Sackgasse

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Blake Pierce

Sackgasse

Copyright © 2018 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Deutsche Übersetzung: Franziska Humphrey. Außer wie im US Copyright Act von 1976 erlaubt, darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem gespeichert werden. Dieses E-Book ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch lizenziert. Dieses E-Book darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, erwerben Sie bitte eine zusätzliche Kopie für jeden Empfänger. Wenn Sie dieses Buch lesen und es nicht gekauft haben oder es nicht für Sie gekauft wurde, senden Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Danke, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dieses Werk ist Fiktion. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Zwischenfälle sind entweder das Produkt der Phantasie des Autors oder werden fiktional verwendet. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen ist völlig zufällig. Copyright Umschlagfoto: robsonphoto, unter Lizenz von Shutterstock.com.



Blake Pierce

Blake Pierce ist der Autor der meistverkauften RILEY PAGE Krimi-Serie, die vierzehn Bücher umfasst (und weitere in Arbeit). Blake Pierce ist ebenfalls der Autor der MACKENZIE WHITE Krimi-Serie, die elf Bücher umfasst (und weitere in Arbeit); der AVERY BLACK Mystery-Serie, bestehend aus sechs Büchern; der KERI LOCKE Mystery-Serie, bestehend aus fünf Büchern; der Serie DAS MAKING OF RILEY PAIGE, bestehend aus vier Büchern (und weitere in Arbeit); der KATE WISE Mystery-Serie, bestehend aus fünf Büchern (und weitere in Arbeit); der spannenden CHLOE FINE Psycho-Thriller-Serie, bestehend aus vier Büchern (und weitere in Arbeit); und der spannenden JESSE HUNT Psycho-Thriller-Serie, bestehend aus vier Büchern (und weitere in Arbeit).



Als begeisterter Leser und lebenslanger Fan der Mystery- und Thriller-Genres liebt Blake es, von seinen Lesern zu hören. Bitte besuchen Sie

www.blakepierceauthor.com

, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.



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PROLOG

An einem Montagnachmittag kurz nach dreizehn Uhr fuhr Jerry Hilyard seinen Mercedes Benz in seine Einfahrt und lächelte breit. Es gab nichts Besseres, als sein eigenes Business zu besitzen und reich genug zu sein, um Feierabend zu machen, wann immer man wollte.



Jerry freute sich auf das überraschte Gesicht seiner Frau, wenn er ihr sagen würde, dass er sie zu einem Überraschungsmittagessen einlud. Eigentlich hatte er ein Brunch geplant, aber er wusste, dass Lauren noch immer mit einem Kater von der letzten Nacht zu kämpfen haben würde. Sie war viel zu lange unterwegs gewesen, weil sie sich, aus Gründen, die ihm noch immer unverständlich waren, dazu entschieden hatte, zu ihrem zwanzigjährigen High-School Klassentreffen zu gehen. Gegen Mittag sollte sie nun weniger launisch sein – und sich vielleicht sogar zu ein oder zwei Bloody Marys mit ihm überreden lassen.



Er lächelte bei dem Gedanken an die guten Neuigkeiten, die er mit ihr teilen würde: er plante einen zweiwöchigen Urlaub nach Griechenland. Nur für sie und ihn, ohne die Kinder. Sie würden nächsten Monat abreisen.



Jerry ging mit seinem Aktenkoffer in der Hand zur Haustür und war voller Vorfreude, was der Nachmittag bringen würde. Die Tür war abgeschlossen, was nicht ungewöhnlich war. Sie war nie eine vertrauensselige Frau gewesen, noch nicht einmal in einer Nachbarschaft, die so gehoben war wie ihre.



Als er die Haustür aufschloss und sich auf den Weg in die Küche machte, um sich ein Glas Wein einzuschenken, bemerkte er, dass er den Fernseher im Schlafzimmer nicht hören konnte. Das Haus war genauso still, wie er es verlassen hatte. Vielleicht war ihr Kater noch immer nicht vorüber.



