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Der Bastard von Mauléon

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Der Bastard von Mauléon
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Erstes bis viertes Bändchen

Erstes Kapitel
Wie Messire Jehan Froissard von der Geschichte unterrichtet wurde, die wir erzählen wollen

Der Reisende, welcher heut zu Tage denjenigen Theil des Bigorre durchstreift, der sich zwischen den Quellen des Gers und des Adour ausdehnt und das Departement der Oberpyrenäen geworden ist, hat zwei Wege zu seiner Wahl, um sich von Tournai nach Tarbes zu begeben: der eine, der ganz neu ist und die Ebene durchzieht, wird ihn in zwei Stunden in die ehemalige Hauptstadt der Grafen von Bigorre führen; der andere, der dem Gebirge folgt und eine Römerstraße ist, bietet ihm eine Strecke von neun Meilen. Aber auch dieser Zuwachs von Weg und Strapaze wird ihm wohl belohnt werden durch die reizende Gegend, die er durchwandert, durch den Anblick der herrlichen Vordergründe, die man Bagnóres, Montgaillard, Lourdes nennt, und durch den Horizont, den wie eine blaue Mauer die weit ausgestreckten Pyrenäen bilden, aus deren Mitte ganz weiß von Schnee der anmuthige Pic du Midi sich erhebt. Diese Straße ist die der Künstler, der Dichter und der Alterthumsforscher. Wir bitten also den Leser, aus diese mit uns die Augen zu werfen.

In den ersten Tagen des Monats März 1388, gegen Anfang der Regierung von König Karl VI., das heißt, als alle diese Schlösser, welche aus dem Niveau des Grases liegen, den First ihrer Thürme über dem Gipfel der höchsten Eichen und der stolzesten Fichten erhoben, als jene Männer mit der eisernen Rüstung und dem ehernen Herzen, die man Olivier von Cliffon, Bertrand Duguesclin und den Captal von Buch nannte, kaum sich in ihre homerischen Gräber niedergelegt hatten, nachdem die große Iliade begonnen, deren Entwicklung eine Schäferin machen sollte, ritten zwei Männer auf dieser schmalen, höckerigen Straße, welche damals der einzige Verbindungsweg war, der zwischen den bei deutenden Städten des Südens bestand.

Es folgten ihnen zwei Knechte, welche wie sie zu Pferde waren.

Die zwei Herren schienen ungefähr gleich alt zu sein, nämlich fünfundfünfzig bis achtundfünfzig Jahre. Doch hier hörte die Vergleichung auf; denn die große Verschiedenheit zwischen ihren Trachten deutete an, daß Jeder ein anderes Gewerbe trieb.

Der eine von ihnen, der, ohne Zweifel aus Gewohnheit, um eine halbe Pferdelänge voraus ritt, trug einen Ueberwurf von Sammet, der einst karmesinroth gewesen war, an dem jedoch die Sonne und der Regen, denen er sehr oft ausgesetzt gewesen, seit dem ersten Tage, wo ihn sein Herr angelegt, nicht nur den Glanz getrübt, sondern auch die Farbe verändert hatte. Aus den Oeffnungen des Ueberwurfes kamen zwei nervige Arme hervor, bedeckt von büffelledernen Aermeln, welche zu einem Wamms gehörten, das einst gelb gewesen, aber wie der Ueberwurf sein ursprüngliches Aussehen verloren hatte, nicht durch seine Berührung mit den Elementen, sondern durch sein Reiben am Panzer, für den es offenbar als Futter zu dienen bestimmt war. Ein Helm nach Art derjenigen, welche man Becken zu nennen pflegte, erlaubte, für den Augenblick ohne Zweifel wegen der großen Hitze am Sattelbogen des Reiters hängend, sein entblößtes Haupt zu erschauen, das oben kahl, aber an den Schläfen und hinten von langen und gräulichen Haaren beschattet war, welche im Einklange standen mit dem Schnurrbart, der etwas schwärzer als die Haupthaare, wie dies beinahe immer bei den Menschen der Fall ist, welche große Strapazen ausgehalten haben, und mit einem Kinnbart, der viereckig geschnitten war und aus ein eisernes Halsstück, den einzigen Theil der Defensivrüstung, den der Reiter beibehalten, herabfiel. Was die Angriffswaffen betrifft, so bestanden dieselben aus einem langen Schwerte, das an einem breiten ledernen Gürtel hing, und aus einer kleinen Axt, welche in einer dreieckigen Klinge endigte, so daß man mit dieser Axt eben sowohl mit der Schneide, als mit der Spitze schlagen konnte. Diese Waffe war an dem Sattelbogen rechts angehakt und bildete ein Gegenstück zu dem links hängenden Helme.

