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La San Felice Band 8

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Zwölftes Capitel.
Ein kleiner Sturm

Der Leser hat hoffentlich nicht vergessen, daß Nelson, nachdem er vom 21. zum 23. Februar durch widrige Winde in dem Hafen von Neapel zurückgehalten worden, endlich, eine starke Brise von Nordwesten benutzend, gegen drei Uhr Nachmittags unter Segel gegangen und daß die englische Flotte denselben Abend auf der Höhe der Insel Capri in der Dämmerung verschwunden war.

Stolz auf den Vorzug, dessen Gegenstand er von Seiten der Königin war, hatte er Alles gethan, um diese Gunst anzuerkennen, und schon seit drei Tagen waren, als die erhabenen Flüchtlinge ihn um eine Gastfreundschaft baten, an Bord des »Vanguard« alle Vorkehrungen getroffen, damit diese Gastfreundschaft eine so umfassende und zufriedenstellende als möglich sei.

Demgemäß hatte er, indem er sein Zimmer in der Campanje für sich behielt, das große Officierszimmer hinter der oberen Batterie für den König, die Königin und die jungen Prinzen in Bereitschaft setzen lassen. Die Kanonen waren hinter Draperien verschwunden und jeder Zwischenraum ein mit der größten Eleganz ausgeschmücktes Gemach geworden.

Die Minister und die Höflinge, welchen der König die Ehre erzeigte, sie mit nach Palermo zunehmen, waren ihrerseits in dem sogenannten Officiersaal einquartiert, das heißt in dem Theile des Zwischendecks, um welchen herum sich die Cajüten befinden.

Caracciolo hatte noch mehr gethan. Er hatte dem Kronprinzen und der Prinzessin Clementine ein eigenes Zimmer und ihrem Gefolge den Officiersaal abgetreten.

Das Umspringen des Windes, mit dessen Hilfe Nelson hatte den Anker lichten können, war, wie wir bereits erwähnt, zwischen drei und vier Uhr Nachmittags erfolgt. Der Wind wehte jetzt anstatt aus Süden aus Westnordwest.

Kaum hatte Nelson diese Veränderung bemerkt, so hatte er Henry, seinem Flaggencapitän, den er mehr als einen Freund denn als einen Untergebenen betrachtete, Befehl gegeben, die Anker lichten zu lassen.

»Müssen wir uns weit auf der Höhe von Capri halten?« sagte der Capitän.

»Bei diesem Winde ist es nicht nöthig,« antwortete Nelson. »Wir werden geradeaus steuern.«

Henry studierte einen Augenblick lang den Wind und schüttelte dann den Kopf.

»Ich glaube nicht, daß dieser Wind aushält,« sagte er.

»Gleichviel; benutzen wir ihn so lange wir ihn haben,« entgegnete Nelson. »Obschon ich bereit bin, für den König und die königliche Familie zu sterben und meine Leute vom ersten bis zum letzten Mann tödten zu lassen, so werde ich doch die Majestäten nicht eher als in Sicherheit gebracht betrachten, als bis sie in Palermo sein werden.«

»Welche Signale sollen den andern Schiffen gegeben werden?«

»Sie sollen die Anker lichten wie wir, sich in unserm Fahrwasser halten, nach Palermo steuern, übrigens aber unabhängig manövrieren.«

Die Signale wurden gegeben und man hat gesehen, daß das Geschwader in See stach.

Auf der Höhe von Capri aber legte sich der Wind mit Einbruch der Nacht und es ergab sich, daß der Capitän Henry Recht gehabt hatte.

Diese augenblickliche Windstille verschaffte den seit drei Tagen von der Seekrankheit gemarterten vornehmen Flüchtlingen Gelegenheit, etwas Nahrung zu sich zu nehmen und ein wenig auszuruhen.

Wir brauchen nicht erst zu sagen, daß Emma Lyonna nicht ihrem Gemahl in den Officiersaal gefolgt, sondern bei der Königin geblieben war.

