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Из серии: Ein Riley Paige Krimi #12
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Ü B E R F A H R E N

(EIN RILEY PAIGE KRIMI –– BAND 12)

B L A K E P I E R C E

Blake Pierce

Blake Pierce ist die Autorin der RILEY PAIGE Bestseller Krimiserie, die bisher zwölf Bände (weitere Bände folgen) umfasst. Blake Pierce ist ebenso die Autorin der MACKENZIE WHITE Krimiserie, bestehend aus acht Bänden; der AVERY BLACK Krimiserie, aus sechs Bänden bestehend; der KERI LOCKE Krimiserie, aus fünf Bänden bestehend; ebenso die neue Serie DAS MAKING of RILEY PAIGE, die mit Band #1 BEOBACHTET beginnt.

Blake Pierce ist eine begeisterte Leserin und schon ihr ganzes Leben lang ein Fan des Krimi- und Thriller-Genres. Blake freut sich von Ihnen zu hören, also besuchen Sie www.blakepierceauthor.com und bleiben Sie in Kontakt!

Copyright © 2018 Blake Pierce Alle Rechte vorbehalten. Außer durch eine Genehmigung nach dem U.S. Copyright Act von 1976, darf kein Teil dieses Buches ohne ausdrückliche Genehmigung der Autorin vervielfältigt, vertrieben oder in irgendeiner Form übermittelt, in Datenbanken oder Abfragesystemen gespeichert werden. Dieses E–Book ist nur für ihren persönlichen Gebrauch lizenziert. Es darf nicht weiterverkauft oder an Dritte weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit anderen teilen möchten, erwerben Sie bitte für jeden Empfänger eine zusätzliche Kopie. Wenn Sie dieses Buch lesen, aber nicht gekauft haben, oder es nicht für Sie gekauft wurde, geben Sie es bitte zurück und erwerben Sie eine eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit der Autorin respektieren. Dieses Buch ist eine fiktive Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind von der Autorin frei erfunden oder werden fiktiv verwendet. Ähnlichkeiten mit echten Personen, lebendig oder verstorben, sind zufällig. Copyright Umschlagsbild Photographee.eu, genutzt unter der Lizenz von Shutterstock.com

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DIE MAKING OF RILEY PAIGE SERIE

BEOBACHTET (Band #1)

RILEY PAIGE KRIMI SERIE

VERSCHWUNDEN (Band #1)

GEFESSELT (Band #2)

ERSEHNT (Band #3)

GEKÖDERT (Band #4)

GEJAGT (Band #5)

VERZEHRT (Band #6)

VERLASSEN (Band #7)

ERKALTET (Band #8)

VERFOLGT (Band #9)

VERLOREN (Band #10)

BEGRABEN (Band #11)

ÜBERFAHREN (Band #12)

GEFANGEN (Band #13)

MACKENZIE WHITE KRIMI SERIE

BEVOR ER TÖTET (Band #1)

BEVOR ER SIEHT (Band #2)

BEVOR ER BEGEHRT (Band #3)

BEVOR ER NIMMT (Band #4)

BEVOR ER BRAUCHT (Band #5)

EHE ER FÜHLT (Band #6)

EHE ER SÜNDIGT (Band #7)

BEVOR ER JAGT (Band #8)

VORHER PLÜNDERT ER (Band #9)

AVERY BLACK KRIMI SERIE

DAS MOTIV (Band #1)

LAUF (Band #2)

VERBORGEN (Band #3)

GRÜNDE DER ANGST (Band #4)

RETTE MICH (Band #5)

ANGST (Band #6)

KERI LOCKE KRIMI SERIE

EINE SPUR VON TOD (Band #1)

EINE SPUR VON MORD (Band #2)

EINE SPUR VON SCHWÄCHE (Band #3)

EINE SPUR VON VERBRECHEN (Band #4)

EINE SPUR VON HOFFNUNG (Band #5)

INHALT

PROLOG

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPIEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREIßIG

