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Die Fünf und Vierzig

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Achtes Kapitel

Die Beichterin

Der vom Prior unter dem Namen Panurgos angekündigte Mönch erschien bald.



Man hatte ihm offenbar nicht wegen seiner physischen oder moralischen Beschaffenheit vergönnt, seinen verstorbenen Homonymen zu ersetzen, denn nie war ein gescheiteres Gesicht durch die Anwendung von einem Eselsnamen entehrt worden.



Mit seinen kleinen Augen, seiner spitzigen Nase und einem hervorstehenden Kiefer, glich Bruder Panurgos einem Fuchse.



Chicot schaute ihn einen Augenblick an und schien während dieses Augenblicks, so kurz er auch war, den Boten des Klosters zu seinem wahren Werthe geschätzt zu haben.



Panurgos blieb demüthig bei der Thüre stehen.



»Kommt hierher, Herr Eilbote,« sagte Chicot, »kennt Ihr den Louvre?«



»Ja, mein Herr,« antwortete Panurgos.



»Und im Louvre kennt Ihr einen gewissen Heinrich Von Valois?«



»Den König?«



»Ich weiß in der That nicht, ob es der König ist,« erwiederte Chicot, »aber man nennt ihn gewöhnlich so.«



»Mit dem König werde ich zu thun haben?«



»Ganz richtig, kennt Ihr ihn?«



»Genau, Herr Briquet.«



»Wohl! Ihr verlangt mit ihm zu sprechen.«



»Wird man mich zu ihm lassen?«



»Bis zu seinem Kammerdiener, ja; Euer Kleid ist ein Paß; Seine Majestät ist sehr religiös, wie Ihr wißt.«



»Und was soll ich dem Kammerdiener Seiner Majestät sagen?«



»Ihr sagt ihm, Ihr werdet vom Schatten geschickt.«



»Von welchem Schatten?«



»Die Neugierde ist ein gemeiner Fehler.«



»Verzeiht.«



»Ihr sagt also, Ihr werdet vom Schatten geschickt.«



»Ja.«



»Und Ihr erwartet den Brief.«



»Welchen Brief?«



»Abermals!«



»Ah! es ist wahr.«



»Mein Ehrwürdiger, der andere Panurgos wäre mir entschieden lieber,« sagte Chicot sich gegen Gorenflot umwendend.



»Das ist Alles, was ich zu thun habe?« fragte der Bote.



»Ihr fügt bei, der Schatten warte, indem er ganz sachte auf der Straße nach Charenton fort wandere.«



»Auf dieser Straße habe ich Euch nachzufolgen?«



»Allerdings.«



Panurgos schritt auf die Thüre zu und hob den Vorhang auf, um hinauszugehen; es kam Chicot vor, als hätte der Bruder Panurgos bei dieser Bewegung einen Horcher entblößt.



Uebrigens fiel der Vorhang wieder so rasch, daß Chicot nicht dafür hätte stehen können, ob das, was er für eine Wirklichkeit nahm, nicht eine Vision gewesen wäre.



Der scharfe Geist von Chicot machte es diesem bald zur Gewißheit, daß Bruder Borromée horchte.



»Oh! Du horchst,« dachte er, »desto besser, ich werde in diesem Fall für Dich sprechen.«



»Ihr seid also mit einer Sendung vom König beehrt, lieber Freund?« sagte Gorenflot.



»Mit einer vertraulichen ja.«



»Ich denke, sie bezieht sich auf die Politik?«



»Ich denke es auch.«



»Wie, Ihr wißt nicht, mit welcher Sendung Ihr beauftragt seid?«



»Ich weiß nur, daß ich der Träger eines Briefes bin.«



»Ein Staatsgeheimniß ohne Zweifel?«



»Ich glaube es.«



»Und Ihr vermuthet nichts?«



»Nicht wahr, wir sind hinreichend allein, daß ich Euch meine Gedanken sagen kann?«



»Sprecht; ich bin ein Grab für Geheimnisse.«



»Nun wohl! der König ist endlich entschlossen, dem Herzog von Anjou beizustehen.«



»In der That?«



»Ja, Herr von Joyeuse mußte zu diesem Behuf in der vergangenen Nacht abreisen.«



»Aber Ihr, mein Freund?«



»Ich gehe gegen Spanien zu.«



»Wie reist Ihr?«



»Bei Gott! wie wir es früher machten, zu Fuß, zu Pferd, im Wagen, wie es sich gerade trifft.«



»Jacques wird ein guter Gesellschafter auf der Reise für Euch sein, und Ihr habt wohl gethan, ihn zu wählen.«



»Ich gestehe,

mir

 gefällt er ungemein.«



»Dies wäre ein hinreichender Grund, daß ich ihn Euch geben würde; aber ich glaube überdies, er wäre eine tüchtige Unterstützung für Euch im Falle eines Zusammentreffens.«



»Ich danke, mein Freund. Und nun habe ich Euch nur noch Lebewohl zu sagen.«



»Gott befohlen!«



»Was macht Ihr?«



»Ich will Euch meinen Segen geben.«



»Bah! unter uns ist das unnöthig,« sagte Chicot.