Der zweite Herr, nämlich derjenige, welcher ein wenig hinter dem ersten ritt, hatte im Gegentheil nichts vom Krieger, weder in seiner Kleidung, noch in seiner Haltung. Er trug einen langen schwarzen Rock, an dessen Gürtel, statt des Schwertes oder des Dolches, ein Tintenzeug von Chagrin hing, wie es die Schüler und Studenten trugen; sein Kopf mit den lebhaften, gescheiten Augen, mit den dicken Brauen, mit der an ihrem Ende gerundeten Nase, mit den etwas dicken Lippen, mit den spärlichen, kurzen Haaren war, jedes Bartes entbehrend, mit einem Käppchen bedeckt, wie es die Magistrate, die Schreiber und im Allgemeinen die ernsten Personen hatten. Aus seinen Taschen standen Pergamentrollen, bedeckt mit jener seinen, gedrängten Handschrift hervor, wie man sie gewöhnlich bei denjenigen findet, welche viel schreiben. Selbst sein Pferd schien die friedlichen Neigungen des Reiters zu theilen und sein bescheidener Paßgang, sein gegen den Boden geneigter Kopf contrastirten mit dem erhabenen Schritt, mit den rauchenden Nüstern und dem launenhaften Gewieher des Schlachtrosses, das stolz auf seine Ueberlegenheit stets sich den Vortritt anzumaßen schien.

Die zwei Knechte folgten und beobachteten unter sich denselben entgegengesetzten Charakter, der die Herren auszeichnete. Der eine war in grünes Tuch gekleidet, ungefähr auf die Art der englischen Bogenschützen, von denen er den Bogen im Bandelier und den Köcher auf der rechten Seite trug, während auf der linken dicht am Schenkel eine Art von Dolch mit breiter Klinge herabhing, der die Mitte hielt zwischen dem Messer und der furchtbaren Waffe, die man eine Ochsenzunge nannte.

Hinter ihm klirrte bei jedem etwas hohen Schritte seines Pferdes die Rüstung, welche für einen Augenblick abzulegen die Sicherheit des Weges gestattet hatte.

Der andere war, wie sein Herr, schwarz gekleidet und schien nach der Art, wie seine Haare geschnitten waren, und nach der Tonsur, die man oben auf seinem Kopfe bemerkte, wenn er seine schwarze Plattmütze mit den Oehrchen abnahm, den niederen Kategorien der Geistlichkeit anzugehören. Diese Meinung bestätigte sich noch durch den Anblick des Meßbuches, das er unter seinem Arm hielt und woran die silbernen Ecken und das Schloß von sehr schöner Arbeit, trotz der Anstrengung des Einbandes, glänzend geblieben waren.

Alle vier ritten also, die Herren träumend, die Diener plaudernd, als der Ritter, da sie zu einem Kreuzweg kamen, wo sich die Straße in drei Zweige theilte, sein Pferd anhielt, seinen Gefährten durch ein Zeichen dasselbe thun hieß und zu ihm sprach:

»Hört, Meister Jehan, schaut Euch die Gegend umher wohl an und sagt mir, was Ihr davon haltet.«

Derjenige, an welchen diese Aufforderung erging, warf einen Blick umher, und da die Gegend ganz öde und verlassen und durch die Beschaffenheit des Terrain sehr zu einem Hinterhalte geeignet schien, so erwiderte er:

»Bei meiner Treu, Sire Espaing, das ist ein seltsamer Ort, und ich erkläre, daß ich meines Theils nicht einmal so lange anhalten würde, als man braucht, um drei P a t er und drei A v e zu sprechen, wenn ich nicht in Gesellschaft eines Ritters von Eurem Rufe wäre.«

»Ich danke für das Kompliment, Sir Jehan, sprach der Ritter, »ich erkenne daran Eure gewöhnliche Höflichkeit; erinnert Euch nur an das, was Ihr mir vor drei Tagen, als wir die Stadt Pamiers verließen, über das gewaltige Scharmützel zwischen dem Mongat von Saint-Basile und Ernauton-Bissette beim Pas-de-Larre sagtet.«

»Oh! ja, ich erinnere mich,«

antwortete der Mann der Kirche, »ich sagte Euch, wenn wir beim Pas-de-Larre wären, solltet Ihr mich darauf aufmerksam machen; denn ich wolle den durch den Tod so vieler Braver verherrlichten Ort sehen.«

