Бесплатно

La San Felice Band 10

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

In der Nacht vom 15. zum 16. März erhielt jedoch Championnet vom Directorium Befehl, sich sofort in Paris beim Kriegsminister einzufinden. Oberster Herrscher in Neapel, von Allen geliebt und geachtet, mitten in der Macht, die er geschaffen, und in welcher es ihm ein Leichtes gewesen, sich zu erhalten, beugte dieser Mann, welchen man des Ehrgeizes und der Hartnäckigkeit beschuldigte, gleich einem Römer der Heldenzeit sich vor dem empfangenen Befehl, wendete sich zu Salvato, der eben in seiner Nähe war, und sagte:

»Ich gehe zufrieden. Ich habe meinen Soldaten den fünfmonatlichen Sold ausgezahlt, den sie zu fordern hatten. Ich habe ihre zerfetzten Uniformen durch gute Kleider ersetzt. Sie haben jeder ein Paar neue Schuhe und essen besseres Brod, als sie jemals in ihrem Leben gegessen haben.«

Salvato drückte ihn an sein Herz.

»Mein General,« sagte er zu ihm, »Sie sind ein Mann des Plutarch.«

»Und dennoch,« murmelte Championnet, »hatte ich noch Vieles zu thun, was mein Nachfolger wahrscheinlich nicht thun wird. Wer erlebte aber wohl je die vollständige Verwirklichung seiner Träume? Niemand.«

Dann setzte er, indem er seine Uhr zog, mit einem Seufzer hinzu:

»Es ist ein Uhr Morgens. Ich werde mich nicht erst schlafen legen, denn ich habe nun vor meiner Abreise noch viel zu besorgen. Seien Sie morgen um drei Uhr wieder bei mir, mein lieber Salvato, und beobachten Sie über das, was mir so eben begegnet ist, das unbedingteste Schweigen.«

Am nächstfolgenden Tage Schlag drei Uhr war Salvato im Palast Angri. Nirgends waren Anstalten zu bemerken, welche auf eine Abreise hingedeutet hätten.

Championnet arbeitete wie gewöhnlich in seinem Cabinet. Als er den jungen Mann eintreten sah, erhob er sich und bot ihm die Hand.

»Sie sind sehr pünktlich, mein lieber Salvator,« sagte er zu ihm, »und ich danke Ihnen dafür. Wenn Sie es zufrieden sind, so wollen wir jetzt eine kleine Promenade machen.«

»Zu Fuße?« fragte Salvato.

»Ja, zu Fuße,« antwortete Championnet. »Kommen Sie.«

An der Thür blieb Championnet stehen, warf einen letzten Blick auf das Cabinet, welches er seit zwei Monaten bewohnt, und worin er so große Dinge entschieden, decretiert und ausgeführt.

»Man versichert, daß die Wände Ohren haben,« sagte er. »Wenn sie vielleicht auch eine Stimme haben, so beschwöre ich diese, zu sprechen und zu bezeugen, oh sie jemals etwas sprechen gehört oder thun gesehen, was, seitdem ich als Obergeneral diese Thür geöffnet, die ich jetzt als Angeklagter hinter mir schließe, nicht zum Wohl der Menschheit gewesen wäre.«

Und er schloß die Thür und ging mit lächelnder Miene auf Salvato’s Arm gestützt die Treppe hinab.

Zehntes Capitel.
Der Angeklagte

Der General und sein Adjutant gingen die Toledostraße entlang bis zum bourbonischen Museum, dann die Strada dei Studi hinab, über den Largo delle Pigne, in die Strada Foria hinein, und erreichten auf diese Weise Poggioreale.

Hier wartete ein Wagen auf Championnet, dessen ganzes Gefolge aus seinem auf dem Bock sitzenden Kammerdiener Scipio bestand.

»Wohlan, mein lieber Salvato,« sagte der General, »die Stunde der Trennung ist da. Mein Trost ist, daß ich, während ich den schlimmen Weg einschlage, wenigstens Sie auf dem guten zurücklasse. Werden wir uns jemals wiedersehen? Ich bezweifle es. Aus alle Fälle sind Sie mir mehr Freund, beinahe Sohn gewesen. Bewahren Sie mein Andenken.«

»O, stets, stets!s murmelte Salvato. »Aber was sollen diese bangen Ahnungen? Sie sind ja blos abberufen, das ist Alles.«

Championnet zog ein Zeitungsblatt aus der Tasche und reichte es Salvato. Dieser faltete es aus einander. Es war der »Moniteur« Er las darin folgende Zeilen:

»In Erwägung, daß der General Championnet seine Autorität und Gewalt dazu gebraucht hat, die Ausübung der von uns dem Commissär Faypoult übertragenen Vollmacht zu verhindern, und sich folglich offen gegen die Regierung empört hat, wird der Bürger Championnet, Divisionsgeneral und Commandant der Armee von Neapel, zur Haft gebracht, vor ein Kriegsgericht gestellt und wegen Gesetzesbruch gerichtet werden.«

»Sie sehen, lieber Freund,« hob Championnet wieder an, »daß die Sache ernster ist, als Sie glaubten.«

Salvato seufzte, zuckte die Achseln und sagte :

»General, Eines kann ich versichern, nämlich, daß wenn Sie verurtheilt werden, es dann auf der Welt eine Stadt gibt, welche selbst Athen an Undankbarkeit übertrifft. Diese Stadt wird Paris sein.«

»Ach leider!« sagte Championnet. »Wenn ich Themisiokles wäre, so würde ich mich darüber trösten.«

Und nachdem er Salvato seinerseits ans Herz gedrückt, sprang er in den Wagen.

»Und Sie reisen so allein, ohne alle Escorte?« bemerkte Salvato.

»Die Angeklagten stehen blos unter der Obhut Gottes,« antwortete Championnet.

Die beiden Freunde wechselten einen letzten Gruß und der Wagen rollte davon.

– — —

Der General Championnet hat an den Ereignissen, welche wir bis jetzt erzählt, einen zu großen Antheil gehabt und in Neapel ein allzu lebhaftes Andenken zurückgelassen, als daß wir, indem wir ihn nach Frankreich begleiten, ihm nicht bis an das Ende seines ruhmreichen Lebens folgen möchten, welches übrigens nicht lange sein sollte.

Als er Rom passirte, erwartete ihn ein letzter Triumph. Das römische Volk, welches er freigemacht, schenkte ihm eine vollständige Ausrüstung, Waffen, Uniform und Pferd mit der Inschrift:

»Dem General Championnet

die Consuln der römischen Republik.«

Ehe er die ewige Stadt verließ, empfing er überdies von der neapolitanischen Regierung folgenden Brief:

»General!

»Nichts kann Ihnen den Schmerz der provisorischen Regierung malen, als sie die verhängnißvolle Nachricht von Ihrem Abgange erfuhr. Sie sind es, der unsere Republik gegründet hat; auf Ihnen ruhen unsere süßesten Hoffnungen. Tapferer General! Unser Bedauern, unsere Liebe, unsere Dankbarkeit begleiten Sie. Wir wissen nicht, von welcher Art die Absichten Ihres Nachfolgers in Beziehung auf uns sein werden. Wir hoffen, der Ruhm und seine Pflicht werden ihm theuer genug sein, um ihn zu veranlassen, Ihr Werk zu befestigen. Von welcher Art aber auch seine Handlungsweise sein möge, so können wir doch niemals die Ihrige, jene Mäßigung, jene Milde, jenen offenen, biedern Charakter und jene große, edelmüthige Seele vergessen, die Ihnen Aller Herzen zuwendeten. Diese Sprache ist nicht die der Schmeichelei. Sie sind fort und wir haben von Ihnen nichts weiter zu erwarten als freundliches Andenken.«

Wir haben gesagt, daß die Erinnerung, welche Championnet in Neapel zurückließ, eine nachhaltige war. Sein Abgang ward hier in der That als eine öffentliche Calamität betrachtet und zwei Jahre später schrieb der Historiker Cuoco in der Verbannung:

»O Championnet! Du hast jetzt aufgehört zu leben. Dein Andenken aber wird in diesem Buche die Huldigung empfangen, welche der Festigkeit und deiner Gerechtigkeit gebührt. Was schadet es Dir, daß das Directorium Dich unterdrücken wollte? Dich zu erniedrigen stand nicht in seiner Macht. Von dem Tage an welchem Du in Ungnade fielst, wurdest Du der Abgott unserer Nation.«

In Bologna überreichte der General Lemoine dem neuen Scipio, welcher eher das Capitol zu besteigen schien, um den Göttern Dank zu sagen, als nach dem Forum zu wandern, um hier angeklagt zu werden, einen Brief von Barras in dem er sich von der von seinen Collegen gegen Championnet gefüllten Entscheidung vollständig isolierte, ihn seinen Freund nannte und seiner Abberufung ein glorreiches Ende und eine glänzende Genugthuung voraussagte.

