Ehre wem Ehre gebührt

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Из серии: Der Weg des Stahls #1
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KAPITEL FÜNF

Royce stand inmitten eines Weizenfeldes, das er mit Hilfe seiner Sichel bearbeitete während sein Herz beim Gedanken an seine Braut vor Freude hüpfte. Er konnte kaum fassen, dass ihr Hochzeitstag nun wirklich gekommen war. In seiner Erinnerung hatte er Genoveva schon immer geliebt und der heutige Tag würde der denkwürdigste in seinem Leben werden. Morgen schon würde er mit ihr an seiner Seite erwachen, in einem neuen eigenen Häuschen und einem neuen Leben, das vor ihnen lag. Er konnte die Schmetterlinge in seinem Bauch spüren. Er wünschte sich nichts sehnlicher.

Während er seine Sichel schwang, dachte Royce an das nächtliche Training mit seinen Brüdern. Sie hatten sich unablässig mit Holzschwertern bekämpft, manchmal auch mit echten, doppelgewichteten, die so schwer waren, dass man sie kaum halten konnten, doch sollten sie sie stärker und schneller machen. Auch wenn er jünger als seine anderen drei Brüder war, so hatte Royce bemerkt, dass er der beste Kämpfer unter ihnen war, geschickter mit dem Schwert, schneller im Angriff und bei der Verteidigung. Es war, als wäre es aus einem anderen Eisen geschmiedet. Er war anders, das wusste er. Doch er wusste nicht wie. Und das machte ihn unruhig.

Woher hatte er sein Talent zum Kämpfen? Warum war er so anders? Das ergab alles keinen Sinn. Sie waren Brüder, in ihren Adern floss das gleiche Blut. Auch waren sie vier unzertrennlich, machten alles zusammen, ob es dabei ums Kämpfen oder die Arbeit im Feld ging. Das war auch der einzige Wehrmutstropfen dieses fröhlichen Tages: würde sein Umzug bedeuten, dass er sich von seinen Brüdern entfernen würde? Er schwor sich still, dass egal was auch geschah, er das nicht zulassen würde.

Royce Gedanken wurden durch ein Geräusch, das von Rande des Feldes kam, unterbrochen, ein für diese Tageszeit ungewöhnliches Geräusch, ein Geräusch, das er an solch einem perfekten Tag nicht hören wollte. Pferde. Ungeduldiges Getrappel.

Royce drehte sich besorgt um, gleiches taten seine Brüder. Seine Sorge wurde noch größer als er Genovevas Schwestern und Cousinen ausmachte. Sie ritten auf ihn zu und Royce konnte bereits die in ihre Gesichter geätzte Panik und Dringlichkeit erkennen.

Royce hatte Mühe zu verstehen, was er dort sah. Wo war Genoveva? Warum kamen sie alle auf ihn zugeritten?

Sein Herz verkrampfte sich als er verstand, dass etwas Furchtbares geschehen sein musste.

Er ließ seine Sichel fallen, so wie auch seine Brüder und das Dutzend weiterer Bauern aus ihrem Dorf, und sie rannten ihnen entgegen. Die erste die er erreichte war Sheila, Genovevas Schwester. Sie stieg von ihrem Pferd ab, noch bevor es vollständig zum Stehen gekommen war und griff Royce bei seiner Schulter.

„Was ist los?“ schrie Royce. Er griff ihre Schultern und er spürte wie sie zitterte.

Sie brachte zwischen ihren Tränen kaum die Worte über die Lippen.

„Genoveva!“ schrie sie voller Entsetzen. „Sie haben sie mitgenommen!“

Royce trafen diese Worte wie der Schlag und schreckliche Szenen tauchten vor seinem inneren Auge auf.

„Wer?“ rief er, seine Brüder hatten sich neben ihn gestellt.

„Manfor!“ schrie sie. „Aus dem Hause Nors!“

Royce spürte das Herz in seiner Brust pochen, und Empören stieg in ihm auf. Seine Braut. Geholt von den Adligen, als wäre sie ihr Eigentum. Blut stieg ihm ins Gesicht.

„Wann!?“ fragte er und drückte Sheilas Arm fester als er es wollte.

„Gerade eben!“ antwortete sie. „Wir haben uns diese Pferde geholt, um es dir schnellstmöglich mitzuteilen!“

Sie anderen stiegen hinter ihr von ihren Pferden ab und übergaben Royce und seinen Brüdern die Zügel. Royce zögerte keine Sekunde. In einer schnellen Bewegung sprang er auf das Pferd, gab ihm die Sporen und stürmte durch die Felder davon.