»Nun wohl, Ihr seht ihn, Messire.«

»Ich glaubte, der Pas-de-Larre wäre in Bigorre.«

»Er ist auch darin und wir ebenfalls, Messire, und zwar seitdem wir das Flüßchen Leze durchwatet haben. Wir haben vor einer Viertelstunde den Weg nach Lourdes und das Schloß Montgaillard links gelassen; hier unten liegt das kleine Dorf la Civitat, hier ist der Wald des Grundherrn von Barbezan, und dort durch die Bäume erblickt Ihr das Schloß Marcheras.«

»Ei! Messire Espaing,« erwiderte der Geistliche, »Ihr kennt meine Vorliebe für die schönen Waffenthaten und wißt, daß ich sie einregistrire, wie ich sie sehe, oder wie man sie mir erzählt, damit ihr Andenken nicht verloren geht; theilt mir also, wenn es Euch beliebt, in allen Einzelheiten mit, was an diesem Orte vorfiel.«

»Das ist leicht,« sprach der Ritter. »Um 13S8 oder l3S9, vor dreißig Jahren also, waren alle Besatzungen des Landes, mit Ausnahme der von Lourdes, französisch. Diese aber machte häufig Ausfälle, um die Stadt zu verproviantiren, nahm Alles weg, was sie traf, und brachte es hinter ihre Mauern; so daß, wenn man sie ausgezogen wußte, alle andere Garnisonen Abtheilungen ins Feld schickten und Jagt darauf anstellten, und wenn man zusammentraf, so entstanden furchtbare Kämpfe, wobei ebenso schöne Waffenthaten vollbracht wurden, als in geordneten Schlachten.

»Eines Tags zog der Mongat von Saint-Basile, den man so nannte, weil er sich als Mönch zu verkleiden pflegte, um seine Hinterhalte zu legen, aus Lourdes mit dem Herrn von Carnillae und etwa hundertundzwanzig Lanzen aus; es fehlte der Citadelle an Lebensmitteln, und es war ein großer Zug beschlossen worden. Sie ritten so lange, bis sie auf einem Wiesengrunde, eine Meile von der Stadt Toulouse, eine Herde Ochsen fanden, der sie sich bemächtigten, dann kehrten sie auf dem kürzesten Weg zurück; doch statt kluger Weise auf dem Wege zu bleiben, wandten sie sich rechts und links ab, um noch eine Herde Schweine und eine Herde Schafe zu nehmen, wodurch das Gerücht von diesem Zuge Zeit bekam, sich in der Gegend zu verbreiten.

»Der Erste, der es erfuhr, war ein Kapitän von Tarbes, Namens Ernauton von Sainte-Colombe. Er übergab sogleich zur Überwachung sein Schloß einem Neffen von ihm, Andere sagen einem Bastardsohne, welcher ein junger Mensch von fünfzehn bis sechzehn Jahren war, der noch keinem Gefechte oder Scharmützel beigewohnt hatte. Eiligst benachrichtigte er den Herrn von Berrac, den Herrn von Barbezan und alle Gewaffnete von Bigorre, die er finden konnte, so daß er noch an demselben Abend als Anführer an der Spitze einer Truppe stand, die der ähnlich war, welche der Mongat von Saint-Basile befehligte.

 

»Sogleich sandte er seine Spione in das Land aus, um zu erfahren, welchen Weg die Besatzung von Lourdes zu nehmen gedachte, und als er hörte, daß sie durch den Pas-de-Larre kommen würde, beschloß er, hier zu warten. Dem zu Folge, da er die Gegend ganz genau kannte und da seine Pferde nicht ermüdet waren, während im Gegentheil die seiner Feinde seit vier Tagen marschirten, nahm er eiligst seinen Posten, indeß die Landstreifer einen Halt ungefähr drei Meilen von dem Orte machten, wo er sie erwartete.

»Das Terrain ist, wie Ihr selbst gesagt habt, sehr günstig für einen Hinterhalt. Die Leute von Lourdes und der Mongat selbst vermutheten also nichts, und da die Herden voraus marschirten, so waren diese schon an dem Orte, wo wir sind, vorüber, als aus den zwei Wegen, die Ihr hier den einen zu unserer Rechten, den andern zu unserer Linken seht, die Truppe von Ernauton von Sainte-Colombe im Galopp unter gewaltigem Geschrei herbei sprengte; sie fand ein gutes Stück Arbeit; der Mongat war nicht der Mann, zu fliehen, er ließ seine Truppe Halt machen und sah dem Angriff festen Fußes entgegen.