Er fragte sich, wie das Klassentreffen am Vorabend wohl gelaufen war. Sie hatte am Morgen nicht wirklich darüber gesprochen. Er war im gleichen Abschlussjahr gewesen, aber er verabscheute gefühlsduseligen Quatsch wie High-School Klassentreffen. Der einzige Grund für diese Treffen war es, Klassenkameraden eine Ausrede dafür zu liefern, zehn bis zwanzig Jahre später zusammenzukommen, um zu sehen, wer besser dran war als die anderen. Aber nachdem Laurens Freunde sie überzeugt hatten mitzukommen, war sie fast aufgeregt gewesen, zum Treffen zu gehen und einige ihrer alten Klassenkameraden wiederzusehen. Oder zumindest schien es so. Dem konsumierten Alkohol nach zu urteilen, schien es eine rundum wilde Nacht gewesen zu sein.



All diese Gedanken gingen Jerry durch den Kopf, als er sich auf den Weg durch den Flur im Obergeschoss zu ihrem Schlafzimmer machte. Als er sich der Tür jedoch näherte, hielt er inne.



Es war sehr still.



Sicher, dies war zu erwarten, wenn Lauren tatsächlich gerade ein Nickerchen hielt und Netflix nicht eingeschaltet hatte, um sich dem exzessiven Dauerfernsehen hinzugeben und die Serie zu Ende zu schauen, die diese Woche gerade in Mode war. Aber dies war eine andere Art von Stille … der völlige Mangel an Geräuschen oder Bewegungen erschien fehl am Platz. Es war wie eine Stille, die er hören konnte – eine Stille, die er geradezu fühlen konnte.



Etwas stimmt hier nicht, dachte er.



Es war ein angsteinflößender Gedanke, aber er ging dennoch schnell zur Tür. Er musste wissen, was los war, musste sicherstellen …



Sicherstellen, dass was?!



Alles, was er zunächst sehen konnte, war rot. Auf den Laken, an den Wänden, ein Rot so dick und dunkel, dass es an manchen Stellen fast schwarz erschien.



Ein Schrei entkam seinen Lungen und entwich aus seinem Mund. Er wusste nicht, ob er zu ihr rennen sollte oder hinunter ins Erdgeschoss zum Telefon.



Schlussendlich tat er nichts dergleichen. Seine Beine gaben nach und das Gewicht seiner herzzerreißenden Schreie riss ihn zu Boden, wo er mit seinen Fäusten hämmerte. Wo er versuchte, einen Sinn aus der grausamen Szene vor ihm zu machen.



KAPITEL EINS

Chloe konzentrierte sich, schaute mit zusammengekniffenen Augen durch das Visier und schoss.



Der Rückstoß war sanft, der Schuss leicht und fühlte sich fast friedlich an. Sie nahm einen tiefen Atemzug und schoss ein zweites Mal. Es fiel ihr leicht; fühlte sich inzwischen natürlich an.



Sie konnte das Ziel auf der anderen Seite der Halle nicht sehen, aber sie wusste, dass sie zwei gute Schüsse abgefeuert hatte. Sie hatte in letzter Zeit ein gutes Gespür dafür bekommen. Es war eins dieser Dinge, woran sie erkannte, dass sie in ihre Position als Agentin hineingewachsen war. Sie fühlte sich im Umgang mit der Waffe um einiges sicherer. Der Schaft und Abzug waren so vertraut wie ihre eigenen Hände, wenn sie sich richtig darauf einlassen konnte. In der Vergangenheit hatte sie den Schießstand nur als Lehrraum genutzt, um sich zu verbessern und ihre Fähigkeiten zu verfeinern. Aber jetzt begann sie, es zu genießen. Es gab ihr ein Freiheitsgefühl, eine sonderbare Erlösung beim Schießen, sei es auch nur auf eine Papierzielscheibe.



Und bei Gott, sie brauchte dieses Gefühl in der letzten Zeit.



Es waren zwei langweilige Wochen gewesen – in denen Chloe nicht mehr zu tun gehabt hatte, als anderen bei Papierkram und Recherchearbeiten zu helfen. Beinahe wäre sie dazu herangezogen worden, einem der Teams bei einem unbedeutenden Hacker-Fall zu helfen, und sie war viel zu begeistert darüber gewesen. Dies zeigte ihr jedoch nur, wie ruhig die letzte Zeit in ihrer Abteilung für sie gewesen war.



