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Otto der Schütz

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Dieses Fest, an dessen Ende wir unsere Leser in das Schloß eingeführt haben, bot, wie wir bemerkten, einen seltsamen Kontrast gegen die Traurigkeit dessen dar, welcher es gab; das kam daher, weil von dem Anfange des Tanzes an Gottfried den Landgrafen, wie als ob er zum ersten Male davon überrascht wäre, auf die Ähnlichkeit Ottos mit Albert aufmerksam gemacht hatte. In der That, mit Ausnahme der Jugendblüthe, welche auf dem Gesichte des Jünglings glänzte, und welche die Sonne Spaniens bei dem Manne versengt hatte, waren es dieselben blonden Haare, dieselben blauen Augen, und es gab nicht einmal gewisse Ausdrücke der Züge, deren Ähnlichkeit dasselbe Blut andeutet, die man nicht mit ein wenig sorgfältiger Aufmerksamkeit zwischen innen erkennen konnte. Diese Offenbarung war ein Dolchstoß für den Landgrafen gewesen; auf Gottfrieds Einflüsterungen beargwöhnte er seit langer Zeit die Reinheit der Verhältnisse Emmas und Alberts; aber der Gedanke, daß diese strafbare Verbindung bereits vor seiner Ehe bestanden, der noch weit schmerzlichere Gedanke, dem diese seltsame Ähnlichkeit eine neue Kraft verlieh, daß Otto, den er so sehr geliebt, ein Kind des Ehebruchs wäre, brach ihm das Herz und machte ihn fast wahnsinnig; in diesem Augenblicke war es, wo, wie wir erzählt, der Graf Karl ankam, und wir haben gesehen, wie er, von der Wahrheit fortgerissen, den Schmerz seines unglücklichen Freundes noch durch das Geständniß vermehrt hatte, daß diese Ähnlichkeit Alberts und Ottos unbestreitbar wäre; indessen hatte er sich, wie wir gesehen, zurückgezogen, ohne der Traurigkeit Ludwigs alle die Wichtigkeit beizulegen, welche sie wirklich erlangt hatte.

Das kam daher, weil dieser Mann, welcher mit dem Landgrafen so geheimnißvoll in dem kleinen Zimmer gesprochen hatte, in das er sich mit Karl zurückgezogen, derselbe Gottfried war, dessen Anwesenheit die erste Störung in der glücklichen Familie verursacht, welche ihr Glück getrübt hatte. Er kam ihm zu sagen, daß er nach einigen Worten, welche er gehört hätte, gewiß zu sein glaubte, daß Emma Albert, der noch in derselben Nacht nach Italien aufbrechen wollte, wo er ein Truppencorps anführen sollte, das der Kaiser dorthin sandte, eine Zusammenkunft bewilligt hätte; die Gewißheit dieses Verrathes war übrigens leicht zu erlangen, da die Zusammenkunft an einem der Thore des Schlosses gegeben war, und Emma durch den ganzen Garten gehen mußte, um sich dorthin zu begeben.

Einmal auf der Bahn des Argwohnes, bleibt man nicht mehr stehen; der Landgraf, der, um welchen Preis es auch sein mogte, eine Gewißheit erlangen wollte, unterdrückte daher auch jenes edle und instinctmäßige Gefühl, welches macht, daß jeder Mann von Herz einen Widerwillen dagegen findet, sich zu dem Gewerbe eines Spions zu erniedrigen; er kehrte mit Gottfried in sein Zimmer zurück, und indem er das Fenster halb öffnete, das auf den Garten ging, erwartete er voll Bangigkeit diesen letzten Beweis, der bei ihm einen noch ungewissen entscheidenden Entschluß herbeiführen sollte. Gottfried hatte sich nicht geirrt; gegen vier Uhr Morgens ging Emma die Freitreppe hinab, schritt verstohlen durch den Garten und vertiefte sich in ein Baumdickicht, welches das Thor verbarg. Dieses Verschwinden dauerte ungefähr zehn Minuten, dann kehrte sie in Begleitung Alberts, auf dessen Arm sie sich stützte, bis auf die Freitreppe zurück. Bei dem Scheine des Mondes sah der Landgraf sie sich umarmen, und es schien ihm sogar, auf dem bestürzten Gestatte der Gattin Thränen zu bemerken, welche die Abreise ihres Geliebten sie vergießen ließ.

Von nun an gab es keinen Zweifel mehr für Ludwig, und er faßte sogleich den Entschluß, die strafbare Gattin und das Kind des Ehebruches von sich zu entfernen. Ein Gottfried übergebenes Schreiben befahl Emma, ihm zu folgen, und dem Anführer der Wachen wurde der Befehl gegeben, Otto mit Tagesanbruche zu verhaften und ihn in die Abtei Kirberg bei Köln zu führen, in welcher er die glänzende Zukunft des Ritters gegen die enge Zelle eines Mönches vertauschen sollte.