»Er war furchtbar und so wie er sich unter den ersten Kriegern des Landes erwarten ließ; aber was die von Lourdes besonders wüthend machte, war der Umstand, daß sie sich von der Herde getrennt sahen, für die sie so viele Strapazen ausgestanden und so vielen Gefahren getrotzt hatten, und die sie nun blöbend und grunzend unter der Anführung der Knechte ihrer Feinde abziehen hörten, welche bei der durch ihre Herren entgegengestellten Schranke nur die Hirten zu bekämpfen gehabt hatten, die indessen nicht einmal kämpften, denn es lag ihnen wenig daran, ob ihr Vieh den Einen oder den Andern gehörte, sobald es nicht mehr ihnen gehörte.

»Sie hatten also ein doppeltes Interesse, ihre Feinde zu vernichten, einmal das ihrer eigenen Sicherheit, sodann das, wieder in den Besitz ihrer Lebensmittel zu gelangen, da sie wußten, daß ihre in der Citadelle zurückgebliebenen Kameraden derselben so sehr bedurften.

»Das erste Zusammentreffen hatte mit Lanzenstößen stattgehabt; doch bald war ein Theil der Lanzen zerbrochen, und diejenigen, welche die ihrigen noch hatten, fanden, daß, in einem so eng geschlossenen Raum die Lanze eine schlechte Waffe war, warfen sie weg und ergriffen die einen ihre Aexte, die andern ihre Schwerter, diese Keulen, jene jede Waffe, die ihnen unter die Hände fiel, und das wahre Gefecht begann so glühend, so erbittert, so grausam, daß Niemand um einen Schritt zurückweichen wollte, und daß diejenigen, welche fielen, noch vorwärts zu sterben suchten, damit man nicht sage, sie hätten das Schlachtfeld verloren, und so schlugen sie sich drei Stunden lang dergestalt, daß wie im Einverständniß diejenigen, welche zu sehr ermüdet waren, sich zurückzogen, hinter ihren Gefährten entweder im Walde, oder auf dem Wiesgrunde, oder, am Rande des Grabens sich niedersetzten, ihre Helme abnahmen, ihr Blut oder ihren Schweiß abwischten, einen Augenblick athmeten, und dann erbitterter als je in den Kampf zurückkehrten, und ich glaube nicht, daß je eine so gut angegriffene und so gut vertheidigte Schlacht seit dem berühmten Kampfe der Dreißig stattgefunden hat.

»Während dieses dreistündigen Gefechtes wollte es der Zufall, daß die zwei Führer, nämlich der Mongat von Saint-Basile und Ernauton von Sainte-Colombe, der eine auf der rechten Seite, der andere auf der linken kämpften. Doch Beide schlugen so kräftig und so hageldicht, daß sich am Ende die Menge vor ihnen öffnete und sie sich einander gegenüber fanden. Da dies der Wunsch von Beiden war und da sie sich seit dem Anfang des Gefechtes unaufhörlich gerufen hatten, so stießen Beide, als sie sich erblickten, einen Freudenschrei aus, und als ob die Andern begriffen hätten, jeder Kampf müßte vor dem ihrigen verschwinden, zog man sich beiseit, überließ ihnen das Terrain, und das allgemeine Treffen hörte auf, um diesem Einzelkampfe Platz zu machen.«

»Ah!« sagte der geistliche Herr, den Ritter mit einem Seufzer unterbrechend, »warum war ich nicht da, um ein solches Kampfspiel zu sehen, das an die schönen Zeiten des Ritterthums erinnern mußte, welche leider vorüber sind, um nie wiederzukehren!«

»Es ist wahr, Jehan,« erwiderte der Ritter, »Ihr hättet ein schönes seltenes Schauspiel gesehen. Denn die zwei Streiter waren zwei Kriegsmänner, mächtig an Körper und klug und gewandt in ihrem Gewerbe, aus guten stolzen Pferden reitend, welche ebenso begierig zu sein schienen, sich zu zerfleischen, wie ihre Herren; doch das Pferd vom Mongat von Saint-Basile fiel zuerst, getroffen von einem Axtstreiche, der von Ernauton seinem Herrn bestimmt war und das Roß todt zu Boden streckte. Doch der Mongat war, so rasch auch sein Fall, zu erfahren, als daß er nicht Zeit gehabt hätte, seine Füße aus den Bügeln loszumachen, so daß er nicht unter sein Pferd, sondern neben dasselbe zu liegen kam und, den Arm ausstreckend, die vordere Hackse dem Schlachtrosse von Ernauton abschnitt, das vor Schmerz wieherte, wankte und auf seine beiden Kniee fiel: Ernauton verlor seinen Vortheil und sah sich genöthigt, zu Boden zu springen. Kaum hatte er dies gethan, als sich der Mongat wieder auf seine Füße erhob und der Kampf abermals begann, wobei Ernauton mit seiner Axt und der Mongat mit seinem Streitkolben schlug.«

»Und gerade auf diesem Platz fiel die schöne Waffenthat vor?« fragte der Geistliche, das Auge funkelnd vor Gluth und als sähe er den Kampf vor sich, den man ihm schilderte.