Er hörte die Pferde seiner Brüder hinter ihm im Gleichtakt durch das Geröll und in Richtung der entfernten Festung galoppieren.

Sein ältester Bruder Raymond holte ihn ein.

„Du weißt, dass das Gesetz auf seiner Seite ist“, rief er ihm zu. „Er ist ein Adliger, und sie ist unverheiratet – zumindest in diesem Moment.“

Royce nickte.

„Wenn wir die Festung stürmen und sie zurückfordern, werden sie sich weigern“, fügte Raymond hinzu. „Unsere Forderung hat keine gesetzliche Grundlage.“

Royce biss die Zähne zusammen.

„Ich werde sie nicht darum bitten, sie mir zurückzugeben“, antwortete er. „Ich werde sie mir zurückholen.“

Lofen schüttelte den Kopf als auch er zu ihnen nach vorne ritt.

„Du wirst es nicht einmal durch das Tor schaffen“, rief er. „Eine Berufsarmee erwartet dich dort. Ritter. Rüstungen. Waffen. Tore.“ Er schüttelte erneut den Kopf. „Und selbst wenn es dir gelänge da durchzukommen, selbst wenn du sie rettetest, werden sie dich nicht gehen lassen. Sie werden dich jagen und töten.

„Ich weiß“, rief Royce zurück.

„Mein Bruder“, rief Garet. „Ich liebe dich. Und ich liebe Genoveva. Aber das würde deinen Tod bedeuten. Den Tod für uns alle. Es gibt nichts, was du tun kannst.“

Royce konnte hören wie sehr sich seine Brüder um ihn sorgten und er wusste es zu schätzen – doch er durfte nicht auf sie hören. Sie war seine Braut und was es auch kostete, er hatte keine Wahl. Er konnte sie nicht verlassen, auch wenn es ihn das Leben kosten würde. So war er eben.

Royce trieb sein Pferd noch stärker voran, denn er wollte ihnen nicht mehr zuhören. Er galoppierte noch schneller durch die Felder gen Horizont und in Richtung der strahlenden Stadt, in der Manfors Festung stand. In Richtung seines sicheren Todes.

Genoveva, dachte Royce. Ich komme.

*

Royce ritt so schnell er konnte durch die Felder, seine Brüder neben ihm. Sie erklommen den letzten Hügelkamm und ritten nun in Richtung der sich unter ihnen ausbreitenden Stadt. In ihrer Mitte ragte eine gigantische Festung, der Sitz des Hauses Nors, der Adligen, die sein Land mit eiserner Hand regierten und die seine Familie ausgesaugt hatten, indem sie ihnen einen Zehnten nach dem anderen ihrer Erträge abverlangt hatten. Ihnen war es gelungen, die Bauern seit Generationen in Armut zu halten. Dutzende Ritter standen ihnen zur Verfügung, in vollen Rüstungen, mit echten Waffen und Pferden; sie hatten dicke Steinmauern, einen Burggraben, eine Brücke und sie ließen unter dem Vorwand von Gesetz und Ordnung die Stadt nicht aus den Augen – doch in Wahrheit ging es ihnen darum, die Kuh so gut es ging zu melken.

Sie hatten das Gesetz gemacht. Sie setzten die grausamen Gesetze durch, auf die sich die Adligen im ganzen Land geeinigt hatten, denn es waren Gesetze, die ihnen einen Nutzen brachten. Sie taten so, als würden sie das Volk im Gegenzug beschützen, doch die Bauern wussten, dass der einzige Schutz, den sie wirklich brauchten, der vor den Adligen selbst war. Dennoch war das Königreich von Sevania ein sicheres, denn es befand sich an der Nordspitze des Alufen-Kontinentes, grenzte größtenteils an Wasser und war so von andern Ländern isoliert. Ein weiter Ozean, Flüsse und Berge boten weitere natürliche Sicherheitsmauern. Das Land war schon seit Jahrhunderten nicht mehr besetzt worden.

Die einzige Gefahr und Tyrannei kam aus dem Inneren, von der noblen Aristokratie und ihrer Ausbeutung der Armen. Menschen wie Royce. Ihre Reichtümer genügten ihnen jedoch nicht – sie mussten ihnen auch noch die Frauen wegnehmen.

Dieser Gedanke hinterließ rote Flecken auf Royces Wangen. Er senkte seinen Kopf, umklammerte den Griff seines Schwerts und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was er vorhatte.