Championnets Ueberraschung war daher auch groß, als er in Mailand um Mitternacht geweckt ward und man ihm im Namen Scherer’s, Obergenerals der Armee in Italien, ein neues Decret des Directoriums bekannt machte, welches ihn der Widersetzlichkeit gegen die Regierung beschuldigte, weshalb er zu sechsjähriger Gefangenschaft zu verurtheilen sei.

Der Verfasser des Championnet mitgetheilten Decrets war der Director Merlin, derselbe, welcher nach dem Sturz der Behörde, welcher er angehörte, seine Carriere auf einer untergeordneten Stelle unter Bonaparte von Neuem beginnen mußte und später unter Napoleon Generalprocurator ward.

Wir brauchen nicht zu sagen« daß der General Scherer, welcher Championnet von Merlins Decret in Kenntniß setzte, derselbe Scherer war, der auf demselben Kriegsschauplatze, wo der Verbannte so viele Siege errungen, von dem österreichischen General Kray und dem russischen General Suwarow so grausam geschlagen werden sollte.

Gleichzeitig aber und indem Championnet das Opfer dieser beklagenswerthen, verkehrten Maßnahmen war, empfand er einen großen Trost.

Joubert, einer der eifrigsten Anhänger der Revolution und einer der ruhmreichsten Diener der Republik, gab, als er hörte, daß sein College in Anklagestand versetzt worden, seine Entlassung.

Erfüllt von Vertrauen zu dem Tribunal, vor welchem er erscheinen sollte, schrieb Championnet auch noch in derselben Nacht an Scheren um ihn zu fragen, in welcher Festung er sich als Gefangener stellen solle, und an Barras, um ihn zu bitten, daß man seine Verurtheilung beschleunigen möge.

Wenn man sich aber auch beeilt hatte, Championnet von Neapel zu entfernen, damit die Commissäre des Directoriums dort ihr Plünderrungssystem in Ausführung bringen könnten, so beeilte man sich doch keineswegs, ihn zu richten, denn man wußte recht wohl im Voraus, wie das Ende des Processes sein würde.

Scherer zog sich daher dadurch aus der Verlegenheit, daß er Championnet, anstatt ihn vor Gericht zu stellen, auf Reisen schickte. Er schickte ihn demgemäß von Mailand nach Modena, von Modena zurück nach Mailand und von Mailand endlich als Gefangenen nach Turin.

Hier wohnte Championnet in der Citadelle, als er eines Morgens, so weit sein Blick reichte, die ganze Straße, welche von Italien nach Frankreich führte, mit Fußgängern, Karten und Bagagewagen bedeckt sah. Es war unsere auf dem Rückzuge begriffene Armee, unsere Armee, die weit mehr durch Scherer’s Unerfahrenheit als durch Kray‘s Genie und Suwarow‘s Muth geschlagen worden.

 

Die Arrieregarde unserer siegreichen Armee, welche nun die Avantgarde unserer geschlagenen Armee bildete, bestand größtentheils aus Lieferanten, Civilcommissären und anderen dergleichen Beamten, welche, von den Oesterreichern und Russen gejagt, gleich Raubvögeln in einem Striche nach Frankreich zurückflohen, um hinter den Grenzen desselben ihre Beute in Sicherheit zu bringen.

Auf diese Weise sah Championnet sich gerächt. Leider war diese Rache zugleich die Schmach Frankreichs. Alle diese Unglücklichen flohen, weil Frankreich besiegt war.

Zu diesem schon so schmerzlichen moralischen Gefühl gesellte sich der noch weit schmerzlichere materielle Anblick der unglücklichen Soldaten, welche barfuß und mit zersetzter Kleidung die Gelder eskortirten, um welche man sie selbst beraubt und betrogen.

Championnet sah diese unglücklichen Soldaten, welche er zum Siege geführt, als Flüchtlinge wieder. Er sah die, welche er gekleidet, nackt und entblößt, die, welche er genährt, vor Hunger dem Tode nahe und die, denen er Vater gewesen, als Waisen wieder. Es waren die Veteranen seiner Armee von der Sambre und Maas.

Sobald sie erfuhren, daß der Mann, der ihr Anführer gewesen, jetzt sich als Gefangener hier befand, wollten sie die Thore seines Kerkers sprengen und ihn an ihre Spitze stellen, damit er sie von Neuem gegen den Feind führe. Diese Armee, eine durch und durch aus der Revolution hervorgegangene, war mit einer Intelligenz begabt, welche die Armeen des Despotismus nicht besitzen, und diese Intelligenz sagte ihr, daß, wenn der Feind gesiegt, er diesen Sieg mehr der Unerfahrenheit unserer Generale als dem Muth und dem Verdienst der seinigen verdanke.