Dieser Befehl war ausgeführt worden, und Emma und Otto hatten seit einer Stunde das Schloß verlassen, die eine, um sich nach dem Kloster Nonnenwerth, und der andere, um sich nach der Abtei Kirberg zu begeben, als der Graf Karl erwachte, und, wie wir erzählt, seinen alten Freund vor seinem Bette fand, einer Eiche gleich, die der Sturm entlaubt und deren Zweige der Blitz zerschmettert hat.

Homburg hörte mit ernster und liebevoller Freundschaft den Bericht an, den ihm Ludwig von alle dem abstattete, was vorgefallen war. Dann, ohne daß er versuchte, weder den Vater noch den Gatten zu trösten, sagte er zu ihm: – Das was ich thun werde, wird wohlgethan sein, nicht wahr? – Ja, antwortete der Landgraf; aber was kannst Du thun? – Das geht mich an, erwiderte der Graf Karl. Und indem er seinen Freund umarmte, kleidete er sich an, umgürtete sich mit seinem Schwerte, verließ das Zimmer, ging in die Ställe hinab, sattelte selbst seinen getreuen Hans, und schlug wieder langsam und mit sehr verschiedenen Gedanken den schneckenförmigen Weg ein, den er am Abend zuvor so rasch und mit so süßen Hoffnungen zurückgelegt hatte.

Unten an dem Hügel angelangt, schlug der Graf Karl den Weg nach Rolandseck ein, dem er langsam und in ein tiefes Sinnen versunken folgte, indem er seinem Pferde gänzliche Freiheit ließ, langsam oder rasch zu traben; indessen an einem Hohlwege angelangt, in dessen Grunde sich eine Kapelle befand, in welcher ein Priester betete, blickte er um sich, und da er wahrscheinlich sah, daß der Ort so wäre, wie er ihn wünschen könnte, so hielt er an. In diesem Augenblicke stand der Priester, der ohne Zweifel sein Gebet beendigt hatte, auf, und schickte sich an, zu gehen. Aber Karl hielt ihn zurück, indem er ihn fragte, ob es keinen anderen Weg gäbe, um sich von dem Kloster nach dem Schlosse zu begeben, und auf seine verneinende Antwort bat er ihn, zu verweilen, da wahrscheinlich binnen Kurzem ein Mensch seines geistlichen Beistandes bedürfen würde. Der Priester sah an der ruhigen Stimme des festen Ritters, daß er die Wahrheit gesagt hätte, und ohne zu fragen, wer verurtheilt wäre, betete er für denjenigen, welcher sterben sollte.

Der Graf Kail war eines jener Urbilder des alten Ritterthums, welche im fünfzehnten Jahrhundert bereits zu verschwinden begannen, und die Froissard mit aller der Liebe schildert, welche der Alterthumsforscher für einen Ueberrest vergangener Zeiten hegt. Für ihn stellte Alles das Schwert her, und Alles hing von Gott ab, und nach seiner Ueberzeugung war der Mensch gewiß, nicht irre zu gehen, wenn er Alles seinem Richterspruche unterwarf. Nun aber hatte die Erzählung des Landgrafen ihm Zweifel über die Absichten Gottfrieds eingeflößt, welche die Ueberlegung fast in Gewißheit verwandelt hatte; außerdem hatte Niemand, ausgenommen dieser unheilbringende Rathgeber, jemals die Liebe und die Treue Emmas für ihren Gatten in Zweifel gezogen. Er war der Freund des Grafen von Ronsdorf gewesen, wie er der des Landgrafen von Godesberg war. Ihre beiderseitige Ehre machte einen Theil der seinigen aus, es war daher an ihm, zu versuchen, ihr diesen, durch einen Verleumder für einen Augenblick lang getrübten Glanz wiederzugeben; er hatte daher, ohne irgend Etwas davon zu sagen, den Entschluß gefaßt, ihn auf dem Wege zu erwarten, den er einschlagen müßte, und ihm dort seinen Verrath eingestehen oder ihm die Seele aushauchen zu lassen, und im Nothfalle sogar dieses doppelte Unternehmen auszuführen.