»Ihr habt Recht,« versetzte Gorenflot, »das ist gut für die Fremden.«



Und die zwei Freunde umarmten sich zärtlich.



»Jacques!« rief der Prior, »Jacques!«



Panurgos zeigte sein Mardergesicht zwischen den zwei Thürvorhängen, »Wir! Ihr seid noch nicht abgegangen?« rief Chicot.



»Verzeiht, Herr.«



»Geht geschwinde, Herr Briquet hat Eile,« sagte Gorenflot, »wo ist Jacques?«



Bruder Borromée erschien ebenfalls mit süßlicher Miene und lachendem Mund.



»Bruder Jacques?« wiederholte der Prior.



»Bruder Jacques ist weggegangen,« sagte der Säckelmeister.



»Wie, weggegangen!« rief Chicot.



»Habt Ihr nicht verlangt, daß Jemand nach dem Louvre gehe, mein Herr?«



»Ja, Bruder Panurgos,« erwiederte Gorenflot.



»Oh! ich Dummkopf, der ich bin! ich hatte verstanden Jacques,« sagte Borromée, sich vor die Stirne schlagend.



Das Gesicht von Chicot verfinsterte sich, doch das Bedauern von Borromée war scheinbar so aufrichtig, daß ein Vorwurf grausam gewesen wäre.



»Ich werde also warten, bis Jacques zurückgekommen ist,« sagte Chicot.



Borromée verbeugte sich, die Stirne faltend.



»Ah!« rief er, »obgleich ich deshalb heraus gegangen bin, vergaß ich, dem ehrwürdigen Prior zu melden, daß die unbekannte Dame angekommen ist und sich eine Audienz von Euer Ehrwürden erbittet.«



Chicot sperrte die Ohren weit auf.



»Allein?« fragte Gorenflot.



»Mit einem Stallmeister.«



»Ist sie jung?«



Borromée schlug schamhaft die Augen nieder.



»Gut, er ist scheinheilig,« dachte Chicot.



»Mein Freund,« sprach Gorenflot, indem er sich an den falschen Robert Briquet wandte, »Du begreifst…«



»Ich begreife und lasse Euch allein,« erwiederte Chicot, »ich werde in einem benachbarten Zimmer oder im Hof warten.«



»Gut, mein lieber Freund.«



»Es ist weit von hier in den Louvre,« bemerkte Borromée, »und Bruder Jacques kann lange ausbleiben, um so mehr, als die Person, an die Ihr schreibt, vielleicht zögern wird, einen so wichtigen Brief einem Kind anzuvertrauen.«



»Ihr bedenkt das etwas spät, Bruder Borromée.«



»Ich wußte es nicht; wenn man mir vertraut hätte…«



»Gut, gut, ich werde mich mit kurzen Schritten gen Charenton begeben; der Bote, wer es auch sein mag, wird mich auf dem Wege einholen.«



Und er wandte sich nach der Treppe.



»Nicht nach dieser Seite, wenn es Euch beliebt, mein Herr,« sagte Borromée rasch, »die unbekannte Dame kommt hier herauf und sie wünscht Niemand zu begegnen!«



»Ihr habt Recht,« erwiederte Chicot lächelnd, »ich gehe die kleine Treppe hinab.«



Und er ging auf eine Nebenthüre zu, welche in ein kleines Cabinet führte.



»Und ich,« sagte Borromée, »ich werde die Ehre haben, die Beichterin bei dem ehrwürdigen Herrn Prior einzuführen.«



»Gut,« sprach Gorenflot.



»Ihr wißt den Weg?« fragte Borromée unruhig.



»Vortrefflich,« erwiederte Chicot und ging durch das Cabinet.



Nach diesem Cabinet kam ein Zimmer; die Geheimtreppe ging auf den Ruheplatz dieses Zimmers.



Chicot hatte wahr gesprochen, er kannte den Weg aber er kannte das Zimmer nicht mehr.



Es hatte sich in der That seit seinem letzten Besuch gewaltig verändert; das friedliche Gemach war in ein kriegerisches verwandelt wurden; die Wände waren mit Waffen geziert, der Tisch mit Säbeln, Degen und Pistolen beladen; alle Winkel enthielten ein Nest von Musketen und Büchsen.



