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Diana de Lys

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Diese sah sogleich die unangenehmen Folgen ein, welche dieses unüberlegte Verfahren hätte haben können, und schrieb in dem ersten Gefühle von Reue und mit derselben Unüberlegtheit, welche das Princip ihres Charakters war, an Paul, daß er sie sogleich besuchen möchte, sobald er nach Paris zurückkäme.

Sie hätte, fügte sie hinzu« ihm etwas Wichtiges mitzutheilen.

Aubry, welcher in steter Unruhe lebte, seitdem er an Marcellinen geschrieben hatte, hüpfte vor Freuden, als er den Brief der Marquise empfing.

Sie hat gewiß nicht gewagt, mir zu antworten, dachte er, sie wird ihre Freundin in das Geheimniß gezogen und sie gebeten haben, an mich zu schreiben. Und sofort zeigte er seiner Mutter seine Abreise an.

»Du hast also von ihr einen Brief empfangen?« frug ihn seine Mutter« indem sie ihn umarmte.

»Wußten Sie davon?«

»Nun« eine Mutter ahnt Alles. Reise mit Gott und sei eingedenk, daß wenn man traurig ist, bei seiner Mutter stets der erforderliche Trost zu finden ist.«

Eine Stunde später befand sich Paul auf dem Wege nach Paris.«

Als die Marquise dem Maler diesen letzten Brief geschrieben, hatte sie sich von ihrer Sehnsucht nach Paul völlig hinreißen lassen.

»Es bleibt mir nur noch Ein Mittel übrig,« sagte sie bei sich, »nämlich so aufrichtig zu sein, als eine Frau es sein kann. Weil es mir mit der Lüge nicht geglückt ist, so werde ich vielleicht durch Offenheit siegen.«

Und sie erwartete Aubry mit dem Vorsatze, sich ganz anders wie bisher gegen ihn zu betragen.

In Paris angekommen, begab sich der Maler in seine Wohnung« kleidete sich um und stellte sich der Marquise vor.«

Beide waren gerührt, aber keineswegs in Folge derselben Empfindungen.

»Hören Sie, Herr Aubry,« sagte Diana, indem sie den Maler neben sieh setzen ließ, »ich habe Ihnen ein Geständniß zu machen.«

Die Stimme der Marquise zitterte.

»Nun« Madame,« sagte Paul, welcher über Marcelline gern nähere Nachrichten zu erhalten wünschte, und überzeugt blieb, daß sein Brief eine große Rolle in dem Geständnisse der Marquise spielen würde.

»Sie haben einmal, entgegnete Madame de Lys, »einen schweren Verdruß gehabt, als Sie hörten, wie Marcelline von mir einen diesem hier ähnlichen Ring zurückforderte.«

Und hierbei zeigte sie Paul ihren Ring, welchen dieser für den erkannte, welchen die Marquise nach dem Muster des andern hatte fertigen lassen.«

»Es ist in der That so,« sagte Aubry.

»Sie lieben also Marcellinen?«

»Ich bin unglücklich, das ist Alles, was ich weiß, Madame, denn es gibt Tage, wo ich sie wirklich nicht liebe.«

»Und welche Tage sind dies?«

»Diejenigen, wo ich mich erinnere, daß sie Maximilian geliebt hat.«

Diana zitterte und überlegte, ob sie weiter fortfahren sollte.

Nach einer Weile fuhr sie fort:

»Nun! hier fängt mein Geständniß an: Marcelline hat niemals Maximilian geliebt.«

»Niemals?« rief Paul freudig.

»Niemals. Sie hat ihn sogar nie gesehen.«

»Welche Bewandniß hatte es aber mit dem Ringe?«

»Er gehörte mir.

»Oh! Sie täuschen mich, Frau Marquise, und Sie opfern sich für Madame Delaunay auf.«

»Welches Interesse sollte ich dabei haben?«

»Vielleicht hat sie Sie darum gebeten, Madame.«

»Glauben Sie denn, daß die Ehre einer Frau von so geringer Bedeutung ist, daß sie einem Manne ihre Liebe zu einem Andern als ihrem Ehegatten gestehen sollte, wenn die Wahrheit ihr nicht die Pflicht auferlegte, es zu sagen. Ich wiederhole es, mein Herr, Marcelline kannte Maximilian nicht.«

»So?« frug Paul, indem er Dianen scharf anblickte.

