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Ein Liebesabenteuer

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XI

Am Abend, als der Sohn des Capitains das Ave Maria hersagte, war das Meer eben wie ein Spiegel und kein Gewölk am Himmel zu sehen.

Es versteht sich von selbst, daß Ferdinand und ich diese Nacht aus der Kajüte verbannt wurden und auf dem Verdeck schliefen.

Nichts ist bezaubernder, als die Sommerstürme an den Küsten von Neapel und Sicilien. Sie haben das Ansehen eines Streites von zwei Liebenden; die Natur schreit, stürmt, weint, dann wird der Friede geschlossen, die Ruhe tritt wieder ein, das Lächeln der Sonne erscheint wieder auf dem Blau des Himmels, die Thränen trocknen wieder, die schönen Tage sind zurückgekehrt.

Wir fuhren den ganzen Tag sieben bis acht Knoten in der Stunde, so daß wir um vier Nachmittags das Cap Palmieres zu unterscheiden begannen; von dem Punkte, von dem wir kamen, schien es uns vollständig den Durchgang zu versperren; die Meerenge von Messina war völlig unsichtbar, und wir hatten das Ansehen, gerade auf die Küste zuzufahren.

Zu unserer Linken zeigte sich das weiße Dorf Seylla, gleich einem Wasserfall von Häusern, der sich von der Höhe des Hügels in's Meer stürzte.

So wie wir uns näherten, sahen wir das Meer wie eine Lanzenspitze zwischen die Küsten von Sicilien und Calabrien eindringen.

Endlich entdeckten wir die Meerenge.

Wir passierten die Charybde und gingen in dem alten Hafen von Zanela vor Anker, dem seine Form, welche die einer Sichel ist, diesen Namen verschafft hatte.

Es war zu spät, um zu landen.

Unsere Matrosen, bezaubert, angekommen zu sein und ihre Rechnung mit dem Sturme ausgeglichen zu haben, brachten den ganzen Abend damit zu, zu singen und zu tanzen.

Während dieser Tänze und dieser Gesänge fand Maria Gelegenheit, mir im Vorübergehen die Hand zu drücken und mir ganz leise zu sagen:

»Es ist ein Wort, Sie reisen morgen früh ab. Ferdinand fährt mit dem nächsten Dampfschiffe ab, und wir finden uns in Palermo wieder.«

Ich erwiederte ihren Händedruck, indem ich wiederholte:

»Es ist ein Wort.«

Die Nacht«erging wunderbar, sternenhell, durchsichtig. Der Wind, sanft wie eine Liebkosung, duftig wie ein Parfüm, schien die ganze Erde in seine Küsse und Umarmungen einhüllen zu wollen.

Ich schlief wenig; aber was den Zauber meiner Schlaflosigkeit ausmachte, war, daß ich, obgleich von ihr entfernt, fühlte, daß Maria ebenso wenig schlief, wie ich.

Zwei- oder dreimal öffnete sie, in ihren Ueberwurf von Mousselin gehüllt, ihre Vorhänge ein wenig, um den Himmel anzusehen und im Morgen den ersten Strahl der Morgenröthe zu suchen.

Einmal kam sie heraus, trat auf das Verdeck, leicht wie ein Schatten, und ging so nahe an meiner Matratze vorüber, daß ich den Saum ihres Ueberwurfs fassen und küssen konnte.

Ferdinand schlief mit geballten Fäusten und erholte sich von den Anstrengungen des Sturmes.

Zwei- oder dreimal während des Tages hatte er den Priester erwähnt, der uns in dem Augenblick begegnet war, als wir uns einschiffen wollten.

»Zum Henker mit dem Priester,« sagte, er, »ich bin nicht abergläubisch, indessen muß ich gestehen, daß der Capitain Recht hatte.«

Was würde er gesagt haben, wenn er gewußt hätte, daß er eine vergebliche Reise gemacht?

Der Tag kam. Der Hafen erwachte zuerst, dann die Stadt, die Boote stießen vom Ufer ab und kamen die Fahrzeuge zu besuchen, die am Abend oder in der Nacht angekommen waren. Du Capitain machte ein Signal, die Gesundheitsbehörde kam. Die Untersuchungen wurden angestellt und man konnte landen.

Der Augenblick des Lebewohls war gekommen. Ich druckte Ferdinand mit einem gewissen Gefühle der Reue, mit Scham gemischt, die Hand. Ich umarmte Maria, die leise zu mir sagte, indem sie meinen Kuß empfing und zurückgab:

»In Palermo.«

Sie stieg zuerst in das Boot hinunter, Ferdinand nach ihr. Das Boot fuhr von dem Speronare ab und ruderte anf Messina zu.

