Weltkenntniß zu würdigen, eine gewisse Protection. Er hieß Ardalion.

II

Ich hatte einigen Beamten der Stadt Besuche zu machen. Der selbe Ardalion besorgte mir einen Wagen und einen Diener, den einen so schlottrig und abgeschabt wie den andern; aber der Diener hatte eine Livree und den Wagen schmückten Wappen. Nachdem ich alle officiellen Besuche abgemacht hatte, fuhr ich zu einem Gutsbesitzer, einem alten Bekannten meiner Familie, der sich schon lange in der Stadt O. niedergelassen hatte. Ich hatte ihn in zwanzig Jahren nicht gesehen; er hatte sich seitdem verheirathet, eine stattliche Familie bekommen, war Wittwer und reich geworden. Er speculirte in Branntweinpachtungen, das heißt, er lieh den Pächtern die Cautionen gegen schwere Procente . . . »das Risico ist Edelmanns-Sache!«1 übrigens war auch wenig Risiko dabei. Im Laufe des Gesprächs trat unentschiedenen aber leichten Schrittes, wie auf den Fußspitzen, ein schlankes und mageres Mädchen von etwa siebzehn Jahren ein. Hier ist – sagte mein Bekannter zu mir – meine älteste Tochter Sophie, die ich die Ehre habe, Ihnen vorzustellen; sie hat mir meine Selige ersetzt, führt die Wirthschaft im Hause und giebt auf die Brüder und Schwestern Acht. Ich verbeugte mich zum zweiten Mal gegen das eingetretene Mädchen (das sich unterdessen schweigend auf einen Stuhl gesetzt hatte) und dachte bei mir, daß sie einer Wirthschafterin, einer Erzieherin wenig ähnlich sehe. Ihr Gesicht war durchaus kindlich, rund, und mit kleinen, angenehmen aber unbeweglichen Zügen; die blauen Augen unter hohen, auch unbeweglichen, ungleichen Brauen blickten aufmerksam, beinahe erstaunt, wie wenn sie etwas für sie Unerwartetes bemerkten; der schwellende Mund mit aufgeworfener Oberlippe lächelte nicht nur nicht, sondern schien auch das Lächeln gar nicht zu kennen; auf den Wangen stand das rosige Blut in zarten, länglichen sich immer gleichbleibenden Flecken unter der feinen Haut. Ihr feines blondes Haar trug sie in dichten Locken zu beiden Seiten des kleinen Gesichtes. Die Brust athmete ruhig und die Arme preßten sich wie ungeschickt und starr an die schlanke Figur. Ein blaues carrirtes Kleid fiel ohne Falten, wie bei Kindern, auf die kleinen Füße. Der ganze Eindruck, den das Mädchen auf mich machte, war nicht sowohl ein kränklicher, als ein räthselhafter. Ich sah nicht ein einfaches, schüchternes Provinzialfräulein vor mir, sondern ein Wesen mit einem besonderen, für mich unklaren Stempel. Es zog mich weder an, noch stieß es mich ab: ich begriff es nicht vollständig und fühlte nur, daß ich noch niemals einer aufrichtigeren Seele begegnet war. Mitleid ja Mitleid erweckte in mir dieses junge, ernste, geängstete Leben, Gott weiß weshalb. »Nicht von dieser Welt«, dachte ich bei mir, obgleich eigentlich in dem Ausdruck des Gesichts nichts »Ideales« lag und obgleich Mademoiselle Sophie augenscheinlich in dem Salon erschienen war, um die Rolle der Hauswirthin zu spielen, auf welche ihr Vater hingedeutet hatte.

III

Er fing an, von dem Leben in der Stadt Q, den seinen gesellschaftlichen Vergnügungen und den Annehmlichkeiten, die es darbot, zu sprechen. »Bei uns ist es still,« bemerkte er. »Der Gouverneur ist ein Melancholiker und der Adelsmarschall ein Junggeselle. Uebrigens ist übermorgen in der adligen Ressource großer Ball. Ich rathe Ihnen hinzugehen, es fehlt hier nicht an Schönheiten, nun und Sie werden unsere ganze Intelligenz sehen.«

Mein Bekannten als ein Mann, der einmal an der Universität gewesen war, liebte es, gelehrte Ausdrücke zu gebrauchen. Er sprach sie mit Ironie, aber auch mit Respect aus. Uebrigens ist es bekannt, daß die Spekulation in Branntweinpachtung in den Menschen zugleich mit der Solidität einen Hang zur Philosophie entwickelt.

