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La San Felice Band 14

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Sie wußte, daß bis zur Stunde ihrer Niederkunft ihr Leben durch den Engel geschützt war, den sie unter ihrem Herzen trug, aber sie zählte die Tage mit Schrecken, denn schon stand sie im Begriff ihren siebenten Monat zu beenden.

Während der Chevalier an die äußere Mauer gelehnt und die Hand an die Brust drückend das heftige Pochen seines Herzens zu beschwichtigen suchte, horchte Luisa also auf der andern Seite der Thür mit verhaltenem Athem und angstvoll.

Der Chevalier begriff, daß er nicht ewig so stehen bleiben könne. Er bot daher alle seine Kräfte auf und sagte zu dem Schließer mit ziemlich fester Stimme:

»Oeffnet nun, Freund.«

Kaum waren diese Worte gesprochen, so war es ihm, als hörte er von der andern Seite der Thür einen schwachen Schrei. Dieser Schrei aber, wenn es einer war, ward sofort durch des Rasseln des Schlüssels in dem Schlosse erstickt.

Die Thür öffnete sich; der Chevalier blieb auf der Schwelle stehen.

Zwei Schritte davon, im Innern des Zimmers, von einem durch das vergitterte, aber glaslose Fenster fallenden Mondstrahl beleuchtet, kniete Luisa, weiß, mit aufgelöstem Haar, die Hände auf die Knie herabhängen lassend gleich Canovas Magdalena.

Durch die Thür hindurch hatte sie die Stimme ihres Gatten erkannt und erwartete ihn in der Haltung, in welcher die Ehebrecherin Christum erwartete.

Der Chevalier stieß seinerseits einen lauten Ruf aus, hob sie in seinen Armen empor und trug sie halb ohnmächtig auf ihr Bett.

Der Aufseher schloß die Thür, indem er sagte:

»Wenn Sie die elfte Stunde schlagen hören, Excellenz —«

»Schon gut, schon gut,« antwortete ihm San Felice, indem er ihm nicht Zeit ließ auszureden.

Das Zimmer blieb ohne anderes Licht als den Mondstrahl, welcher der Bewegung des nächtlichen Planeten gemäß sich langsam den beiden Gatten näherte.

Wir sollten eigentlich sagen: diesem Vater und dieser Tochter. – Nichts war in der That väterlicher als der Kuß, welchen Luciano auf Luisas bleiche Stirn drückte; nichts war kindlicher als die zitternde Umarmung, in welche Luise den Chevalier schloß.

Keines von beiden sprach ein Wort; man hörte blos ersticktes Schluchzen.

Der Chevalier begriff, daß die Scham nicht die alleinige Ursache von Luisas Schluchzen sei. Sie hatte Salvato nicht wieder gesehen, sie hatte seine Verurtheilung aussprechen hören; sie wußte nicht, was aus ihm geworden sei.

Eine Frage wagte sie nicht zu thun, und der Chevalier wagte in Folge fast übertriebenen Zartgefühls nicht ihren Gedanken zu antworten.

In diesem Augenblick veranlaßten die Gemüthsqualen der Mutter eine so heftige Bewegung des Kindes, daß Luisa einen lauten Schrei ausstieß.

Der Chevalier hatte diese Bewegung gefühlt, und ein Schauer ging ihm durch alle Glieder; mit einer sanften Stimme aber sagte er:

»Beruhige Dich, unschuldiges, ungeborenes Wesen ! dein Vater lebt, er ist frei und aller Gefahr entrückt.«

»O Luciano ! Luciano !« rief Luisa, indem sie dem Chevalier zu Füßen sank. »Aber, fuhr dieser lebhaft fort, »ich bin in einer andern Absicht gekommen, als um dies zu sagen. Ich bin gekommen, um mit Dir von Dir selbst zu sprechen, geliebtes Kind.«

»Von mir?«

»Ja, wir wollen Dich retten, geliebte Tochter.«

Luisa schüttelte den Kopf, um anzudeuten, daß sie dies für unmöglich hielt.«

»Ich weiß es wohl,« entgegnete San Felice, ihren Gedanken beantwortend, »der König hat Dich verurtheilt; wir haben aber ein Mittel, deine Begnadigung zu erlangen.«

»Meine Begnadigung! ein Mittel! Luciano, Du kennst ein Mittel, meine Begnadigung zu erlangen?«

Und sie schüttelte zum zweiten Male den Kopf.

»Ja,« hob San Felice wieder an, »und ich werde Dir dieses Mittel sagen. Die Kronprinzessin ist wieder in gesegneten Umständen.«

»Glückliche Mutter!« rief Luisa. »Sie erwartet nicht mit Angst und Schrecken den Tag, wo sie ihr Kind in ihre Arme schließen wird.«

Und mit diesen Worten warf Luisa sich schluchzend und die Hände ringend zurück.