»Sie haben sich also nicht geirrt, mein Herr, als Sie da neulich an meinem Finger den Ring wiedererkannten, den Sie in Ihrer Wohnung gefunden hatten.

»Erlauben Sie mir eine Frage, Madame. Warum machen Sie mir dieses Geständniß, um das Sie Niemand ersucht hat?«

»Weil Sie eine unschuldige Frau im Verdacht hatten.«

»Was hat Ihnen Madame Delaunay gesagt?«

»Daß Sie ihr geschrieben haben, mein Herr, hier ist Ihr Brief.«

»Hat sie nichts weiter hinzugefügt?«

»Nur diesen zweiten an mich adressierten Brief, den Sie lesen können.«

Aubry las den Brief Marcellinens.

»Der Gemahl der Madame Delaunay also hat meinen Brief gefunden?«

»Glücklicher Weise,« fügte Diana hinzu. »Herr Delaunay ist zu fest überzeugt davon, daß seine Frau ihn nicht hintergeht.«

Madame de Lys sprach diese Worte mit so fester Zuversicht, daß der Maler mit einem Male aus den Träumen erwachte, denen er sich bei seiner Rückkehr nach Paris hingegeben hatte.

Während eines Stillschweigens von mehreren Minuten richtete Diana scharfe Blicke auf Aubry und suchte zu ahnen, was in seiner Seele vorging.

»Nun« Madame,« sagte endlich Paul, »bleibt mir nichts weiter übrig, als Sie um Verzeihung zu bitten.«

»Warum?«

»Weil ich Sie mit Ihrer Freundin entzweit habe. Warum verlangte aber Madame Delaunay,« sagte Paul, welchen ein neuer Gedanke beseelte, »diesen Ring in meiner Gegenwart von Ihnen?«

»Weil ich bei ihrem Empfange sie an der Thür darum ersucht hatte.«

»Und welches Interesse, Madame, bewog Sie, mich glauben zu machen, daß dieser Ring Madame Delaunay gehörte?«

»Weil ich mich dem Gedanken hingab, daß Sie, sobald Sie dies glaubten, mich nicht mehr anschuldigen und meine Bitten mir nicht verweigern würden.«

»Aber warum, Madame, trugen Sie mir die Zeichnung der Gemälde für Ihren Speisesaal auf?« frug Paul und richtete feurige Blicke auf die Marquise.

»Weil,« entgegnete Diana, welche, ungeachtet ihrer Aufregung, sich doch nicht ganz und gar offenbaren wollte, »weil, Sie entschuldigen meine Aufrichtigkeit, es Ihnen an hinreichendem Verdienst fehlte.«

Paul erröthete bei diesen Worten« die er nicht erwartet hatte.

»Also hatte ich doch recht gedacht; Sie wollten meine Gastfreiheit bezahlen?«

»Nein, sagte die Marquise, die sich durch diese Antwort etwas verletzt fühlte, heftig; »Sie irren sich, mein Herr« dies war es nicht.«

»Was denn?«

»Die Sympathie war es, welche ich für Sie fühlte, und der Wunsch, welchen Sie rücksichtlich meiner Freundin gegen mich äußerten; ich weiß, daß Sie einen edeln Sinn haben, und Ihr Ruf, wie Ihre Freundschaft, lag mir gleich sehr am Herzen.«

Hierauf war Nichts zu erwidern.

Hätte Paul etwas heller gesehen, so hätte er den Gedanken der Marquise, der unter diesen Worten verborgen lag, leicht errathen.

Aubry stand auf und faßte die Hand Dianens mit den Worten:

»Ich danke, Madame, für das Geständniß, welches Sie mir eben machten; sobald ich aus diesem Zimmer trete, werde ich jedoch desselben nicht mehr eingedenk sein.«

Hierauf nahm er von dem Kantine den Brief, den er an Marcellinen geschrieben hatte, und warf ihn ins Feuer.

»Und was wollen Sie nun thun?« frug Diana.