Und deshalb kam sie nun zum Schießstand. Dies war nicht unbedingt die ideale Weise, ihre Zeit zu verbringen, aber sie wusste, dass sie Übung brauchte. Während sie unter den Besten in ihrer Klasse an der Akademie gewesen war, hatte ihr ihre Versetzung vom Team für Beweissicherung zum Programm gegen Gewaltkriminalität jedoch auch klar gemacht, dass sie nie zu scharfsinnig oder zu vorbereitet sein konnte.



Während sie ein paar weitere Schüsse auf die Zielscheibe in etwa fünfundvierzig Metern Entfernung abfeuerte, verstand sie, wieso sich viele Leute zum Schießen hingezogen fühlten.

 



Man war ganz allein – nur man selbst, die Waffe und das Ziel im Visier. Es hatte etwas sehr Entspanntes – der Fokus und die Intention dahinter. Und dann kam das Geräusch. Ein „Peng“ des Schusses im Raum. Die eine Sache, die Chloe schon immer von ihren Ausflügen zum Schießstand mitgenommen hatte, war, wie fließend die Beziehung zwischen der Schusswaffe und dem menschlichen Körper sein konnte. Wenn sie sich darauf konzentrierte, fühlte sich ihre Glock wie eine einfache Verlängerung ihres Armes an, etwas, das sie mit ihren Gedanken auf die gleiche Weise kontrollieren konnte, wie sie ihre eigenen Finger oder ihren Arm kontrollierte. Dies war ein belehrendes Beispiel dafür, dass ihre Waffe, nur wenn unbedingt nötig, eingesetzt werden sollte, denn wenn man in ihrem Umgang geübt war, konnte es sich schon fast zu natürlich anfühlen, abzudrücken.



Als ihre Zeit im Schießstand abgelaufen war, sammelte sie die Zielscheiben ein und zählte nach. Sie war überrascht, wie viele Volltreffer sie genau in der Mitte des Zieles getroffen hatte, fand allerdings auch ein paar Nachzügler, die nur gerade so den Rand der Scheibe getroffen hatten.



Sie machte ein paar Fotos mit ihrem Handy und schrieb ein paar Notizen auf, um für das nächste Mal einen Anhaltspunkt zur Verbesserung zu haben. Dann warf sie die Papierzielscheiben in den Müll und machte sich auf den Weg aus dem Gebäude. Auf dem Weg aus der Halle kam ihr ein weiterer vermutlicher Grund in den Sinn, weshalb viele hier gerne Zeit verbrachten. Das Gefühl mehrerer Rückprallstöße in ihren Fingern und Handgelenken war ein ganz besonderes, geradezu eigenartiges und dennoch ein angenehmes Gefühl, welches sie nicht beschreiben konnte.



Auf dem Weg durch die Eingangshalle sah sie ein bekanntes Gesicht durch die Tür kommen. Es war Kyle Moulton, der Mann, der ihr als Partner zugewiesen worden war, von dem sie allerdings in letzter Zeit aufgrund der wenigen zu behandelnden Fälle sehr wenig gesehen hatte. Sie fühlte sich wie ein panisches Schulmädchen, als Moulton ihr ein Lächeln schenkte, während sich die Tür zur Halle hinter ihr schloss.



„Agentin Fine“ sagte er mit einem fast schon sarkastischen Unterton.



Die beiden kannten sich gut genug, um den Titel Agentin wegzulassen und sich einfach beim Vornamen zu grüßen. Um ehrlich zu sein, hatte Chloe das sichere Gefühl, dass eine romantische Spannung zwischen ihnen brodelte.



Sie hatte es von ihrer Seite aus sofort gespürt, von dem Moment an, als die beiden sich das erste Mal getroffen hatten, bis hin zu dem Moment vor drei Monaten, wo sie zum ersten Mal einen Fall zusammen gelöst hatten.



„Agent Moulton“, sagte sie höflich.



„Sind Sie zum Dampf ablassen hier oder nur als Zeitvertreib?“, fragte er.



„Ein bisschen von beidem“, sagte sie. „Ich fühle mich etwas unausgelastet in letzter Zeit, wissen Sie?“



„Ich verstehe. Papierkram allein ist für mich auch nicht das Wahre. Aber nun ja … ich wusste nicht, dass Sie in den Schießstand kommen.“



„Ich möchte am Ball bleiben.“



„Aha“, sagte er lächelnd.



