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Der Pastor von Ashbourn

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Geben Sie mir zu, mein lieber Petrus, daß ich, indem ich dabei in den Regeln der strengsten Rechtschaffenheit blieb, oder vielmehr mich zu dem Erhabenen des Zartgefühles erhob, da ich in der Wirklichkeit neun Monate vorausbezahlte, – geben Sie zu, daß ich da eine Berechnung gefunden hatte, die ein Meisterstück der Logik und zugleich der Speculation war.

Noch heute zweifle ich daher auch nicht, daß diese Berechnung vollkommen ohne die Dazwischenkunft meiner bedauernswerthen Schüchternheit gelungen wäre, doch diese verdarb Alles, und vernichtete meine weder zur Blüthe noch zur Frucht gereiften Hoffnungen in der Wurzel.

In der That, sobald ich einmal bei dem Handelsmanne, ihm und seiner Frau, einer mageren, unfreundlichen und zänkischen Person, gegenüber war, kurz, sobald ich einmal die Guinee aus meiner Tasche gezogen hatte und sie in die meines Gläubigers übergegangen war, der, – ich muß ihm die Gerechtigkeit widerfahren lassen, – mir auf der Stelle einen Empfangsschein anbot, konnte ich kein einziges Wort mehr finden, um auf die Hauptfrage einzugehen, das heißt meiner Vorstellung in die Welt, so linkisch und kleinstädtisch fand ich mich, als ich mich in einem ungeheuren Spiegel betrachtete, dem gegenüber mich ein Unglückseliger Zufall gestellt hatte.

Dann wollte das Unglück, daß ich, um dem Empfangsscheine entgegen zu gehen, den mir der Handelsmann brachte, nachdem er sich erhoben, um ihn an seinem Pulte zu schreiben, selbst aufgestanden war, so daß ich mich mitten in dem Zimmer stehend und mit meinem Hute in der Hand wie Jemand befand, der bereit ist, Abschied zu nehmen.

Nun aber verlangte die Bitte, die ich an meinen Handelsmann zu stellen hatte, eine gewisse Entwickelung: ich mußte ihn nicht allein bitten, mich in der Welt vorzustellen, sondern ihm auch noch auseinandersetzen, zu welchem Zwecke ich diese Bitte an ihn stellte; mich wieder zu setzen, wo ich ausgestanden war, schien mir linkisch; meine lange Auseinandersetzung stehend zu machen, schien mir unmöglich. Außerdem war es augenscheinlich, daß der Handelsmann meinte, daß wir uns nichts mehr zu sagen hätten, ich hatte mich verneigt, um ihm den Empfangsschein aus der Hand zu nehmen; er, in der Meinung, daß ich mich so verneigte um ihn zu grüßen, hatte sich gleichfalls verneigt; da er sah, daß ich mich nicht wieder aufrichtete, richtete er sich auch nicht wieder auf, und da weder der Eine noch der Andere von uns sich weder rührte, noch sprach, so hatten wir das Ansehen von zwei Parenthesen, die den Satz erwarteten, .der ihnen zur Verbindung dienen sollte; indem sie sich verlängerte, – und sie verlängerte sich! – wurde die Lage dermaßen wunderlich, daß ich diese so magere, so unfreundliche und so zänkische Frau sich umwenden sah um zu lachen; nun gerieth ich in Verlegenheit; meine Verlegenheit steigerte ihre Lustigkeit; diese Lustigkeit, welche der Handelsmann zu theilen begann, ließ mich gänzlich den Kopf verlieren. Ich dachte an nichts Anderes mehr als eine Redensart zu suchen, nach welcher ich auf eine ehrenvolle Weise meinen Rückzug bewerkstelligen könnte; endlich glaubte ich sie gefunden zu haben, und indem ich mich wieder aufrichtete, sagte ich zu ihm.

– In drei Monaten, mein Herr, werde ich Ihnen eine weitere Guinee bringen.

Ohne Zweifel machte mich dieses Versprechen in den Augen meines Handelsmannes weniger lächerlich, denn indem er von dem Lachen zu dem einfachen Lächeln überging, sagte er

– Bringen Sie, mein Herr, und Sie werden willkommen sein.

Hierauf reichte er mir artiger Weise seine Hand, die ich linkisch mit einer kalten, feuchten und zitternden Hand ergriff. ,

Das kam daher, weil ich vollkommen fühlte, daß ich eine Albernheit dadurch begangen hätte, daß ich das sagte, was ich so eben gesagt hatte, weil ich gegen diesen Mann eine unnöthige Verpflichtung einging, welche einzugehen mich nichts nöthigte. Noch mehr: dieses Versprechen war nicht allein unnöthig, sondern es war auch noch gefährlich: wenn ich, nachdem ich dieses Versprechen gegeben, in drei. Monaten kam, um ihm die Guinee zu überbringen, so wußte er es mir keinen Dank, da er im Voraus davon benachrichtigt war; wenn ich dagegen nicht kam, so brach ich, obgleich ich diese Guinee erst in sechs Monaten schuldig war, mein Wort und machte ihn unwillig gegen mich. Der Fehler war so groß, daß ich, wie immer, außerhalb mir eine Ursache für das Unglück suchte, das mir begegnete endlich glaubte ich diese Ursache entdeckt zu haben: ich sagte mir, daß wenn die Frau des Handelsmannes nicht anwesend gewesen wäre, ich mich mit ihrem Gatten vollkommen Mann gegen Mann erklärt hätte; das, was mir begegnet, war also die Schuld dieser Frau: ich entfernte mich daher, indem ich sie verwünschte, wo in der Wirklichkeit ich allein es war, den ich verwünschen mußte.