Chicot verweilte einen Augenblick in diesem Zimmer; er fühlte das Bedürfniß, nachzudenken.



»Man verbirgt mir Jacques, man verbirgt mir die Dame, man treibt mich die kleinen Stufen hinab, um die große Treppe frei zu lassen; das heißt, man will mich von dem Mönchlein entfernen und die Dame vor mir verheimlichen, so viel ist klar.



»Ich muß also eine gute Kriegslist anwenden und; gerade das Gegentheil von dem thun, was man will, des ich thun soll.



»Ich werde die Rückkehr von Jacques abwarten und eine solche Stellung nehmen, daß ich die geheimnißvolle Dame sehe.



»Ho! ho! da liegt ein schönes Panzerhemd in der Ecke… fein, geschmeidig und fest gearbeitet!«



Er hob es auf, um es zu bewundern.



»Ich suchte gerade eines, so leicht wie Linnen,« sagte er, »für den Prior ist es zu eng; man sollte in der That glauben, es wäre für mich gemacht worden; entlehnen wir dieses Stück von Dom Modeste, bei unserer Rückkehr geben wir es ihm wieder.«



Rasch bog Chicot das Panzerhemd und schob es unter sein Wamms.



Er beseitigte dies letzte Nestel, als Bruder Borromée auf der Schwelle erschien.



»Oh! oh!« murmelte Chicot, »Du abermals, doch Du kommst zu spät, Freund.«



Und er kreuzte seine langen Arme hinter dem Rücken, legte sich zurück und stellte sich, als bewunderte er die Trophäen.



»Herr Robert Briquet sucht eine Waffe, die ihm taugen würde?« fragte Borromée.



»Ich, lieber Freund?« erwiederte Chicot, »mein Gott! wozu eine Waffe?«



»Ah! wenn man so gut damit umzugehen weiß!«



»Theorie, lieber Bruder, Theorie, nichts Anderes; ein armer Bürger meiner Art kann mit seinen Armen und Beinen geschickt sein; aber was ihm fehlt und immer fehlen wird, ist das Herz eines Soldaten. Das Rappier, glänzt ziemlich niedlich in meiner Hand; doch glaubt mir, Jacques würde mich mit der Spitze eines Degens von hier nach Charenton zurücktreiben.«



»Wahrhaftig,« versetzte Borromée, halb überzeugt durch die so einfache und gutmüthige Miene von Chicot, der sich buckeliger, gekrümmter und schieliger als je gemacht hatte.



»Und dann fehlt es mir an Athem,« fuhr Chicot fort: »Ihr habt gesehen, daß ich nicht ausfallen kann, die Beine sind abscheulich, da mangelt es mir.«

 



»Erlaubt mir, Euch zu bemerken, mein Herr, daß dieser Mangel beim Reisen noch größer ist, als beim Fechten.«



»Ah! Ihr wißt, daß ich reise,« versetzte Chicot mit gleichgültigem Tone.



»Panurgos hat es mir gesagt,« erwiederte Borromée erröthend.



»Das ist drollig, ich glaubte nicht hiervon mit Panurgos gesprochen zu haben; doch gleichviel, ich habe keinen Grund, es zu verbergen. Ja, mein Freund, ich mache eine kleine Reise, ich gehe in meine Heimath, wo ich etwas Grund und Boden habe.«



»Wißt Ihr, Herr Briquet, daß Ihr dem Bruder Jacques eine große Ehre verschafft?«



»Die, mich zu begleiten.«



»Einmal, sodann die, den König zu sehen.«



»Oder seinen Kammerdiener, denn es ist möglich und sogar wahrscheinlich, daß Bruder Jacques nichts Anderes sehen wird.«



»Ihr seid also ein Vertrauter des Louvre?«



»Oh! einer der Vertrautesten, mein Herr; ich liefere dem König und den jungen Herren vom Hofe gewalkte wollene Strümpfe.«



»Dem König?«



»Ich hatte schon seine Kundschaft, als er noch Herzog von Anjou war… Bei seiner Rückkehr aus Polen erinnerte er sich meiner und machte mich zum Hoflieferanten.«



»Ihr habt da eine schöne Bekanntschaft, Herr Briquet.«



»Die Bekanntschaft Seiner Majestät?«



»Ja.«



»Das sagt nicht Jedermann, Bruder Borromée.«



»Oh! die Liguisten.«



»Jeder ist es heute mehr oder minder.«



»Ihr seid es sicherlich minder.«



»Ich, warum.«



»Wenn man den König persönlich kennt?»



»Ei! ei! ich habe meine Politik wie die Anderen.«



»Ja, aber Eure Politik steht im Einklang mit der des Königs.«



»Glaubt das nicht, wir streiten häufig.«



»Wie kann er Euch, wenn Ihr streitet, eine Mission anvertrauen?»