Die Stille, die sich zwischen den beiden ausbreitete, war die Typische, an die Chloe sich zu gewöhnen schien. Sie hasste es, eingebildet zu sein, aber sie war sich ziemlich sicher, dass er die Spannung genauso spüren konnte wie sie selbst. Man konnte es in jedem Blick sehen, den die beiden sich zuwarfen und daran, dass Moulton ihr nicht für länger als drei Sekunden in die Augen schauen konnte – so wie genau jetzt, in diesem Moment, während sie im Türrahmen des Schießstandes standen.



„Ähm… sehen Sie“, sagte Moulton, „das klingt jetzt vielleicht dumm und auch etwas waghalsig, aber ich habe mich gefragt, ob Sie heute Abend eventuell gerne mit mir zu Abend essen würden. Einfach so, … nicht als Arbeitskollegen.“



Chloe konnte sich das Lächeln nicht verkneifen, das sich auf ihrem Gesicht ausbreitete. Sie wollte gerne etwas Freches und Sarkastisches antworten. Vielleicht ein Klischee wie „Das wurde aber auch mal Zeit“ oder so ähnlich.



Stattdessen entschied sie sich für ein sicheres und ehrliches „Ja, das würde ich sehr gerne.“



„Um ehrlich zu sein, wollte ich Sie das schon länger fragen… aber wir waren immer so beschäftigt. Und die letzten paar Wochen waren genau das Gegenteil davon.“



„Ich freue mich, dass Sie sich entschieden haben, mich zu fragen.“



Die Stille umhüllte sie wieder, aber diesmal konnte er ihren Augenkontakt halten, ohne sofort wegzuschauen. Für einen Moment war sie sich ziemlich sicher, er würde sie küssen. Aber der Moment verging und er deutete mit einem Nicken zur Tür.



„Ich werde wohl besser mal loslegen“, sagte er. „Rufen Sie mich später an und lassen Sie mich wissen, wo Sie gerne zu Abend essen würden.“



„Das werde ich.“



Sie blieb für einen Moment stehen und schaute ihm hinterher, als er den Schießstand betrat. Dieser Anfang zu einer Art Beziehung zwischen den beiden war sehr unbeholfen. Sie fühlte sich wie ein vorpubertäres Mädchen beim Abschlusstanz, das gerade erfahren hatte, dass der süße Junge dort drüben ein Auge auf sie geworfen hatte. Sie fühlte sich unheimlich naiv und jung also entschied sie sich, so schnell wie möglich zu gehen.



Es war fast fünf Uhr nachmittags und da sie nichts Weiteres eingeplant hatte, entschied sie sich, einfach nach Hause zu fahren. Es lohnte sich nicht, für die letzten fünfzehn Minuten noch einmal zurück ins Büro zu gehen, nur um dort die Zeit abzusitzen. Sie realisierte, dass ihr nicht viel Zeit blieb, um sich auf ihr Abendessen mit Moulton vorzubereiten. Sie wusste nicht genau, wann er sich gerne mit ihr treffen wollte, aber sie vermutete, dass sieben Uhr eine gute Zeit zum Essen sei – was ihr also etwa zwei Stunden gab, um zu entscheiden, wo sie gerne essen würde und vor allem, was sie anziehen sollte.



Sie eilte zum Parkhaus und stieg in ihr Auto. Hier angekommen, verfiel sie erneut in einen aufgeregten Teenager-Modus. Was, wenn sie aus irgendeinem Grund in ihrem Auto landeten. Es war ziemlich schmutzig – wenn man bedachte, dass sie es nicht gesäubert hatte, seit sie sich von Steven getrennt hatte. Und während sie so an Steven dachte, wurde ihr klar, dass genau das der Grund war, weshalb es sich für sie so unangenehm anfühlte, sich wieder in die Dating-Welt zu begeben. Vor Steven war sie in nur einer weiteren Langzeitbeziehung gewesen und war dann für vier Jahre mit Steven ausgegangen, bevor sie sich verlobten. Sie war so überhaupt nicht an die Dating-Szene gewöhnt und der Gedanke daran fühlte sich etwas altmodisch an. Und um ehrlich zu sein, ein bisschen beängstigend.