„Die Brücke ist unten!“ rief Raymond. „Das Tor ist offen!“

Royce hatte es auch bemerkt und sah es als gutes Zeichen.

„Natürlich ist es das!“ rief Lofen zurück. „Glaubt ihr wirklich, dass sie einen Angriff erwarten? Und dann auch noch von uns?“

Royce ritt schneller, dankbar, dass seine Brüder ihm beistanden, und wissend, dass Genoveva seinen Brüdern ebenso wichtig war wie ihm. Sie war für sie wie eine Schwester und ein Affront gegen Royce war für sie wie ein Affront gegen sie selbst. Er blickte nach vorne und machte auf der Zugbrücke ein paar Schlossritter aus, die halbherzig in die Landschaft und auf die umliegenden Felder starrten. Sie waren nicht darauf vorbereitet. Sie waren seit Jahrhunderten nicht angegriffen worden und hatten keinen Grund jetzt einen Angriff zu erwarten.

Der typische Laut war zu hören als Royce sein Schwert zog, er senkte seinen Kopf und hielt sein Schwert zum Angriff bereit in die Luft. Auch seine Brüder zogen ihre Schwerter. Royce ritt nach vorne und übernahm, gewillt als erster in die Schlacht zu ziehen, die Führung. Sein Herz schlug vor Aufregung und Angst – es war keine Angst um sich selbst, sondern um Genoveva.

„Ich werde reingehen, sie finden und herausbringen!“ rief Royce den Plan seinen Brüdern zu. „Bleibt an der Seite. Das ist mein Kampf.“

„Du wirst da nicht alleine reingehen!“ rief Garet zurück.

Royce schüttelte entschlossen den Kopf.

„Wenn etwas schief geht, dann will ich nicht, dass ihr dafür bezahlt“, rief er zurück. „Bleibt hier draußen und lenkt diese Wächter ab. Das würde mir am meisten helfen.“

Er deutete mit seinem Schwert auf ein dutzend Ritter, die bei dem Torhäuschen neben dem Burggraben standen. Royce wusste, dass sie ihn angreifen würden sobald er über die Brücke ritt; doch wenn seine Brüder sie ablenkten, würden sie vielleicht lange genug in Schach gehalten, um hineinzugelangen und Genoveva zu finden. Er würde nur ein paar Minuten brauchen. Wenn er sie schnell genug fände, könnte er sie schnappen, davonreiten und diesen Ort hinter sich lassen. Er wollte niemanden töten, wenn es nach ihm ging; er wollte ihnen nicht einmal Schmerzen zufügen. Er wollte schlichtweg seine Braut zurück.

Royce senkte seinen Kopf und galoppierte so schnell er konnte, so schnell, dass er kaum noch atmen konnte, weil der Wind ihm ins Gesicht schlug. Er kam der Brücke näher, noch dreißig Meter, zwanzig, zehn, das Geräusch seines Pferdes und seines Herzschlages dröhnten in seinen Ohren. Sein Herz hämmerte in seiner Brust als er ritt und er wusste, wie verrückt das alles war. Er war dabei etwas zu tun, das der Bauernklasse nicht einmal im Traum einfallen würde zu tun: die Elite anzugreifen. Es war ein Krieg, den er unmöglich gewinnen konnte und es war ein sicherer Weg getötet zu werden. Doch seine Braut befand sich hinter diesen Toren und das war ihm Grund genug.

 

Royce war nur noch ein paar Meter von der Brücke entfernt, da sah er wie sich die Augen der Ritter überrascht weiteten und sie nach ihren Waffen griffen. Das hatten sie ganz klar nicht erwartet.

Ihre verzögerte Reaktionsfähigkeit war genau das, was Royce jetzt brauchte. Er stürmte auf sie zu und als sie ihre Helmbarten hoben, senkte er sein Schwert und zielte auf deren Schafte, um sie zu entzweien. Er schlug von beiden Seiten auf sie ein, zerstörte die Waffen der Ritter auf beiden Seiten der Brücke, immer darauf bedacht ihnen möglichst kein Leid zuzufügen. Er wollte sie nur entwaffnen und sich nicht in ewige Kampfhandlungen verstricken.

Royce legte noch an Geschwindigkeit zu, drängte sein Pferd vorwärts und nutzte es so als Waffe, die die übrigen Wächter zur Seite stieß, sodass sie in ihrer schweren Rüstung durch die Luft flogen und über die flache Brücke in die Wasser des Burggrabens segelten. Royce wusste, dass sie eine Weile brauchen würden, dort wieder herauszukommen. Mehr Zeit würde er auch nicht brauchen.