Maria hatte sich so gesetzt, daß sie mich keinen Augenblick aus dem Gesichte verlor. Sie sah mich an und lächelte mir zu. Blick und Lächeln sagten mir deutlich: Ich bin ruhig, ich bin glücklich, ich rechne auf Dich.

Die sanfteste und für das Mitleid zugänglichste Frau ist grausam, wenn sie nicht liebt. Maria sagte sich in ihrem Herzen, daß sie redlich und gewissenhaft handle, indem sie Ferdinand Alles entdecke. Aber sie kümmerte sich in keiner Weise um die Wirkung, welche ihre Mittheilung auf den Mann hervorbringen würde, der sie liebte und den sie nicht liebte; sie hatte erfüllt, was sie als ihre Pflicht betrachtete; das war ihr hinreichend.

Am Ufer angekommen winkte sie mir ein letztes Lebewohl mit dem Taschentuche zu und ich schwenkte meinen Hut; sie sprang an s Ufer, wies Ferdinand's Arm, ich weiß nicht unter welchem Vorwande, zurück, ging einige hundert Schritte neben ihm her, wendete sich noch zum letzten mal um und verschwand wie ein Schatten an einer Straßenecke.

Der Capitain hatte sie begleitet; er kehrte mit seinen Papieren in der Ordnung zurück. Nichts hielt mich mehr in Messina auf, welches eine der langweiligsten Städte in der Welt ist und die ich übrigens schon kannte.

Wir nahmen Vorräthe von Fleisch, Fischen und frischem Gemüse ein, benutzten den Wind, welcher gut war und gingen an demselben Tage wieder unter Segel.

Acht Tage später war ich in Girgenti, dem alten Agrigent. Ich ließ mein Fahrzeug in dem Hafen zurück, ertheilte den Befehl, daß es den Umweg über Marsala mache und zu mir nach Palermo komme. Ich nahm Pferde und schloß einen Vertrag mit einem Banditenhauptmann, daß man mich nicht anhalte. Und nach einer Reise von drei Tagen zu Lande kam ich in Palermo an und fragte nach dem Hotel der vier Nationen, wo Maria absteigen wollte.

Ich erkundigte mich nach ihr. Sie war allein angekommen, hatte einen ungeheuren Erfolg gehabt und wohnte wirklich in dem Hotel.

Sie war eben in die Probe gegangen.

Ich nahm ein Zimmer in derselben Etage, weder zu nahe noch zu weit von ihrem Zimmer, dann eilte ich in's Bad; ich wollte da sein, wenn sie ankam.

Ich war in der That auf meinem Posten, über das Treppengeländer gelehnt, als man ihr unten sagte, ein Herr habe nach ihr gefragt und erwarte sie.

»O! er ist es!« rief sie.

Und sie eilte die Stufen hinauf.

Ich erwartete sie mit offenen Armen.

Sie stürzte sich hinein und kümmerte sich wenig darum, ob die Diener ihr folgten und ob die anderen Reisenden sie sahen oder hörten. Sie ging in ihr Zimmer und rief:

»Ich bin frei! ich bin frei! O! begreifst Du, welches Glück in diesem Worte liegt: Frei, frei, frei!«

In der Thai hatte mir nie der Vogel in der Luft, das Pferd auf der Ebene, das Reh im Walde einen solchen Begriff von der Größe, ich möchte fast sagen von der Majestät dieses Wortes frei gegeben.

Maria hatte mir einen Monat des Glücks in dem schönsten Lande der Welt versprochen; sie gab mir vierzehn Tage mehr, als sie versprochen hatte. Nach zwanzig Jahren sage ich: »Ich danke Dir, Maria; noch nie hat ein Schuldner wie Du Zinsen und Capital bezahlt!«

Was soll ich von Palermo sagen? Es ist das Paradies der Welt. Der Segen der Dichter über Palermo!

Nach Verlauf von sechs Wochen mußte man sich trennen. Vierzehn Tage waren in verzweifelten Kämpfen vergangen. Jeden Tag hätte ich abreisen sollen; jeden Tag war dieser Entschluß durch Thränen ausgelöscht worden.

Jeden Tag sagte ich:

»Ich werde morgen abreisen.«

Endlich kam der Augenblick der Abreise, Ich ging wieder an Bord meines Fahrzeuges. Maria verließ es erst in dem Augenblick, als man den Anker lichtete. Sie sang an dem Abend: sie mußte erhaben sein!

Der Wind war günstig. Es blieben mir noch die Inseln zu sehen übrig, die ich auf meiner letzten Reise nicht besucht hatte. Wir steuerten auf Aliendi zu.