»Warte doch und fasse Dich,« sagte der Chevalier. »Bete für ihre glückliche Niederkunft, denn der Tag, an welchem diese erfolgt, wird der deiner Freilassung sein.«

»Ich höre Dich,« sagte Luisa, indem sie ihr Haupt wieder emporrichtete und an die Brust ihres Gatten sinken ließ.

»Du weißt, fuhr San Felice fort, »daß, wenn die Kronprinzessin von Neapel von einem Prinzen entbunden wird, sie dann das Recht hat, um drei Gnadenacte zu bitten, die ihr niemals abgeschlagen wurden.«

»Ja, das weiß ich wohl.«

»Wohlan, an dem Tage, wo die Entbindung der Kronprinzessin erfolgt, wird sie anstatt um drei Gnadenacte nur um einen bitten und dieser eine wird deine Begnadigung sein.«

»Aber, sagte Luisa, »wenn sie nun eine Prinzessin gebiert?«

»Eine Prinzessin! eine Prinzessin!« rief San Felice, dessen Gedanken diese Alternative sich noch gar nicht vergegenwärtigt hatte. »Dies ist unmöglich. Gott wird es nicht erlauben.«

»Er hat ja schon erlaubt, daß ich ungerecht verurtheilt worden bin,« sagte Luisa mit schmerzlichem Lächeln.

»Das ist eine Prüfung!« rief der Chevalier, »und wir befinden uns hier einmal in einem Prüfungslande.«

»Das ist also unsere einzige Hoffnung?« fragte Luisa.

»Leider ja,« antwortete San Felice, »aber gleichviel. Hier, fuhr er fort, indem er ein Papier aus der Tasche zog, »hier ist eine von dem Herzog von Calabrien verfaßte, von seiner Gattin geschriebene Bittschrift. Unterzeichne dieselbe und setzen wir dann unser Vertrauen auf Gott.«

»Ich habe aber weder Feder noch Tinte.«

»Ich habe Beides, « antwortete der Chevalier.

Mit diesen Worten zog er ein Schreibzeug aus der Tasche und tauchte eine Feder ein.

Dann führte er Luisa, sie stützend, in die Nähe des Fensters, damit sie beim Scheine des Mondstrahles unterzeichnen konnte.

Luisa unterschrieb.

»So,« sagte er, indem er den Kopf emporrichte. »Ich werde Dir diese Feder, diese Tinte und ein Heft Papier dalassen. Du wirst schon Mittel finden, diese Dinge irgendwo zu verbergen. Sie können Dir nützlich sein.«

»Ja, ja, laß mir sie da, mein Freund,« sagte Luisa. »O wie gut Du bist und wie Du an Alles denkst! Aber was ist Dir? wonach schaust Du?«

In der That waren die Blicke des Chevaliers durch die doppelten Gitter des Fensters auf den Theil des Hafens gerichtet, den man durch die Oeffnung hindurch wahrnehmen konnte.

Ungefähr sechzig bis siebzig Schritte vom Fuße des Thurmes schaukelte sich die Goelette des Capitän Skinner.

»Wunder des Himmels!« murmelte der Chevalier.

»In der That, ich fange an zu glauben, daß er bestimmt ist, Dich zu retten.«

Ein Mann spazierte auf dem Deck hin und her und warf von Zeit zu Zeit einen forschenden Blick auf das Fort, als ob er die Mauern desselben durchdringen wollte.

In diesem Augenblick knarrte der Schlüssel im Schloß. Es schlug elf Uhr.

Der Chevalier faßte Luisas Kopf zwischen beide Hände und richtete einen Blick auf das Deck des kleinen Schiffes.

»Siehst Du jenen Mann?« fragte er leise.

»Ja, ich sehe ihn; was ist mit ihm?«

»Wohlan, Luisa, dieser Mann ist es.«

»Was ist er?« fragte die junge Frau schaudernd.

»Er ist derjenige, welcher Dich retten wird, wenn ich Dich nicht rette. Aber,« fuhr der Chevalier fort, indem er Luisa leidenschaftlich auf Stirn und Augen küßte, »ich werde Dich retten, ich werde Dich retten, ich werde Dich retten!«

Und mit diesen Worten eilte er aus dem Gefängniß, dessen Thür sich wieder schloß, ohne daß Luisa es gewahrte. Ihre ganze Seele lag jetzt in ihren Augen, und ihre Augen verschlangen mit ihrem Blick den Mann, welcher auf dem Deck der Goelette hin- und herwandelte.