»Ich will versuchen« die Hoffnungen zu vergessen, mit denen ich mir geschmeichelt hatte, und Verzeihung wegen des begangenen Unrechts zu erhalten suchen.«

»Werden Sie mich besuchen?« frug die Marquise mit einem furchtsamen und fast bittenden Tone.

»Ja, Madame, aber später,« antwortete Paul, welcher jetzt die Gedanken Dianas zu errathen schien, »denn ich glaube, daß dies jetzt Einem von uns oder vielleicht Beiden Unglück bringen könnte.«

Der Maler küßte die Hand Dianas und entfernte sich.

Zehn Minuten später trat die Kammerjungfer in das Putzzimmer, zog sich aber sogleich wieder zurück, als sie die Marquise in Thränen zerfließen sah.«

In seiner Wohnung angekommen, schrieb Paul an Marcellinen einen aufrichtigen und würdevollen Brief, in welchem er wegen des sich zu Schulden gebrachten Vergehens um Verzeihung bat. Er forderte keine Antwort, bat Madame Delaunay nur, Alles zu vergessen.«

Hierauf arbeitete er den ganzen Tag sehr fleißig.

Diana sah ein, daß sie in dem bisher erlittenen Angstgefühle nicht mehr fortleben könne, und daß, wenn sie diese Liebe gewaltsam aus ihrem Herzen verbanne, sie zu neuen Thorheiten verleitet werden würde.

Sie ließ ihre Reisekoffer einpacken und war fest entschlossen« dem Marquis nachzureisen, indem sie ihrem Dienstpersonale einschärfte, ja die Namen aller Personen, welche während ihrer Abwesenheit nach ihr fragen würden, genau aufzuschreiben.

»Vierzehn Tage später kehrte die Marquise mit Herrn de Lys zurück. Sie überflog die Liste der Personen, welche sie hatten besuchen wollen. Der Name Paul fand sich aber nicht darunter. Die Gesellschaften und Bälle nahmen ihren Anfang und fanden stets Mittwoch statt. Madame de Lys schickte auch dem Maler eine Einladung, welcher zwar seine Karte überbringen ließ, aber selbst nicht erschien.

Die Liebe war jetzt zu einem Kampfe geworden, während auf Seiten Aubrys die Gleichgültigkeit sich in Verachtung verwandelt hatte.

»Dieser Mann muß mich lieben,« sagte sie endlich bei sich, »wäre es auch nur auf eine Stunde.«

Unter solchen Umständen begannen die Theaterbälle, und Paul empfing folgendes Billet, welches unbekannte Schriftzüge enthielt:

»Finden Sie sich heute den 10. Jaunar auf dem Opernballe, von Mitternacht bis Ein Uhr ein. Gehen Sie auf dem Corridor der ersten Logenreihe spazieren, Jemand, durch dessen Gegenwart Sie sich beglückt fühlen werden, wird Sie dort aufsuchen.«

Um Ein Uhr führte eine mit einem schwarzseidenen Domino bekleidete maskirte Dame Paul an den bezeichneten Ort.

»Du bist pünktlich,« sagte ihm diese Frau mit einer zitternden Stimme, welche sie so viel als möglich verstellte.

Paul suchte das dreifache Geheimniß der Maske, des Domino und der Stimme zu ergründen, konnte es, aber nicht durchdringen.

»Ich bemerke im Voraus,« antwortete Paul, welcher den Arm der Unbekannten erfaßte, »daß ich niemals den Opernball besuche.«

»Und warum sagst Du mir dies?«

 

»Damit Du mir verzeihest, wenn ich mich dort auffällig betrage.«

»Du scheinst Dich wirklich zu langweilen.«

»Soll ich Dich verlassen?«

»Durchaus nicht; wir wollen weiter sehen.«

»Was hast Du mir zu sagen, und wer bist Du?«

»Du sollst es bald erfahren.«

»Sage mir wenigstens das Eine davon«

»Du sollst Beides erfahren, kannst aber wohl nicht ahnen, wer ich bin?«

»Nein, ich kenne Dich nicht.«

»Gib mir Deine Hand.«

Die Unbekannte legte Pauls Hand auf ihr Herz.