Eine Zeitlang wehte der Wind in der Art, daß wir fünf bis sechs Seemeilen in der Stunde zurücklegten; dann ließ er nach und wir bekamen eine Windstille.

Ich bedauerte jetzt, meine Abreise nicht noch um einen Tag verzögert zu haben, da sie zu nichts nützte.

Ich hatte eine von jenen wunderbaren Nächten, wo man mit allen Sinnen die Zauber der Natur genießt. Ein tiefer Himmel, das durchsichtige Meer, in dem sich die Sterne abspiegelten, die Düfte von der Küste, der Geruch der Fluthen, das Umschweben des Unsichtbaren um das Wirkliche, Alles schien mich vergessen machen zu wollen, was ich eben verloren oder mir zeigen zu wollen, daß das, was ich eben verloren, mir allein fehle, mich zu einem Bevorzugten der Schöpfung zu machen.

Ich schlief bei Tagesanbruch ein, indem ich an Maria dachte und mir sagte: Sie denkt an mich.

Gegen sieben Uhr Morgens weckte mich der Capitain, indem er mir sagte, es wäre eben eine Barke vom Hafen abgefahren, welche aus uns zukomme und Signale mache.

Ich stürzte mich aus der Kajüte, mit dem Gedanken, daß sie mir einen Brief von Maria bringe.

ES war noch besser, sie brachte mir Maria selber.

Bei Tagesanbruch hatte sie sich, erkundigt, und erfahren, daß eine Windstille herrsche und daß der Speronare noch zu sehen sei; sie war gelaufen, eine Barke zu miethen und abgereist, um mir noch einmal Lebewohl zu sagen.

Ich weiß nicht, ob ich in meinem ganzen Leben eine so lebhafte Freude gehabt habe, wie die, welche ich empfand, als ich das bewundernswürdige Wesen an mein Herz drückte.

Sie lachte, sie weinte und schrie vor Freude. O Natur! wie bist Du schön in Deinen Blüthen, sei es nun, daß das Weib liebt oder die Blume sich öffnet!

Die Matrosen klatschten in die Hände, sie hatten jenen Tag des Gesanges und Tanzes, den Maria ihnen gegeben, nicht vergessen.

»Ja,« sagte sie voll Erkenntlichkeit, »ja, seid ruhig, wir wollen singen und Ihr sollt tanzen.«

Dann wendete sie sich mit jener zugleich zärtlichen und wilden Leidenschaft der Gazelle und der Löwin zu mir um und sagte:

 

»Und wir, wir werden lieben, nicht wahr?«

Damit das Fest allgemein sei, hatte Maria ihre Barke mit kaltem Fleisch und Wein, beladen. Das kalte Fleisch und der Wein wurden an die Mannschaft der Barke und des Speronare ausgetheilt.

Ein Fest begann.

Unser Fest bestand in Blicken voll Liebe und Thränen, in halben Worten, von Küssen unterbrochen, in freudigen Seufzern und traurigem Lächeln.

Der Tag verging mit Gesängen und Tänzen.

Die Nacht kam. Man hatte die Barke an den Spronare angelegt. Die beiden Matrosen aus Palermo hatten sich den unsrigen angeschlossen.

Die Windstille dauerte fort.

Schöne Nacht! liebliche Nacht! zu kurze Nacht! Nacht, deren Andenken in der Tiefe meines Herzens mit feurigen Buchstaben geschrieben steht.

Der Tag erschien. Ach! mit dem Tage erhob sich der Wind.

Wir mußten uns trennen: Maria spielte an dem Abend.

Sie wollte Allem Trotz bieten, um noch eine Stunde länger zu bleiben.

Es war unmöglich.

Wie der Verurtheilte, bat sie um eine halbe Stunde, eine Viertelstunde, um fünf Minuten.

Man mußte sie nehmen und in die Barke tragen.

O! wie weit ist die dramatische und theatralische Schönheit von der Wirklichkeit entfernt!

Ich hatte Maria in Norma, in Othello, als Donna Elvira gesehen: ich hatte ihr mit der vollen Stärke meiner Hände Beifall geklatscht.

Aber wie ganz anders schön war sie in ihrer wahren, ihrer wirklichen Verzweiflung! Bei mir stritt die Bewunderung mit der Liebe und so wie sie sich von mir entfernte, die Arme gegen mich ausgebreitet, und wie ich mich von ihr entfernte, die Arme gegen sie ausgestreckt, rief ich ihr zu:

»Ich liebe Dich, Du bist schön! Du bist schön! Ich liebe Dich!«

Der Wind nahm zu. Wir entfernten uns rasch. Die Matrosen der Barke ruderten angestrengt. Sie fürchteten, ein zu starker Wind möchte sie verhindern, in den Hafen zurückzukehren.