Nun schlug er das Visir seines Helmes herunter, ließ Hans in der Mitte des Weges halten, und Pferd und Reiter blieben eine Stunde lang regungslos wie eine Reiterstatue. Nach Verlauf dieser Zeit sah er an dem Ende des Hohlweges einen vollständig gewappneten Ritter erscheinen. Dieser hielt einen Augenblick lang an, den Weg besetzt sah; als er sich aber überzeugt, daß der, welcher ihn bewachte, allein wäre, so begnügte er sich, sich in seinen Steigbügeln festzusetzen, sich zu versichern, daß sein Schwert leicht aus der Scheide ging, und setzte seinen Weg fort. Als er einige Schritte weit von dem Grafen angelangt, sah, daß dieser nicht die Absicht zu haben schien, ihm Platz zu machen, so hielt er gleichfalls an.

–– Herr Ritter, sagte er zu ihm, seid Ihr der Herr der Gegend und habt Ihr die Absicht, jedem Reisenden, der vorüber kommt, den Weg zu versperren?

–– Nicht Allen, Herr, antwortete Karl, aber einem Einzigen, und dieser ist ein Niederträchtiger und ein Verräther, von dem ich Rechenschaft über seinen Verrath und seine Schändlichkeit zu fordern habe.

–– Da dann die Sache mich nicht angehen kann, fuhr Gottfried fort, so bitte ich Euch. Euer Pferd zur Rechten oder zur Linken treten zu lassen, damit auf der Mitte des Weges Raum für zwei Männer von demselben Range ist.

–– Ihr irrt Euch, Herr, antwortete der Graf Karl mit derselben Ruhe, und es geht im Gegentheil nur Euch an; ein edler und biederer Ritter wird niemals die Höhe des Weges mit einem elenden Verleumder theilen.

Nun warf sich der Priester zwischen die beiden Männer.

–– Brüder, sagte er zu ihnen, wollt Ihr Euch ermorden?

–– Ihr irrt Euch, ehrwürdiger Vater, antwortete der Graf, dieser Mann ist nicht mein Bruder, und ich halte gerade nicht darauf, daß er stirbt. Er möge gestehen, die Gräfin Emma von Godesberg verleumdet zu haben, und ich lasse ihm frei Buße zu thun, wo es ihm beliebt.

–– Als Beweis ihrer Unschuld, sagte Gottfried lachend, welcher den Ritter für Albert hielt, fehlt es ihr nur noch, so gut von ihrem Geliebten vertheidigt zu werden.

–– Ihr irrt Euch, antwortete der Ritter, indem er seinen mit Eisen verlarvten Kopf schüttelte, ich bin nicht der, für den Ihr mich haltet, ich bin der Graf Karl von Homburg. Ich habe daher gegen Euch nur den Haß, den ich gegen jeden Verräther, nur die Verachtung, die ich für jeden Verleumder habe. Gestehet, daß Ihr gelogen habt, und Ihr seid frei.

–– Das, antwortete Gottfried lachend, ist eine Angelegenheit, die nur Gott und mich angeht.

 

–– So möge sie Gott denn richten, rief der Graf Karl aus, indem er sich zum Kampfe vorbereitete.

–– Amen, murmelte Gottfried, indem er mit der einen Hand sein Visir herabschlug und mit der andern sein Schwert zog. Der Priester begann wieder zu beten.

Gottfried war tapfer, und er hatte in Palästina mehr als einen Beweis seines Muthes abgelegt; aber damals stritt er für Gott, statt gegen Gott zu streiten. Obgleich der Kampf lange dauerte und hitzig war, obgleich er als muthiger und gewandter Krieger kämpfte, so vermogte er doch nicht der Kraft zu widerstehen, welche dem Grafen Karl das Bewußtsein seines Rechtes verlieh. Er fiel von einem Schwertstoße durchbohrt, der durch den Panzer tief in die Brust gedrungen war vom Pferde. Das durch den Sturz seines Herrn erschreckte Pferd Gottfrieds schlug wieder den Weg ein, auf welchem es gekommen war, und war bald hinter dem Gipfel des Hohlweges verschwunden.

–– Mein Vater, sagte der Graf Karl ruhig zu dem vor Schrecken bebenden Priester, ich glaube, daß Ihr keine Zeit zu verlieren habt, um Eure fromme Sendung zu vollziehen. Hier ist die Beichte, welche ich Euch versprochen hatte; beeilt Euch, sie zu empfangen. Und indem er sein Schwert wieder in die Scheide steckte, nahm er seine statuenmäßige Regungslosigkeit wieder an.

Der Priester näherte sich dem Sterbenden, der sich auf ein Knie und auf eine Hand erhoben, aber nicht mehr zu thun vermogt hatte. Er nahm ihm seinen Helm ab; sein Gesicht war bleich und seine Lippen voll Blut. Karl glaubte einen Augenblick lang, daß er nicht würde sprechen können, aber er irrte sich. Gottfried setzte sich, und der neben ihm knieende Priester hörte die Beichte, welche er ihm mit leiser und unterbrochener Stimme ablegte. Bei den letzten Worten fühlte der Verwundete, daß sein Ende nahe wäre, und nachdem er sich mit Hilfe des Priesters auf die Kniee geworfen hatte, erhob er beide Hände gen Himmel, indem er zu drei wiederholten Malen sagte: »Herr, Herr, vergib mir!« aber bei dem dritten Mal, stieß er einen tiefen Seufzer aus und sank ohne Bewegung zurück. Er war todt.