Sofort nach beendetem Souper ging Nelson, welcher demselben beigewohnt, wieder auf das Deck hinauf. Ein Theil der Prophezeiung Henrys war schon in Erfüllung gegangen, denn der Wind hatte sich gelegt, und er fürchtete für den übrigen Theil der Nacht, wenn auch nicht einen Sturm, doch wenigstens einen Windstoß.

Der König hatte sich auf sein Bett geworfen, konnte aber nicht schlafen. Ferdinand war ebenso wenig Seemann als Krieger. Alle jene erhabenen Schauspiele und großartigen Bewegungen des Meeres, welche den Traum poetischer Geister ausmachen, gingen für ihn gänzlich verloren.

Er kannte von dem Meere weiter nichts als die Krankheit, welche es verursacht, und die Gefahren, mit welchen es droht.

Gegen Mitternacht, als er sah, daß, obschon sonst der Schlaf ihm niemals fehlte, er sich hier vergebens hin- und herwälzte, stand er auf und stieg, von seinem treuen Jupiter gefolgt, welcher die Krankheit seines Herrn getheilt und noch theilte, eine der beiden Treppen der Companje hinauf.

In dem Augenblick, wo sein Kopf aus der Luke auftauchte, sah er drei Schritte vor sich Nelson und Henry, welche den Horizont mit Unruhe zu betrachten schienen.

»Du hattest Recht, Henry,« sagte Nelson. »Die alte Erfahrung hatte Dich nicht getäuscht. Ich bin ein Soldat des Meeres, Du dagegen bist ein Mann des Meeres. Der Wind hat nicht blos nicht ausgehalten, sondern wir werden auch einen kleinen Sturm bekommen.«

»Wozu noch kommt, Mylord,« antwortete Henry, »daß wir hier in einer sehr schlechten Lage sind, ihn auszuhalten. Wir hätten denselben Curs einhalten sollen wie die »Minerva«.

Nelson konnte sich nicht enthalten, seinen Verdruß durch eine Geberde zu verrathen.

»Ich liebe den stolzen, hochmüthigen Caracciolo, welcher die »Minerva« commandiert, ebensowenig, als Sie ihn lieben, Mylord; Sie werden aber zugeben, daß er auch das Compliment verdient, welches Sie die Güte hatten mir soeben zu machen. Er ist ein echter Seemann, und der Beweis davon ist, daß er, indem er zwischen Capri und das Cap Campanella hineingesteuert ist, Capri auf der Windseite und den ganzen Golf von Salerno unter dem Winde hat, so daß er der Heftigkeit des wahrscheinlich losbrechenden Sturmes weit weniger ausgesetzt sein wird als wir.«

Nelson wendete sich mit Ungeduld nach der schwarzen Masse, welche sich vor ihm emporthürmte, und gegen welche von Südosten her sich keinerlei Schutz darbot.

»Nicht übel!« sagte er. »Wir sind noch eine Meile von Capri entfernt.«

»Ich wollte wir wären deren zehn noch entfernt,« sagte Henry zwischen den Zähnen hindurch, aber doch nicht so leise, daß Nelson es nicht gehört hätte.

Plötzlich kam ein Windstoß aus Westen, der Vorläufer des Sturmes, von welchem Henry sprach.

»Laß die Stagsegel reffen und den Wind anholen,« sagte Nelson.

»Sie fürchten doch nichts für die Masten, Mylord?« fragte Henry.

»Ich fürchte die Küste, weiter nichts,« antwortete Nelson.

Henry wiederholte mit jener vollen, sonoren Stimme des Seemanns, welcher den Winden und den Wellen gebietet, das Commando, welches zugleich den Matrosen des Quarterdecks und dem Manne am Steuerruder galt.