Am Spiegel stehend und ohne an die Gefahr zu denken, schwenkte sie ihr Taschentuch, und jede Bewegung dieser weißen Wolke, die von Minute zu Minute mehr dahinschwand, kam mir zu sagen: Ich liebe Dich!

Endlich löschte die Entfernung Alles ans, und die Barke verschwand.

Ich blieb stehen, das Auge auf den Hafen gerichtet, gewiß sehr lange, nachdem Maria bereits dort eingetreten war.

Ich habe sie niemals wiedergesehen.

Ich habe sie niemals wiedergesehen, es sind zwanzig Jahre seitdem vergangen, und nicht die kleinste Wolke trübt den Glanz dieser in Palermo verlebten sechs Wochen.

Während dieser sechs Wochen hatten zwei Wesen nur ein Herz, nur ein Dasein, nur einen Athem.

O! ich bin gewiß, während dieser sechs Wochen hat Gott mehr als einmal nach Palermo hingesehen.

* *
*

Ich wendete mich zu meinen beiden Reisegefährtinnen um.

Sie sahen mich lächelnd und kaum athmend an.

»Das ist meine Geschichte,« sagte ich zu ihnen. »Verlangen Sie keine zweite ähnliche von mir. Man hat nur eine, wie diese in seinem Leben.«

XII

Das Dampfschiff fuhr um zehn Uhr ab. Mit der Erzählung meiner Geschichte hatte ich bis sieben hingebracht. Die Damen hatten nur so viel Zeit, um sich zu waschen, ihre Toilette zu machen und zu frühstücken.

Ich zog mich bescheiden in mein Zimmer zurück.

Es ist unglaublich, welchen unbekannten Zauber ich auf dieser Reise empfand. Es war das erste Mal, daß sich mir diese seltsame Lage darstellte: Vertraulichkeit ohne den Besitz und Familiarität ohne Liebe.

Die brüderliche Zärtlichkeit würde keinen Begriff davon geben. Uebrigens geht die brüderliche Zärtlichkeit nicht bis zu dieser Hingabe der deutschen Frauen für einen Freund.?

Dann muß ich hinzufügen, haben sie, wenigstens alle, die ich gekannt habe, einen großen Vorzug vor unseren Frauen: sie sind immer zur Stunde bereit, ohne daß ihre Toilette bei dieser Pünktlichkeit zu leiden scheint.'

Eine Viertelstunde, nachdem ich sie verlassen hatte, riefen sie mich zurück. Ich war noch nicht bereit. Freilich hatte ich volle zehn Minuten damit hingebracht, zu träumen.

Sie hatten das erste Frühstück bestellt. Wir sollten das zweite an Bord des Dampfbootes einnehmen.

Ich weiß nicht, ob ich mich schon irgendwo über die Art ausgesprochen habe, wie man in Deutschland ißt; ich spreche nicht von der Qualität, sondern von der Quantität.

Ich habe mich sogar zuweilen gefragt, ob die Deutschen nicht in einem falschen Ruf der Träumerei stehen, und ob sie, wenn man glaubt, daß sie träumen, nicht ganz einfach beschäftigt sind zu verdauen.

Wir wollen unsere Aufzählung machen.

Morgens um sieben Uhr, wenn man die Augen öffnet, nimmt man das kleine Frühstück ein, das heißt, man ißt ein Weniges zwei Eier zu einer Tasse Kaffee, ein wenig Butterkuchen – nur gerade so viel, daß man nicht sagen kann, man setze den leeren Magen dem letzten Nachthauche aus.

Um elf Uhr kommt ein zweites Frühstück, welches aus Beefsteaks, aus Cotelettes, Kartoffeln und anderen Gemüsen besteht. Es unterscheidet sich dadurch von dem ersten, daß man dabei Wein trinkt, während man bei dem ersten gewöhnlich nur Wasser trinkt.

Um ein Uhr hält man das kleine Mittagsmahl. Dies besteht aus Schinken, kaltem Fleisch und einigen Beiessen, Es ist ein sinnreiches Mittel, sich den Magen für das große Mittagsmahl einzurichten.

Um drei Uhr kommt das große Mittagsmahl. Bei dieser Mahlzeit ißt man gewöhnlich Suppe mit Klößen, Rindfleisch mit Meerrettich, Hasen mit Confitüren, wilden Schweinebraten mit Kirschen, Eierkuchen mit Zucker, Saffran und Vanille, und Creme jeder Art.