»Eine Commission, wollt Ihr sagen?«



»Mission oder Commission, gleich viel, das Eine wie das Andere fordert Vertrauen.«



»Bah! wenn ich nur meine Maßregeln gehörig zu treffen weiß, mehr braucht der König nicht.«



»Eure Maßregeln?«



»Ja.«



»Politische Maßregeln, Finanzmaßregeln?«



»Nein, Stoffmaßregeln.«



»Wie?« machte Borromée erstaunt.



»Allerdings, Ihr werdet es begreifen.«



»Ich höre.«



»Ihr wißt, daß der König eine Pilgerfahrt zu Unserer-Lieben-Frau von Chartres gemacht hat.«



»Ja, um einen Erben zu bekommen.«



»Ganz richtig, Ihr wißt, daß es ein sicheres Mittel gibt, um das Resultat zu erreichen, das der König verfolgt?«



»Es scheint jeden Falls, daß der König dieses Mittel nicht anwendet.«



»Bruder Borromée!«



»Was?«



»Ihr wißt genau, daß es sich darum handelt, einen Thronerben durch ein Wunder und nicht auf eine andere Weise zu erhalten.«



»Und dieses Wunder verlangt man?«



»Von Unserer-Lieben-Frau von Chartres.«



»Ah! ja, das Hemd?«



»So ist es. Der König hat dieser guten Lieben-Frau ihr Hemd genommen und es der Königin gegeben, so daß er ihr im Austausch für dieses Hemd einen Rock ähnlich dem Unserer-Lieben-Frau von Toledo schenken will, der, wie man sagt, der schönste und reichste Jungfrauenrock ist, den es auf der Welt gibt.«



»Somit geht Ihr …«



»Nach Toledo, lieber Bruder Borromée, nach Toledo, um das Maß von dem Rocke zu nehmen und einen ähnlichen machen zu lassen.«



Borromée schien zu zögern, ob er Chicot auf sein Wort glauben oder nicht glauben sollte.



Nach reiflichem Ueberlegen ist es uns gestattet, zu denken, er habe ihm nicht geglaubt.



»Ihr könnt Euch also vorstellen,« fuhr Chicot fort, als ob er durchaus nicht wüßte, was im Geiste des Bruder Säckelmeisters vorging, »Ihr könnt Euch also vorstellen, daß mir die Gesellschaft von Geistlichen unter solchen Umständen sehr angenehm gewesen wäre. Doch die Zeit geht vorbei und Bruder Jacques kann nun nicht mehr lange ausbleiben. Uebrigens will ich außen warten, bei der Croix-Faubin zum Beispiel.



»Ich glaube, daß dies besser ist,« sagte Borromée.



»Ihr werdet also die Güte haben, ihn zu benachrichtigen, sobald er zurückkommt.«



»Ja.«



»Und Ihr schickt ihn mir?«



»Ich werde es nicht versäumen.«



»Ich danke, lieber Bruder Borromée, … Ich bin entzückt, Eure Bekanntschaft gemacht zu haben.«



Beide verbeugten sich und Chicot ging auf der kleinen Treppe ab. Hinter ihm schloß Bruder Borromée die Thüre mit dem Riegel.



»Oh! oh!« sagte Chicot »es scheint wichtig zu sein, daß ich die Dame nicht sehe, folglich muß ich sie sehen.«



Und um dieses Vorhaben in Ausführung zu bringen ging Chicot so auffallend als möglich aus der Priorei der Jacobiner weg, plauderte einen Augenblick mit dem Bruder Pförtner und wanderte, die Mitte der Straße haltend, nach der Croix-Faubin.



Doch als er zu der Croix-Faubin gelangte, verschwand er an der Mauerecke eines Pachthofes, und hier, wo er fühlte, daß er allen Argussen des Priors, und hätten die Falkenaugen von Bruder Borromée gehabt, Trotz bieten konnte, schlüpfte er längs den Gebäuden hin, folgte in einem Graben einer Hecke, welche rückwärts lief, und erreichte, ohne bemerkt worden zu sein, eine Reihe ziemlich dichter junger Hagenbuchen, welche sich dem Kloster gegenüber ausdehnte.



An dieser Stelle angelangt, die ihm einen Beobachtungsmittelpunkt bot, wie er sich ihn nur immer wünschen konnte, setzte oder legte er sich vielmehr nieder und wartete, bis Bruder Jacques in das Kloster zurückkam und die Dame herausging.




Neuntes Kapitel

Der Hinterhalt

Chicot brauchte, wie man weiß, nicht lange, um einen Entschluß zu fassen. Er faßte den, zu warten, und zwar so bequem als möglich.