KAPITEL EINUNDDREIßIG

KAPITEL ZWEIUNDDREIßIG

KAPITEL DREIUNDDREIßIG

KAPITEL VIERUNDDREIßIG

KAPITEL FÜNFUNDDREIßIG

KAPITEL SECHSUNDDREIßIG

KAPITEL SIEBENUNDDREIßIG

KAPITEL ACHTUNDDREIßIG

KAPITEL NEUNUNDDREIßIG

KAPITEL VIERZIG

PROLOG

Als sie langsam wieder zu sich kam, spürte Reese Fisher, dass ihr ganzer Körper schmerzte. Ihr tat der Nacken weh und ihr Schädel pochte so, als würde er gleich explodieren.

Als sie die Augen öffnete, wurde sie sofort vom grellen Sonnenlicht geblendet. Sie presste die Augenlieder wieder fest zusammen.

Wo bin ich? dachte sie. Wie bin ich hierhergekommen?

Neben dem Schmerz verspürte sie auch eine kribbelnde Taubheit, besonders in den Gliedmaßen.

Sie versuchte ihre Arme und Beine zu bewegen um das Kribbeln loszuwerden, stellte jedoch fest das es unmöglich war. Sie konnte ihre Arme, Hände und Beine aus irgendeinem Grund nicht mehr bewegen.

Sie überlegte…

Hatte ich irgendeinen Unfall?

Vielleicht hatte sie ein Auto erfasst.

Oder vielleicht war sie aus ihrem eigenen Auto herausgeworfen worden und lag nun auf dem harten Asphalt.

Ihr Verstand schien keinen klaren Gedanken fassen zu können.

Wieso konnte sie sich an nichts erinnern?

Und wieso konnte sie sich nicht bewegen? War ihr Genick gebrochen oder so?

Nein. Sie spürte doch den Rest ihres Körpers. Sie konnte sich nur nicht bewegen.

Sie konnte auch die heiße Sonne auf ihrem Gesicht spüren und wollte ihre Augen deshalb nicht wieder öffnen.

Sie versuchte zu überlegen wo sie gewesen war und was sie gemacht hatte vor diesem…was auch immer das hier gerade war?

Sie erinnerte sich –– oder meinte sich erinnern zu können –– wie sie in Chicago in den Zug gestiegen war, wie sie einen guten Sitzplatz gefunden hatte und dass sie dann auf ihrem Weg zurück nach Hause nach Millikan gewesen war.

Aber war sie jemals in Millikan angekommen?

War sie aus dem Zug gestiegen?

Ja, meinte sie sich zu erinnern. Es war ein heller, sonniger Morgen am Bahnhof gewesen und sie freute sich auf den nicht mal zwei Kilometer langen Spaziergang nach Hause.

Doch dann…

Was?

Der Rest ihrer Erinnerung war unzusammenhängend, traumartig sogar.

Es war wie einer dieser Träume, in denen man sich in schrecklicher Gefahr befindet aber unfähig ist wegzurennen, unfähig sich überhaupt zu bewegen. Sie hatte sich wehren wollen, sich aus irgendeiner Gefahr befreien wollen, aber sie hatte es nicht gekonnt.

Sie konnte sich außerdem an jemandes bösartige Gegenwart erinnern –– ein Mann, dessen Gesicht sie sich nun beim besten Willen nicht mehr ins Gedächtnis rufen konnte.

Was hat er mit mir gemacht? fragte sie sich.

Und wo bin ich?

Sie merkte, dass sie zumindest ihren Kopf bewegen konnte. Sie drehte sich weg von der prallen Sonne und konnte sich endlich dazu bringen ihre Augen zu öffnen und sie auch offen zu halten. Zuerst bemerkte sie geschwungene Linien, die sich von ihr in die Ferne streckten. Doch in diesem Moment schienen sie irgendwie abstrakt und unbegreiflich.

 

Dann verstand sie, wieso ihr Nacken so schmerzte.