Um fünf Uhr kostet man wieder eine Kleinigkeit, weniger um zu essen, muß man gestehen, als um zu sagen, daß man die Tradition einer guten Mahlzeit nicht ausgeben will.

Endlich, wenn man aus dem Theater kommt, speist man solid zu Abend, weil das Vesperbrod so leicht gewesen, und gleich darauf geht man zu Bette.

Unter diesen verschiedenen Mahlzeiten sind der Thee, die Kuchen und die Butterbemmen, die man in den Zwischenzeiten zu sich nimmt, nicht mit gezählt.

Seit meinen letzten Reisen in Deutschland muß ich sagen, daß in den Hotels an den Ufern des Rhein die Betten gänzlich das Ansehen verändert haben.

Ich hatte die Thorheit, diese Veränderung meinem Tadel zuzuschreiben.

Das Brod ist auch besser geworden. Der Kuchen kommt und der Pumpernickel ist beinahe verschwunden, um dieser Art von Butterkuchen Platz zu machen, die mit Eiern gefirnißt sind und die man wiener Brödchen nennt. Es war schon ein Fortschritt.

Wir hatten also zu unserem Frühstück Eier, Kaffee mit Sahne, man lese Cichorie mit Milch, untadelhafte Butter und jenes schöne weiße Gedeck und diese Wäsche, die mir später auf meiner Reise in Rußland so oft im Traume und so selten in der Wirklichkeit erscheinen sollte.

Von dem Hotel, wo wir waren, hörten wir die Glocke des Rheindampfbootes – welches etwa fünfhundert Schritte von uns auf dem linken Ufer ankerte – seine erste Aufforderung machen, in dem Augenblick, als wir unser Frühstück beendeten; wir hatten noch eine halbe Stunde vor uns, aber meine Reisegefährtinnen wollten fort, um einen guten Platz zu bekommen.

Wie haben sich die Deutschen, die so gern gut sitzen, entschlossen, seit so vielen Jahrhunderten so schlecht zu liegen?

Und doch muß man sagen, daß ungeachtet der unerhörten Art, wie dreißig, Millionen Deutsche beiderlei Geschlechts liegen, Deutschland das friedlichste Land auf der Erde ist.

Als wir uns zu dem Dampfschiffe begaben, hatten wir ein lebendiges Beispiel von jener im Evangelium erwähnten Vervielfältigung. Wir folgten einer Allee, die am Mein hinläuft, und in dieser Allee holten wir bald eine junge Frau von dreiundzwanzig bis vierundzwanzig Jahren ein. Sie führte ein großes Mädchen von sechs, oder sieben Jahren an der Hand. Ein starker Knabe von fünf bis sechs Jahren mit runden Backen wie Franzäpfel, spielte hinter ihr mit einem Balle. Ihm folgten zwei kleine Schwestern von vier bis fünf Jahren, die einander an der Hand führten; eine wohlbeleibte Amme, eine Bäuerin aus dem Schwarzwalde, kam dann, hielt ein Kind von zwei Jahren in ihren Armen und zog einen kleinen Wagen, in welchem ein kleiner Balg von acht bis zehn Monaten an seinem Daumen sog.

Eine Puppe, die der Familie gemeinschaftlich zu gehören schien, lag bei ihm.

Diese ganze Familie, die aus acht Personen bestand, konnte eine Totalsumme von sechsundvierzig bis achtundvierzig Jahren repräsentiren.

Wir gingen an Bord. Die Damen wählten ihre Plätze. Die Sache wurde ihnen leicht, und eine halbe Stunde später machte sich das Fahrzeug wieder auf den Weg.

Ein kleines Schloß, welches dem gegenwärtigen Könige von Preußen gehört, ruft eine etwas seltsame Erinnerung in mir hervor.

Ich machte zum ersten Mal die Rheinreise; es war im Jahre 1838.

Da ich erfahren hatte, daß dieses kleine Schloß dem Kronprinzen von Preußen – der gegenwärtige König war damals noch Kronprinz – gehöre, und daß der Kronprinz auf diesem Schlosse ein Museum von Gemälden, Waffen und Möbeln aus dem sechzehnten Jahrhundert gemacht habe, ließ ich mich vor diesem Schlosse an's Land setzen und verlangte es zu sehen.

Man antwortete mir, seit drei Tagen sei der Intendant des Kronprinzen mit dem Befehle angekommen, die Thore für den Augenblick den Neugierigen zu schließen: indessen wurden diese Neugierigen gebeten, ihre Namen in ein Register einzutragen, welches bei dem Portier niedergelegt war, da einige Ausnahmen gemacht werden sollten, wenn der Rang der Personen diese Ausnahme zu verdienen schien.