Championnet weigerte sich das Commando zu übernehmen, ergriff aber eine Muskete, um als Freiwilliger zu kämpfen.

Zum Glück hielt sein Vertheidiger ihn davon zurück.

»Was wird Ihr Freund Joubert denken,«– sagte er, »wenn er erfährt, was Sie gethan – er, der seine Entlassung gegeben, weil man Ihnen Ihren Degen genommen. Wenn Sie fallen, ohne vorher vor dem Kriegsgericht gestanden zu haben, so wird man sagen, Sie hätten den Tod gesucht, weil Sie sich schuldig gefühlt.«

Championnet sah die Richtigkeit dieser Schlußfolgerung ein.

Einige Tage nach dem Rückzuge der französischen Armee, und als sie auf dem Punkte stand, Turin zu verlassen, zwang man den General Moreau, welcher Scherer in dem Commando der Armee von Italien gefolgt war, Championnet nach Grenoble zu schicken.

Es war dies beinahe sein Vaterland. In Folge eines eigenthümlichen Spiels des Zufalls war sein Reisegefährte derselbe General Mack, welcher in Caserta ihm einen Degen hatte zurückgeben wollen, den er durchaus nicht annehmen gewollt, und jener selbe Pius Vl., den die Revolution nach Valencia schickte, um dort zu sterben.

In Grenoble sollte über Championnet Gericht gehalten werden.

»Sie stellen Championnet vor die Schranken eines französischen Tribunals,« rief Maria Joseph Chénier auf der Rednerbühne des Rathes der Fünfhundert. »Ohne Zweifel wollen Sie ihn nöthigen, Abbitte dafür zu thun, da er den letzten Thron Italiens gestürzt.«

Der Erste, welcher von dem Kriegsgericht als Zeuge aufgerufen ward, war sein Adjutant Villeneuve.

Dieser trat mit festem Schritt vor den Präsidenten und nachdem er den Angeklagten ehrerbietig gegrüßt, sagte er:

»Warum rufen Sie nicht gleichzeitig mit mir sämtliche Genossen seiner Siege auf? Das Zeugniß derselben würde eben so einmüthig sein wie ihre Entrüstung. Hören Sie den Ausspruch eines berühmten Geschichtschreibers: »Eine ungerechte Macht kann einen rechtschaffenen Mann wohl mißhandeln, aber nicht entehren!«

Während der Proceß noch schwebte, kam der denkwürdige 30. Prairial, welcher Treilhard, la Revellière«,Lapaux und Merlin aus dem Directorium entfernte, um es durch Gohier, Roger-Ducos und den General Maulin zu ergänzen.

Cambacérès bekam das Portefeuille; der Justiz, François de Neuschateau das des Innern und Bernadotte das des Krieges.

Sobald Bernadotte ans Ruder gelangt war, ertheilte er Befehl, den gegen Championnet , seinen Waffengefährten in der Armee der Sambre und Maas, anhängig gemachten Proceß niederzuschlagen, und schrieb ihm folgenden Brief:

»Mein lieber Camerad!

Das Executiv-Directorium ernennt Sie mittelst Decret vom 17. d. M. zum Obercommandanten der Alpenarmee. Dreißigtausend Mann erwarten mit Ungeduld unter Ihren Befehlen wieder die Offensive aufzunehmen.

»Vor vierzehn Tagen waren Sie noch Gefangener; der dreißigste Prairial hat Sie in Freiheit gesetzt. Die öffentliche Meinung klagt gegenwärtig Ihre Unterdrücker an. Ihre Sache ist deshalb sozusagen eine nationale. Können Sie wohl ein glücklicheres Loos wünschen?

»Viele Andere finden in der Revolution einen Vorwand, um die Republik zu verleumden. Für Männer wie Sie ist die Ungerechtigkeit blos ein Grund, das Vaterland um so mehr zu lieben. Man hat Sie dafür strafen wollen, daß Sie Throne umgestürzt. Sie werden sich an den Thronen rächen, welche die Form unserer Regierung bedrohen. Gehen Sie, mein Herr, und bedecken Sie die Spuren Ihrer Ketten mit neuen Lorbeeren, verwischen Sie oder vielmehr bewahren Sie diese ehrenvolle Spur. Es ist für die Freiheit nicht nachtheilig, wenn wir die Attentate des Despotismus uns beständig vor Augen halten. Ich um- arme Sie, wie ich Sie liebe.