Royce konnte hinter sich seine Brüder hören, die ihm weitere wertvolle Minuten schenken würden; auf der anderen Seite der Brücke ritten sie auf das Torhäuschen zu, schlugen Wächter nieder, entwaffneten sie, bevor sie die Chance hatten sie anzugreifen. Sie schafften es, das Torhäuschen zu isolieren und so die verdutzten Ritter, die gerade nicht mit der Wache an der Reihe waren, zu überraschen. Das war Royces Chance.

Royce senkte seinen Kopf und raste auf das offene Tor zu. Er ritt schneller als er sah, dass es sich langsam schloss. Er zog den Kopf ein und ritt im letzten Augenblick durch den offenen Torbogen kurz bevor sich das schwere Tor endgültig schloss.

Royce ritt mit pochendem Herz in den Innenhof. Er hielt inne und blickte sich um. Er war noch nie im Inneren der Festung gewesen, war ohne Orientierung und sah sich von allen Seiten von dicken Steinmauern, die mehrere Stockwerke hoch waren, umgeben. Bedienstete und gemeines Volk wuselte hier herum, trugen Eimer mit Wasser und anderen Waren. Glücklicherweise hatten die Ritter ihn hier noch nicht entdeckt. Sie hatten auch keinen Grund, ihn zu erwarten.

Royce sah prüfend an den Mauern empor und suchte verzweifelt nach einem Anhaltspunkt seiner Braut.

Doch er fand keinen. Panik stieg in ihm auf. Was wäre, wenn sie sie woanders hingebracht hatten?

„GENOVEVA!“ rief er.

Royce suchte überall, wandte sich auf seinem wiehernden Pferd nervös nach allen Seiten um. Er hatte keine Ahnung, wo er suchen sollte und er hatte keinen Plan. Er hatte nicht einmal geglaubt, dass er es so weit schaffen würde.

Royce dachte scharf nach, er musste jetzt schnell sein. Die Adligen lebten wahrscheinlich dort oben, dachte er, fern abseits des Gestanks, der Massen, dort, wo Wind und Sonnenlicht waren. Dort würden sie auch Genoveva hingebracht haben.

Dieser Gedanke machte ihn wütend.

Er zwang sich seine Gefühle in Schach zu halten, gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte über den Hof vorbei an verdattert dreinblickenden und glotzenden Bediensteten, denen die Arbeit aus der Hand fiel, als er an ihnen vorbeiritt. Er machte auf der anderen Seite des Weges eine breite, gewundene Steintreppe aus und ritt darauf zu. Er sprang ab, noch bevor sein Pferd angehalten hatte und sprintete die Treppen hinauf. Er nahm eine Windung nach der anderen und flog höher und höher. Er hatte keine Ahnung, wohin sie ihn führen würde, doch hielt es für eine gute Idee, seine Suche ganz oben zu beginnen.

Auf dem obersten Treppenabsatz verließ er schwer atmend die Wendeltreppe.

„Genoveva!“ schrie er und hoffte betend auf eine Antwort.

Doch es kam keine. Seine Verzweiflung wurde größer.

Er wählte einen der Korridore und rannte hindurch. Er betete, dass es der richtige sein würde. Als er an einer der Türen vorbeisauste, wurde sie plötzlich aufgestoßen und der Kopf eines Mannes kam zum Vorschein. Es war einer der Adligen, ein kleiner, fetter Mann mit einer breiten Nase und ausgedünntem Haar.

Er blickte Royce finster an und konnte von Royces Aufmachung sicherlich auf seine bäuerliche Herkunft schließen; er rümpfte die Nase als hätte sich Ungeziefer bei ihm eingeschlichen.

„Hey!“ rief er. „Was machst du in unserer – “

Royce zögerte keine Sekunde. Als der empörte Adlige auf ihn zu stürmte, schlug er ihm ins Gesicht, so dass er rücklings auf dem Boden landete.

Royce ließ seinen Blick schnell durch die geöffnete Tür schweifen und hoffte Genoveva dort zu erblicken. Doch der Raum war leer. Er lief weiter.

„GENOVEVA!“ schrie Royce.

Plötzlich hörte er von weit weg einen Schrei.

Sein Herz blieb stehen und er hielt inne und lauschte während er sich fragte, woher der Schrei gekommen war. Er wusste, dass seine Zeit begrenzt war, dass ihm schon bald eine ganze Armee auf den Fersen sein würde und so lief er mit schlagendem Herzen und ihren Namen unentwegt rufend weiter.