»Fühlst Du?« sagte sie zu ihm.

»Dein Herz schlägt heftig.«

»Wer kann die Frau sein, deren Herz neben Dir so heftig schlägt?«

»Es gibt nur Eine,« antwortete Paul, von einer geheimen Ahnung ergriffen; »aber sie befindet sich weit von mir.«

»Kann man denn selbst aus der Ferne nicht zurückkommen?«

»Bertha!« rief Paul aus.

»Oh! Nein, ich bin es nicht.«

»Nun, wer bist Du denn?«

»Ich bin eine Geliebte von Dir; bevor ich Dir aber sage, wer ich bin, will ich wissen, wie Deine Herzensangelegenheiten stehen, und ob Du eine Andere liebst. Liebst Du immer noch Bertha?«

»Ich weiß es nicht« Es könnte sein.«

»Ich danke für diese Worte. Hast Du nach ihr wieder Jemand geliebt?«

»Ich glaubte es. Das Ganze war aber nur ein Traum.«

»Oh, erzähle mir davon.«

»Nun! wir wollen in eine Loge treten und ich werde Dir Alles erzählen.«

Paul und der Domino ließen sich eine Lage öffnen, und der Maler erzählte, ohne Jemand zu nennen, das, was wir bereits dem Leser erzählt haben.

»Es scheint mir,« sagte die Unbekannte, als er seine Erzählung beendigt hatte, »daß eine Marquise eine gewisse Rolle darin spielt. Was ist aus ihr geworden?«

»Ich weiß es nicht.«

»Hast Du sie seit dem Tage, wo Du ihr das Geheimniß Deines Herzens, offenbartest, nicht wieder gesehen?«

»Nein«

»Was hinderte Dich daran?«

»Ich will es verschweigen, Du möchtest Dich doch nur über mich lustig machen.«

»Nun, Du kennst mich bestimmt nicht.«

»Ich glaubte nämlich,« sagte Paul, indem er aufmerksam die unbekannte Schöne betrachtete, »etwas zu bemerken.«

»Was denn?«

»Daß diese Frau in mich verliebt war.«

»Ist denn das so außerordentlich wunderbar? Du bist jung, Du hast einen lebendigen Geist und ein gefühlvolles Herz, braucht man mehr, um die Eroberung selbst einer Marquise zu machen? Ich liebe Dich sehr, aber trotzdem scheint es mir auffallend, daß Du Deine Besuche nicht fortgesetzt hast.«

»Ich liebte ja diese Frau nicht.«

»Was schadet dies?« entgegnete der Domino mit einer gewissen Aufregung, welche eben so wohl Folge des Vergnügens, als des Schmerzes sein konnte.

»Nun« ich höre, daß Du eine sehr lockere Moral hast.«

»Du liebtest also diese Frau nicht?«

»Nein. Und doch . . .«

»Ah! ein Doch?«

»Dennoch muß ich gestehen, daß diese Liebe mir schmeichelhaft war, und daß ich beinahe diese Frau geliebt hätte. Du siehst, ich bin aufrichtig.«

»War sie schön?«

»Ja.«

»Jung?«

»Ja.«

»Dann kehre doch zu ihr zurück.

»Ich habe viele Male daran gedacht, aber ich habe einen sonderbaren Charakter: ich würde diese Frau unglücklich machen.«

»Wie so?«

»Weil ich das Schauspiel ihrer Zusammenkünfte mit ihrem Geliebten immer vor Augen gehabt hätte.«

»Das ist wahr; dann liebtest Du eine Andere.«

»Ich glaubte sie mehr zu lieben, als es wirklich der Fall war.«

»Sprichst Du ernstlich?«

»Welches Interesse sollte ich haben, Dich zu täuschen? Uebrigens,« fuhr Paul fort, »ist noch ein Grund vorhanden, warum ich das Anerbieten der Marquise nicht annahm.«

»Nun?«

»Die Verschiedenheit unserer bürgerlichen Stellung nämlich. Die Marquise war eine sehr vornehme Dame, ich aber zu arm, um der Geliebte einer Marquise zu sein. Jeder muß darauf bedacht sein, daß seine Liebe von einem Herzen aus der Sphäre seiner nächsten Umgebungen erwidert wird.«

»Dieser Gedanke zeigt von einem edeln und großen Geiste; Du hast Dich nicht verändert.«

Und hierbei drückte sie die Hand Aubry’s.