Er lag auf einem langen sich in die Ferne windenden Stück rötlichen Stahls, glühend heiß von der grellen Sonne.

Sie versuchte sich ein wenig zu winden und fühlte sogleich etwas spitzes und unebenes unter ihrem Rücken. Es fühlte sich an wie Schotter.

Nach und nach erkannte sie die abstrakten Linien und ihr wurde klar, was sie waren.

Trotz der Sonne wurde ihr ganzer Körper kalt, als sie es verstand.

Sie lag auf Eisenbahngleisen.

Aber wie war sie hierher gelangt?

Und wieso konnte sie sich nicht bewegen?

Sie zappelte und bemerkte, dass sie sich doch bewegen konnte, zumindest etwas.

Sie konnte sich winden, ihren Körper drehen und auch ihre Beine, obwohl sie die irgendwie nicht voneinander trennen konnte.

Die kribbelnde Taubheit die sie nicht vermocht hatte loszuwerden verwandelte sich nun zu Wallungen von Angst.

Sie war hier irgendwie angebunden –– gebunden an Eisenbahngleise, ihr Hals festgemacht am Gleis.

Nein, sagte sie sich. Das ist unmöglich.

Es musste einer dieser Träume sein –– ein Traum, in dem man unbeweglich und hilflos und in schrecklicher Gefahr ist.

Sie schloss ihre Augen wieder in der Hoffnung, dass der Alptraum weichen würde.

Doch plötzlich fühlte sie eine heftige Vibration in ihrem Nacken und ein Rumpeln erreichte ihre Ohren.

Das Rumpeln wurde immer lauter. Die Vibration wurde stechend stark und sie riss ihre Augen wieder auf.

Obwohl sie nicht sehr weit entlang der Gleise sehen konnte, wusste sie genau was die Quelle der Vibration war, dieses Crescendos an Lärm.

Es war ein nahender Zug.

Ihr Puls hämmerte in ihren Schläfen und der Terror schüttelte ihren gesamten Körper. Ihr Winden und Zappeln wurde verzweifelt und wild, blieb jedoch absolut vergeblich.

Sie konnte ihre Arme und Beine nicht befreien und sie konnte ihren Hals nicht vom Gleis losreißen.

Das Rumpeln war nun zu einem ohrenbetäubenden Donnern geworden und plötzlich kam er in ihr Sichtfeld…

…der rötlich-orangene Vorderteil einer riesigen Diesellokomotive.

Sie stieß einen Schrei aus –– einen Schrei der, wie sie selbst kurz registrierte, sich unnatürlich laut anhörte.

Dann begriff sie, dass es gar nicht ihr eigener Schrei war, den sie gehört hatte.

Es war der kreischend schrille Laut der Zugpfeife.

Nun fühlte sie eine komische Wut in sich hochkochen.

Der Lokführer hatte die Pfeife betätigt…

Warum zum Teufel hält er nicht einfach an?

Aber natürlich war das unmöglich –– jedenfalls nicht schnell genug bei seiner gegenwärtigen Geschwindigkeit.

Sie konnte ein fürchterliches Quietschen vernehmen als er den Versuch unternahm den Berg von Metall unter seiner Kontrolle zum Stehen zu bringen.

Die Lokomotive füllte jetzt ihr gesamtes Sichtfeld –– durch die Windschutzscheibe starrte ein paar Augen…

…Augen, die mit demselben Ausdruck von Horror schauten, den sie in ihrem Inneren verspürte.

Es war wie in einen Spiegel zu schauen–– jedoch wollte sie nicht sehen, was sie dort sehen konnte.

Reese Fisher schloss ihre Augen und wusste, dass sie es zum letzten Mal in ihrem Leben tat.

KAPITEL EINS

Als Riley das Auto vor ihrem Haus anhalten hörte fragte sie sich…

Bin ich wirklich in der Lage das durchzuziehen?