»Gerade auf diesem Platze, Messire Jehan, und zehnmal haben mir Augenzeugen erzählt, was ich Euch nun erzähle. Ernauton war an der Stelle, wo Ihr seid, und der Mongat da, wo ich bin, und der Mongat bedrängte Ernauton so gewaltig, daß dieser, während er sich vertheidigte, dennoch genöthigt war, zurückzuweichen, und kämpfend von diesem Steine, der zwischen den Füßen Eures Pferdes liegt, bis zu jenem Graben zurückwich, in den er ohne Zweifel gefallen wäre, als ein junger Mensch, der ganz athemlos während des Kampfes ankam und von der andern Seite des Grabens zuschaute, da er den guten Ritter so bedrängt sah und begriff, seine Kräfte wären erschöpft, nur einen Sprung von dem Orte, wo er stand, bis zu Ernauton machte, die Axt, die er bald hätte fallen lassen, aus seinen Händen nahm und ihm zurief:

»»Ah! guter Oheim, gebt mir ein wenig diese Axt und laßt mich machen.««

»Ernauton war dies ganz lieb; er ließ die Art los und streckte sich am Rande des Grabens aus, wo ihm seine Knechte zu Hilfe eilten, denn er war einer Ohnmacht nahe.«

»Aber der junge Mann,« versetzte der Geistliche, »der junge Mann?«

»Nun wohl, der junge Mann bewies bei dieser Gelegenheit, daß, obgleich man ihn einen Bastard nannte, gutes Raceblut in seinen Adern stoß, und daß sein Oheim Unrecht gehabt hatte, ihn in einer alten Burg einzuschließen, statt ihn mit sich zu nehmen; denn kaum war die Axt in seiner Hand, als er, ohne sich darum zu bekümmern, daß er nur ein einfaches Tuchwamms und als einzige Kopfbedeckung eine Sammetmütze hatte, während sein Feind mit Eisen bedeckt war, diesem einen so heftigen Streich mit der Schneide seiner Waffe oben auf seinen Helm versetzte, daß das Becken gespalten war und der Mongat ganz betäubt wankte und beinahe zu Boden stürzte. Doch es war dies ein zu gewaltiger Kriegsmann, um so unter einem ersten Angriff zu fallen. Er richtete sich wieder auf, schwang seinen Kolben und führte einen solchen Schlag nach dem jungen Mann, daß ihm sicherlich der Schädel zerschmettert worden wäre, wenn er ihn getroffen hätte. Doch dieser, den keine Vertheidigungswaffe beschwerte, wich dem Streich durch einen Seitensprung aus, stürzte leicht wie ein junger Tiger auf seinen Feind los, umschlang mit seinen beiden Armen den durch den langen Kampf ermüdeten Mongat, bog ihn, wie es der Wind mit einem Baume thut, preßte in endlich unter sich nieder und rief ihm zu:

»»Ergebt Euch, Mongat von Saint-Basile, ob man Euch beisteht oder nicht, sonst seid Ihr des Todes!««

»Und er ergab sich?« fragte der geistliche Herr, der an dieser Erzählung so großen Antheil nahm, daß alle seine Glieder vor Wohlbehagen bebten.«

»Nein,« erwiderte Messire Espaing, »sondern er entgegnete geradezu:

»»Ich mich einem Kinde ergeben! ich würde mich schämen . . . schlage, wenn Du kannst.«

»»Nun so ergebt Euch meinem Oheim, Ernauton von Sainte-Colombe, der ein braver Rittersmann ist und nicht ein Kind wie ich.««

»»Ebenso wenig Deinem Oheim, als Dir,« sprach der Mongat mit dumpfer Stimme, »denn wärest Du nicht gekommen, so wäre Dein Oheim jetzt, wo ich bin; schlage also. Ich werde mich unter keiner Bedingung ergeben.««

»»Dann, und da Du Dich durchaus nicht ergeben willst, warte und Du wirst sehen,«« sprach der junge Mann.