–– Mein Vater, sagte der Graf Karl zu dem Priester, seid Ihr nicht bevollmächtigt, die Beichte zu offenbaren, welche Euch so eben abgelegt worden ist?

–– Ja, antwortete der Priester, aber nur einer einzigen Person, dem Landgrafen von Godesberg.

–– So besteigt denn mein Pferd, fuhr, der Ritter fort, indem er abstieg, und laßt uns zu ihm gehen.

–– Was thut Ihr, mein Bruder? antwortete der Priester, der gewöhnt war, auf eine weit bescheidene Weise zu reisen.

–– Steigt auf, steigt auf, mein Vater, sagte der Ritter, indem er darauf bestand; es soll nicht gesagt sein, daß ein armer Sünder, wie ich, reitet, wenn der Mann Gottes zu Fuße geht. Und bei diesen Worten half er ihm, sich auf den Sattel zu setzen, und, welchen Widerstand der demüthige Reiter auch leisten mochte, so führte der Graf das Pferd dennoch am Zügel bis auf das Schloß Godesberg. Dort angelangt, übergab er gegen seine Gewohnheit Hans den Händen der Knechte, führte den Priester vor den Landgrafen, den er in demselben Zimmer, an demselben Orte und in demselben Sessel wiederfand, obgleich sieben Stunden verflossen waren, seitdem er das Schloß verlassen hatte. Bei dem Geräusche, welches die Eintretenden machten, erhob der Landgraf seine bleiche Stirn und blickte sie mit erstaunter Miene an.

–– Sieh, Bruder, sagte Karl zu ihm, Hier ist ein würdiger Diener Gottes, der Dir eine Beichte auf dem Todtenbette zu offenbaren hat.

–– Wer ist denn gestorben? rief der Graf aus, indem er noch weit bleicher wurde.

–– Gottfried, antwortete der Ritter.

–– Und wer hat ihn getödtet? murmelte der Landgraf.

–– Ich, sagte Karl, und er entfernte sich ruhig, indem er die Thüre hinter sich verschloß und den Landgrafen mit dem Priester allein ließ.

Der Priester erzählte dem Landgrafen nun Folgendes:

»Gottfried hatte in Palästina einen deutschen Ritter aus der Umgegend von Köln gekannt, den man Ernst von Hüningen nannte; er war ein ernster und strenger Mann, der seit fünfzehn Jahren in den Maltheserorden getreten war und der wegen seiner Frömmigkeit, seiner Biederkeit und seines Muthes im Rufe stand.

Gottfried und Ernst kämpften neben einander bei St. Jean d'Acre, als Ernst tödtlich verwundet wurde. Gottfried sah ihn fallen, ließ ihn aus dem Handgemenge tragen, und kehrte gegen den Feind zurück.

Als die Schlacht beendigt, kehrte er unter sein Zelt zurück, um die Kleider zu wechseln; aber kaum war er dort angelangt, als man ihm meldete, daß Ritter Ernst von Hüningen in höchster Gefahr wäre, und ihn vor seinem Tode zu sprechen wünschte.

Er folgte seinem Verlangen, und fand den Verwundeten von einem hitzigen Fieber befallen, das den Rest seines Lebens in kurzer Zeit verzehren mußte. Da er seine Lage selbst fühlte, so erklärte er ihm daher auch mit wenigen Worten den Dienst, welchen er von ihm erwartete.

Im Alter von zwanzig Jahren hatte Ernst ein junges Mädchen geliebt, und war von ihr geliebt worden, aber ein nachgeborener Sohn, ohne Rang und ohne Vermögen, hatte er sie nicht erlangen können. Die verzweifelnden Liebenden vergaßen, daß sie niemals Gatten werden könnten, und ein Sohn wurde geboren, der weder den Namen des Einen noch der Andern führen konnte.

Einige Zeit nachher war das junge Mädchen durch ihre Eltern gezwungen worden, einen edlen und reichen Herrn zu heirathen. Ernst hatte sich entfernt; er hatte sich in Malta aufgehalten, um sein Gelübde abzulegen, und seit dieser Zeit kämpfte er in Palästina. Gott hatte seinen Muth belohnt. Nachdem er frommer Weise gelebt, starb er als Märtyrer. Ernst überreichte Gottfried ein Schreiben; es war ein Schenkungsakt alles dessen, was er besaß, für seinen Sohn Albert; ohngefähr sechzig Gulden. Da die Mutter seit sechs Jahren gestorben war, so hatte er geglaubt, ihm ihren Namen offenbaren zu können, damit dieser Name ihn in seinen Nachforschungen leite. Es war die Gräfin von Ronsdorf.