Sie betrachtete ihr Gesicht im Badezimmerspiegel und hoffte, dass es nicht zu leicht erkennbar war, dass sie geweint hatte. Dann ging sie hinunter ins Wohnzimmer, wo sich ihre gesamte Familie schon versammelt hatte –– ihre Haushälterin, Gabriela; ihre fünfzehnjährige Tochter, April; Jilly, die Dreizehnjährige, die Riley gerade adoptierte.

Und von all ihnen umgeben, von zwei großen Koffern geflankt, stand der fünfzehnjährige Liam und lächelte Riley etwas traurig an.

Es geschieht nun wirklich, dachte sie. Genau jetzt.

Sie ermahnte sich, dass es alles für das Beste war.

Trotzdem konnte sie nichts gegen ihre Traurigkeit tun.

Dann klingelte es an der Tür und Jilly eilte zur Tür um diese zu öffnen.

Ein Mann und eine Frau in ihren späten Fünfzigern traten ein, strahlend über die ganzen Gesichter. Die Frau trat sofort zu Liam herüber, der Mann ging auf Riley zu.

„Sie müssen Ms. Paige sein”, sagte er.

„Nennen sie mich bitte Riley“, erwiderte sie mit leicht heiserer Stimme.

„Ich bin Scott Schweppe, Liams Onkel“, stellte sich der Mann vor. Er drehte sich zu seiner Frau die währenddessen Liam umarmte. „Und das ist meine Frau, Melinda.“

Mit einem leicht unbeholfenen Grinsen fuhr er fort: „Aber ich nehme an, das wissen Sie alles schon. Auf jeden Fall freue ich mich so sehr, Sie kennen zu lernen.“

Riley schüttelte seine entgegengestreckte Hand. Sie empfand seinen Händedruck als stark und voller Wärme.

Im Gegensatz zu Riley versuchte Melinda gar nicht erst ihre Tränen zurückzuhalten. Als sie zu ihrem Neffen hinaufschaute, sprach sie zu ihm: „Oh, Liam! So eine lange Zeit ist es gewesen! Du warst noch so klein, als wir Dich zum letzten Mal gesehen hatten. Jetzt bist Du so ein stattlicher junger Mann!“

Riley holte mehrere Mal tief und langsam Luft.

Das ist wirklich das Beste für alle, sagte sie sich.

Vor einigen Tagen wäre das, was gerade passierte, das letzte was sie erwartet hätte.

Es schien als wäre es gestern gewesen, dass Liam bei Riley und ihrer Familie eingezogen war. Er war ja auch tatsächlich erst seit zwei Monaten bei ihnen, hatte aber von Anfang an gut hineingepasst und alle im Haushalt waren ihm schon sehr zugetan.

Jetzt hatte es sich aber herausgestellt, dass der Junge Verwandte hatte, die wollten, dass er bei ihnen lebte.

„Bitte setzen sie sich. Machen sie es sich bequem“, bot Riley dem Paar an.

Melinda tupfte ihre Augen mit einem Taschentuch ab und setzte sich zusammen mit Scott auf die Couch.

Auch alle anderen fanden einen Sitzplatz außer Gabriela, die in die Küche eilte um Snacks und Getränke zu holen.

Riley fühlte sich ein wenig erleichtert, als April und Jilly anfingen Smalltalk mit Scott und Melinda zu führen –– sie fragten sie über ihre zweitägige Reise von Omaha aus, darüber, wo sie in der Nacht Rast gemacht hatten und wie das Wetter die Zeit über gewesen war. Jilly schien bei guter Laune zu sein, Riley meinte jedoch Betrübtheit in Aprils Verhalten zu bemerken. Immerhin stand sie Liam näher als alle anderen.

Riley beobachtete das Paar aufmerksam während sie ihnen zuhörte.

Scott und sein Neffe sahen sich sehr ähnlich –– der gleiche schlaksige Körperbau, dieselben auffällig roten Haare und ein sonnengesprosster Teint. Melinda hingegen war ein stämmiger Typ und sah aus wie eine überaus durchschnittliche, gutmütige Hausfrau.