Zwölftes Capitel.
Kleine Ereignisse, welche sich um große herum gruppieren

Hätte der Auftritt am Tage stattgefunden anstatt in der Nacht, so wäre der Chevalier, ohne sich um den Oberaufseher zu kümmern, die Treppen hinabgestürzt und hätte fortgefahren zu rufen: »Ich werde sie retten!«

In dem Corridor aber herrschte die vollständigte Finsterniß, denn hier war nicht einmal etwas von dem Mondstrahl zu bemerken, welcher Luisa’s Gefängniß erleuchtete.

Der Chevalier sah sich deshalb genöthigt, auf den Schließer und seine Laterne zu warten. Dieser geleitete ihn mit denselben Beweisen von Aufmerksamkeit, womit er ihn bei seiner Ankunft überhäuft. In dem Hofe angelangt, fuhr der Chevalier deshalb mit der Hand in die Tasche, nahm die wenigen Goldstücke, welche sich darin befanden, heraus und bot sie dem Schließer.

Dieser nahm sie, wog sie mit melancholischer Miene in der Hand und schüttelte den Kopf.

»Mein Freund, sagte San Felice, »es ist sehr wenig, das weiß ich wohl, aber ich werde mich deiner erinnern, sei unbesorgt, – obschon nur unter der Bedingung, daß Du der armen Frau, welche deine Gefangene ist, mit aller möglichen Rücksicht begegnet.«

»Ich beklage mich nicht über das, was Sie mir geben, Excellenz; dies sei fern von mir,« antwortete der Aufseher. »Wenn Sie aber wollten, Excellenz, so könnten Sie durch ein Wort mehr für mich thun, als ich jemals für die Gefangene werde thun können.«

»Und was kann ich für Dich thun?« fragte San Felice.

»Ich habe einen Sohn, Excellenz, und seit einem Jahre bitte ich vergebens um seine Anstellung als Schließer in der Festung. Wäre er hier, so würde ich ihn speciell mit der Bedienung der fraglichen Dame beauftragen, womit ich mich nicht selbst beschäftigen kann, da ich nur die allgemeine Aufsicht zu führen habe.«

»Ich bin gern bereit, sagte Felice, welcher sofort an den Nutzen dachte, den er von diesem bescheidenen Gönner ziehen könnte. »Und von wem hängt die Anstellung deines Sohnes ab?«

»Von dem Chef der Polizei.«

»Hast Du Dich schon an diesen gewendet?«

»Ja, aber Sie wissen wohl, Excellenz, ich müßte – hier machte er die Geberde des Geldzählens – »und ich bin nicht reich.«

 

»Es ist gut; Du wirst eine Bittschrift aufsetzen und mir dieselbe zusenden.«

»Excellenz,« sagte der Oberaufseher, indem er ein Papier aus der Tasche zog, »während Sie in dem Zimmer der Gefangenen waren, habe ich meine Bittschrift schon aufgesetzt, denn ich dachte gleich, daß Sie die Güte haben würden, sich damit zu befassen.«

»Allerdings befasse ich mich damit, mein Freund,« sagte der Chevalier, »und wenn Du nicht erlangt, was Du wünschest, so wird die Schuld nicht an mir liegen. Wenn Du meiner bedarst, so komme zu Seiner königlichen Hoheit dem Herzog von Calabrien und frage nach dem Chevalier San Felice.«

Und die Bittschrift in die Tasche steckend, nahm der Chevalier Abschied von seinem Schützling, verließ die Festung und lenkte seine Schritte nach dem Platze der vier Cantone, wo, wie man sich erinnert, er mit dem angeblichen amerikanischen Capitän zusammentreffen wollte.

Dieser erwartete ihm bereits und kam, als er ihn erblickte, gerade auf ihn zu.

Beide redeten einander mit Fragen an.

Giuseppe Palmieri erzählte seinen Besuch bei dem König, wünschte sich Glück zu der Art und Weise, auf welche er empfangen worden, und besonders zu der Gewißheit, in welcher er sich befand, auf einem Ankerplatz, das heißt in der Nähe des Fortes, bleiben zu können.

Der Chevalier seinerseits theilte ihm sein Project mit und gab ihm, um ihm dasselbe klarer zu machen, das von dem Herzog von Calabrien verfaßte Gnadengesuch zu lesen.

Giuseppe Palmieri näherte sich der vor einer Madonna brennenden Laterne und las.

Der Chevalier hatte sich aber in seiner Zerstreutheit vergriffen und ihm anstatt des Gnadengesuchs des Herzogs das Anstellungsgesuch des Oberschließers zu lesen gegeben.