Er machte sich durch die Dicke der Hagenbuchen ein Fenster, um die Kommenden und Gehenden, die ihn interessiren konnten, nicht unbemerkt vorüber zu lassen.



Die Straße war öde. So weit der Blick von Chicot reichte, erschienen weder Reiter, noch Neugierige, noch Bauern. Die ganze Menge vom vorhergehenden Tag war mit dem Schauspiel verschwunden, das dieselbe versammelt hatte.



Chicot sah also nichts, als einen ziemlich elend gekleideten Mann, der quer über die Straße ging und mit einem spitzigen Stabe Messungen auf dem Pflaster Seiner Majestät des Königs von Frankreich vornahm.



Chicot hatte durchaus nichts zu thun. Er war entzückt, daß er diesen guten Mann fand, der ihm als Betrachtungspunkt dienen sollte.



»Was messend warum messen?« dies waren zwei Minuten lang die ernsten Fragen, welche Meister Robert Briquet an sich richtete.



Er beschloß also, ihn nicht aus dem Gesicht zu verlieren.



Im Augenblick aber, wo dieser Mann seine Messung beendigt hatte und den Kopf wieder erheben sollte, nahm leider eine wichtigere Entdeckung seine Aufmerksamkeit in Anspruch und nöthigte ihn, die Augen nach einem anderen Punkte zu richten.



Es öffneten sich die beiden Flügel des Fensters vom Balkon von Gorenflot, und man sah die ehrwürdige Rundung von Dom Gorenflot erscheinen, der mit seinen großen, weit aufgesperrten Augen, mit seinem Festtagslächeln und seinen höflichsten Manieren eine Dame führte, welche beinahe ganz unter einem mit Pelz verbrämten Sammetmantel begraben war.



»Oh oh!« sagte Chicot zu sich selbst, »das ist die Beichterin. Der Gang ist jugendlich; sehen wir ein wenig den Kopf an; nun, dreht Euch noch ein wenig auf diese Seite, vortrefflich! Es ist in der That sonderbar, daß ich beinahe bei allen Gesichtern, die ich sehe, Aehnlichkeiten finde. Eine ärgerliche Manie von mir! Gut! nun komm der Stallmeister. Oh oh! in ihm täusche ich mich nicht, es ist Mayneville. Ja, ja, der aufwärts gedrehte Schnurrbart, der Degen mit dem muschelförmigen Stichblatt, ja, er ist es; doch überlegen und schließen wir ein wenig: wenn ich mich bei Herrn von Mayneville nicht täusche, alle Wetter! warum sollte ich mich in Frau von Montpensier irren? denn diese Frau ist beim Teufel die Herzogin.«



Chicot, man darf es glauben, verließ von diesen Augenblick den Mann mit den Messungen, um die zwei erhabenen Personen nicht mehr aus dem Gesichte zu verlieren.



Nach Verlauf einer Minute sah er hinter ihnen das bleiche Gesicht von Borromée erscheinen, den Mayneville wiederholt befragte.



»So ist es,« sagte er, »Alles ist dabei; bravo! conspirieren wir, das ist so Mode; aber was, des Teufels! will die Herzogin Pension Dom Modeste nehmen, sie, die schon das Haus von Bel-Esbat hundert Schritte von hier hat?«



In diesem Augenblick erhielt die Aufmerksamkeit von Chicot ein neues Motiv der Erregung. Während die Herzogin mit Gorenflot plauderte oder ihn vielmehr zum Plaudern veranlaßte, machte Herr von Mayneville irgend Jemand außen ein Zeichen.



Chicot hatte indessen Niemand gesehen, als den Mann mit den Messungen.



An ihn war auch in der That die Geberde gerichtet; daraus ging hervor, daß der Mann mit den Messungen nicht maß.



Er war vor dem Balcon im Profil und das Gesicht gegen Paris gekehrt stehen geblieben.



Gorenflot setzte seine Liebenswürdigkeiten gegen die Beichterin fort.



»Herr von Mayneville sagte Borromée ein paar Worte ins Ohr, und dieser fing auf der Stelle an, hinter dem Prior auf eine Weise zu gesticuliren, welche für Chicot unverständlich, aber für den Mann mit den Messungen klar war, denn er entfernte sich und wählte seinen Standpunkt auf einer andern Stelle, wo ihn eine neue Geberde von Borromée wie eine Bildsäule festnagelte.



Nachdem er einige Sekunden unbeweglich geblieben war, nahm er auf ein neues Zeichen von Bruder Borromée eine Uebung vor, welche Chicot um so mehr beschäftigte, als er unmöglich ihren Zweck errathen konnte. Von dem Orte, wo er stand, lief der Mann mit den Messungen bis zur Pforte der Priorei, während Herr von Mayneville seine Uhr in der Hand hielt.