Der König hatte das Gespräch und das Commando gehört, ohne etwas davon zu verstehen. Dennoch aber hatte er errathen, daß man von einer Gefahr bedroht ward, und daß diese Gefahr von Westen kam.

Er stieg deshalb vollends auf die Campanje hinauf und obschon Nelson eben so wenig die italienische als König Ferdinand die englische Sprache verstand, so fragte er doch:

»Ist vielleicht Gefahr vorhanden, Mylord?«

Nelson verneigte sich, wendete sich zu Henry und sagte:

»Ich glaube, Se. Majestät erzeigt mir die Ehre, mich zu befragen. Antworten Sie, Henry, wenn Sie verstanden haben, was der König gefragt hat.«

»Gefahr, Sire,« antwortete Henry, »ist auf einem von Mylord Nelson commandierten Schiffe niemals vorhanden, denn seine Voraussicht kommt allen Gefahren zuvor. Ich glaube blos, daß wir einen kleinen Sturm haben werden.«

»Dennoch aber finde ich die Witterung ziemlich schön,« sagte der König, indem er über seinem Kopf den Mond betrachtete, der an dem bewölkten, hie und da sichtbaren dunkelblauen Himmel hinglitt.

»Ueber uns dürfen wir nicht blicken, Sire,« bemerkte Henry. »Dort unten am Horizont vor uns – sieht Euer Majestät dort jene schwarze Linie, welche langsam am Himmel aufwärts steigt und von dem eben so schwarzen Meer nur durch einen Lichtstreifen getrennt ist, der ein Silberfaden zu sein scheint? Binnen zehn Minuten wird der Sturm über uns losbrechen.«

Ein zweiter mit Feuchtigkeit beladener Windstoß brauste einher und unter einem Druck legte der »Vanguard sich auf die Seite und ächzte.

»Das große Segel gerefft!« rief Nelson, indem er Henry die Conversation mit dem König fortsetzen ließ, und seine Befehle ohne Vermittlung direkt erheilte.

»Das große Focksegel gerefft!« Dieses Manöver ward mit einer Schnelligkeit ausgeführt, welche verrieth, daß die Mannschaft die Bedeutung desselben verstand, und das einesteils einer Leinwand entledigte Schiff steuerte unter Klüver-, Mars- und kleinem Focksegel weiter.

Nelson näherte sich Henry und sagte ihm einige Worte auf englisch.

»Sire,« hob Henry zum König gewendet wieder an, »Mylord ersucht mich, Euer Majestät bemerklich zu machen, daß in einigen Minuten der Sturm über uns losbrechen und daß, wenn Sie auf dem Deckbleiben, der Regen vor Ihnen nicht mehr Respekt haben wird als vor dem letzten unserer Seecadeten.«

»Kann ich die Königin beruhigen und ihr sagen, daß es keine Gefahr hat?« fragte der König, dem es nicht unlieb war, beiläufig selbst beruhigt zu werden.

»Ja, Sire,« antwortete Henry, »mit der Hilfe Gottes stehen Mylord und ich für Alles.«

Der König ging hinab, wieder gefolgt von Jupiter, welcher entweder in Folge der Seekrankheit oder in Folge einer banger Ahnung, wie die Thiere zuweilen bei Annäherung einer Gefahr haben, ächzend hinter seinem Herrn herschlich.

Ganz wie Henry vorhergesagt, waren kaum einige Minuten vergangen, so brach der Sturm über den »Vanguard« los und erklärte, von furchtbarem Donner und sündflutartigem Regen begleitet, der ganzen Flotte den Krieg.

Ferdinand war ein förmlicher Spielball des Unglücks. Nachdem er durch das Land verrathen worden, verrieth ihn auch das Meer.