»Du hast recht gehandelt,« sagte sie nach einigen Sekunden, »und ich bin glücklich, Dich so reden zu hören.«

»Du liebst mich also?«

»Ja, herzlich, aufrichtig.«

»Und Du willst mir Beweise davon geben?«

»Wenn ich überzeugt hin, daß Du mich auch liebst.«

»Nun! ich liebe Dich.«

»Wie man auf einem Maskenballe eine Frau liebt, die derartige Zerstreuungen liebt. Nein, ich spreche von einer ernsten Liebe.«

»Du erschreckst mich.«

»Scherze nicht, ich bitte Dich darum. Der Gegenstand unseres Gesprächs ist so ernsthafter Natur, daß selbst die Würde der Kirche dadurch nicht verletzt würde. Der nächste Tag wird eine große Rolle in meinem Leben spielen. Schwöre mir also, daß Du aufrichtig sein und Deinem Herzen folgen willst.«

»Ich schwöre es Dir zu.«

»Du wirst den Ball verlassen und nach Hause gehen.«

»Ja einer halben Stunde werde ich dort sein.«

»Du willst mich nicht begleiten?«

»Nein.«

»Morgen sollst Du etwas von mir erhalten, woraus Du mich sicher wiedererkennen und was Du jedenfalls als Andenken von Derjenigen aufbewahren wirst, die es Dir zuschickte. Wenn Du dann glaubst, mich lieben zu können, so schreibe nur das einzige Wörtchen: Ja. Wo nicht, so wirst Du mir nichts schreiben, und hast damit genug gesagt.«

»Was willst Du thun?«

»Ich weiß es noch nicht genau, morgen werde ich bestimmter mich erklären, die Nacht bringt Rath.«

»Morgen also.«

Der Domino entfernte sich.

Das ist ohne Zweifel Bertha,« sagte bei sich Paul, indem er derer Domino nachblickte, »sie hat sich zwei- oder dreimal verrathen. Nun! wenn sie es ist, so soll sie mir willkommen sein, und ich werde für die Vergangenheit das fordern, was mir die Gegenwart verweigert hat.«

Am folgenden Tage, früh zehn Uhr, trat der Vater Fremy bei dem Maler ein, indem er ein kleines Paket in der Hand hielt, und sagte:

»Dies hat man für Sie hier abgegeben.«

»Gib her.«

»Ich muß den Auftrag so ausrichten, wie sie mir es befohlen hat,« sagte der Portier, indem er seine Hand zurückzog.

»Sie sind gestern auf dem Opernballe gewesen?«

»Ja.«

»Sie hatten ein Rendez-vous auf diesem Balle?«

»Ja,« antwortete Paul verwundert; »wer sagte Ihnen dies?«

»Unterbrechen Sie nicht meinen Examen; ich muß darum bitten, damit Sie Alles verstehen, was ich Ihnen zu sagen habe.«

»Nur schnell.«

Sie wissen noch nicht, wer die Person war, mit welcher Sie zusammentrafen?«

»Nein.«

»Nun! mein Herr, es ist heute eine verschleierte Dame gekommen, welche mich ersucht hat, Ihnen dies zuzustellen, nachdem ich die Fragen an Sie gestellt habe, welche ich eben die Ehre hatte, an Sie zu richten.«

Und in demselben Augenblicke überreichte Vater Fremy, stolz darauf, seinen Auftrag so schön ausgeführt zu haben, das fragliche Paket dem Maler.«

Paul brach das Siegel aus und entfaltete das Papier. Es befand sich der Ring Dianas darin.

»Die Marquise de Lys!« rief er aus.

Und Paul versank in süße Träume, und indem er sich aller Umstände bei den Besuchen, welche er der Marquise abgestattet und des letzten Zusammentreffens auf dem Maskenballe erinnerte, sagte er:

»Diese Frau liebt mich, ich bin davon überzeugt. Warum sollte ich sie nicht lieben?«

Er gehorchte der ersten Regung seiner Eigenliebe, wenn nicht gar der Stimme seines Herzens, nahm ein Blatt Papier und schrieb darauf: »Ja.«

Dann stand er auf und wollte diesen Brief selbst forttragen.