In diesem Augenblick, als hätte der befreundete Dämon von Chicot seinen Wunsch erhören wollen, wandte sich der Mann mit den Messungen um, und Chicot erkannte in ihm Nicolas Poulain, den Lieutenant der Prevoté, denselben, der ihm am Tage zuvor seine alten Panzer abgekauft hatte.



»Oho! es lebe die Ligue!« sagte er. »Ich habe nun genug gesehen, um das Uebrige mit ein wenig Arbeit zu errathen. Nun wohl, es sei, man wird arbeiten.«



Nach einigen Gesprächen zwischen der Herzogin, Gorenflot und Mayneville, schloß Borromée das Fenster, und der und der Balcon blieb öde und leer.



Die Herzogin und ihr Stallmeister verließen die Priorei, um in die Sänfte zu steigen, welche ihrer harrte, Dom Modeste, der sie bis zur Pforte begleitet hatte, erschöpfte sich in Bücklingen.



Die Herzogin hielt die Vorhänge ihrer Sänfte nur offen, um die Complimente des Priors zu erwiedern, ein Jacobinermönch, der durch die Porte Saint-Antoine aus Paris herauskam, sich zuerst vor die Pferde, die er neugierig anschaute und dann neben die Sänfte stellte, in welche er einen Blick tauchte.



Chicot erkannte in diesem Mönch den kleinen Jacques der mit großen Schritten vom Louvre zurückkehrte und in einer Entzückung vor Frau von Montpensier stehen blieb.



»Oh! oh!« sagte er, »ich habe Glück. Wäre Jacques früher gekommen, so hätte ich, genöthigt, zu meinem Rendezvous bei der Croix-Faubin zu laufen, die Herzogin nicht sehen können. Nun, da Frau von Montpensier, nachdem sie ihre kleine Verschwörung gemacht hat, abgegangen ist, kommt die Reihe an Nicolas Poulain. Mit diesem bin ich in zehn Minuten fertig.«



Nachdem die Herzogin an Chicot, ohne ihn zu sehen, vorübergekommen war, fuhr sie in der That nach Paris und Nicolas Poulain schickte sich an, ihr zu folgen. Er mußte wie die Herzogin an dem von Chicot bewohnten Haus vorüber.



Chicot sah ihn kommen, wie der Jäger das Wild kommen sieht, indem er sich bereit hält, danach zu schießen so bald es in seinem Bereiche ist.



Als Poulain im Bereiche von Chicot war, schrie Chicot.



»He! ehrlicher Mann,« rief er aus seinem Loch, »Deinen Blick hierher, wenn’s beliebt.«



Poulain bebte und wandte den Kopf gegen den Graben um.



»Ihr habt mich gesehen, sehr gut!« fuhr Chicot fort. »Nehmt nun nicht die Miene an, als ob Ihr nichts bemerktet, Meister Nicolas… Poulain.



Der Lieutenant der Prevoté sprang wie ein Hirsch beim Schuß.



»Wer seid Ihr?« fragte er, »und was wollt Ihr?«



»Wer ich bin?«



»Ja.«



»Ich bin einer Eurer Freunde, ein neuer, aber ein inniger; was ich will? ah! dies ist ein wenig lang, um es Euch zu erklären.«



»Aber was wünscht Ihr denn? sprecht.«



»Ich wünsche, daß Ihr zu mir kommt.«



»Zu Euch?«



»Ja, hierher; daß Ihr in den Graben herabsteigt.«



»Warum dies?«



»Ihr werdet es erfahren; steigt zuerst herab.«



»Aber…«



»Und setzt Euch mit dem Rücken an diese Hecke.«



»Nun?«



»Ohne nach meiner Seite zu sehen, ohne nur eine Miene zu machen, als vermuthetet Ihr meine Gegenwart.«



»Mein Herr!«

 



»Das heißt viel verlangen, ich weiß es wohl; aber was wollt Ihr? Meister Robert Briquet hat ein Recht, anspruchsvoll zu sein.«



»Robert Briquet?« rief Poulain, indem er auf der Stelle das verlangte Manoeuvre ausführte.



»So ist es gut, setzt Euch… Ah! Ah! es scheint, wir nehmen unsere kleinen Messungen auf der Straße von Vincennes vor.



»Ich?«



»Ganz gewiß; was ist darüber zu staunen, daß der Lieutenant der Prevoté das Geschäft eines Wegmeisters versieht, wenn sich Gelegenheit dazu bietet?«



»Es ist wahr-« erwiederte Poulain ein wenig beruhigt, »Ihr seht, ich maß.«



»Um so besser,« fuhr Chicot fort, »als Ihr unter den Augen sehr hochgestellter Personen arbeitetet.»