Giuseppe Palmieri war jedoch nicht der Mann, der einen Umstand, welcher ihm nützlich sein konnte, an sich vorübergehen ließ, ohne die Hand darauf zu legen. Er notierte sich daher vor allen Dingen die Adresse des künftigen Schließers: »Tonino Monti, via della Salute Nr. 7,« dann gab er dem Chevalier das Papier zurück und sagte:

»Sie haben sich vergriffen.«

Der Chevalier griff nochmals in die Tasche und fand hier in der That die Schrift, welche er dem Capitän zu geben geglaubt und statt welcher er ihm die Bittschrift des Oberschließers gegeben.

Giuseppe Palmieri las das Gnadengesuch mit noch größerer Aufmerksamkeit, als er das Anstellungsgesuch gelesen.

»Ja, ohne Zweifel,« sagte er. »Wenn König Ferdinand ein Herz hat, so ist noch Aussicht vorhanden; ich zweifle aber sehr, daß er eines hat.«

Mit diesen Worten gab er das Begnadigungsgesuch in die Hände des Chevaliers zurück.

»Wann,« fragte er, »steht die Entbindung der Prinzessin zu erwarten?«

»Dieselbe kann jeden Tag erfolgen.«

»Nun, dann wollen wir warten, sagte Palmieri. »Wenn nun aber der König sich weigert, oder wenn das Kind der Kronprinzessin ein Mädchen ist?«

»Dann werden Sie diese selbe Bittschrift in Fetzen zerrissen zugesendet erhalten, womit Ihnen gesagt werden soll, daß Sie Ihrerseits handeln können, weil unsererseits keine Hoffnung mehr ist. Käme es anders, so würde das einzige Wort: »Gerettet!« Ihnen Alles sagen, was Sie zu wissen nöthig haben.«

»Aber nicht wahr, Sie geben mir Ihr Wort darauf, daß Sie bis dahin nichts versuchen?«

»Ich gebe es Ihnen, nur werden Sie mir erlauben, mich von der Lage des Zimmers zu unterrichten, welches die Gefangene in der Festung bewohnt.«

Der Chevalier ergriff die Hand des vorgeblichen Amerikaners und drückte sie ihm mit fieberhaft energischer Bewegung.

»Die Jugend vermag vor den Augen des Herrn viel,« sagte er. »Das Fenster der Gefangenen geht gerade auf die Goelette »der Renner«.

Und damit entfernte der Chevalier sich rasch, indem er das Gesicht in dem Mantel barg.

Der Chevalier hatte sich nicht getäuscht und auch diesmal hatten die sympathischen Ergießungen der Jugend ihre magnetischen Strömungen getheilt.

Kaum hatte der Chevalier Luisa’s Zimmer, nachdem er sie auf den Mann aufmerksam gemacht, der in einer halben Kabellänge von dem Fuße der Festung gedankenvoll auf dem Deck der Goelette hin- und herwandelte, verlassen, als Salvato – denn dieser war es wirklich – in der Luft seinen von dem Nachthauche getragenen Namen zu vernehmen glaubte.

Er richtete den Kopf empor, sah aber nichts und glaubte daher sich getäuscht zu haben.

Derselbe Ton schlug aber zum zweiten Male an sein Ohr. Seine Augen richteten sich nun auf die dunkle Oeffnung, welche gegen die graue Mauer abstach, und durch das Gitter dieser Oeffnung hindurch glaubte er eine Hand und ein Tuch sich bewegen zu sehen.

Der Ruf, welcher dem entsprach, der aus dem Herzen der Gefangenen kam, entrang sich dem einigen und die Wellen der Luft erzitterten aufs Neue, in Bewegung gesetzt von dem Namen »Luisa«!

Das Tuch löste sich von der Hand, flatterte einen Augenblick in der Luft und fiel dann am Fuße der Mauer nieder.

Salvato war so klug, einen Augenblick zu warten, sich umzusehen, ob Jemand das soeben Geschehene bemerkt, und nachdem er sich überzeugt, daß Alles zwischen ihm und der Gefangenen geblieben war, setzte er, ohne Jemanden von der Schiffsmannschaft etwas zu sagen, die Jolle aus, und ruderte wie ein Fischer, der seine Angelschnuren legt, nach dem Strande zu.

Ein Streifen Erde von etwa zwölf Schritte Breite trennte den Quai von dem Fuße der Gefängnißmauer und das Glück wollte, daß hier keine Schildwache postiert war.

Salvato band sein Boot am Ufer fest, sah sich mit einem Sprunge am Fuße der Mauer, hob das Tuch auf und kehrte in das Boot zurück.