Sie versuchte ihr Bestes, sich auf der fünfzehnminütigen Heimfahrt zu ihrer Wohnung zu beruhigen. Sie hatte keine Ahnung was Kyle Moultons Geschichte mit Frauen war. Es könnte ja sein, dass er genauso rostig und aus der Übung war wie sie selbst. Seinem Aussehen zufolge bezweifelte sie dies allerdings. Um ehrlich zu sein, wenn sie sich nur auf sein Aussehen beschränkte, dann hatte sie keine Ahnung, weshalb er überhaupt Interesse an ihr zeigte.



Vielleicht steht er auf Frauen mit einer kaputten Vergangenheit, die eine Tendenz dazu haben, sich voll und ganz in ihre Arbeit zu stürzen, dachte sie. Männer finden das heutzutage sexy, oder?



Als sie in ihre Straße einbog, war sie schon deutlich entspannter. Ihre Angst verwandelte sich langsam in eine positive Aufregung. Sieben Monate waren vergangen, seitdem sie sich von Steven getrennt hatte. Das waren also sieben Monate, ohne einen Mann geküsst zu haben, ohne Sex, ohne…



Überstürzen wir mal nichts, sagte sie zu sich selbst, als sie ihr Auto am Ende des Blocks einparkte.



Sie stieg aus und ging mental schon einmal die Dinge in ihrem Kleiderschrank durch, die nett aber nicht zu nett aussehen würden. Sie hatte ein paar Ideen, was sie tragen könnte und ebenfalls, wo sie zum Essen hingehen könnten, da sie in letzter Zeit große Lust auf japanisches Essen gehabt hatte. Tatsächlich wäre Sushi genau passend und—



Als sie sich ihrem Hauseingang näherte, bemerkte sie einen Mann, der auf der Treppe saß. Er sah ziemlich gelangweilt aus. Sein Kopf lehnte in seiner aufgestützten Hand, während er mit der anderen etwas in seinem Handy suchte.



Chloe wurde langsamer und blieb schließlich ganz stehen. Sie kannte diesen Mann. Aber er konnte auf keinen Fall hier sein und auf den Eingangsstufen zu ihrem Wohnhaus sitzen.



Unmöglich …



Sie trat einen weiteren langsamen Schritt vorwärts. Der Mann bemerkte sie schließlich und schaute zu ihr auf. Ihre Augen trafen sich und in diesem Moment lief Chloe ein kalter Schauder über den Rücken.



Der Mann auf der Treppe war Aiden Fine – ihr Vater.



KAPITEL ZWEI

„Hey Chloe.“



Er versuchte, normal zu klingen. Er probierte, so zu tun, als wäre es völlig normal für ihn, einfach so auf ihrer Türschwelle zu erscheinen. So als bedeute die Tatsache nichts, dass er gerade für fünfundzwanzig Jahre im Gefängnis gewesen war, weil er bei der Ermordung ihrer Mutter eine Hand im Spiel gehabt hatte. Sicher, jüngste Geschehnisse, die sie selbst enthüllt hatte, zeigten, dass er höchstwahrscheinlich unschuldig war, aber für Chloe stand fest, dass dieser Mann für immer schuldig sein würde.



Gleichzeitig verspürte sie das Bedürfnis, zu ihm zu gehen. Ihn vielleicht sogar zu umarmen. Es gab keinen Zweifel daran, dass ihre Gefühle kopfstanden, wenn sie ihn hier draußen so öffentlich und frei stehen sah.



Sie traute sich jedoch nicht, sich ihm zu nähern. Sie vertraute ihm nicht und was vielleicht noch schlimmer war, sie traute sich selbst nicht.



„Was machst du hier?“, fragte sie.



„Ich wollte nur vorbeikommen und dich besuchen“, antwortete er, als er gleichzeitig aufstand.



Tausend Fragen schwirrten durch ihren Kopf. Die Hauptfrage war, wie er herausgefunden hatte, wo sie wohnte. Allerdings wusste sie, dass jeder mit einer Internetverbindung und einer hartnäckigen Entschlossenheit das herausfinden könnte. Stattdessen versuchte sie, höflich zu bleiben, ohne warm und einladend zu wirken



„Wie lange bist du schon raus?“, fragte sie.