Obgleich mein Rang mir einem Intendanten des Kronprinzen gegenüber sehr unbedeutend erschien, so schrieb ich doch, wenn ich auch verurtheilt war, bis zum folgenden Tage in einer kleinen abgelegenen Herberge zu verweilen, auf jede Gefahr meinen Namen und die Andeutung des Gasthauses ein, das mir auf vierundzwanzig Stunden als Wohnung dienen sollte.

Dann ging ich etwa zwanzig Schritte weiter, um kleine Steine über den Rhein hinzuwerfen, was, wie man weiß, die große Unterhaltung Scipio's im Exil war.

Muß ich noch erst sagen, daß es nicht am Rhein, sondern am tyrhenischen Meere war, wo Scipio die Steine über das Wasser dahinwarf?

Ich war bei meinem dritten Steine und hatte fünfzehn oder achtzehn Kreise geworfen, als der Portier ganz außer Athem auf mich zukam, indem er mich für irgend einen incognito reisenden Fürsten hielt und bis auf den Boden grüßend sagte, der Befehl sei hinsichtlich meiner aufgehoben und ich könne das Schloß ganz nach Gefallen in Augenschein nehmen.

Er fügte hinzu, der Intendant erwarte mich, um mir die Honneurs zu machen.

Da ich nicht gebieterisch von dem Vergnügen zurückgehalten wurde, dem ich mich hingab, und da ich besonders den Intendanten Seiner königlichen Hoheit nicht warten lassen wollte, kehrte ich auf das Schloß zurück.

Der Intendant erwartete mich an der Thür des Waffensaales.

Es war ein Mann von etwa sechsunddreißig bis achtunddreißig Jahren, mit rother Gesichtsfarbe, blondem Haar, blauen Augen. Er empfing mich auf die graziöseste Weise, und entschuldigte sich, daß der Portier, Sclave seiner Vorschrift und unbelehrt, wie ein echter Schweizer, wie er sei, nicht sogleich begriffen habe, daß ein solcher Befehl nicht auf mich anwendbar sein könne.

Meinerseits erschöpfte ich mich in Danksagungen; der Intendant sprach französisch wie ein Pariser, es war einleuchtend, daß er ein wissenschaftlich gebildeter Mann war. Er hatte eine angenehme Figur, ein vornehmes Wesen. Ich reichte ihm die Hand zum Zeichen des Dankes, und wir schüttelten einander die Hände wie alte Kameraden.

Ich reiste schon seit einiger Zeit in Deutschland und die Deutschen hatten mich schon an dieses herzliche und freie Benehmen gewöhnt.

Meine Unbefangenheit schien ihn übrigens völlig zu beruhigen. Er sagte zu mir, er wolle mein Führer sein und die Honneurs des Schlosses machen.

Das Benehmen des Intendanten gefiel mir übrigens sehr; nur schien es mir sehr vornehm für einen Intendanten.

Wir durchliefen das Schloß Zimmer für Zimmer; wir nahmen es in allen Einzelheiten in Augenschein; wir gingen über die schwebende Brücke, die man von dem Dampfschiffe aus bemerkt und welche das Gewebe einer riesenhaften Spinne zu sein scheint, von einem Thurme zum anderen; dann verweilten wir in der Bibliothek, welche die schönsten Ausgaben von Goethe, von Schiller und von Shakespeare enthielt.

Während dieser Zeit war die Stunde des kleinen Mittagessens gekommen; man kam dem Herrn Intendanten zu melden, daß seine Mahlzeit serviert sei!

»Ich weiß nicht, ob Sie schon an unsere Stunden der Mahlzeiten gewöhnt sind,« sagte er zu mir; »aber ich habe gedacht, daß Sie mir die Ehre erweisen würden, mit mir zu frühstücken, und ich habe für Sie decken lassen.«

 

Man konnte ein Anerbieten, welches auf so graziöse Weise gemacht wurde, nickt ausschlagen. Ich nahm es an.

Indem ich in den Speisesaal hinunterstieg, sagte er zu mir:

»Ich habe gedacht, daß Sie, seitdem Sie in Deutschland sind, genug von der deutschen Küche gelitten haben müssen, und damit Sie nicht eine zu schlechte Erinnerung von unserem armen Schlosse mitnehmen, habe ich Ihnen ein Frühstück nach französischer Sitte bestellt.«

Ich muß gestehen, daß diese höchst delicate Aufmerksamkeit nicht die war, für welche er mich am wenigsten zugänglich fand. Der Gedanke, wahres Brod anstatt Butterkuchen oder Pumpernickel zu essen, lächelte mich sehr freundlich an.