Trotz der Versicherung, welche der König seiner Gemahlin, als er zu ihr hinunterkam, gegeben, begriff sie doch gleich bei den ersten Stößen, welche das Schiff empfing, und bei dem ersten Aechzen, welches es hören ließ, daß der »Vanguard« mit dem Orkan handgemein geworden. Da sie sich unmittelbar unter dem Verdeck befand, so hörte sie ganz deutlich jenes hastige, unregelmäßige Stampfen der Matrosen, welches die Gefahr durch die Bemühungen verkündet, welche man unternimmt, um sie zu bekämpfen.

 

Sie saß auf ihrem Bett mit ihrer ganzen Familie um sich herum, während Emma wie gewöhnlich sich zu ihren Füßen gelagert hatte.

Lady Hamilton, die von der Seekrankheit verschont geblieben, hatte sich gänzlich den Dienstleistungen gewidmet, deren die Königin, die Prinzessinnen und die beiden jungen Prinzen Albert und Leopold bedurften. Sie erhob sich von den Füßen der Königin nur, um dem einen eine Tasse Thee, dem andern ein Glas Zuckerwasser zu reichen, um ihre königliche Freundin auf die Stirn zu küssen und ihr einige jener Worte zu sagen, welche durch Betheuerung unverbrüchlicher Anhänglichkeit den gebrochenen Muth wieder aufrichten.

Nach Verlauf von einer halben Stunde kam Nelson ebenfalls in die Cajüte herunter.

Der Sturm war vorüber. Ein Sturm aber, der zuweilen ein bald vorübergehender Uebelstand und blos bestimmt ist, den Himmel zu säubern, ist zuweilen auch nur der Vorläufer eines noch furchtbareren Ungewitters. Nelson konnte daher der Königin auch nicht sagen, daß Alles vorüber sei, und ihr ebensowenig eine vollkommen ruhige Nacht versprechen.

Ihrer Einladung folgend setzte er sich und trank eine Taffe Thee. Die Kinder der Königin, mit Ausnahme des kleinen Prinzen Albert, waren eingeschlafen, und die Ermüdung und Sorglosigkeit hatten die Furcht besiegt, welche ebenso wie die Seekrankheit ihre Aeltern wach hielt.

Nelson befand sich seit ungefähr einer Viertelstunde in dem großen Gemach und schien schon seit fünf Minuten die Bewegungen des Schiffes genau zu beobachten, als leise an die Thür gepocht ward, und nachdem auf den Befehl der Königin die Thür geöffnet worden, ein junger Officier auf der Schwelle erschien.

Es war augenscheinlich, daß er zu Nelson wollte.

»Ah, Sie sind es, Mr. Parkenson,« sagte der Admiral; »was gibt es?«

»Mylord,« antwortete der junge Mann, »der Capitän Henry schickt mich, um Ihnen zu melden, daß seit fünf Minuten der Wind nach Süden umgesprungen ist und daß wir, wenn wir denselben Curs beibehalten, fürchten müssen, auf den Strand von Capri geworfen zu werden.«

»Nun gut, sagte Nelson, »dann ändert den Curs.«

»Mylord, das Meer geht hoch, das Schiff arbeitet sich nur mit Mühe vorwärts und hat seine ganze Schnelligkeit verloren.«

»Aha!« sagte Nelson; »Ihr glaubt, der Curs werde sich gar nicht ändern lassen.«

»Das Schiff rollt, entgegnete Mr. Parkenson.

Nelson erhob sich, grüßte lächelnd den König und die Königin und folgte dem Lieutenant.

Der König verstand, wie wir bereits bemerkt haben, nicht englisch; die Königin verstand es allerdings, da ihr aber die Seeausdrücke nicht geläufig waren, so verstand sie blos, daß eine neue Gefahr im Begriff stand aufzutauchen. Sie warf deshalb Emma einen fragenden Blick zu.

»Wie es scheint,« antwortete Emma, »gilt es ein schwieriges Manöver auszuführen und man wagt nicht es in Abwesenheit des Admirals vorzunehmen.«

Die Königin runzelte die Stirn und seufzte. Emma erhob sich und ging, über den beweglichen Fußboden hinwegtaumelnd, nach der Thür, um zu horchen.