»»Ja, sehen wir,«« sagte Mongat, der sich anstrengte wie der Riese Enkelados, da er sich von dem Berge Aetna freimachen will, »»sehen wir ein wenig.««

»Doch vergebens raffte er alle seine Kräfte zusammen, umschlang er den jungen Mann mit seinen Armen und seinen Beinen wie mit einem doppelten eisernen Ring, er konnte ihm seinen Vortheil nicht abgewinnen. Dieser blieb Sieger, hielt ihn mit einer Hand unter sich, während er aus seinem Gürtel ein kleines, langes, dünnes Messer zog, dessen Klinge unter das Halsstück schlüpfte. In demselben Augenblick hörte man es wie ein dumpfes Röcheln. Der Mongat zuckte, stemmte sich an, hob sich aus, doch ohne den Jüngling, der sich an ihn geklammert und fortwährend mit dem Messer stieß, von sich losmachen zu können; plötzlich drang ein Blutschaum durch das Helmvisir des Mongat und besprengte das Gesicht des Gegners. An diesen beinahe übermenschlichen Anstrengungen erkannte man die Convulsionen des Todeskampfes. Doch der junge Mann ließ ihn nicht im Geringsten los; er schien an alle seine Bewegungen gebunden. Wie es die Schlange mit dem Leibe des Opfers thut, das sie erstickt, hob er sich aus, sank er nieder, stemmte er sich an, wie er und mit ihm, schauerte er mit allen seinen Schauern und blieb liegen und ausgestreckt, bis das letzte Leben erloschen war und das Röcheln sich in einen Seufzer verwandelt hatte.

»Dann erhob er sich, wischte das Gesicht mit dem Aermel seines Wammses ab und schüttelte mit der andern Hand das kleine Messer, das ein Kinderspielzeug zu sein schien, während es so grausam einen Menschen getödtet hatte.«

»Wahrhaftiger Gott!« rief der Geistliche, der ganz und gar vergaß, daß ihn seine Begeisterung beinahe zum Schwören fortriß; »Ihr werdet mir den Namen des jungen Mannes sagen, nicht wahr, Sire Espaing von Lyon, damit ich ihn in meine Tabletten eintrage und dem Buch der Geschichte einzuverleiben suche?» »Er hieß der Bastard Agenor von Mauléon,« erwiderte der Ritter; »schreibt diesen Namen in seiner ganzen Länge in Eure Tabletten ein, wie Ihr sagt, Messire Jehan; denn es ist der Name eines tüchtigen Kriegers, der diese Ehre wohl verdient.«

»Doch er ist ohne Zweifel nicht hierbei stehen geblieben,« entgegnete der geistliche Herr; »und er hat in seinem Leben wohl andere Waffenthaten, würdig der mit welcher er begonnen, ausgeführt.«

»Oh! sicherlich, denn drei oder vier Jahre später zog er gen Spanien, wo er sich vier bis fünf Jahre gegen die Mauren und Saracenen schlug, und von wo er mit abgehauener rechter Faust zurückkehrte.«

»Oh!« machte der Geistliche mit einem Ausruf, der den Antheil bezeichnete, den er an dem Unfall des Besiegers vom Mongat von Saint-Basile nahm; das ist ein großes Unglück, denn ohne Zweifel war der tapfere Ritter gezwungen, auf die Führung der Waffen zu verzichten.«

»Nein,« erwiderte Messire Espaing von Lyon, »nein, Ihr täuscht Euch, im Gegentheil, Sire Jehan; denn statt der Hand, die er verloren, ließ er sich eine von Eisen machen, mit der er die Lanze so gut führt, als mit einer rechten Hand; abgesehen davon, daß er, wenn es ihm genehm ist, einen Streitkolben daran anpassen kann, mit dem er, wie es scheint, so schlägt, daß diejenigen, welche getroffen werden, kaum mehr aufstehen.«

»Und darf man erfahren, bei welcher Gelegenheit er diese Hand verlor?« fragte der Geistliche.