Wieder nahm er einen erstickten Schrei war und Royce wusste, dass sie es war. Sein Herz hämmerte nun. Sie war hier oben. Und er kam ihr näher.

Royce erreichte schließlich das Ende des Korridors. Dort hörte er hinter der letzten Tür auf der linken Seite einen Schrei. Er zögerte nicht, straffte seine Schultern und rannte die alte Eichentür ein.

Die Tür zerbarst und Royce stolperte hinein. Er befand sich in einer prächtigen Kammer, die mit zehn mal zehn Metern Größe, hohen Decken, in die Steinwände eingelassenen Fenstern, einer riesigen Feuerstelle und einem luxuriösen Himmelbett in der Mitte des Raumes alles übertraf, was Royce jemals gesehen hatte. Er spürte Erleichterung in sich aufsteigen als er sie, seine geliebte Genoveva, auf einem Berg von Pelzen sitzen sah.

Sie war zu seiner großen Erleichterung noch vollständig angezogen und versuchte sich tretend und mit den Armen rudernd aus Manfors Griff zu befreien. Royce schäumte vor Wut. Dort war er und vergriff sich an seiner Braut, indem er versuchte sie zu entkleiden. Royce war überaus froh, dass er es gerade rechtzeitig geschafft hatte.

Genoveva sträubte sich, schlug sich wacker, doch Manfor war zu stark für sie.

Ohne einen Moment abzuwarten, stürzte sich Royce auf ihn, gerade als der sich herumdrehen wollte. Seine Augen weiteten sich erschrocken als Royce ihn bei seinem Hemd griff und ihn mit voller Wucht wieder auf den Boden schmiss.

Manfor flog durch den Raum und landete stöhnend auf dem harten Steinboden.

„Royce!“ rief Genoveva und Erleichterung schwang in ihrer Stimme als sie sich ihm zuwandte und ihn ansah.

Royce wusste, dass er Manfor keine Verschnaufpause gönnen durfte. Als er versuchte aufzustehen, sprang Royce auf ihn und nagelte ihn auf dem Boden fest. Überwältigt von der Wut über das, was er seiner Frau angetan hatte, holte Royce mit seiner Faust aus und schlug ihm hart gegen seinen Kieferknochen.

Manfor wehrte sich jedoch, setzte sich auf und griff nach einem Dolch. Doch Royce war schneller und schlug ihm diesen aus der Hand. Immer wieder schlug er auf Manfor ein bis dieser auf den Boden sank und Royce den Dolch über den Boden ins Abseits schlittern sah.

Er hielt Manfor in eisernem Griff, doch Manfor höhnte ihn mit herausfordernder Herablassung.

„Das Gesetzt ist auf meiner Seite“, zischte Manfor. „Ich kann mir jede nehmen, die ich will. Sie gehört mir.“

Royces Blick wurde finster.

„Du rührst meine Braut nicht an.“

„Du bist durchgeknallt“, konterte Manfor. „Durchgeknallt. Am Ende des Tages wirst du tot sein. Du kannst dich nirgends verstecken. Siehst du das denn nicht? Dieses Land gehört uns.“

Royce schüttelte seinen Kopf.

„Was du nicht verstehst“, sagte er, „ist, dass es mir egal ist.“

Manfor runzelte die Stirn.

„Damit kommst du nicht davon“, sagte Manfor. „Dafür werde ich sorgen.“

Royces Griff um Manfors Handgelenk wurde fester.

„Du wirst gar nichts mehr tun. Genoveva und ich werden heute von hier fortgehen. Wenn du dich noch einmal ihr näherst, dann werde ich dich töten.“

Doch zu Royces Überraschung grinste Manfor ihn nur böse an, Blut rann ihm aus dem Mund.

„Ich werde sie niemals in Ruhe lassen“, antwortete Manfor. „Niemals. Ich werde sie den Rest ihres Lebens jagen. Und ich werde dich wie einen räudigen Hund jagen lassen mit allen Männern meines Vaters. Ich werde sie mir nehmen, und sie wird mir gehören. Und du wirst am Galgen baumeln. Also lauf und vergiss ihr Gesicht nicht – denn schon bald, wird sie mein sein.“

Royce spürte, wie blinde Wut in ihm hochkochte. Er wusste, dass es wahr war und das machte seine Worte noch grausamer. Sie konnten nirgends hin; die Adligen besaßen jeden Landstrich. Er konnte nicht gegen eine ganze Armee kämpfen. Und Manfor würde tatsächlich niemals klein begeben. Nur weil es ihm gefiel – aus keinem anderen Grund. Er hatte alles, was er wollte und trotzdem bestahl er diejenigen, die nichts hatten.