Kaum hatte er in demselben wieder Platz genommen, so hörte er den gemessenen Tritt einer Patrouille; anstatt aber sich von dem Quai zu entfernen, was leicht hätte Verdacht erregen können, schob er das Tuch rasch in seine Brusttasche und blieb in dem Boote, während er mit seiner Angelschnur allerhand Bewegungen machte.

Die Patrouille erschien am Fuße des Thurmes, der dieselbe führende Sergeant ließ Halt machen, trat vor und näherte sich dem Boote.

»Was machst Du da?« fragte er Salvato, der die Kleidung eines einfachen Matrosen trug.

Salvato ließ sich die Frage zweimal wiederholen, als ob er nicht verstanden hätte, und antwortete dann mit auffallendem englischen Accente:

»Nun, das seht Ihr doch. Ich fische.«

Obschon von den Siciliern verabscheut, verdankten die Engländer doch der Anwesenheit Nelsons gewisse Rücksichten, die man Angehörigen anderer Nationen nicht gewährte.

»Es ist nicht erlaubt, mit Booten an dem Quai anzulegen,« antwortete der Führer der Patrouille, »und es ist in dem Hafen Platz genug zum Fischen, ohne daß Ihr hierher zu kommen braucht. Entfernt Euch daher, Freund.«

Salvato ließ ein mißlauniges Murren hören, zog seine Angelschnur, an welcher er das Glück hatte einen ziemlich großen Fisch hängen zu sehen, aus dem Wasser und ruderte wieder nach der Goelette zurück.

»Na,« sagte der Sergeant, indem er sich wieder zu seiner Patrouille zurückverfügte, »da hat er doch einmal etwas Anderes zu essen als sein ewiges Salzfleisch.«

Dann verschwand er auf einen Augenblick unter einem Gewölbe, dessen dunkle Tiefe er untersuchte, kam dann wieder hervor und setzte seine Nachtrunde den äußeren Mauern der Festung entlang fort.

Was Salvato betraf, so hatte er sich schon hinunter in den Raum der Goelette begeben und küßte das mit einem L, einem S und einem F gezeichnete Taschentuch.

Einer der vier Zipfel war zusammengebunden. Salvato fühlte ihn rasch an und bemerkte, daß ein Papier darin war.

Auf diesem Papiere standen die Worte geschrieben:

»Ich habe Dich erkannt, ich sehe Dich, ich liebe Dich. Dies ist, seitdem ich Dich verlassen, mein erster freudiger Augenblick. Mein Gott, verzeihe mir, weil, wenn ich auf ihn hoffe, ich auf Dich hoffe!

Deine Luisa.«

Salvato ging wieder auf das Deck hinauf. Seine Augen richteten sich sofort wieder nach der Oeffnung. Die weiße Hand war immer noch an dem dunkeln Gitter sichtbar. Salvato schüttelte das Tuch, küßte es und sein Name schlug, von dem Nachthauche getragen, abermals an sein Ohr.

Da es jedoch in einer so hellen Nacht unklug gewesen wäre, einen solchen Austausch von Zeichen länger fortzusetzen, so setzte Salvato sich und verhielt sich unbeweglich, so lange ein an die Dunkelheit gewöhntes Auge durch das doppelte Gitter hindurch noch die weiße Erscheinung erspähen konnte, nach welcher ihn die unkluge Hand nicht mehr leitete.

Einige Augenblicke später hörte man das Geräusch eines das Meer schlagenden Doppelruders, und man sah durch das Labyrinth der den Hafen bedeckenden Fahrzeuge hindurch ein Boot sich nähern, welches am Fuße der kleinen Treppe der Goelette anlegte.

Es war Giuseppe Palmieri, welcher an Bord zurückkehrte.

»Ich kann Dir eine fröhliche Mittheilung machen,« rief Salvato auf englisch, indem er sich in die Arme eines Vaters warf. »Sie ist da, dort an jenem Fenster. Dies da ist ein Tuch und ein Brief von ihr!«

Giuseppe Palmieris Mund umspielte ein unbeschreibliches Lächeln und er murmelte:

»O armer Chevalier, Du hattest wohl Recht, als Du sagtest: Die Jugend ist vor Gott großer Dinge fähig!«

Dreizehntes Capitel.
Die Geburt eines königlichen Prinzen

Einige Tage nach den so eben erzählten Ereignissen befand der König, von einem treuen Anhänger Jupiter begleitet, sich in den Gärten der Bagaria und an dem nördlichen Abhange der Hügel, welche sich in einiger Entfernung von dem Strande erheben, auf der Hühnerjagd.