»Oh!« erwiderte Messire Espaing, »das kann ich Euch nicht sagen, so gern ich Euch angenehm sein möchte. Denn ich kenne den braven Ritter, von dem die Rede ist, nicht persönlich, und man hat mich sogar versichert, diejenigen, welche ihn kennen, wissen es ebenso wenig als ich: nie wollte er diesen Theil seines Lebens irgend Jemand mittheilen.«

 

»Dann werde ich auf keine Weise von Eurem Bastard erzählen, Meister Espaing,«

sagte der Geistliche; »denn diejenigen, welche die Geschichte, die ich schreibe, lesen, sollen nicht dieselbe Frage wie ich machen, ohne eine Antwort zu bekommen.«

»Ah! bei Gott, ich werde fragen, ich werde mich erkundigen,« erwiderte Messire Espaing, »doch gebt immerhin jede Hoffnung auf, Meister Jehan, denn ich zweifle, ob Ihr je etwas von dem, was Ihr wissen wollt, erfahren werdet, wenn nicht, falls Ihr ihn selbst irgendwo trefft.«

»Lebt er denn noch?«

»Ja, und zwar streitbarer als je.«

»Mit seiner eisernen Hand?«

»Mit seiner eisernen Hand.«

»Ah!« sagte Messire Jehan, »ich glaube, ich gäbe meine Abtei, wenn ich diesen Mann träfe, und er sich herbeiließe, mir seine Geschichte zu erzählen; doch Ihr werdet wenigstens die Eure vollenden, Messire Espaing, und mir sagen, was aus beiden Parteien geschah, als der Mongat todt war.«

»Der Tod des Mongat endigte die Schlacht; was die Ritter wollten, waren die geraubten Herden, und sie hatten sie. Ueberdies wußten sie, daß, nun da der Mongat todt, die so sehr gefürchtete Besatzung von Lourdes zur Hälfte weniger zu fürchten war, denn oft bildet ein einziger Mann die Stärke einer Garnison oder eines Heeres. Es wurde also abgemacht, daß jeder Theil seine Verwundeten und seine Gefangenen mitnehmen und daß man die Todten beerdigen sollte.

»Man hob also den schwer verletzten Ernauton von Sainte-Colombe auf, man beerdigte die Todten da, wo wir sind, gerade an dem Orte, den unsere Pferde mit den Füßen stampfen. Und damit ein so braver Kämpe nicht mit den gemeinen Leichnamen vermengt würde, grub man ein Grab, jenseits des großen Felsen, den Ihr vier Schritte von uns seht, mit einem steinernen Kreuz und seinem Namen darauf, daß die Pilger, die Reisenden und die braven Rittersleute im Vorüberziehen ein Gebet für die Ruhe seiner Seele sprechen könnten.«

»Gehen wir zu dem Kreuze, Messire Espaing,« sagte der Abt, »denn ich meines Theils werde von ganzem Herzen ein Vater unser, ein Ave Maria und ein De profundis sprechen.«

Und der Abt gab dem Ritter das Beispiel, winkte den Knechten, warf den Zügel seines Pferdes einem derselben zu und stieg mit einer Ungeduld ab, aus der man ersah, daß der gute Chronikschreiber, wenn es sich um solche Dinge handelte, um die Hälfte seines Alters erleichtert ward.

Messire Espaing von Lyon that dasselbe, und Beide wanderten nach dem bezeichneten Ort; doch an der Biegung des Felsen blieben Beide stehen.

Ein Ritter, von dessen Gegenwart sie nichts wußten, kniete vor dem Kreuze, in einen weiten Mantel gehüllt, der durch die Steife seiner Falten unter seiner Draperie eine völlige Rüstung verrieth. Sein Kopf allein blieb entblößt, und sein Helm lag auf dem Boden, während zehn Schritte rückwärts, ebenfalls durch den Felsen bedeckt, ein Schildknappe in kriegerischer Rüstung auf einem Schlachtrosse saß und an seiner Hand das wie für den Kampf geschirrte Pferd seines Herrn hielt.

Es war ein Mann in der vollen Kraft des Alters, nämlich sechsundvierzig bis achtundvierzig Jahre alt, mit der gebräunten Gesichtsfarbe eines Mauren, mit dichtem Haupthaare und dichtem Barte. Haare und Bart waren von der Farbe eines Rabenflügels.

Die zwei Reisenden blieben einen Augenblick stehen und betrachteten diesen Mann, der, unbeweglich und einer Bildsäule ähnlich, auf dem Grabe des Mongat die fromme Pflicht erfüllte, die sie selbst zu erfüllen kamen.

Der unbekannte Rittersmann schien seinerseits, so lange das Gebet dauerte, den Ankömmlingen keine Aufmerksamkeit zu schenken; als aber sein Gebet verrichtet war, machte er mit der linken Hand, zum großen Erstaunen der Anwesenden, das Zeichen des Kreuzes, grüßte sie höflich mit dem Kopf, drückte, immer in seinen Mantel gehüllt, seinen Helm auf seine gebräunte Stirne, stieg wieder zu Pferde, wandte sich um die Ecke des Felsen, gefolgt von seinem Schildknappen, der noch steifer und schwärzer war, als er, und entfernte sich.