»Bernadotte.«

Championnet begab sich zur Alpenarmee, das Unglück Frankreichs aber hatte Zeit gehabt, über das Glück die Oberhand zu gewinnen. Joubert, welcher vierzehn kostbare Tage, die er seiner Armee hätte schenken sollen, seiner jungen Frau widmete, verlor die Schlacht bei Novi und suchte den Tod, den er auch fand.

Weniger glücklich als sein Freund verlor Championnet die Schlacht bei Fossano, und da er nicht wie Joubert dabei den Tod aus dem Schlachtfelde fand, so ward er krank und starb, indem er sagte:

»Glücklicher Joubert!«

In Antibes hauchte er seinen letzten Seufzer aus. Seine Leiche ward in dem Fort Carre beigesetzt.

In den Schubfächern seines Secretärs fand man wenig über hundert Franks, und sein Generalstab bestritt die Kosten seines Begräbnisses.

Elftes Capitel.
Die Armee des heiligen Glaubens

Am 16. März, ziemlich zu derselben Stunde, wo Championnet, aus Salvato’s Arm gestützt, Neapel verließ, begegnete der Cardinal Ruffo, indem er den kleinen Flecken Borgia passirte, einer Deputation der Stadt Catanzaro, welche ihm entgegenkam.

Diese Deputation bestand aus dem Präsidenten der Rota oder des Tribunals, Don Vicenzo Petrolli, dem Cavalier Don Antonio Peruccioli, dem Advokaten Saverio Landari, Don Antonio Greco und Don Alessandro Nava.

Saverio Landari ergriff in seiner Eigenschaft als Advocat das Wort, und setzte dem Cardinal die folgenden Thatsachen in ihrer ganzen Einfachheit und Klarheit auseinander:

»Obschon die Royalisten beinahe alle Einwohner, welche im Verdachte standen, der republikanischen Partei anzugehören, getödtet, in die Flucht geschlagen oder festgenommen hatten, so befand sich doch die Stadt Catanzaro immer noch im Zustande der furchtbarsten Anarchie, und Mord, Raub und persönliche Rache waren an der Tagesordnung.

Demzufolge ward im Namen aller rechtschaffenen Leute, die sich noch in der unglücklichen Stadt befanden, der Cardinal inständig gebeten, ihr so bald als möglich zu Hilfe zu kommen.

Die Lage mußte eine sehr ernste sein, da die Royalisten Beistand gegen die Leute ihrer eigenen Partei verlangten.

Allerdings hatten einige der Mitglieder der Deputation, welche Catanzaro dem Cardinal entgegensendete, demokratischen Comités angehört und der Präsident Don Vicenzo Petrolli, welcher Mitglied der provisorischen Regierung gewesen, war einer von Denen, welche auf den Kopf des Cardinals und den des Hofraths Fiore einen Preis gesetzt hatten.

Der Cardinal that, als ob er von diesem Allen nichts mehr wüßte. Ihm lag vor allen Dingen daran, daß die Städte ihm ihre Thore öffneten, mochten nun die Personen, durch welche dieses Oeffnen erfolgte, sein, wer sie wollten.

Demzufolge fragte er, um dem Uebel durch das schnellstmögliche Mittel zu begegnen, wer der Anführer des Volkes in Catanzaro sei.

Man antwortete ihm, es sei dies ein gewisser Don Francesco de Giglio.

Der Cardinal verlangte Feder und Tinte, und schrieb, ohne vom Pferde zu steigen, auf dem Knie Folgendes:

»Don Francesco de Giglio!

»Der Krieg, wie Sie ihn führen, ist gut gegen die hartnäckigen Jakobiner, welche sich mit den Waffen in der Hand tödten oder gefangennehmen lassen, aber nicht gegen die, welche durch Drohung oder Gewalt gezwungen worden sind, sich den Rebellen anzuschließen, besonders wenn diese letzteren bereuen und sich der Gnade des Königs in die Arme werfen. Mit noch weit triftigerem Grunde hat dieser Krieg gegen die friedlichen Bürger gar keine Entschuldigung.

»Demzufolge befehle ich Ihnen und aus Ihre eigene Verantwortlichkeit den Mordthaten, der Plünderung und überhaupt jeder Gewaltthätigkeit sofort Einhalt zu thun.«

Dieser Befehl ward unter dem Schutze einer Cavallerie-Escorte sofort nach Catanzaro befördert.