Nelson, welcher die Gefahr begriff, war rasch wieder auf die Campanje hinaufgestiegen.

Der Wind war, wie der Lieutenant Parkenson gesagt, nach Süden umgesprungen. Es wehte jetzt ein förmlicher Sirocco und das Schiff war in der vollen Gewalt desselben.

Der Admiral warf einen raschen, unruhigen Blick um sich herum.

Der Himmel war, obschon noch umwölkt, doch stellenweise hell. Rechts sah man Capri und hatte sich dieser Insel schon so weit genähert, daß man bei dem matten, durch das Gewölk hindurchfallenden Mondlicht die weißen Punkte unterscheiden konnte, welche die Häuser bezeichnen.

Ganz besonders aber sah man eine breite weiße Schaumfranse, welche sich der ganzen Insel entlang streckte und verrieth, mit welcher Wuth die Wogen sich dort brachen.

Kaum hatte Nelson einen Blick um sich geworfen, so entwarf er sich auch sofort ein richtiges Bild von der Situation.

Der Südwind hatte sich in den Segeln gefangen und die Masten begannen zu knarren und zu knacken.

Mit seiner der Mannschaft so wohlbekannten Stimme rief der Admiral:

»Fertigmachen zum Wenden!«

Dieses Manöver war ein sehr gewagtes und es konnte dabei leicht geschehen, daß das Schiff auf die Seite geworfen ward.

Kaum hatte die Mannschaft begonnen den Befehl des Admirals auszuführen, als es war, als hätten der Wind und das Meer das Commando verstanden und sich vorgenommen, ihm gemeinschaftlich Widerstand zu leisten, Das Marsegel blähte sich, als ob es bersten müßte, der Mast bog sich wie ein dünnes Rohr und ließ ein furchtbares Knarren hören. Wenn er brach, so war das Schiff verloren.

In diesem Augenblick der Angst fühlte Nelson, wie er leicht am linken Arm berührt ward.

Es war Emma, die neben ihm stand. Er drückte seine Lippen mit fieberhafter Energie auf ihre Stirn, stampfte mit dem Fuße, als ob das Schiff es hören könnte, und murmelte:

»So wende doch! Wende doch!«

Das Schiff gehorchte. Es wendete und nach einigen Minuten des Zweifels steuerte es in westnordwestlicher Richtung.

»Gut,« murmelte Nelson aufathmend. »Nun haben wir hundertundfünfzig Meilen Wasser vor uns, ehe wir auf die Küste stoßen.«

»Meine werthe Lady Hamilton,« sagte eine Stimme, »haben Sie die Güte, mir das, was Mylord soeben gesagt hat, ins Italienische zu übersetzen.«

Die Stimme war die des Königs, welcher, als er Emma sich hatte entfernen sehen, ihr gefolgt und hinter ihr auf die Campanje gestiegen war.

Emma erklärte dem König die Worte des Admirals.

»Aber,« sagte der König, der von der Schifffahrtskunde keinen Begriff hatte, »wie mir scheint, steuern wir nicht nach Sicilien, sondern im Gegentheile nach Corsica.«

Emma übermittelte die Bemerkung des Königs dem Admiral.

»Sire,« antwortete Nelson mit einem gewissen Grade von Ungeduld, »wir machen einen Umweg, um lavieren zu können, und wenn Euer Majestät mir die Ehre erzeigen will, auf der Campanje zu bleiben, so werden Sie in zwanzig Minuten sehen, wie wir abermals wenden und die versäumte Zeit wieder einbringen.«

»Sie wollen wenden? Ja, jetzt versteh' ich,« sagte der König. »Sie wollen das, was Sie vorhin ausführten, noch einmal vornehmen lassen, aber ist es Ihnen nicht möglich, etwas weniger oft zu wenden? Vorhin war es mir, als wenn Sie mir die Seele ausrissen.«