Royce blickte in die grausamen Augen des Adligen und er wusste, dass dieser Mann Genoveva eines Tages haben würde. Und er wusste, dass er das nicht zulassen durfte. Er wollte davonlaufen, das wollte er wirklich. Aber er konnte es nicht. Das würde Genovevas Tod bedeuten.

Royce griff mit einem Mal nach Manfor und stellte ihn auf seine Füße. Er blickte ihn an und zog sein Schwert.

„Zieh!“ befahl Royce und gab ihm so die Chance ehrenhaft zu kämpfen.

Manfor starrte ihn verblüfft an, überrascht, dass er diese Chance erhielt. Dann zog er sein Schwert.

Manfor holte aus und schlug hart zu, doch Royce hob sein Schwert und wehrte den Schlag ab, Funken flogen. Royce spürte, dass er stärker war, hob sein Schwert und drängte Manfor zurück. Er drehte seinen Ellenbogen und rammte ihm den Schwertgriff ins Gesicht.

Ein Knacken war zu hören, Royce hatte Manfor die Nase gebrochen. Manfor taumelte zurück und starrte ihn an. Er hielt sich entgeistert seine Nase. Royce hätte ihn in diesem Moment töten können, doch er hab ihm eine weitere Chance.

„Gib auf“, bot ihm Royce an, „und ich werde dich am Leben lassen.“

Manfor jedoch stieß einen wütenden Schrei aus. Er hob sein Schwert und griff erneut an.

Royce wehrte ihn ab während Manfor wie wild um sich schlug. Die Schwerter klirrten, Funken flogen und es war ein ständiges vor und zurück. Manfor mochte adlig und mit all den Vorzügen dieser Abkunft aufgewachsen sein und doch übertrafen Royces Kampffähigkeiten die seinen um ein weites.

Royces Herz krampfte sich zusammen als sie kämpften, denn er vernahm in der Ferne den Klang von Hörnern und einer näherkommenden Armee. Er konnte bereits das Hufgetrappel auf dem Kopfsteinpflaster hören. Er wusste, dass ihm die Zeit davonlief und er brauchte jetzt eine schnelle Lösung.

Royce schlug mit aller Kraft auf Manfors Schwert ein und entwaffnete ihn. Es flog durch den Raum. Royce hielt seine Schwertspitze an Manfors Hals.

„Gib endlich auf“, befahl Royce.

Manfor kroch mit nach oben genommenen Armen langsam zurück. Doch als er einen kleinen Holztisch erreicht hatte, griff er etwas und warf es Royce in die Augen.

Royce schrie, konnte plötzlich nichts mehr sehen. Seine Augen brannten während die Welt um ihn schwarz wurde, er sich die Augen rieb und zu spät erkannte er, dass es Tinte war. Ein ehrloser Zug, ein Zug der ihm den adligen Status entzog. Doch dann dachte Royce, dass es ihn nicht überraschte.

Noch bevor er wieder klar sehen konnte, spürte Royce plötzlich einen scharfen Tritt in den Magen. Er kippte um und fiel auf den Boden, wand sich und blickte auf. Er hatte gerade wieder genug Sehkraft wiedererlangt um zu sehen, wie Manfor grinsend einen in seinem Mantel verborgenen Dolch hervorzog – und mit ihm auf Royce Rücken zielte.

„ROYCE!“ schrie Genoveva.

Als der Dolch auf ihn niederfuhr, gelang es Royce, sich zusammenzureißen, sich auf eines seiner Knie zu stützen, seinen Arm zu heben und Manfors Handgelenk zu packen. Royce stand langsam mit zitternden Armen auf und als Manfor erneut ausholte, wich er ihm plötzlich aus und drehte Manfors Arm so herum, dass er dessen Kraft gegen ihn verwenden konnte. Manfor versuchte weiterhin auf ihn einzustechen, doch nachdem Royce ausgewichen war, versenkte er den Dolch in seinem eigenen Bauch.

 

Manfor keuchte. Er stand da, starrte mit weit aufgerissenen Augen während ihm Blut aus dem Mund lief. Er war kurz davor zu sterben.

Royce spürte die Feierlichkeit dieses Moments. Er hatte einen Mann getötet. Das erste Mal in seinem Leben hatte er einen Menschen getötet. Und nicht irgendeinen – einen Adligen.