Gabriela kam bald mit einem Tablett wieder, auf dem sich Kaffee, Zucker und Sahne, sowie köstliche selbstgebackene guatemalische Plätzchen –– Chumpurradas –– befanden. Sie servierte das alles während die anderen redeten.

Riley bemerkte, dass Liams Tante sie ansah.

Mit einem warmen Lächeln sagte Melinda: „Riley, Scott und ich können Ihnen nicht genug danken.“

„Oh –– es war mir eine Freude“, erwiderte Riley. „Es war wunderbar ihn bei uns zu haben.“

Scott schüttelte den Kopf und sagte: „Ich wusste nicht, wie schlimm es mit meinem Bruder, Clarence, geworden ist. Wir hatten uns seit langer Zeit voneinander entfremdet. Das letzte Mal hörte ich vor Jahren von ihm, als Liams Mutter ihn verlassen hatte. Wir hätten in engerem Kontakt bleiben sollen, auch wenn nur um Liams Willen.“

Riley war sich nicht sicher, was sie sagen sollte. Wie viel hatte Liam seiner Tante und seinem Onkel von dem, was vorgefallen war, erzählt?

Sie erinnerte sich nur zu klar an alles.

April hatte gerade erst begonnen mit Liam auszugehen und er gefiel Riley gleich. Doch nach einem entsetzen Anruf von April eilte Riley zu Liams Haus nur um ihn dort grausam von seinem Vater verprügelt vorzufinden. Riley gelang es denn Mann zu bändigen, jedoch konnte sie Liam unmöglich in seiner Obhut lassen. Riley nahm Liam mit nach Hause und richtete ihm einen Schlafplatz im Wohnzimmer ein.

Natürlich waren dies prekäre Wohnbedingungen.

Liams Vater rief seinen Sohn immerzu an und schrieb ihm SMS, in denen er versprach sich zu ändern und nicht mehr zu trinken –– es war pure emotionale Erpressung, und es war ungeheuerlich schwer für Liam.

Scott fuhr fort: „Ich war total überrumpelt als Clarence mich letzte Woche aus dem nichts anrief. Er klag so, als hätte er seinen Verstand verloren. Er wollte meine Hilfe um Liam zurückzubekommen. Er sagte…naja, er sagte so Sachen, das war ganz schön krass, das kann ich ihnen sagen.“

Riley konnte sich zu gut vorstellen, was für „Sachen“ Liams Vater gesagt haben konnte –– einschließlich dem, was für eine abscheuliche und gemeine Person Riley wäre, dass sie ihm Liam einfach weggenommen hatte.

„Clarence sagte, er würde aufhören zu trinken“, sagte Scott. „Aber ich war sicher, dass er schon während des Anrufs wieder betrunken war. Liam dorthin zurückzuschicken wäre eine schreckliche Idee. Es war klar, dass es nur einen Ausweg aus dieser Situation gibt.“

Riley zuckte bei diesen Worten zusammen.

„…nur einen Ausweg...“

Natürlich war genau dieser eine Ausweg nicht Liam weiterhin in Rileys Familie zu lassen.

Es war einfach gesunder Menschenverstand.

Er sollte gehen und bei seiner nächsten Verwandtschaft leben.

Melinda drückte Scotts Hand und sagte zu Riley: „Scott und ich haben ein leeres Nest, wissen sie. Wir haben unsere drei Kinder schon großgezogen, zwei Söhne und eine Tochter. Unser Mädchen macht gerade ihren Abschluss an der Universität und die Jungs sind beide verheiratet und erfolgreich und bereit eigene Familien zu gründen. Wir sind also nun ganz allein in unserem großen Haus und wir vermissen es junge Stimmen zu hören. Es ist das perfekte Timing für uns.

Erneut zuckte Riley ein wenig.

„…das perfekte Timing…“

Natürlich war es das perfekte Timing. Was hinzukam war, dass es die perfekten Menschen waren –– oder so perfekt wie Eltern überhaupt sein konnten.