»Hochgestellter Personen? ich verstehe nicht.«



»Wie? Ihr wußtet nicht?«



»Ich weiß nicht, was Ihr sagen wollt.«



»Die Dame und der Herr, welche auf dem Balcon standen und so eben wieder den Rückweg nach Paris genommen haben… Ihr wißt nicht, wer sie waren?«



»Ich schwöre es Euch.«



»Ah! welch ein Glück für mich, daß ich Euch eine reiche Neuigkeit mitzutheilen habe. Stellt Euch vor, ihr Nicolas Poulain, Ihr hattet zu Bewunderern bei Eurer Wegmeisterfunctionen die Frau Herzogin von Montpensier und den Herrn Grafen von Mayneville. Rührt Euch nicht, wenn’s beliebt.«



»Mein Herr,« sprach Nicolas Poulain, der zu kämpfen suchte, »diese Worte, die Art, wie Ihr sie an mich richtet…«



»Wenn Ihr Euch rührt, mein lieber Herr Poulain, so werdet Ihr mich zum Aeußersten treiben,« sagte Chicot, »Haltet Euch ruhig.«



Poulain stieß einen Seufzer aus.



»So ist es gut,« fuhr Chicot fort. »Ich sagte Euch also, da Ihr so unter den Augen dieser Personen gearbeitet habt und nicht bemerkt worden seid, wie Ihr behauptet, ich sagte Euch also, es wäre sehr vortheilhaft, für Euch, mein lieber Herr, wenn eine andere erhaben Person, der König zum Beispiel, Euch bemerken würde.«



»Der König.«



»Seine Majestät, ja, Herr Poulain; ich versichere, Euch, sie ist sehr geneigt, jede Arbeit zu bewundern und jede Mühe zu belohnen.«



»Ah! Herr Briquet, ich bitte…«



»Ich wiederhole Euch, Herr Poulain, daß Ihr ein todter Mann seid, wenn Ihr Euch rührt; bleibt also ruhig, um diese Unannehmlichkeit zu vermeiden.«



»Aber was wollt Ihr denn von mir, in des Himmels Namen?«



»Euer Wohl, nichts Anderes; sagte ich Euch nicht, ich wäre Euer Freund?«



»Mein Herr,« rief Nicolas Poulain in Verzweiflung, »ich weiß wahrhaftig nicht, welches Unrecht ich Seiner Majestät, oder Euch, oder irgend Jemand in der Welt zugefügt habe!«



»Lieber Herr Nicolas Poulain, Ihr werdet Euch mit demjenigen erklären, welcher ein Recht hierauf hat; das sind nicht meine Angelegenheiten; ich habe meine Gedanken, seht Ihr, und darauf halte ich; ich denke nämlich, der König wüßte es nicht zu billigen, daß sein Lieutenant der Prevoté, wenn er seine Wegmeisterfunctionen vollzieht, den Geberden und Andeutungen von Herrn von Mayneville gehorcht; wer weiß übrigens, ob es Seine Majestät nicht schlimm finden würde, daß es ihr Lieutenant der Prevoté unterlassen hat, in seinem täglichen Berichte aufzuführen, Frau von Montpensier und Herr von Mayneville seien gestern Morgen in ihrer guten Stadt Paris angekommen? Schon dies allein, Herr Poulain, würde Euch sicherlich mit seiner Majestät entzweien.«



»Herr Briquet, eine Unterlassung ist kein Verbrechen, und Seine Majestät ist offenbar zu sehr erleuchtet…«



»Mein lieber Herr Briquet, Ihr macht Euch, glaube ich Chimären; ich sehe klarer in dieser Sache.«



»Was seht Ihr?«



»Einen schönen, guten Galgen.«



»Herr Briquet!«



»Wartet doch, beim Teufel!… mit einem neuen Strick, vier Soldaten an den vier Hauptpunkten, nicht wenig Pariser um den Galgen und einen meiner Bekannten, einen gewissen Lieutenant der Prevoté, am Ende des Strickes.«



Nicolas Poulain zitterte so gewaltig, daß er das ganze Hag damit erschütterte.



»Mein Herr,« sprach er, die Hände faltend.



»Doch ich bin Euer Freund,« fuhr Chicot fort, »und als Freund gebe ich Euch einen Rath…«



»Einem Rath?«



»Ja, der sehr leicht zu befolgen ist, Gott sei Dank!«



»Ihr sucht auf der Stelle, hört Ihr wohl, auf der Stelle…«



»Aufsuchen, …« unterbrach ihn Nicolas Poulain, voll Angst, »wen soll ich aufsuchen?«



»Laßt mich einen Augenblick nachdenken,« sagte Chicot.