Manfors letzte Handlung war ein böses Grinsen, Blut floss aus seinem Mund.

„Du hast dir deine Braut zurückgewonnen“, keuchte er, „allerdings auf Kosten deines eigenen Lebens. Wir werden uns bald wiedersehen.“

Damit brach Manfor auf dem Boden zusammen und landete mit einem Rumps auf dem Boden.

Tot.

Royce wandte sich Genoveva zu, die reglos auf dem Bett saß. Er konnte Erleichterung und Dankbarkeit in ihrem Gesicht erkennen. Sie sprang auf, rannte durch den Raum und in seine Arme. Er hielt sie fest und es fühlte sich so gut an. Sein Leben hatte wieder einen Sinn.

„Oh Royce“, flüsterte sie in sein Ohr und das war alles was sie sagen musste. Er verstand.

„Komm, wir müssen gehen“, sagte Royce. „Uns bleibt nur wenig Zeit.“

Er nahm sie bei der Hand und sie stürmten durch die offene Tür der Kammer in den Korridor.

Royce rannte den Gang hinunter, Genoveva neben ihm, sein Herz beschleunigte sich, als er die königlichen Hörner vernahm, die immer und immer wieder erschollen. Er wusste, was sie bedeuteten – und er wusste, dass sie seinetwegen geblasen wurden.

Das Klappern der Rüstungen kündete, dass die Festung abgeriegelt worden sein musste und dass sie umzingelt waren. Seine Brüder hatten gute Arbeit geleistet sie abzulenken, doch Royces Unternehmung hatte zu lange gebraucht. Während sie rannten, blickte er in den Hof und sein Herz stockte beim Anblick der dutzenden von Rittern, die durch das Tor strömten.

Royce wusste, dass es keinen Ausweg geben würde. Er war nicht nur in ihr Heim eingebrochen, er hatte einen von ihnen getötet, einen Adligen, ein Mitglied der königlichen Familie. Sie würden ihn nicht am Leben lassen. Heute war der Tag, an dem sich sein Leben für immer verändern würde. Was für eine Ironie, dachte er; heute Morgen war er so übervoll des Glücks erwacht, hatte sich so sehr auf diesen Tag gefreut. Jetzt, noch bevor die Sonne überhaupt untergegangen war, winkte ihm der Galgen.

Royce und Genoveva rannten immer weiter und näherten sich dem Ende des Ganges und somit auch dem Eingang zur Wendeltreppe – da tauchten wie aus dem Nichts ein halbes dutzend Ritter auf den Stufen auf und versperrte ihnen den Weg.

Royce und Genoveva hielten abrupt an, drehten sich um und rannten in die entgegengesetzte Richtung, die Ritter auf ihren Fersen. Royce konnte ihre Rüstung hören und er wusste, dass sein einziger Vorteil darin bestand, dass er keine Rüstung trug, denn so war er schnell genug, sich nicht einholen zu lassen.

Sie rannten und rannten die Korridore entlang in der Hoffnung eine Hintertreppe oder einen anderen Ausweg zu finden, als sie plötzlich um die Ecke in einen neuen Korridor bogen und sich vor einer Steinwand wiederfanden. Royce blieb das Herz stehen und sie kamen jäh zum stehen.

Eine Sackgasse.

Royce drehte sich um und zog sein Schwert während er Genoveva hinter sich schob bereit, den Rittern die Stirn zu bieten, auch wenn er wusste, dass es wahrscheinlich das Letzte sein würde, was er tat.

Mit einem Mal spürte er Genovevas Griff um seinen Arm und sie rief: „Royce!“

Er wirbelte herum und sah, was sie sah: ein großes, offenes Fenster neben ihnen. Er blickte nach unten und sein Magen drehte sich um. Der Fall würde zu lange dauern, um zu überleben.

Doch dann sah er, wie sie auf einen mit Heu gefüllten Wagen deutete, der langsam unter ihnen vorbeituckerte.

„Wir könnten springen!“ schrie sie.

Sie nahm seine Hand und gemeinsam traten sie auf den Fenstersims. Er drehte sich um und blickte zurück. Die Ritter kamen näher und noch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, wie verrückt es war, spürte er ein Ziehen an seiner Hand  – und plötzlich befanden sie sich in der Luft.

Genoveva war sogar tapferer als er. Das war sie schon von Kindesbeinen an gewesen, erinnerte er sich.