Dann setzte der Cardinal, von der Deputation begleitet, seinen einen Augenblick lang unterbrochenen Marsch nach Catanzaro weiter fort.

Die Avantgarde sah sich, als sie an dem Fluß Corace, dem Crotalus des Alterthums, anlangte, in Ermangelung von Brücken genöthigt, hindurchzufahren oder zu schwimmen.

Mittlerweile machte der Cardinal, der die von ihm in Rom gepflogenen archäologischen Studien noch nicht vergessen hatte, einen Abstreifen um die Ruinen eines griechischen Tempels zu besuchen.

Diese Ruinen welche man heute noch sieht, und welche der Verfasser dieses Buches, derselben Straße wie der Cardinal Ruffo folgend, auch besucht hat, sind die eines Tempels der Ceres, und eine Stunde weit davon liegen die Ruinen von Amphissum, wo Cassiodorus, erster Consul und Minister Theodorichs, Königs der Gothen, starb. Cassiodorus war-beinahe hundert Jahre alt geworden und sein Uebergang aus dieser Welt in die andere erfolgte in einem kleinen Asyl, welches die ganzes Umgegend beherrscht und wo er sein letztes Buch, eine Abhandlung über die Seele, schrieb.

Der Cardinal passirte, nachdem die Uebrigen ihm vorangegangen, den Corace ebenfalls, und machte an dem Strande von Catanzaro Halt, einer herrlichen Gegend, mit Villas besät, in welchen die vornehmen Familien die Wintersaison zuzubringen pflegen.

Da de -Strand von Catanzaro dem Cardinal keinen Schutz zur Unterbringung seiner Truppen bot und da überdies die Winterregengüsse mit jener in Calabrien gewöhnlichen Heftigkeit sich einzustellen begannen, so beschloß er einen Theil seiner Armee zur Blockade von Cotrone zu entsenden, wo die königliche Garnison in den Dienst der Republikaner getreten war, wo sämtliche flüchtige Patrioten der Provinz sich gesammelt hatten, und wo auf einem aus Aegypten gekommenen Schiff zweiunddreißig französische Artillerieofficiere, ein Oberst und ein Chirurg gelandet waren.

Der Cardinal detachirte deshalb von seiner Armee zweitausend Mann reguläre Truppen und ganz besonders die Compagnien der Capitäne Joseph Spadea und Giovanni Celia.

Diesen beiden Compagnien gab er nach eine dritte, aus Linientruppen bestehend, mit zwei Kanonen und einer Haubitze bei.

Die ganze Expedition ward unter die Befehle des Oberstlieutenants Perez de Veto gestellt. Als Parlamentär commandirte er den Capitän Dardano de Marcedusa.

Ein Bandit der schlechtesten Sorte, der aber das Terrain vollständig kannte, weil er seit zwanzig Jahren darin das Handwerk eines Straßenräubers übte, ward mit der wichtigen Funktion eines Führers der Armee beauftragt.

Dieser Bandit, Namens Pansanera, hatte sich durch zehn oder zwölf Mordthaten berühmt gemacht. Am Tage der Ankunft des Cardinals auf dem Strande von Catanzaro warf er sich ihm zu Füßen und bat ihn, seine Beichte zu hören.

Der Cardinal begriff sofort, daß ein Mann, der so mit der Muskete auf der Schulter, der Patrontasche auf dem Rücken und mit Dolch und Pistolen im Gürtel zu ihm kam, kein gewöhnlicher Bußfertiger sei.

Er stieg deshalb vom Pferde, ging ein wenig abseits von der Straße und setzte sich am Fuße eines Baumes nieder.

Der Bandit kniete nieder und entrollte unter den Anzeichen der tiefsten Reue die lange Kette seiner Verbrechen.

 

Der Cardinal konnte unter den Werkzeugen, welche er verwendete, nicht lange wählen. Dieses hier konnte ihm nützlich sein. Er begnügte sich daher mit der Versicherung der Reue des Mannes, ertheilte, ohne erst weiter zu erörtern, ob diese Reue auch aufrichtig sei, ihm die Absolution und beeilte sich dann, die topographischen Kenntnisse, welche Don Alonzo Pansanera im Kriege gegen die Gesellschaft sieh erworben, zum Vortheil des Königs nutzbar zu machen.