»Ihr sucht Herrn von Épernon auf.«



»Herrn von Épernon, den Freund des Königs?«



»Ganz richtig… Ihr nehmt ihn beiseite.«



»Herrn von Épernon?«



»Ja, und Ihr erzählt ihm die ganze Geschichte von der Straßenmessung.«



»Ist das Wahnsinn, mein Herr?«



»Es ist im Gegentheil Weisheit, erhabene Weisheit.«



»Ich begreife das nicht.«



»Es ist doch klar und deutlich… Zeige ich Euch einfach als den Mann mit den Messungen und den Mann mit den Panzern an, so läßt man Euch baumeln, thut Ihr aber freiwillig, was Eure Pflicht ist, so wird man Euch mit Belohnungen und Ehren überhäufen. Ihr scheint nicht überzeugt. Vortrefflich das wird mir die Mühe machen, nach dem Louvre zurückzukehren, doch, meiner Treue, ich werde unter jeder Bedingung gehen; es gibt nichts! was ich nicht für Euch thun würde.«



Bei diesen Worten hörte Nicolas Poulain ein Geräusch, das Chicot machte, indem er die Zweige auseinander schob.



»Nein, nein,« sagte er, »bleibt hier, ich werde gehen.«



»Das ist gut; doch Ihr begreift, lieber Herr Poulain, keine List, keine Falschheit; denn ich werde morgen einen kleinen Brief an den König schicken, dessen vertrauter Freund ich, wie Ihr mich seht, oder wie Ihr mich vielmehr nicht seht, zu sein die Ehre habe, so daß man Euch, wenn Ihr auch erst übermorgen gehängt werdet, darum doch eben so kurz und eben so hoch hängen wird.«



»Ich gehe, mein Herr,« sagte der Lieutenant ganze niedergeschmettert, »doch Ihr täuscht Euch seltsam.«



»Ich!«



»Oh!«



»Ei! mein lieber Herr Poulain, errichtet mir Altäre, vor fünf Minuten waret Ihr noch ein Verräther, ich mache aus Euch einen Retter des Vaterlands. Doch lauft schnell, mein lieber Herr Poulain, denn ich muß schleunigst von hier weggehen und kann es doch nur thun, wenn, Ihr weggegangen seid: Hotel von Herrn von Épernon, vergeßt es nicht.«



Nicolas Poulain stand auf und schoß mit dem Gesichte eines Verzweifelten in der Richtung der Porte Saint-Antoine fort.



»Oh! es war Zeit, denn man kommt aus der Priorei,« sagte Chicot.



»Doch das ist mein kleiner Jacques nicht.



»Ei! ei! wer mag dieser Bursche sein, der gestaltet ist, wie der Baumeister von Alexander den Berg Athos gestalten wollte? Alle Teufel, das ist ein sehr großer Hund, um einen armen Spitz meiner Art zu begleiten.«



Als Chicot diesen Emissär des Priors sah, lief er eilig nach der Croix-Faubin, wo er mit dem Andern zusammentreffen sollte.



Da er genöthigt war, auf einem im Kreise laufenden Weg zu gehen, so hatte die gerade Linie vor ihm den Vortheil der Geschwindigkeit, das heißt, der riesige Mönch, der die Straße mit ungeheuren Schritten durchmaß, kam vor ihm an Ort und Stelle.



Chicot verlor auch ein wenig Zeit damit, daß er, während des Gehens prüfend seinen Mann betrachtete, dessen Physignomie ihm nicht im Mindesten behagte.



Dieser Mönch war in der That ein wahrer Philister. In der Eile, mit der er Chicot aufsuchte, hatte er seinen, Jacobinerrock nicht einmal geschlossen, und man sah durch eine Oeffnung seine muskeligen Beine, welche in eine ganz laienmäßige Hose gehüllt waren, Seine schlecht niedergeschlagene Capuce ließ eine Mähne erschauen, mit der die Scheere der Priorei noch nichts zu schaffen gehabt hatte.



Dabei zog ein äußerst wenig religiöser Ausdruck seine tiefen Mundwinkel zusammen, und wenn er vom Lächeln zum Lachen übergehen wollte, ließ er drei Zähne sehen, welche hinter den Wall von dicken Lippen gepflanzte Palissaden zu sein schienen.



Arme, so lang wie die von Chicot, aber dicker, Schultern, fähig, die Thore von Gaza aufzuheben, ein großes Küchenmesser, das in seiner Gürtelschnur stak, dies waren, nebst einem wie ein Schild um seine Brust gewickelten Sack, die Vertheidigungs- und Angriffswaffen dieses Goliaths der Jacobiner.



»Er ist offenbar sehr häßlich,« sagte Chicot

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