„Seit anderthalb Wochen. Ich musste erst den Mut aufbringen, herzukommen.“



Sie erinnerte sich an das Telefonat mit Director Johnson, als sie vor zwei Monaten die letzten Beweise gefunden hatte – Beweise, die anscheinend mehr als genug gewesen waren, um ihren Vater freizulassen. Aufgrund ihrer Bemühungen. Sie fragte sich, ob er überhaupt wusste, was sie für ihn getan hatte.



„Und genau deshalb habe ich gewartet“, sagte er. „Diese … diese Stille zwischen uns. Sie ist unangenehm und unfair und … “



„Unfair? Dad, für den größten Teil meines Lebens warst du im Gefängnis … für eine Gewalttat, für die du, wie ich jetzt weiß, nicht einmal schuldig warst. Du hast allerdings ohne Probleme deinen Kopf dafür hingehalten. Ja, es wird unangenehm sein. Und wenn man sich den Grund für deine Inhaftierung anschaut und an die letzten Unterhaltungen denkt, die wir hatten, dann hoffe ich, dass du verstehst, dass ich dir nicht tanzend und mit Blumensträußen entgegengelaufen komme.“



„Das verstehe ich voll und ganz. Aber … wir haben so viel gemeinsame Zeit verpasst. Es kann gut sein, dass du das noch nicht empfinden kannst, weil du so jung bist. Aber diese Jahre, die ich im Gefängnis verschwendet habe, wissend, was ich geopfert habe … meine Zeit mit dir und Danielle … mein eigenes Leben …“



„Du hast diese Dinge für Ruthanne Carwile geopfert“, fauchte Chloe. „Das war deine eigene Entscheidung.“



„Das war es. Und es ist etwas, was ich für die letzten fünfundzwanzig Jahre bereut habe.“



„Was willst du also?“, fragte sie.



Sie ging an ihm vorbei und auf ihre Eingangstür zu. An ihm vorbeizugehen, kostete sie mehr Willenskraft, als sie erwartet hätte. So nah bei ihm zu sein.



„Ich hatte gehofft, wir könnten gemeinsam zu Abend essen.“



„Einfach so?“



„Irgendwo müssen wir ja anfangen, Chloe.“



„Nein, wir müssen gar nichts.“ Sie öffnete die Tür und drehte sich zu ihm um. Zum ersten Mal schaute sie ihm direkt in die Augen. Ihr Magen drehte sich und sie tat ihr Bestes, um vor ihm nicht emotional zu werden. „Ich möchte, dass du gehst. Und bitte komm niemals zurück.“



Er sah zutiefst verletzt aus, wandte seinen Blick jedoch nicht von ihr ab. „Willst du das wirklich?“



Sie wollte einfach ja sagen aber die Worte, sagte aber stattdessen: „Ich weiß es nicht.“



„Sag Bescheid, wenn du deine Meinung änderst. Ich wohne in …“



„Ich will nicht wissen, wo du wohnst“, unterbrach sie ihn. „Wenn ich Kontakt mit dir möchte, dann finde ich dich.“



Er lächelte ihr zu, allerdings mit sichtbarem Leid. „Ah, stimmt. Du arbeitest jetzt fürs FBI.“

 



Und was mit Mom und dir passiert ist, hat mich auf diesen Weg geführt, dachte sie.



„Tschüss, Dad“, sagte sie und ging durch ihre Eingangstür.



Sobald sich die Tür hinter ihr schloss, schaute sie nicht mehr zurück. Stattdessen machte sie sich schnellen Schrittes auf den Weg zum Aufzug, ohne so erscheinen zu wollen, als wäre sie in Eile.



Die Türen des Aufzugs schlossen sich hinter ihr und Chloe verbarg ihr Gesicht in ihren Händen. Sie begann zu weinen.



* * *

Sie starrte in ihren Kleiderschrank und dachte ernsthaft darüber nach, Moulton anzurufen und ihm zu sagen, dass sie es heute Abend leider nicht schaffen würde. Sie konnte ihm nicht den wahren Grund nennen – dass ihr Vater gerade nach fünfundzwanzig Jahren aus dem Gefängnis gekommen war und auf einmal auf ihrer Türschwelle erschienen war. Sicher würde er das Psychotrauma dessen verstehen, oder?