Durch wie geringe Umstände doch oft die wichtigsten Angelegenheiten des Lebens entschieden werden! Paul hatte den Brief, den er eben geschrieben, nur noch zu siegeln. Er nahm ein Zündhölzchen und näherte sich der Wand, um es daran zu streichen. Der Zufall, wollte; daß dies eben an dem Platze geschah, wo Maximilian vor einigen Monaten folgende Worte, welche noch nichts verwischt waren, geschrieben hatte:

Heute, den 15.September 1845, Abends 11 Uhr,« haben zwei glückliche Liebende auf das Wohl ihres Wirthes getrunken.«

Paul blieb in Folge der Erinnerung,welches dieses Datum hervorrief, stehen.«

Seine Blicke richteten sich nach einiger Zeit von der Wand und diesen Zeilen auf den Brief, welchen er in der.Hand hielt, Das einzige Wort, welches er enthielt, war die Loosung für seine Zukunft, und ein dunkles Gefühl schien ihm zu sagen:

»Ueberlege wohl, was Du thust.«

Er nahm seinen Hut ab, setzte sich wieder, träumte noch einige Augenblicke, und mit einer gewissen Feierlichkeit, welche, der Mensch mit allen Handlungen die er ohne einen andern Zeugen als sich selbst vollbringt verbindet, zerriß er ungeachtet des Geständnisses der Marquise, welches noch in seinem Ohre tönte, den Brief, warf die einzelnen Stücke ins Feuer und schrieb einen andern, versiegelte ihn und gab ihn dein Vater Fremy mit der Weisung, ihn an. seine Adresse zu befördern. Hierauf sagte er bei sich. indem er Vater Fremy nachschaute:

»Ich handle so klug. Es ist so viel besser, und sie selbst wird es mir einst Dank wissen.«

Die Marquise, welche glaubte, daß dieser Brief das Wort enthalte, an welches die schönste Hoffnung ihres Lebens sich knüpfte, öffnete ihn mit einem Freudenschrei.

Aber plötzlich erblaßte sie eine Leiche.

Der Brief enthielt nämlich Folgendes:

»Ich hatte Ihnen eben nach dem ersten Rathschlusse meines Herzens geschrieben. als ich auf der Mauer meines Ateliers den Glückwunsch zufällig wieder las, den Sie und Maximilian Ihrem Wirthe am 15. September 1845 dargebracht haben.

»Mein erster Brief konnte nur Unglück bringen. Einen geringen Verdruß verursachte der andere.«

Denselben Abend noch verreiste Diana, wir brauchen wohl nicht zu sagen, mit welchen schmerzlichen Gefühlen.

Ein ganzes Jahr hierdurch befand sie sich mit ihrem Ehemanne auf Reisen; sie sah Rom, Neapel, Venedig. Aber anstatt daß sich die Traurigkeit, welche sie aus Paris mitgenommen hatte, verringerte, so vermehrte sich dieselbe immer mehr. Sie glaubte dieselbe nur durch ihre Rückkehr beschwichtigen zu können.

Sie kehrte zurück.

Kaum war sie angekommen, als sie sich nach der Märtyrerstraße begab, ohne zu wissen, was sie dort thun wollte.

Vor dem Hause Pauls angelangt, war sie gezwungen, stehen zu bleiben, so sehr pochte ihr Herz. Dennoch trat sie ein.«

Der Vater Fremy war immer noch Portier.

»Ist Herr Paul Aubry zu Hause?« frug sie den Alten, welcher sie aber nicht wieder erkannte.

»Herr Paul Aubry wohnt nicht mehr hier, Madame,« antwortete er.

»Wo hält er sich denn auf?« frug Diana unruhig.

»Er ist auf einige Zeit nach Tours zu seiner Mutter verreist, welche krank ist.«

»Sein Atelier steht also leer?«

»Ja, Madame.«

»Lassen Sie es mich sehen.«

Diana durchschritt den Garten, wie sie so viele Male gethan hatte. und fühlte eine schreckliche Unruhe in ihrer Brust, als sie Pauls Zimmer leer und traurig wie ihr Herz sah.