Er hatte die zwei treuesten Begleiter bei dieser Art Vergnügungen bei sich, nämlich Sir William Hamilton und den Präsidenten Cardillo, welche beide, wie er, ganz vortreffliche Schützen waren.

Die Jagd war höchst ergiebig. Es war jetzt die Zeit der Rückkehr der Wachteln.

Die Wachteln ziehen, wie jeder Jäger weiß, jedes Jahr zweimal. Das erste Mal, in den Monaten April und Mai, ziehen sie von Süden nach Norden. Zu dieser Zeit sind sie mager und ohne Geschmack. Bei dem zweiten Zuge, welcher in den Monaten September und Oktober stattfindet, sind sie dagegen fett und saftig, besonders in Sicilien, welches auf dem Rückwege nach Afrika ihre erste Station ist.

Der König Ferdinand amüsierte sich also – wir wollen nicht sagen wie ein König, denn wir wissen nur zu gut, daß er, obschon wirklich König, sich keineswegs immer amüsiert hatte – wohl aber wie ein Jäger, der im Wildpret schwimmt.

Er hatte fünfzig Schüsse gethan und fünfzig Stück erlegt, und er erbot sich zu wetten, daß er es so bis zu hundert bringen würde, ohne eine einzige zu fehlen.

Plötzlich sah man einen Reiter mit verhängten Zügeln herangesprengt kommen. Durch die Flintenschüsse geleitet hielt er in einer Entfernung von ungefähr hundert Schritten von den Jägern ein Pferd an, richtete sich in den Steigbügeln empor, um zu sehen, welcher von den Dreien der König wäre, und ritt, nachdem er ihn erkannt, gerade auf ihn zu.

Dieser Reiter war ein Bote, den der Herzog von Calabrien dem König, seinem Vater, schickte, um ihm zu melden, daß bei der Prinzessin die Geburtswehen sich eingestellt hätten, und um ihn zu bitten, den Gesetzen der Etiquette gemäß, der Entbindung beizuwohnen.

»Gut,« sagte der König. »Die ersten Wehen, sagt Du?«

»Ja, Sire.«

»Nun, in diesem Falle habe ich noch eine oder zwei Stunden vor mir. Ist Antonio Villari zugegen?«

»Ja, Sire, und noch zwei andere Aerzte.«

»Nun, dann siehst Du ja, daß ich weiter nichts thum kann. Achtung, Jupiter! Ich will noch einige Wachteln schießen. Reite nach Palermo zurück und sage dem Prinzen, daß ich Dir folge.«

Und er ging auf Jupiter zu, welcher, dem Befehl seines Herrn folgend, so unbeweglich stand, als ob er in Stein verwandelt wäre.

Die Wachtel flog auf, der König schoß sie.

»Einundfünfzig, Cardillo,« sagte er.

»Freilich,« sagte der Präsident, ärgerlich erst einunddreißig Stück erlegt zu haben, »mit einem Hund wie der Ihrige ist es kein Wunder. Ich begreife überhaupt nicht, Majestät, warum Sie sich erst die Mühe nehmen, Pulver zu verbrennen und Blei umherzustreuen. An Ihrer Stelle würde ich das Wild mit der Hand fangen.«

Der Diener, welcher dem König folgte, reichte ihm mittlerweile eine frischgeladene Flinte.

»Nun,« sagte der König zu dem Boten, »Du bist ja immer noch nicht wieder fort!«

»Ich warte, um zu wissen, ob Ew. Majestät mir nicht noch andere Befehle zu ertheilen haben.«

»Nun, dann sage meinem Sohn, ich hätte soeben meine einundfünfzigste Wachtel erlegt und Cardillo wäre erst bei der dreißigsten.«

 

Der Bote galoppierte davon und die Jagd hatte ihren Fortgang. Binnen einer Stunde erlegte der König fernerweite fünfundzwanzig Stück Wachteln.

Eben vertauschte er sein abgeschossenes Gewehr gegen ein frischgeladenes, als er denselben Boten wieder herangesprengt kommen sah.

»Nun,« rief er ihm entgegen, »Du kommst wohl, um mir zu sagen, daß die Herzogin entbunden ist?«

»Nein, Sire; ich komme im Gegentheil, um Ew. Majestät zu melden, daß die Herzogin viel leidet.«

»Aber was will sie denn, daß ich dabei thue?«

»Ew. Majestät wissen doch, daß unter solchen Umständen Ihre Anwesenheit durch das Ceremoniell geboten wird? Es kann sich ein Unglück ereignen.«

»Was gibt es denn?«, fragte der Präsident.

»Weiter nichts, als daß die Sache, wie es scheint, nicht von selbst gehen will,« antwortete Ferdinand.