Gottfried war nach Deutschland zurückgekehrt in der Absicht, den letzten Willen seines Freundes zu erfüllen. Als er aber bei seinem Verwandten, dem Landgrafen ankam, und als er die Lage der Dinge erfuhr, sah er auf den ersten Blick allen den Nutzen, welchen er aus dem Geheimnisse ziehen könnte, das er besaß. Der Landgraf hatte nur einen Sohn, und wenn Otto und Emma entfernt, so war Gottfried der einzige Erbe des Grafen.«

Wir haben gesehen, wie er diesen Plan in dem Augenblicke seiner Vollendung erreichte, wo er in dem Hohlwege von Rolandseck dem Grafen Karl von Homburg begegnete.

–– Karl! Karl! rief der Landgraf aus, indem er wie ein Wahnsinniger auf den Vorplatz stürzte, wo ihn sein Waffenbruder erwartete. Karl! er war nicht ihr Geliebter, er war ihr Bruder!

Und sogleich ertheilte er den Befehl, Emma und Otto nach Godesberg zurückzuführen. Die beiden Boten sprengten davon, der eine, indem er den Rhein hinauf, der andere, indem er ihn hinabging.

Während der Nacht kehrte der erstere zurück. Seit langer Zeit unglücklich, am Tage zuvor beleidigt, verlangte Emma ihr Leben in dem Kloster zu beschließen, in welchem ihre Jugend verflossen war, und ließ antworten, daß sie im Nothfalle die Heiligkeit des Ortes in Anspruch nehmen würde.

Mit Anbruch des Tages kehrte der zweite Bote zurück; er war von den Knappen begleitet, welche Otto nach Kirberg führen sollten; aber Otto befand sich nickt unter ihnen. Als sie in der Nacht den Rhein hinabfuhren, hatte Otto, welcher wußte, in welcher Absicht man ihn fortführe, den Moment gewählt, wo die ganze Mannschaft mit der Leitung des Schiffes in einem reißenden Strome beschäftigt war, um sich in den Fluß zu stürzen und war verschwunden.

III

Indessen war das Unglück des Landgrafen noch nicht so groß, als er es glaubte. Otto halte sich in den Fluß gestürzt, nicht um den Tod, sondern um die Freiheit in ihm zu suchen. An seinen Ufern erzogen, war der alte Rhein ein Freund, gegen den er zu oft seine jungen Kräfte versucht hatte, um ihn zu fürchten. Er tauchte daher so tief, als er es vermogte, unter, schwamm so lange, als es ihm sein Athem gestattete, unter dem Wasser, und als er wieder auf der Oberfläche erschien, um zu athmen, war das Schiff so fern und die Nacht so finster, daß die ihn begleitenden Wachen glauben konnten, er wäre in dem Flusse begraben geblieben.

Otto beeilte sich, das Ufer zu erreichen. Die Nacht war kalt, seine Kleider trieften. Er bedurfte eines Feuers und eines Bettes. Er ging daher nach dem ersten Hause, dessen Fenster er in der Finsterniß leuchten sah, stellte sich als einen verirrten Wanderer vor, und da es unmöglich war, zu erkennen, ob er durch den Regen des Himmels oder durch das Wasser des Flusses durchnäßt war, so erregte er keinen Argwohn, und die Gastfreundschaft wurde ihm mit der ganzen deutschen Offenherzigkeit und ohne ihn auszufragen bewilligt.

Am folgenden Morgen brach er mit Tagesanbruch nach Köln auf. Es war ein heiliger Sonntag, und da er zur Stunde der Messe ankam, so sah er Jedermann nach der Kirche gehen. Er folgte der Menge, denn auch er hatte zu Gott zu beten . . . zuvörderst für seinen Vater wegen des Irrthumes und der Verlassenheit, in denen er ihn gelassen hatte . . . für seine in ein Kloster eingesperrte Mutter . . . endlich für sich, der frei, aber ohne Stütze und in dieser unermeßlichen Welt verloren war, die ihm bis jetzt als ganzen Horizont nur den des väterlichen Schlosses gezeigt hatte. Indessen verbarg er sich hinter einer Säule, um sein Gebet zu verrichten; so nahe bei Godesberg konnte er von einigen der Adeligen, welche zu dem Feste des vorigen Tages gekommen waren, oder von dem Erzbischoffe von Köln, Herrn Walerand von Jülich selbst erkannt werden, der einer der ältesten und treuesten Freunde seines Vaters war.