Der erste Blick der Marquise fiel auf die Nische in der Wand, wo Maximilian die zwei Zeilen geschrieben hatte. welche seit einem Jahre sie so unglücklich gemacht hatten.

Sie befanden sich noch immer dort, und Diana Blick blieb lange Zeit auf sie gerichtet, ein Umstand, welcher dem Vater Fremy keineswegs entging. Indem sich dieser der Wand näherte und diese Zeilen mit seiner Schürze wegwischte, sagte er:

»Alle diese Gegenstände muß ich nunmehr, da sie hier jetzt zu Nichts mehr nützen, wegnehmen.«

»Wer weiß,« dachte Madame de Lys, während sie den Portier die verschiedenen Inschriften auf den Wänden wegwischen sah, »welchen Wechsel mein Leben erfahren hätte, wenn dieser Mensch statt heute gleich den folgenden Tag, wo sie geschrieben worden waren, diese Zeilen verwischt hätte. Bis jetzt hat Alles gut geendet, ein anderer Miethsmann wird dieses Atelier bewohnen, und nicht die geringste Spur wird von dem Vergehen, dessen ich mich schuldig gemacht, noch von dem Glücke, das ich genossen habe, übrig bleiben.«

Die Marquise gab dem Vater Fremy ihre Börse, der Alte war höchst erstaunt über diese Freigebigkeit und grüßte Dianen noch, als sie bereits seit zehn Minuten aus dem Hause sich entfernt hatte.

Zwei Jahre waren seit der Rückkehr Dianas verflossen, und ihr Gesicht, dieses schöne Gesicht, des Studiums würdig, von welchem wir am Anfange dieser Erzählung sprachen, hatte jenen hinreißenden melancholischen Anstrich erhalten welcher ein geheimes Leiden des Herzens ankündigt.

Eines Tages meldete man Maximilians . . . bei ihr an.

Der Baron verrieth durch seine Manieren und seine Toilette, daß er ein wahrer Diplomat war.

Diana reichte ihm mit affektierter Freundlichkeit die Hand und sprach mit ihm, wie mit einem Fremden, sie frug ihn nämlich nach den Ereignissen in seiner Familie und auf seinen Reisen. Der Graf und die Gräfin waren gestorben, und Maximilian welcher nunmehr den Grafentitel erhalten, hatte sich für die strenge Erziehung, welche er in seiner Jugend empfangen, herrlich entschädigt, indem er einen großen Theil seines Erbtheils verschwendete.

 

»Frau Marquise,« sagte Maximilian, indem er sich Dianen näherte, deren Schönheit durch den angenehmen, melancholischen Ausdruck des Gesichts sehr gewonnen hatte. »erinnern Sie sich noch der Märtyrerstraße?«

Madame de Lys fühlte eine innere Freude bei der Erinnerung an eine verschwundene schöne Zeit, ein Lächeln schwebte auf ihren Lippen, schweigend schlug sie die Augen nieder.

»Wie! Sie haben sie vergessen?« fügte der Graf hinzu.

»Oh! Nein,« antwortete Diana mit einem Ausdrucke, welcher Maximilian irre leitete.

»Ich liebe Sie immer noch, Marquise.«

»Eben so wie sonst?«

»Ja.«

Madame de Lys konnte ein Lächeln nicht verbergen.

»Mein lieber Graf, Sie müssen Ihrer Liebe, wie heftig sie auch sein mag, nunmehr Lebewohl sagen.«

»Warum!«

»Weil ich der Zeit entrückt bin, wo ich in der Liebe Zerstreuung suchte, ich weiß jetzt. daß die Liebe eine sehr ernste Angelegenheit des Herzens ist, welche in einem Augenblicke das ganze Leben einer Frau untergraben kann. Ich bin für unsere Zerstreuung härter bestraft werden, als sie es verdiente, und seit Ihrer Abreise habe ich mich um zehn Jahre verjüngt, bin jedoch um fünfzig Jahre älter geworden. Ich habe geliebt.«

– Ende -
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