»Dann sollen wir wohl mitten am Tage die Jagd aufgeben?« fuhr der Präsident fort. »Ew. Majestät können natürlich gehen, wenn Sie wollen; ich für meine Person aber bleibe und gehe nicht eher nach Hause, als bis ich meine hundert Stück erlegt habe.«

»Ha!« sagte Ferdinand, »da fällt mir etwas ein. Reite rasch nach Palermo zurück und befiehl, daß mit allen Glocken geläutet werde.«

»Und kann ich dann Seiner königlichen Hoheit sagen —«

»Du kannst sagen, daß ich Dir auf dem Fuße folge. Hast Du unsere Pferde gesehen?«

»Die Pferde stehen an dem Gitterhor der Bagaria, Sire.«

»Nun gut, dann bestelle im Vorüberreiten, daß man sie hierherbringe.«

Der Bote galoppierte von dannen.

Eine Viertelstunde später waren alle Glocken von Palermo in Bewegung.

»Ha!«, sagte der König, »das wird ihr wohlthun.«

Und er setzte die Jagd weiter fort, bis er seine neunzigste Wachtel erlegt hatte, ohne eine einzige gefehlt zu haben.

»Wollen Sie wetten, daß ich es ohne einen Fehlschuß bis auf hundert bringe, Cardillo?«

»Es lohnt nicht der Mühe.«

»Warum nicht?«

»Weil der Bote soeben wiederkommt.«

»Zum Teufel!« sagte der König. »Achtung, Jupiter! Ich kann doch mittlerweile noch die einundneunzigste schießen.«

Die Wachtel flog auf, der König erlegte sie. Als er sich herumdrehte, war der Bote dicht neben ihm.

»Nun,« fragte Ferdinand, »haben die Glocken Linderung gebracht?«

»Nein, Sire, die Aerzte hegen Befürchtungen.«

»Die Aerzte hegen Befürchtungen!« wiederholte Ferdinand, indem er sich hinter dem Ohr kratzte.

»Dann ist die Sache also ernst?«

»Ja, sehr ernst, Sire.«

»In diesem Falle stelle man das heilige Sacrament aus.«

»Sire, ich muß mir erlauben, Ew. Majestät bemerklich zu machen, daß die Aerzte sagen, Ihre Gegenwart sei dringend nothwendig.«

»Dringend nothwendig,« wiederholte Ferdinand ungeduldig. »Ich kann doch auch nicht mehr dabei thun als der liebe Gott!«

»Ihr Pferd ist da, Majestät.«

»Ich seh’ es wohl. Geh’ nur, geh, mein Junge, und wenn das heilige Sacrament nichts hilft, so werde ich selbst kommen.«

Dann setzte er in gedämpftem Tone hinzu:

»Wohlverstanden, sobald ich erst meine hundert Wachteln erlegt habe.«

Nach Verlauf einer Viertelstunde hatte der König seine hundert Wachteln erlegt. Sir William war ihm dicht auf dem Fuße gefolgt und hatte siebenundachtzig geschossen. Der Präsident Cardillo war hinter Sir William um zehn und hinter dem König um dreiundzwanzig zurück. Auch er war höchst wüthend darüber.

Die Glocken fuhren mittlerweile immer fort zu läuten, und dies bewies, daß es noch nichts Neues gab.

»Alla malora!« sagte der König mit einem Seufzer; »wie es scheint, hat die Prinzessin sich in den Kopf gesetzt, nicht eher fertig zu werden, als bis ich zur Stelle bin. Gehen wir denn. Man hat wohl Recht, wenn man sagt: Des Weibes Wille ist Gottes Wille!«

Dann schwang er sich aufs Pferd und sagte zu den beiden anderen Jägern:

»Ich stelle Euch frei, es noch bis auf hundert zu bringen. Ich meinerseits kehre nach Palermo zurück.«

»In diesem Falle,« sagte Sir William, »folge ich Ew. Majestät. Mein Amt legt mir die Verpflichtung auf, Sie in einem solchen Augenblick nicht zu verlassen.«

»Es ist gut; gehen Sie,« sagte Cardillo, »ich für meine Person bleibe.«

Der König und Sir William setzten ihre Pferde in Galopp.

In dem Augenblick, wo sie die Stadt erreichten, hörte das Glockengeläute auf

»Aha,« sagte der König, wie es scheint, ist die Sache vorbei. Es bleibt uns nur noch übrig zu erfahren, ob es ein Knabe oder ein Mädchen ist.«

Man kam an einer Kirche vorüber. Alle Kerzen waren angezündet, das heilige Sacrament war auf dem Altare ausgestellt und die Kirche mit Betenden angefüllt.