Die Gelegenheit dazu bot sich sehr bald dar und Pansanera ward, wie wir bereits bemerkt, zum Führer der Expeditionscolonne ernannt.

Diese setzte sich in Bewegung und der Cardinal blieb zurück, um die Armee wieder zu ordnen und die Reaction zu organisieren.

Nach Verlauf von drei Tagen setzte er sich seinerseits in Marsch; da er aber, wenn er dem Meeresstrande folgte, drei Etappen machen mußte, ohne einen bewohnten Ort zu passieren, so beauftragte er seinen Proviantcommissär Don Gaetano Peruccioli, eine gewisse Anzahl Wagen mit Brod, Zwieback, Schinken, Käse und Mehl zu beladen und sich dann auf Cotrone in Marsch zu setzen.

Gegen Ende des ersten Tages gelangte man an das Ufer des Flusses Trocchia, welcher in Folge von Regengüssen und durch geschmolzenen Schnee sehr angeschwollen war.

Während des Ueberganges, der nur mit großer Schwierigkeit und folglich in großer Unordnung bewirkt ward, verschwand der Proviantcommissär und sein Proviant mit der ganzen Administration.

Man sieht, daß Don Alonzo Pansanera es nicht besser gemacht hatte als Goetano Peruccioli.

Erst am Tage vorher zu seiner Function ernannt, hatte er keine Zeit verloren, den Grundstein zum Gebäude seines Reichthums zu legen. [Man weiß, daß wir in dem ganzen historischen Theile dieser Erzählung die reine und einfache Geschichte berichten. Wir erfinden nichts, verschweigen aber auch nichts.]

Erst am Abend und als die Armee Halt machte, um zu bivouakiren, gewahrte man Peruccioli‘s Verschwinden durch den gänzlichen Mangel an Lebensmitteln. Man hatte demzufolge an diesem Abend nichts zu essen.

Am nächstfolgenden Morgen fand man glücklicherweise nach zweistündigem Marsch ein Magazin vortrefflichen Mehles und stieß auf einige Rudel halb wilder Schweine, wie man dergleichen in Calabrien auf jedem Schritte begegnet.

Dieses doppelte Manna ward freudig willkommen geheißen und sofort in Specksuppe verwandelt. Der Cardinal aß davon wie die Anderen, obschon es Sonnabend und folglich Fasttag war. In seiner Eigenschaft als hoher Würdenträger der Kirche besaß er für seine Person Vollmachten, die er auf die ganze Armee ausdehnte.

Die sanfedistische Armee konnte daher ohne Bedenken ihre Specksuppe essen und fand dieselbe vortrefflich. Der Cardinal war derselben Meinung wie die Armee.

Ein Umstand, welcher den Cardinal nicht weniger in Erstaunen setzte als das Verschwinden des Proviantcommissärs Peruccioli, war das Erscheinen des Marquis Taccone, der auf Befehl des Generals Acton die Armee des heiligen Glaubens als Schatzmeister begleiten sollte und sich jetzt zu diesem Zwecke an sie anschloß.

Der Cardinal befand sich gerade in dem Mehlmagazin, als man ihm den Marquis Taccone meldete. Derselbe kam in einem ungünstigen Augenblick. Der Cardinal war bei schlechter Laune, denn er hatte seit vorigen Mittag nichts gegessen.

Er glaubte, der Marquis Taccone brächte ihm die fünfhunderttausend Ducaten, die er sich in Messina nicht verschaffen gekonnt, oder vielmehr er that, als ob er es glaubte. Der Cardinal war ein zu erfahrener Mann, als daß er dergleichen Irrthümer begangen hätte.

Er saß an einem Tische und expedierte auf einem Schemel, den man mit vieler Mühe aufgetrieben, Befehle.

»Ah, da sind Sie ja, Marquis,« sagte er, ehe noch dieser die Schwelle überschritten hatte. »Ich habe von Seiner Majestät bereits Nachricht erhalten, daß Sie die fünfhunderttausend Dukaten wiedergefunden hätten und mir dieselben überbringen würden.«

»Ich?« sagte Taccone erstaunt. »Da muß der König falsch berichtet sein.«

»Aber,« fragte der Cardinal, »was wollen Sie denn sonst hier? Es wüßte denn sein, daß Sie als Freiwilliger eintreten.

»Ich bin von dem Generalcapitän Acton geschickt, Eminenz.«

»In welcher Eigenschaft?«

»In der Eigenschaft eines Schatzmeisters der Armee.«

Der Cardinal brach in in lautes Gelächter aus.