»Sire,« antwortete Nelson, »befänden wir uns im atlantischen Meere und steuerte ich unter einem ähnlichen Winde von den Azoren nach Rio de Janeiro, so würde ich, um Euer Majestät ein Unwohlsein zu ersparen, welchem ich selbst unterworfen bin und welches ich folglich sehr wohl kenne, Wendungen von sechzig bis achtzig Meilen machen. Leider aber befinden wir uns im mittelländischen Meere, wir steuern von Neapel nach Palermo und müssen daher Wendungen von höchstens drei bis vier Meilen machen. Uebrigens,« fuhr der Admiral fort, indem er einen Blick auf Capri warf, wovon man sich jetzt immer weiter entfernte, »übrigens können Euer Majestät ruhig in Ihr Gemach zurückkehren und die Königin beruhigen. Ich stehe für Alles.«

Der König athmete nun einerseits auf, obschon er Nelson's Worte nicht direct verstanden hatte. Nelson hatte dieselben aber mit solcher Ueberzeugung ausgesprochen, daß diese sich Emma's Herzen und von diesem auch dem des Königs mitgetheilt hatte.

Ferdinand ging demgemäß wieder hinunter, verkündete, daß alle Gefahr vorüber sei und daß Emma ihm folge, um der Königin dieselbe Versicherung zu geben.

Emma folgte dem Könige in der That. Da sie aber, von der geraden Linie abweichend, den Weg durch Nelson's Cajüte nahm, so begann die Königin erst nach einer halben Stunde, vollständig beruhigt, den Kopf auf die Schulter ihrer Freundin lehnend, sich dem Schlafe zu überlassen.

Der Sturm, welcher Nelson beinahe an die Küste von Capri geworfen, hatte auch Caracciolo getroffen, obschon auf weniger empfindliche Weise. Erstens ward seine Gewalt theilweise durch die hohen Gebirge der Insel gebrochen und ferner hatte der neapolitanische Admiral, da er mit einem leichteren Schiffe manövrierte, eher damit zu Stande kommen können, als Nelson mit dem schwerfälligen »Vanguard«, der noch die Spuren der Kugeln von Abukir trug.

Als demgemäß Nelson, nachdem er zwei oder drei Stunden Ruhe genossen, bei Tagesanbruch wieder auf die Campanje seines Schiffes stieg, sah er, nachdem es ihm mit großer Mühe gelungen war, Capri zu umsegeln, daß Caracciolo und sein Schiff sich auf der Höhe des Cap Licosa, das heißt um fünfzehn bis zwanzig Meilen voraus befanden.

Dies war aber noch nicht Alles.

Während Nelson nur mit den drei kleinen Marsegeln, dem Klüver- und dem kleinen Focksegel steuerte, hatte Caracciolo seine sämmtlichen Segel beibehalten und kam mit jeder Wendung besser in den Wind.

Zum Unglücke bestieg in diesem Augenblicke der König seinerseits die Campanje und sah Nelson, welcher, mit dem Fernrohre in der Hand, den Lauf der »Minerva« mit eifersüchtigem Blick verfolgte.

»Wohlan,« fragte der König den Lieutenant Henry, »wo sind wir jetzt?«

»Sie sehen es, Sire,« antwortete Henry. »Wir haben so eben Capri umsegelt.«

»Wie,« sagte der König, »dieser Felsen ist immer noch Capri?«

»Ja, Sire.«

»Dann haben wir also seit gestern drei Uhr Nachmittags nur sechs- bis achtundzwanzig Meilen zurückgelegt?«

»Ja, ungefähr.«

»Was sagt der König?« fragte Nelson.

»Er wundert sich, daß wir keine größere Strecke zurückgelegt haben, Mylord.«

Nelson zuckte die Achseln.