»Und erlauben Sie eine Frage? Werden Sie auf dem Ball sein?« Damit wendete ich mich an die Tochter meines Bekannten Ich wollte den Ton ihrer Stimme hören. »Der Vater will hingehen« – antwortete sie, »und ich mit ihm.« Ihre Stimme war leise, langsam und sie sprach jedes Wort zögernd aus. »In diesem Falle erlauben Sie mir, Sie um die erste Quadrille zu bitten.« Sie nickte mit dem Kopf zum Zeichen des Einverständnisses; aber lächelte auch jetzt nicht.

Ich entfernte mich bald und ich erinnere mich, der Blick ihrer fest aus mich gerichteten Augen erschien mir so sonderbar, daß ich wie unwillkürlich über meine Schulter blickte, ob sie nicht irgend Jemand oder irgend etwas hinter meinem Rücken sähe.

IV

Nach meiner Rückkehr in‘s Gasthaus und nachdem ich zum Diner die ewige Suppe à la Julienne, Cotelettes und Schoten und ein vertrocknetes Haselhuhn gespeist hatte, setzte ich mich auf das Sopha und überließ mich meinen Gedanken. Ihr Gegenstand war jene Sophie, jene räthselhafte Tochter meines Bekannten; aber Ardalion, der den Tisch abgedeckt hatte, legte meine Träumerei auf seine Weise aus. Er schrieb sie der langen Weile zu.

»Es giebt bei uns in der Stadt sehr wenig Zerstreuungen für die Herren Durchreisenden,« begann er mit seiner gewöhnlichen zwanglosen Herablassung, während er zugleich fortfuhr mit einer schmutzigen Serviette die Lehnen der Stühle abzuklopfen – dieses Abklopfen ist wie bekannt nur sehr gebildeten Kellnern eigen –; »sehr wenig, weder Concerte noch Theater (Ardalion war mit seinem Herrn im Auslande gereist, vielleicht sogar nach Paris gekommen. Er wußte sehr gut, daß nur der Bauer Keather sagt), noch z. B. Tanzsoiréen und Abendconversationen unter den Herren Edelleuten. Alles der Art existirt nicht.« (Er hielt einen Augenblick inne, wahrscheinlich um mich die Eleganz seines Ausdruckes bemerken zu lassen).

»Man sieht sich selten. Und die Folge ist, daß die angekommenen Fremden manchmal nicht wissen, was sie anfangen sollen.«

Ardalion sah mich von der Seite an.

»Uebrigens . . . vielleicht . . . « fuhr er stockend fort – »im Falle Sie geneigt sein sollten . . . « Er sah mich wieder an – bemerkte aber vielleicht die nöthige Neigung nicht bei mir.

Der feine Kellner ging nach der Thür, überlegte, kehrte wieder um, stand eine Weile unentschlossen, beugte sich zu meinem Ohr nieder und sagte mit leichtem Lächeln:

»Wollen Sie Verstorbene sehen?«

Ich sah ihn erstaunt an.

»Ja,« fuhr er jetzt flüsternd fort, »es giebt hier einen solchen Menschen. Es ist ein einfacher Kleinbürger, der sogar nicht einmal lesen kann – aber er macht wunderbare Sachen. Wenn Sie sich zum Beispiel an ihn wenden und wünschen, irgend einen Verstorbenen von Ihren Bekannten zu sehen, so zeigt er ihn Ihnen unfehlbar.«

»Auf welche Weise?«

»Das ist nun sein Geheimniß. Denn obgleich er ein Mensch ist, der nicht lesen, ja man kann geradezu sagen, der nicht sprechen kann, so ist er doch im Himmlischen stark. Am meisten steht er bei den Kaufleuten in Achtung.«

»Und ist dies Allen in der Stadt bekannt?«

»Wer es wissen soll, weiß es. Und es ist dafür gesorgt, daß von der Polizei nichts zu befürchten ist – denn was man auch sagen möge, es sind immer verbotene Dinge und für den gemeinen Mann verführerisch. Der gemeine Mann ist bekanntermaßen immer gleich mit der Faust bei der Hand.«

»Hm er Ihnen Verstorbene gezeigt?« fragte ich Ardalion. Ich konnte mich nicht entschließen, einen so gebildeten Sterblichen zu dutzen

Ardalion nickte mit dem Kopf: »Ja! er hat mir meinen Erzeuger gezeigt, wie wenn er lebte.«

Ich sah Ardalion an. Er lächelte und spielte mit der Serviette und sah mich herablassend, aber mit Festigkeit an.

1Russisches Sprichwort.
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