Als Otto sein Gebet verrichtet, blickte er um sich, und sah voll Erstaunen, daß sich unter der Zahl der Anwesenden eine so große Menge von Bogenschützen verschiedener Länder befand, daß sein erster Gedanke war, daß die Messe, welche man las, zu Ehren des heiligen Sebastian, des Patrons der Innung, gefeiert werde. Er erkundigte sich sogleich darüber bei dem, welcher sich am nächsten von ihm befand, und erfuhr nun, daß sie sich zu dem Schützenfeste begäben, welches alljährlich zu derselben Zeit der Fürst Adolph von Cleve gab, einer der reichsten und angesehensten Herren unter denen, deren Schlösser sich von Straßburg bis nach Niemwegen erhoben.

Otto verließ sogleich die Kirche, ließ sich den am besten versehenen Schneider der Stadt angeben, vertauschte seine Kleider von Sammet und Seide gegen ein Wamms von grünem Tuche mit einem ledernen Gürtel, kaufte einen Bogen von dem besten Ahornholze, den er finden konnte, wählte einen Köcher mit seinen zwölf Pfeilen versehen, und als er hierauf sich erkundigt, in welchem Wrthshause sich die Bogenschützen besonders versammelten und er erfahren hatte, daß es der goldene Reiher wäre, so begab er sich nach diesem Gasthofe, welcher auf der Heerstraße nach Uerdingen vor dem Adlerthore lag.

Er fand dort etwa dreißig Bogenschützen versammelt, welche tüchtig zechten. Er setzte sich unter sie, und obgleich er Allen unbekannt war, so nahmen ihn doch Alle wegen seiner Jugend und seines guten Aussehens freundlich auf. Außerdem war er einer guten Aufnahme entgegengekommen, indem er gleich anfangs sagte, daß er sich nach Cleve zu dem Schießfeste begäbe, und die Reise mit so wackern und so fröhlichen Gefährten zu machen wünschte. Der Vorschlag war daher einstimmig angenommen worden.

Da die Bogenschützen noch drei Tage vor sich hatten, und da der Sonntag ein heiliger, der Ruhe gewidmeter Tag ist, so begaben sie sich erst am folgenden Morgen auf den Weg, indem sie längs den Ufern des Flusses hingingen, und fröhlich über Jagd und Kriegsthaten plauderten. Im Gehen bemerkten die Bogenschützen, daß Otto keine Federn an seinem Barett hätte, was gegen den Gebrauch war, da jeder eine Feder trug, welche zu gleicher Zeit die Beute und das Siegeszeichen irgend eines Vogels war, der ein Opfer seiner Geschicklichkeit geworden, und sie neckten ihn über seinen neuen Bogen und seine neuen Pfeile. Otto gestand lächelnd, daß weder Bogen noch Pfeile bereits gedient hätten, daß er aber bei der ersten Gelegenheit trachten würde, sich durch sie den unerläßlichen Schmuck zu verschaffen, der seinem Hute mangelte. Dem zu Folge machte er seinen Bogen zurecht. Jedermann erwartete voll Neugierde eine Gelegenheit, um die Geschicklichkeit seines neuen Gefährten zu beurtheilen.

Die Gelegenheiten mangelten nicht; ein Rabe krächzte auf dem letzten dürren Zweige einer Eiche, und die Bogenschützen zeigten Otto lachend diese» Ziel, aber der junge Mann antwortete, daß der Rabe ein unreines Thier sei, dessen Federn unwürdig wären, den Hut eines freien Schützen zu schmücken. Die Sache war wahr, die fröhlichen Wanderer begnügten sich daher auch mit dieser Antwort.

 

Ein wenig weiterhin erblickten sie einen Sperber regungslos auf der Spitze eines Felsens, und es wurde dem jungen Manne derselbe Antrag gestellt. Aber dieses Mal antwortete er, daß der Sperber ein adeliger Vogel wäre, über den Leute von Adel allein das Recht hätten, zu verfügen, und daß er, der Sohn eines Landmannes, sich nicht erlauben würde, einen solchen Vogel auf dem Gebiete eines so mächtigen Herrn, als es der Graf von Worringen wäre, über dessen Herrschaft man in diesem Augenblicke kam, zu tödten. Obgleich etwas Wahres in dieser Antwort lag, und vielleicht nicht einer der Bogenschützen sich die Handlung zu erlauben gewagt hätte, die er Otto rieth, so nahmen doch alle diese Antwort mit einem mehr oder minder spöttischen Lächeln auf, denn sie begannen den Gedanken zu fassen, daß ihr junger Gefährte seiner Geschicklichkeit wenig sicher, den Augenblick zu verzögern suchte, um davon einen so entscheidenden Beweis abzulegen, als man von ihm verlangte.