Aber dann entschied sie, dass sie ihren Vater nicht ihr Leben ruinieren lassen würde. Sein Schatten hatte schon viel zu lange über ihrem Leben gehangen. Und selbst etwas Banales, wie ein Date abzusagen, würde ihm zu viel Macht über ihr Leben geben.



Sie rief Moultons Nummer an und als sie direkt zur Mailbox weitergeleitet wurde, hinterließ sie eine Empfehlung für ein gutes Restaurant zum Abendessen. Jetzt, da das erledigt war, ging sie kurz duschen und zog sich um.



Als sie sich gerade ihre Hose anzog, klingelte ihr Handy. Sie sah Moultons Namen auf dem Bildschirm und ihre Gedanken wanderten gleich zu den schlimmsten Szenarien.



Er hat seine Meinung geändert. Er ruft an, um abzusagen.



Sie glaubte dies tatsächlich, bis zu dem Moment, in dem sie abhob. „Hallo?“



„Also, ja, japanisch klingt gut“, sagte Moulton. „Vielleicht können Sie aufgrund des Mangels an Details und der Umsetzung schon bemerken, dass ich so etwas nicht oft mache. Also weiß ich nicht genau, wie das funktioniert – hole ich Sie ab oder treffen wir uns einfach dort …?“



„Sie können mich gerne abholen, wenn Ihnen das passt“, sagte sie und dachte wieder an den schäbigen Zustand ihres Autos. „Es gibt ein wirklich gutes Restaurant in der Nähe von hier.“



„Klingt gut“, sagte er. „Bis dann.“



… Ich mache so etwas nicht oft. Obwohl er das gerade gesagt hatte, fand Chloe es schwer, ihm zu glauben.



Sie zog sich weiter an, gab sich Mühe mit ihrem Haar und wartete dann auf ein Klopfen an der Tür.



Vielleicht ist es wieder dein Vater, dachte sie zu sich selbst.



Und wenn sie ganz ehrlich war, dann kamen diese Worte nicht von ihrer eigenen Stimme in ihrem Kopf. Es war Danielles Stimme, herablassend und selbstsicher.



Ich frage mich, ob sie schon weiß, dass er aus dem Gefängnis raus ist, dachte Chloe. Mein Gott, sie wird vor Wut außer sich sein.



Sie hatte allerdings keine Zeit, mehr darüber nachzudenken. Bevor sie die Chance hatte, klopfte es an der Tür. Für einen lähmenden Moment war sie sich sicher, dass es ihr Vater war. Sie gefror geradezu für einen Moment, weil sie nicht bereit war, zu antworten. Aber dann erinnerte sie sich wieder daran, wie unbehaglich Moulton gewesen war, als sie sich in der Eingangshalle des Schießstandes getroffen hatten und ihr wurde bewusst, wie sehr sie ihn sehen wollte – besonders nach allem, was in den letzten paar Stunden in ihrem Leben passiert war.



Sie öffnete die Tür mit einem breiten Grinsen auf den Lippen. Moulton selbst lächelte fröhlich. Vielleicht lag es daran, dass sie sich selten außerhalb der Arbeit trafen, aber Chloe fand sein Lächeln unheimlich sexy. Es war sicherlich auch hilfreich, dass er, obwohl er recht schlicht gekleidet war – ein Hemd und eine gute Jeans – unglaublich attraktiv aussah.



„Sind Sie soweit?“, fragte er.



„Auf jeden Fall“, sagte sie.



Sie schloss die Tür hinter sich und sie begaben sich in den Flur.



Wieder einmal entstand diese perfekte Stille zwischen ihnen, die sie wünschen ließ, sie wären schon etwas weiter. Selbst etwas so Einfaches und Harmloses wie nach ihrer Hand zu greifen … sie brauchte irgendetwas.



Und es war diese schlichte Sehnsucht nach menschlichem Kontakt, die ihr zeigte, wie sehr sie das Auftauchen ihres Vaters durcheinandergebracht hatte.



Es wird nur schlimmer werden, jetzt wo er aus dem Gefängnis raus ist, dachte sie, während Moulton und sie den Aufzug ins Erdgeschoss nahmen.



Aber sie würde ihn nicht diese Verabredung versauen lassen.



Sie verdrängte alle Gedanken an ihren Vater, als sie und

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