Obgleich man in jener Zeit viele solche Gesichter traf, hatte dieses doch einen so eigenthümlichen Charakter, daß es den Reisenden auffiel, jedoch nur innerlich; denn die Zeit fing an zu drängen, man hatte noch drei Stunden zurückzulegen, und der Geistliche hatte sich anheischig gemacht, auf dem Grabe des Mongat ein Paternoster, ein Ave Maria, ein De profundis et Fidelium, zu sprechen.

Nach beendigtem Gebet schaute Messire Jehan umher. Der Ritter, der ohne Zweifel nicht mehr wußte, als er, hatte ihn allein gelassen; er machte also ebenfalls das Zeichen des Kreuzes, doch mit der rechten Hand, und ging dann seinem Gefährten nach.

»He!« sagte er zu den beiden Knechten, »habt Ihr nicht einen Ritter in Kriegsrüstung, gefolgt von einem Schildknappen gesehen, der Ritter schien sechsundvierzig und der Schildknappe fünfundfünfzig bis sechzig Jahre alt zu sein?«

»Ich habe mich schon erkundigt,« erwiderte mit einem Zeichen des Kopfes Espaing von Lyon, dessen Geist von demselben Gedanken wie der seines Reisegefährten in Anspruch genommen wurde. »Er scheint dem Weg zu folgen, dem wir folgen, und wird ohne Zweifel wie wir in Tarbes übernachten.«

»Setzen wir unsere Pferde in Trab, um ihn einzuholen, wenn es Euch beliebt, Messire Espaing,« sagte der Chronikschreiber, »denn wenn wir ihn einholen, wird er vielleicht mit uns sprechen, wie es die Gewohnheit unter Leuten ist, die derselben Straße folgen. Und mir scheint, man dürfte Vieles in der Gesellschaft eines Mannes erfahren, der in einer Sonne gelebt hat, welche warm genug war, um ihm eine Gesichtsfarbe zu machen, wie er sie hat.«

»Ganz nach Eurem Wunsche, Messire,« sagte der Ritter; »denn ich gestehe Euch, ich fühle mich von einer Neugierde ergriffen, die nicht minder lebhaft ist, als die Eurige, obschon ich mich nicht erinnere, ein solches Gesicht je in, dieser Gegend gesehen zu haben.«

In Folge dieses Entschlusses ritten unsere zwei Reisende etwas schneller, beobachteten jedoch fortwährend dieselbe Entfernung, und das Pferd des Ritters ging dem des geistlichen Herrn immer ein wenig voran.

Doch vergebens beschleunigten sie den Gang ihrer Rosse. Der Weg, der an der Seite des Lisse-Flusses breiter und schöner geworden war, hatte dem Unbekannten und seinem Knappen dieselbe Möglichkeit gegeben, den Schritt zu verdoppeln, und die Neugierigen kamen vor die Thore von Tarbes, ohne ihn eingeholt zu haben.

Sobald sie hier waren, schien etwas Anderes den Geistlichen zu beunruhigen.

»Messire,« sagte er zu dem Ritter, »Ihr wißt, daß das erste Bedürfniß aus der Reise ein gutes Lager und ein gutes Abendbrot ist. Wo werden wir, wenn es Euch beliebt, in der Stadt Tarbes wohnen, wo ich Niemand kenne, und wohin ich, von Monseigneur Gaston Phöbus berufen, zum ersten Mal komme?«

»Seid unbesorgt, Messire,« erwiderte der Ritter lächelnd; »wenn es Euch gefällt, wohnen wir im Stern: das ist das erste Gasthaus der Stadt, abgesehen davon, daß der Wirth zu meinen Freunden gehört.«

»Gut,« sprach der Chronikschreiber, »ich habe immer bemerkt, daß man aus der Reise zweierlei Leute zu Freunden haben muß, die Plünderer in der Stadt und die Plünderer im Walde, nämlich die Wirthe und die Räuber. Gehen wir also zu Eurem Freunde, dem Gastwirth zum Stern, und Ihr werdet mich ihm für die Zeit meiner Rückkehr empfehlen.«

Beide ritten nach dem bezeichneten Gasthof, der aus dem Marktplatze der Stadt lag und, wie es Messire Espaing von Lyon gesagt hatte, einen großen Ruf auf zehn Meilen in der Runde genoß.

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