Otto hatte das Lächeln der Bogenschützen gesehen und er verstanden; aber er hatte sich gestellt, als ob er darauf durchaus nicht achtete, und setzte seinen Weg lachend und plaudernd fort, als sich plötzlich ungefähr fünfzig Schritte weit von dem lärmenden Haufen ein Reiher von den Ufern des Flusses erhob. Nun wandte sich Otto nach dem Bogenschützen um, der sich ihm am nächsten befand, und den man ihm als einen der geschicktesten Schützen bezeichnet hatte.

–– Bruder, sagte er zu ihm, ich mogte gar gern eine Feder von diesem Vogel für meinen Hut haben; Ihr, der Ihr der geschickteste unter uns allen seid, erzeigt mir doch den Gefallen, ihn zu schießen.

–– Im Fluge! antwortete der Bogenschuß erstaunt.

–– Ohne Zweifel, im Fluge, fuhr Otto fort; seht, wie schwerfällig er sich erhebt, kaum hat er zehn Schritte zurückgelegt, seitdem er den Boden verlassen, und ist nur auf halbe Bogenschußweite.

–– Schieß, Robert, schieß! riefen alle Bogenschützen aus.

Robert machte ein Zeichen mit dem Kopfe, welches Andeutete, daß er der allgemeinen Aufforderung eher aus Gehorsam für die Befehle der ehrbaren Gesellschaft folge, als in der Hoffnung, daß es ihm gelingen würde. Nichts desto weniger zielte er mit aller der Aufmerksamkeit, deren er fähig war, und der von einem kräftigen Arme und einem geübten Auge geschleuderte Pfeil flog von allen Blicken gefolgt davon und kam so dicht an dem Vogel vorüber, daß er darüber einen Schreckensschrei ausstieß, auf den der Jubel aller Bogenschützen antwortete.

–– Gut geschossen! sagte Otto, jetzt an Euch, Hermann, fügte er hinzu, indem er sich an den Bogenschützen wandte, der sich zu seiner Linken befand.

Sei es nun, daß der, an den er sich wandte, diese Aufforderung erwartet hatte, oder sei es. daß er durch das Beispiel fortgerissen worden war, er war in dem Augenblicke bereit, wo Otto das Wort an ihn richtete, und kaum hatte er ausgesprochen, als ein anderer, ebenso geschickter und eben so rascher Pfeil als der erste, den Flüchtling verfolgte, der einen neuen Schrei bei dem Pfeifen ausstieß, welches dieser nur um einige Zoll weit an ihm vorüberziehende zweite Todesbote hören ließ. Die Bogenschützen klatschten von Neuem.

–– Jetzt ist an mir die Reihe, sagte Otto.

Alle Blicke wandten sich nach seiner Seite, denn ohne außer Schußweite zu sein, begann der Reiher doch eine ziemlich beträchtliche Entfernung zu erreichen, und da er an Luft das hatte, was er für seine weiten Flügel bedurfte, so flog er mit einer Schnelligkeit davon, welche ihn bald außer aller Gefahr setzen mußte. Otto hatte ohne Zweifel alles das gleichfalls berechnet, denn erst, nachdem er die Entfernung genau mit den Augen ermessen, erhob er mit langsamer Aufmerksamkeit seinen Pfeil zu der Höhe des Thieres; dann, als er ihn in die Linie des Auges gebracht, zog er die Sehne nach der Weise der englischen Bogenschützen fast bis hinter seinen Kopf zurück, indem er sich seinen Bogen wie eine Weidenruthe biegen ließ. Einen Augenblick lang blieb er regungslos wie eine Statue, dann hörte man plötzlich ein leises Zischen, denn der Pfeil war so rasch davon geflogen, daß ihn Niemand gesehen hatte. Aller Augen richteten sich auf den Vogel, der anhielt, als ob ihn ein unsichtbarer Blitz getroffen hätte, und der durch und durch gebohrt von einer solchen Höhe herabfiel, daß man nicht einmal geglaubt hätte, daß der Pfeil ihm dorthin hätte folgen können.

Die Bogenschützen waren auf das Höchste erstaunt; eine solche Probe von Geschicklichkeit war für sie selbst kaum glaublich; was Otto anbelangt, der stehen geblieben war, um die Wirkung des Schusses zu beurtheilen, so hatte er kaum das Thier fallen sehen, als er sich wieder auf den Weg begab, ohne daß er das Erstaunen seiner Gefährten zu bemerken schien. Bei dem Reiher angelangt, riß er von seinem Halse jene feinen und schönen Federn welche einen natürlichen Busch bilden, und steckte sie an seinen Hut. Was die Bogenschützen anbelangt, so hatten sie die Entfernung gemessen; der Vogel war drei Hundert und zwanzig Schritte weit gefallen.