Man hörte das Knallen der Petarden und man sah, wie die Luft von Raketen durchfurcht ward.

»Nun,« sagte der König, »das ist von guter Vorbedeutung.«

Gleich darauf sah er denselben Boten von Weitem gesprengt kommen. Der Bote schwenkte den Hut in der Luft und rief: »Es lebe der König!« Eine Menge Menschen rannten hinter ihm her oder liefen ihm voran. Es war ein Wunder, daß er Niemanden über den Haufen ritt.

Sobald er den König von Weitem erblickte, rief er:

»Ein Prinz! ein Prinz!«

»Na,« sagte der König zu Sir William, »wenn ich dagewesen wäre, so hätte ich auch nicht mehr thun können.«

Das Geschrei des Volkes verkündete die Ankunft Ferdinands im Palast.

Alles schwamm in Freude und Jubel und der König ward mit der größten Ungeduld erwartet.

Der Herzog und die Herzogin von Calabrien hatten sich Luisas Sache sehr zu Herzen genommen, nicht um ihrer selbst willen, denn sie kannten sie kaum persönlich, sondern um ihres Ehegatten willen.

Der arme Chevalier lag mehr todt als lebendig und in größerer Aufregung, als wenn über sein eigenes Schicksal entschieden werden sollte, in einem an das Schlafzimmer anstoßenden Cabinet auf den Knien und betete.

Er kannte nämlich die Königin, und wußte, daß viel zu fürchten, aber wenig zu hoffen stand.

Die junge Mutter lag in ihrem Bett. Sie selbst hegte keinen Zweifel. Wer hätte wohl dem schönen Kinde etwas abschlagen können, welches sie mit so vielen Schmerzen soeben zur Welt geboren? Es wäre dies ja geradezu eine Ruchlosigkeit gewesen.

Sollte dieser Prinz nicht einmal König werden? Und war es daher nicht von glücklicher Vorbedeutung, wenn er durch das Thor der Milde und das Wort »Gnade« stammelnd in das Leben eintrat?

Man hatte, da ein Großvater im Augenblick der Geburt noch nicht da war, Zeit gehabt, ihn Toilette machen zu lassen und ihm ein prachtvolles Spitzengewand anzulegen.

Er hatte das blonde Haar der österreichischen Prinzen, blaue verwunderte Augen, welche sich umschauten, ohne zu sehen, und eine Haut, welche frisch war wie eine Rose und weiß wie Atlas.

Die Mutter hatte ihn neben sich liegen und ward nicht müde, ihn zu küssen. Sie hatte in die Falten des Gewandes, welches seine königlichen Windeln bedeckte, die Bittschrift der unglücklichen Luisa San Felice gesteckt.

Von der Straße herauf hörte man den immer näherkommenden Ruf: »Es lebe der König!«

Der Kronprinz ward bleich. Ihm, der vor seinem Vater stets so furchtsam war, kam es vor, als stünde er im Begriff ein Majestätsverbrechen zu begehen.

Die Prinzessin war muthiger als er.

»O Franz,« sagte sie, »wir können doch diese arme Frau nicht verlassen.«

Der Chevalier, welcher diese Worte hörte, öffnete die Thür des Alcovens und steckte ein bleiches, verstörtes Gesicht herein.

»O mein Prinz!« sagte er im Tone des Vorwurfes.

»Ich habe versprochen, ich werde mein Wort halten,« sagte der Kronprinz. »Ich hörte die Tritte des Königs. Laß Dich nicht sehen, denn dann wäre Alles verloren.«

Der Chevalier schloß die Thür des Cabinets wieder in dem Augenblick, wo der König die des Schlafzimmers öffnete.

»Nun,« sagte er eintretend, »es ist also Alles vorbei, und zwar, Gott sei Dank! Glücklich. Ich wünsche Dir Glück dazu, Franz.«

»Und mir, Sire?« fragte die Wöchnerin.

»Ihnen werde ich meinen Glückwunsch darbringen, sobald ich das Kind gesehen habe.«

»Sire,« sagte die Prinzessin, »Sie wissen, daß mir, weil ich dem Königreich einen Erben geschenkt, das Recht zusteht, mir drei Gnadenacte auszubitten.«

»Und man wird sie Ihnen gewähren, wenn es ein schöner Knabe ist.«

»O, Sire, es ist ein Engel!«

Und sie ergriff das neben ihr liegende Kind und hielt es dem König hin.

»Ah, meiner Treu,« sagte der König, indem er es bei den Händen faßte, »ich hätte es auch nicht besser gemacht, obschon ich mir einbilde, auf diesem Gebiet etwas zu leisten.«

Es trat ein Augenblick des Schweigens ein.

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