Sie sprangen und fielen sechs Meter durch die Luft. Royce schlug das Herz bis zum Halse und Genoveva schrie während sie versuchten, auf dem Wagen zu landen. Royce machte sich darauf gefasst zu sterben und war dankbar, dass er zumindest nicht durch die Hand eines Adligen sterben würde – und mit seiner Liebe an seiner Seite.

Doch zu Royces großer Erleichterung landete sie in dem Heuhaufen. Das Heu stob in einer großen Wolke um sie und zu seinem Erstaunen brach er sich nicht einen Knochen, wenn er auch ein paar blaue Flecken von dem Fall davontragen würde. Er setzte sich sofort auf und überprüfte, ob es Genoveva ebenso gut ergangen war; sie lag wie benommen da, doch dann setzte auch sie sich auf, klopfte das Heu ab und er stellte zu seiner großen Erleichterung fest, dass sie unverletzt geblieben war.

Wortlos erinnerten sich beide an ihre brenzlige Lage. Royce reichte ihr seine Hand und sie sprangen vom Wagen. Royce rannte zu seinem Pferd, das noch immer im Hof auf ihn wartete, stieg auf, griff Genoveva und half ihr hinter ihm Platz zu nehmen. Mit einem Tritt galoppierten sie davon. Royce ritt auf das offene Tor des Schlosses zu, während immer mehr Ritter hineinströmten und an ihnen vorbeijagten ohne zu erkennen, wer sie eigentlich waren.

Sie näherten sich dem offenen Tor und Royces Herz hämmerte in seiner Brust; jetzt waren sie schon so nah. Sie mussten es nur noch freiräumen und sie würden nach ein paar Galoppschritten in die offene Landschaft reiten. Von dort konnten sie mit seinen Brüdern, Cousins und Männern zusammen reiten und von diesem Ort fliehen, um andernorts ein neues Leben anzufangen. Oder besser noch konnten sie ihre eigene Armee zusammenstellen und dem Adel ein für alle Mal den Garaus machen. Die Zeit schien für einen glorreichen Moment stillzustehen und Royce versank in der Vorstellung an den bevorstehenden Wandel, den Sieg, der alles was er bisher gekannt hatte, auf den Kopf stellen würde. Der Tag des Aufstands war gekommen. Der Tag an dem ihr Leben nie wieder so sein würde, wie es einmal gewesen war.

Als sich Royce dem Tor näherte, ergriff ihn das Entsetzen, denn er musste erkennen, dass das Fallgatter, das eben noch Ritter hineingelassen hatte, sich plötzlich senkte und vor ihm zuschlug. Sein Pferd bäumte sich auf und sie hielten abrupt an.

Royce drehte sich um und blickte sich im Innenhof um. Etwa fünfzig Ritter hatten sie erkannt und kamen auf sie zu. Royce bereitete sich darauf vor, auf sie zuzustürmen. Doch spürte er plötzlich wie ein Seil seinen Körper umschlang und Genoveva zu schreien begann.

Die Seile zurrten sich um seine Hüfte und Royce wurde mit einem Ruck von seinem Pferd gerissen. Er landete auf dem harten Borden und wurde auf dem Rücken gefesselt. Er sah, wie auch Genoveva von Seilen erfasst zu Boden gezerrt wurde.

Royce wand sich und versuchte sich mit all seiner Kraft aus der Umklammerung der eng geschnürten Seile um seine Arme und Schultern zu befreien. Er griff nach dem Dolch an seiner Hüfte und schaffte es, die Seile mit einem Zug zu durchtrennen.

Befreit wich er einem Stockschlag aus. Er griff nach dem Schwert des Angreifers, drehte sich und sah sich nun von gut hundert Rittern umzingelt inmitten des Hofes stehen. Sie kamen von allen Seiten auf ihn zu.

Sie griffen an. Royce hob sein Schwert und kämpfte, verteidigte sich als sie auf ihn einschlugen. Er schlug zurück, fühlte sich unbesiegbar, stärker und schneller als sie alle. Doch sie kamen näher und näher und ihre Umzingelung wurde immer dichter.

Royce riss sein Schwert empor und wehrte einen Hieb gegen seinen Kopf ab; er drehte sich um und wehrte ein anderes Schwert ab, das es auf seinen Rücken abgesehen hatte. Er riss es nach oben und schlug so seinem Angreifer das Schwert aus den Händen. Er lehnte sich zurück und trat einem weiteren Ritter gegen die Brust als der sich näherte, sodass er seinen Stock fallen lassen musste.

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