Dieses Mal ward die Bewunderung nicht in Beifallsbezeugungen ausgesprochen; erstaunt über einen solchen Beweis von Geschicklichkeit, hatten die Bogenschützen sich unter einander angeblickt; hierauf hatten sie, wie wir bemerkt, die Schritte gezählt, und als Otto damit fertig war, seinen Hut mit dem so wunderbar erlangten Federstrauße zu schmücken, hatten ihm Robert und Hermann, die beiden Bogenschützen, welche vor ihm geschossen, die Hand gereicht, aber mit einem Gefühle von Ehrerbietung, welches andeutete, daß sie ihn nicht allein für einen Kameraden, sondern auch für ihren Meister anerkannten.

Die wandernde Truppe, welche sich in Worringen nur aufgehalten hatte, um zu frühstücken, kam um vier Uhr Abends nach Neuß. Man aß in aller Eile zu Mittag, denn drei Meilen weit von Neuß befand sich die Felsenkirche, an der die frommen Bogenschützen nicht vorübergehen konnten, ohne nach ihr eine Wallfahrt zu machen. Otto, welcher das Leben und die Gebräuche seiner neuen Gefährten angenommen hatte, folgte ihnen bei diesem Abstecher, und sie gelangten gegen Abend an den heiligen Felsen; es war ein ungeheurer Stein, der das Ansehen einer Kirche hatte.

Das kam daher, weil dieser Stein vor Zeiten wirklich die erste, an den Ufern des Rheines von einem Häuptlinge der Deutschen erbaute christliche Kirche war, der im Geruche der Heiligkeit starb, indem er sieben schöne und tugendhafte Töchter hinterließ, die an seinem Grabe beten konnten. Das war zur Zeit der großen Wanderungen der Barbaren. Unbekannte, von unsichtbarer Hand getriebene Völker kamen von den Höhen Asiens herab, und veränderten das Ansehen der europäischen Welt. Eine Hirschkuh hatte Attila durch die Palus Meotides geführt, und er zog nach Deutschland herab, indem ihm der Schrecken vorausging, den sein Name einflößte. Erschreckt über das Geräusch der Schritte dieser wilden Nationen zögerte der Rhein, seinen Lauf nach dem Sande zu verfolgen, in welchem er sich verliert, und schauderte in seiner ganzen Länge wie eine unermeßliche Schlange. Bald darauf erschienen die Hunnen an dem rechten Ufer, und am selben Tage sah man eine Feuersbrunst sich an dem ganzen Horizonte, das heißt von Colonia Agrippa bis nach Vliso1 entzünden. Die Gefahr war dringend; von solchen Feinden war kein Erbarmen zu erwarten, und am folgenden Morgen, wo sie dieselben die Flöße in das Wasser lassen sahen, die sie während der Nacht aus den Bäumen eines Waldes erbaut hatten, der verschwunden war, zogen sich die jungen Mädchen in die Kirche zurück und knieeten um das Grab ihres Vaters, indem sie ihn bei der heiligen Liebe, die er während seines Lebens für sie gehabt, anflehten, sie auch noch nach seinem Tode zu beschützen. Der Tag und die Nacht verflossen in Gebeten, und sie hofften bereits gerettet zu sein, als sie mit Anbruch des Tages die Barbaren herannahen hörten. Sie begannen mit den Knöpfen ihrer Schwerter an die eichene Thür zu klopfen; als sie aber sahen, daß sie widerstand, so kehrten die Einen nach dem Flecken zurück, um dort Leitern zum Ersteigen der Fenster zu holen, die Andern gingen, eine Tanne abzuhauen, die sie ihrer Zweige entledigten, und aus der sie sich einen Mauerbrecher machten. Dann, als sie sich die zu ihrem ruchlosen Vorhaben nothwendigen Werkzeuge verschafft hatten, gingen sie mit ihnen nach der Kirche, welche den sieben Schwestern zur Zufluchtsstätte diente; als sie aber bei ihr anlangten, gab es weder Thüren noch Fenster mehr. Die Kirche war wohl noch da, aber sie war ein Felsen geworden, und hatte sich ganz in Stein verwandelt; nur hörte man aus dieser Granitmasse einen leisen, traurigen und lieblichen Gesang gleich dem Gesange der Todten erschallen. Das waren die Dankgesänge der sieben Jungfrauen, welche dem Herrn dankten./P>

1Von Köln bis Wesel.
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