»Glauben Sie vielleicht,« fragte er, »ich habe Ihnen fünfhunderttausend Ducaten zu geben, um die Million vollständig zu machen?«

»Ich bemerke mit Schmerz,« sagte der Marquis Taccone, »daß Sie mich im Verdacht der Untreue haben, Eminenz.«

»Nein, Marquis, da irren Sie sich, Nicht der Untreue, sondern des Diebstahls beschuldige ich Sie, und so lange Sie mir nicht den Beweis vom Gegentheil liefern, werde ich diese Anklage aufrecht erhalten.«

»Monsignore,« sagte Taccone, indem er ein Portefeuille aus der Tasche zog, »ich werde die Ehre haben, Ihnen zu beweisen, daß diese Summe und viele andere auf Befehl des Generalcapitäns Acton zu verschiedenen Zwecken verwendet worden sind.«

Und sich dem Cardinal nähernd, öffnete er sein Portefeuille.

Der Cardinal blickte mit seinem scharfen Auge hinein, und als er eine Menge Papiere darin gewahrte, die ihm nicht blos sehr wichtig, sondern auch sehr interessant zu sein schienen, so streckte er die Hand aus, ergriff das Portefeuille und rief der vor seiner Thür stehenden Schildwache zu:

»Laßt zwei eurer Cameraden kommen. Dieselben werden diesen Herrn beim Kragen nehmen, eine Viertelmeile von hier hinwegführen und aus der Landstraße stehen lassen. Wenn der Herr Miene macht umzukehren so schießt ihn nieder wie einen Hund, denn ein Hund steht in meiner Achtung weit höher als ein Dieb.«

Dann wendete er sich wieder zu dem durch diesen Empfang nicht wenig verblüfften Marquis Taccone und fuhr fort:

»Wegen Ihrer Papiere seien Sie unbesorgt. Ich werde genaue Abschriften davon nehmen, dieselben sorgfältig nummerieren lassen und dem König übersenden. Kehren Sie daher nach Palermo zurück. Ihre Papiere werden eben so schnell dort sein, als Sie.«

Und um dem Marquis Taccone zu beweisen, daß er ihm die Wahrheit sagte, begann der Cardinal die Durchsicht seiner Papiere, noch ehe der Marquis das Zimmer verlassen hatte.

Der Cardinal hatte, indem er sich des Portefeuille des Marquis Taccone bemächtigt, einen Hauptfund gethan.

Da uns dieses Portefeuille jedoch nicht selbst vorliegt, so werden wir uns begnügen, bei dieser Gelegenheit zu wiederholen, was Domenico Sacchinelli, der Biograph des berühmten Cardinals, sagt.

Bei der Durchsicht dieser Papiere, welche sich alle aus geheime Ausgaben bezogen,« schreibt er, »gewann dir Cardinal die Ueberzeugung, daß der größte Feind des Königs niemand Anderer war, als Acton. Deshalb schrieb er, durch seinen Eifer hingerissen, an den König, indem er ihm sämtliche Papiere, von welchen er vorsichtigerweise eine Abschrift zurückbehalten, übersendete, die Worte: »Sire, die Gegenwart des Generals Acton in Palermo gefährdet die Sicherheit Eurer Majestät und die der königlichen Familie!«

Sacchinelli, welchem wir diese Thatsache entlehnen und der, nachdem er Secretär des Cardinals gewesen, dessen Biograph ward, konnte in der Eile nichts weiter erhaschen als die zwei hier mitgetheilten Zeilen, denn der Cardinal schrieb den ganzen Brief an den König eigenhändig und beeilte sich dann ihn sofort abzusenden.

Mit völliger Gewißheit können wir jedoch hierbei erwähnen, daß die fünfhunderttausend Dukaten sich niemals wiederfanden.

Bei der Nachricht von dem Verschwinden des Proviantcommissärs Peruccioli hatte der Cardinal es nicht für räthlich erachtet, den von dem Regen angeschwellten Fluß zu passiren. Während man die für die Expedition nothwendigen Lebensmittel herbeischaffte, fiel das Wasser wahrscheinlich wieder.

Am 23. März früh war der Fluß in der That passierbar geworden, und da man mittlerweile eine genügende Quantität Proviant zusammengebracht, so befahl der Cardinal seinen Truppen sich in Bewegung zu setzen, sprang selbst zuerst mit seinem Pferde in das Wasser und ritt, obschon es ihm bis an den Gürtel ging, glücklich hindurch. Die ganze Armee folgte ihm.

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»