Wahrscheinlich sehr viel besser als ich, dachte Riley sich.

Sie selbst war sehr weit davon entfernt alles in ihrem eigenen komplizierten Leben auf die Reihe zu bekommen –– die Verantwortung des Elterndaseins sowie die oftmals in Konflikt dazu stehenden, manchmal gefährlichen, Pflichten einer FBI Agentin.

Tatsächlich fand sie es manchmal unmöglich all das zu vereinen und Liam hier zu haben, hatte ihr Leben nicht gerade einfacher gemacht.

Sie hatte oft das Gefühl nicht genug Aufmerksamkeit für die Kinder aufbringen zu können –– inklusive für Liam. Sie hatte wirklich sehr viel auf sich genommen, als sie ihn zu sich nahm.

Und überhaupt, wie sollte er denn weiterhin in diesem Wohnzimmer leben bis zum Zeitpunkt, an dem er an die Uni ging?

Ja, und wie wollte sie denn bitte überhaupt seine Ausbildung bezahlen?

Nein, das alles war wirklich das Beste für sie alle.

Jilly und April hielten das Geplauder am Laufen und fragten das Paar über deren schon erwachsene Kinder aus.

In der Zwischenzeit füllte sich Rileys Kopf mit Sorgen.

Sie hatte das Gefühl Liam in der kurzen Zeit schon so gut kennengelernt zu haben. Was wussten diese Leute überhaupt nach Jahren der Entfremdung von ihm und von seinem Vater? Sie wusste, dass Scott der Inhaber eines erfolgreichen Fahrradladens war. Er war außerdem in erstaunlich guter Form für sein Alter.

Würde er es verstehen, dass Liam von Natur aus tollpatschig und unsportlich war?

Liam war alles andere als eine Sportskanone und liebte es zu lesen und sich seinen Schulaufgaben zu widmen. Er war außerdem der Kaptein des Schachklubs seiner Schule.

Würden Scott und Melinda sich auf ihn einlassen können und in der Lage sein eine gute Beziehung zu ihm aufzubauen? Würden sie sich genauso gerne mit ihm unterhalten, wie Riley es tat? Würden sie seine Interessen teilen?

Oder würde er sich einsam und fehl am Platz fühlen?

 

Doch Riley musste sich selbst daran erinnern, dass sie gar nicht in der Position war sich über diese Dinge Sorgen zu machen.

Das ist wirklich alles das Beste für alle, sagte sie sich erneut vor.

Bald –– viel schneller als es Riley lieb gewesen wäre –– hatten Scott und Melinda ihre Kekse gegessen und den Kaffee getrunken und dankten Gabriela für die köstliche Stärkung. Es war Zeit für sie aufzubrechen. Schließlich war es eine lange Fahrt zurück bis nach Omaha.

Scott griff nach Liams Koffern und machte sich auf den Weg zum Auto.

Melinda ergriff herzlich Rileys Hand.

Sie sprach: „Noch einmal, wir können ihnen wirklich nicht genug danken dafür, dass sie sich um Liam kümmerten als er dies am meisten brauchte.“

Riley nickte nur und Melinda folgte ihrem Mann nach draußen.

Jetzt befand sich Riley Angesicht zu Angesicht mit Liam.

Er schaute sie mit weit offenen Augen an, so als hätte er jetzt erst verstanden, dass er sie alle verließ.

„Riley“, sagte er mit seiner charmanten, etwas quietschenden Teenagerstimme, „wir hatten keine Möglichkeit einmal zusammen Schach zu spielen.“

Riley überkam ein Gefühl von Reue. Liam hatte April beigebracht zu spielen, aber irgendwie hatte Riley es nie geschafft selber eine Partie mit ihm zu spielen.

Jetzt hatte sie auf einmal das Gefühl, dass es zu viele Dinge gab, für die sie es nicht geschafft hatte Zeit zu finden.