Auch stieß ich ein Freudengeschrei aus, als ich bemerkte, was die Bäcker eine Krone nennen.

Die, welche meine Ansichten kennen, wissen, daß es nicht die Form war, die mir Freude machte, sondern der Inhalt.

Das Frühstück war vortrefflich und gewiß von einem Landsmanne bereitet. Ich erkundigte mich nach der Nationalität des Künstlers: es war freilich ein Franzose. Die französische Küche, sagte mir der Intendant, wäre die, welche Seine königliche Hoheit vorziehe, und der Koch wohne im Schlosse, obgleich er nur während des Sommeraufenthalts des Kronprinzen auf diesem Schlosse beschäftigt sei.

Als das Frühstück beendet war, erklärte der Intendant, da ich in die Mausefalle gegangen, so habe ich nicht das Recht, anders als mit seiner Erlaubniß hinauszugehen. Er ließ mir also die Wahl zwischen einer Partie Tricktrack, einer Partie Billard und einem Spazierritt.

Vom Tricktrack habe ich nie einen Begriff gehabt. Seitdem ich, wie man in meinen Memoiren sehen kann, meinem Freunde Kartier die achthundert kleinen Gläser und die achtzig Halbtassen, womit ich die Reise nach Paris machte, die über meine Zukunft entschied, abgewonnen, glaube ich nicht dreimal ein Billardqueue in der Hand gehabt zu haben. Ich gab also dem Spazierritte den Vorzug.

Auf ein Zeichen des Intendanten wurden zwei gesattelte Pferde auf die Rampe des Schlosses geführt. Er bestieg das eine, ich das andere und dann ritten wir durch ein malerisches Thal bis zu den Ruinen eines alten Schlosses.

Unterwegs erzählte er mir die Geschichte desjenigen, welches wir eben verlassen hatten.

Es war ehemals das Eigenthum der Stadt Koblenz, die es mehrere Jahre lang, wenn ich nicht irre, für die Summe von dreihundert Franken zum Verkauf ausgesetzt, ohne einen Liebhaber zu finden. Hierauf machte die Stadt es dem Kronprinzen von Preußen zum Geschenk, der sich für dieses Geschenk dadurch erkenntlich zeigte, daß er eine Million daran verwendete.

Nach einem Spazierritte von drei Stunden im Gebirge kehrten wir auf das Schloß zurück, das große Mittagsmahl erwartete uns.

Da ich das kleine Mittagsmahl angenommen hatte, so sah ich keinen Grund, warum ich das große nicht annehmen sollte; doch als ich die Pracht sah, womit dasselbe servirt wurde, machte ich dem Intendanten Vorwürfe über die Kosten, die er dem Kronprinzen bereite.

Darauf erwiderte er mir, indem der Kronprinz ihn gewählt, wisse er wohl, in welche Gefahr er gerathe. Mein Vorwurf wurde immer begründeter, so wie das Mittagsmahl von einem Gericht zum anderen fortschritt. Nach den Bordeauxweinen kamen die Rheinweine, nach den Rheinweinen kamen die Champagnerweine und nach den Champagnerweinen die Ungarweine. Es war wirklich schade, daß all dieser Aufwand an einen so schwachen Trinker verschwendet wurde, wie ich bin.

Der Kaffee erwartete uns auf der Terrasse des Schlosses. Es gab nichts Wunderbareres, als den Horizont, den man von dieser Terrasse überblickt. Berge, Thäler, Flüsse. Ruinen, Dörfer, Alles vereinte sich zu einem unvergleichlichen Aspect. Nirgends vielleicht ist der Rhein belebter, als hier; der Fluß ist mit Fischerbooten, mit Dampfschiffen und diesen großen Holzflößen bedeckt, auf weichen eine ganze Bevölkerung stromabwärts fährt – die Landstraßen sind mit Reitern, Fußgängern, Kutschen, Karren, Einspännern und Kaleschen bedeckt. Man ist kaum vier oder fünf Meilen von Koblenz entfernt und Koblenz eine der lebhaftesten und lärmendsten Städte an den Ufern des Rhein.

Ich brachte dort zwei oder drei der malerischsten Stunden meines Lebens zu.