Der König errieth die Frage des Admirals und die Antwort des Capitäns, und da Nelsons Geberde ihm ein wenig respectwidrig erschien, so beschloß er, sich dafür zu rächen und den Stolz des Admirals zu demüthigen.

»Wonach,« fragte er, »schaute denn Mylord, als ich auf die Campanje heraufkam?«

»Nach einem Schiffe, welches uns im Winde steuert.«

»Vor uns, wollen Sie sagen, Capitän.«

»Es ist das Eine und das Andere der Fall.«

»Und was ist es für ein Schiff? Zu unserer Flotte gehört es wohl nicht?«

»Warum sollte es nicht dazugehören, Sire?«

»Weil, da der »Vanguard« das beste Schiff und Mylord Nelson der beste Seemann der Flotte ist, kein anderes Schiff und kein anderer Capitän uns überholen kann.«

»Was sagt der König?« fragte Nelson.

Henry übersetzte dem englischen Admiral Ferdinands Antwort.

Nelson biß sich auf die Lippen.

»Der König hat Recht,« sagte er. »Niemand sollte das Admiralschiff überholen, besonders wenn es die Ehre genießt, die Majestäten an Bord zu haben. Demgemäß soll auch der, welcher sich dieser Unangemessenheit schuldig gemacht, dafür gestraft werden, und Sie, Capitän Henry, werden dem Fürsten Caracciolo augenblicklich signalisieren, daß er nicht mehr den Wind gewinnen, sondern uns erwarten soll.«

An Nelsons Miene errieth Ferdinand, daß der Streich getroffen, und da er aus dem kurzen, gebieterischen Tone schloß, daß der englische Admiral einen Befehl ertheilte, so folgte er dem Capitän Henry mit den Augen, um ihn diesen Befehl ausführen zu sehen.

Henry stieg von der Campanje herab, entfernte sich auf einige Minuten und kam mit verschiedenen nach einer gewissen Reihenfolge geordneten Flaggen zurück, welche er selbst an dem Signaltau befestigen ließ.

»Haben Sie, fragte Nelson, »der Königin gemeldet, daß ein Kanonenschuß gelöst werden wird, und daß sie nicht darüber zu erschrecken braucht?«

»Ja, Mylord,« antwortete der Capitän Henry.

In der That hörte man in demselben Augenblick einen Knall, und eine Rauchsäule stieg an der obern Batterie empor.

Gleichzeitig stiegen die von Henry herbeigebrachten fünf Flaggen an dem Signaltau in die Höhe und verkündeten den Befehl Nelsons in seiner ganzen Brutalität.

Der Kanonenschuß hatte den Zweck, die »Minerva« aufmerksam zu machen, denn sie zog auch sofort eine Flagge auf, um zu erkennen zu geben, daß sie das Signal des »Vanguard« erwarte.

Welche Wirkung aber auch der Anblick der Signale auf Caracciolo hervorbrachte, so beeilte dieser sich doch, zu gehorchen.

Er setzte sein Besansegel und das große Segel bei und ließ dieselben so stellen, daß sie den Wind schnitten.

Nelson verfolgte mit dem Fernrohr in der Hand das von ihm anbefohlene Manöver. Er sah die Segel der »Minerva« zur Hälfte reffen, nur das Focksegel blieb voll und die Schnelligkeit der Fregatte verminderte sich sofort um mehr als die Hälfte, während Nelson dagegen, welcher einen verhältnißmäßigen Grad von Windstille sich entwickeln sah, alle Segel bis auf die kleinsten Bramsegel beisetzen ließ.

 

Binnen wenigen Stunden hatte der »Vanguard« die »Minerva« eingeholt.

Nun erst drehte diese ihre Segel wieder in den Wind. Obschon aber Caracciolo so mit nur wenigen Segeln steuerte und sich von nun an eine Viertelmeile hinter den »Vanguard« hielt, so blieb er doch von dem mit allen seinen Segeln, steuernden schwerfälligen Coloß stets genau in derselben Entfernung.

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