„Keine Sorge“, sagte sie. „Wir können online spielen. Ich meine, Du wirst doch in Kontakt bleiben, oder? Wir erwarten alle, von Dir zu hören. Oft. Wenn wir nichts hören komme ich nach Omaha. Ich denke nicht, dass Du das FBI vor Deiner Tür stehen haben willst.“

Liam lachte.

“Keine Sorge”, sagte er. “Ich bleib in Kontakt. Und wir werden unbedingt mal Schach spielen.”

Dann fügte er mit einem Grinsen hinzu: „Ich werde Dich im Schach total fertig machen, das weißt Du doch, oder?“

Riley lachte und umarmte ihn.

„Ja, in Deinen Träumen vielleicht“, sagte sie.

Natürlich wusste sie, dass er Recht hatte. Sie war eine ziemlich gute Schachspielerin aber nicht einmal annähernd gut genug um gegen so einen herausragenden Jungen wie Liam zu gewinnen.

Liam sah aus, als wäre er den Tränen nahe und stürzte zur Tür hinaus. Er stieg zu Scott und Melinda ins Auto und die drei fuhren davon.

Während Riley am Fenster stand und ihnen nachsah hörte sie wie Jilly und Gabriela in der Küche aufräumten.

Dann fühlte sie wie jemand ihre Hand drückte. Sie drehte sich um und sah, dass es April war und dass sie sie besorgt ansah.

„Alles ok, Mom?“

Riley konnte es kaum glauben, dass ausgerechnet April ihr in diesem Moment Mitgefühl entgegenbrachte. Schließlich was Liam ihr Freund gewesen, als er hier eingezogen war. Jedoch hatten sie seit diesem Zeitpunkt eine Pause in ihrer romantischen Beziehung eingelegt. Sie mussten unter diesen Umständen „hermanos solamente“ bleiben, wie Gabriela es bezeichnete –– Bruder und Schwester, sonst nichts.

April war dieser Veränderung mit Anmut und Reife begegnet.

„Alles in Ordnung“, antwortete Riley. „Wie geht es Dir?“

April blinzelte ein wenig, aber sie schien eine bemerkenswerte Kontrolle über ihre Emotionen zu haben.

„Ich bin ok“, erwiderte sie.

Riley erinnerte sich an den Plan, den April und Liam für die Sommerferien hatten.

Sie fragte: „Hast Du immer noch vor den Sommer im Schachcamp zu verbringen?“

April schüttelte den Kopf.

„Es wäre einfach nicht dasselbe ohne Liam.“

„Verstehe ich“, sagte Riley.

April drückte Rileys Hand ein wenig fester und sagte: „Wir haben wirklich etwas Gutes getan, oder? Ich meine, dass wir Liam geholfen haben“.

„Das haben wir auf jeden Fall“, antwortete Riley und erwiderte Aprils Händedruck.

Dann stand sie einen Moment da und betrachtete ihre Tochter. Sie schien so unglaublich erwachsen in diesem Augenblick und Riley war zutiefst stolz auf sie.

Natürlich, wie alle Mütter dies tun, machte sie sich Gedanken um Aprils Zukunft.

In letzter Zeit war sie besonders besorgt, nachdem April ihr mitgeteilt hatte, dass sie eine FBI Agentin werden wollte.

War dies das Leben, dass Riley sich für ihre Tochter wünschte?

Abermals ermahnte sie sich…

Was ich mir wünsche ist in diesem Fall bedeutungslos.

Ihr Job als Mutter war es alles dafür zu geben die Träume ihrer Tochter möglich zu machen.

April begann ein wenig unruhig beim liebenden Anblick ihrer Mutter zu werden.

„Ähm, stimmt was nicht, Mom?“ fragte April.

Riley lächelte nur. Sie hatte auf den richtigen Moment gewartet um etwas Wichtiges anzusprechen. Und wenn dies nicht der richtige Augenblick war, dann wusste sie es auch nicht.

„Komm mal mit hoch“, bat Riley April. „Ich habe eine Überraschung für Dich.“

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