Mein Wirth kannte alle Rheinsagen, von der Loreley bis zu dem Autograph Janin's an Herrn von Metternich; er wußte alle Balladen Uhlands, von der Wirthin Töchterlein bis zu des Sängers Fluch auswendig. Wir stritten lebhaft über Goethe und Schiller; wie alle Deutschen, die wenig dramatisch und sehr träumerisch sind, zog er Goethe Schiller vor; ich dagegen, der ich wenig träumerisch und sehr dramatisch bin, gab dem Verfasser der Räuber vor dem Verfasser des Egmont den Vorzug. Ja noch mehr, und dies erschien meinem Wirthe als ein verdammlicher Gedanke: Faust, die Verkörperung des deutschen Geistes, erschien mir dem Götz von Berlichingen untergeordnet. Ich hatte die Kühnheit, Faust von einen Ende bis zum anderen umzuformen. Mein Wirth war im Begriff, sich das Gesicht zu verhüllen, gleich dem Könige der Könige in der schönen Scene des Euripides zwischen Menelaus und Agamemnon.

Kurz, ungeachtet meiner Widersprüche schien sich mein Wirth, der, wie gesagt, nicht nur sehr belesen war, sondern die französische Sprache in allen Feinheiten anwendete, sehr an der Unterredung zu unterhalten, die mich meinerseits außerordentlich interessierte. Endlich, als der Abend vorgerückt war und die Nacht kam, stand ich auf, um Abschied zu nehmen, aber da erklärte er mir, um mich nicht dem auszusetzen, in einem jener Betten zu schlafen, wovon ich ihm eine Beschreibung gemacht, habe er meinen Koffer aus dem Gasthofe holen und sagen lassen, daß ich nicht dort schlafen wurde, da man mir ein Zimmer im Schloß eingeräumt.

Da ich einmal so weit gegangen war, konnte ich eben so gut noch weiter gehen. Ich nahm also das Zimmer an, wie ich das große und das kleine Mittagsmahl angenommen, aber unter der Bedingung, daß das Dampfboot am folgenden Tage nicht ohne mich weiter gehen solle.

Die Verbindlichkeit wurde förmlich von meinem Wirthe übernommen.

Die Stunde des Abendessens war gekommen. Der Thee, die Kuchen, die Butterbemmen, die Butterkuchen, der Marzipan erwartete uns; man mußte Alles durchmachen, den Marzipan, die Butterkuchen, die Butterbemmen, die Kuchen und den Thee.

Ich muß sagen, seitdem ich in Deutschland war, wurde ich dergleichen Gewaltthätigkeiten ausgesetzt, und für einen Mann, der in Paris nur zwei Mahlzeiten täglich und zuweilen nur eine einnimmt, zog ich mich noch ziemlich ehrenvoll aus der Affaire.

Freilich munterte mich mein Wirth ganz besonders zum Essen auf.

Endlich zeigte die Uhr die Mitternachtstunde an. Es war offenbar Zeit, sich zur Ruhe zu begeben. Ich stand auf. Mein Wirth klingelte und ein Kammerdiener führte mich in mein Schlafgemach.

Ich hatte das Ehrenzimmer, das der Familienportraits bekommen; ich wurde von einem ganzen Regiment von Markgrafen, von Herzogen und Königen, von dem Gründer des Deutschordens bis auf Friedrich Wilhelm bewacht. Endlich lag ich in einem Bette mit Bildhauerarbeit verziert, worin sechs Reisende von meiner Größe Platz gehabt hätten, und wo ein Adler von Eichenholz die Brocatvorhänge in seinen Krallen hielt.

Ich dachte an meinen lieben Victor Hugo und sagte allen diesen Rittern, diesen Herzogen, diesen Markgrafen und diesen Königen die schöne Scene in der Portraitgallerie aus Hernani vor.

Hierauf entschloß ich mich, die drei Stufen der Estrade zu ersteigen, worauf mein Bett stand, über die mit Bildhauerarbeit bedeckte Planke, die ihm das Ansehen eines ungeheuren Koffers gab, zu schreiten und mich in das Innere zu wagen.

Dies mußte das Bett Friedrich'« Barbarossa oder des Kaisers Heinrich des Vierten sein.

Ich schlief darin, als wenn es das meine gewesen wäre. Freilich war ich nicht excommunicirt, wie meine beiden Vorgänger, und besonders auch nicht Kaiser gewesen, welche sociale Stellung, besonders, wenn man sie verloren hat, nicht aufhört, den Schlaf zu beunruhigen.

Ich erwachte ganz ernsthaft um acht Uhr Morgens.

Ich brauchte zehn Minuten, um mich zu orientieren und zu errathen, wo ich sei; endlich sammelte ich meine Erinnerungen. Ich hörte eine Uhr aus dem sechszehnten Jahrhundert schlagen, und da eine Uhr, die seit so langer Zeit ging, natürlich zurück sein mußte, so sprang ich aus dem Bette.

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