Ich kehrte zu meinem Kupferschmied zurück, dem ich meinen Unfall erzählte, wobei ich demselben ein für meine Eigenliebe ganz befriedigendes Ansehen gab, und da ich von diesem Manne durchaus nicht eingeschüchtert war, so sagte er zu mir:

– Meiner Treue, Herr Bemrode, an Ihrer Stelle würde ich keine langen Umstände machen und geraden Weges zu dem Rector gehen. Sie stellen sich so gut vor, und Sie sprechen mit so vieler Beredtsamkeit, daß ich keinen Augenblick daran zweifle, daß Sie von ihm alles das erlangen, um was Sie ihn bitten werden.

Dieser Gedanke überraschte mich wie ein Lichtstrahl, und ich verwunderte mich, daß ich ihn noch nicht gehabt hätte. Der Rector war nicht verheirathet: demzufolge würde ich aller Wahrscheinlichkeit nach bei ihm keine Frau finden, die mich einschüchterte. – Ich drückte die Hand meines Kupferschmieds mit bei weitem mehr Freimüthigkeit, als ich die Hand meines Handelsmannes gedrückt hatte.

– Sie haben Recht, rief ich aus, ich werde zu dem Rector gehen. Er ist es, der die Kandidaten ernennt; ich werde mich ihm mit jener edlen Dreistigkeit vorstellen, die zu Gunsten dessen einnimmt, der sich bewirbt, und welche macht, daß man seine Bitte nicht zurückzuweisen wagt. Ich kenne die Menschen, mein lieber Wirth, und nach den ersten Worten, die er an mich richtet, werde ich seinen Charakter beurtheilen, und da man sich am Ende ein wenig helfen muß, wenn man seinen Zweck erreichen will, so werde ich mir mit dieser gründlichen Kenntniß helfen, die mir die Natur verliehen und welche die Erziehung vervollkommnet hat. Wenn er hochmütig ist, so werde ich ihm auf eine feine Weise und in den Grenzen schmeicheln, wo die Schmeichelei einem Christen erlaubt ist; wenn er gefühlvoll ist, so werde ich ihn bei dem Herzen angreifen und ihn rühren; wenn er gelehrt ist, so werde ich mich mit ihm über Wissenschaften unterhalten und ihm zeigen, daß auch mir die Wissenschaften nicht fremd sind; wenn er endlich unwissend ist, so werde ich ihn durch den Umfang meiner Kenntnisse in Erstaunen setzen, und, wie Sie sehen, mein lieber Wirth, wird er mir wohl in dem einen oder andern Falle das bewilligen müssen, um was ich ihn bitten werde.

Mein Wirth hatte mich aufmerksam angehört, aber es war augenscheinlich, daß er meine Begeisterung nicht theilte.

Nach Verlauf eines Augenblickes brach er das Schweigen.

– Sehen Sie, Herr Bemrode, was Sie da so eben gesagt haben, ist sehr schön gesagt . . .

– Nicht wahr? erwiderte ich ganz vergnügt über seinen Beifall.

– Ja . . . nur würde ich nicht so verfahren.

– Weil Sie nicht die Kenntniß der Menschen haben, mein lieber Wirth.

– Das ist möglich; ich habe nur Instinkt, den Instinkt eines Thieres vielleicht; aber dieser Instinkt hat mich niemals getäuscht.

Ich lächelte, und da ich wissen wollte, wie mein Wirth verfahren würde, so fragte ich ihn in einem Protectortone:

– Wohlan! mein lieber Freund, was würden Sie denn an meiner Stelle thun? Lassen Sie hören, sagen Sie, – ich bin ganz Ohr.

Und um ihn mit mehr Bequemlichkeit anzuhören, streckte ich mich gravitätisch in seinem großen Sessel von geschnitztem Holze aus.

– Nun denn! begann mein Wirth wieder, ich würde ihm ganz einfach sagen: »Herr Rector, Sie haben vielleicht von einem würdigen Manne sprechen hören, der dreißig Jahre Pastor der Gemeinde von Beeston gewesen ist; während dieser dreißig Jahre hatte er, was schwierig ist – sich die Achtung der Reichen und die Liebe der Armen zu erwerben und zu erhalten gewußt. Ich bin sein Sohn, Herr Rector, las heißt nichts, durchaus nichts durch mich selbst, und ich komme im Namen meines verstorbenen Vaters, Sie um eine kleine Dorfpfarre zu bitten, in welcher ich die Tugenden ausüben könnte, von denen er mir seit dem Tage meiner Geburt bis zu seinem Todestage das Beispiel gegeben hatte.« Das würde ich ihm sagen, Herr Bemrode, ich, der ich die Menschen nicht kenne, und ich bin überzeugt, daß diese wenigen Worte, so einfach und kunstlos sie auch sind, den Rector mehr rühren würden, als alle Ihre großen vorbereiteten Reden.

Ich lächelte mitleidig. – Mein Freund! sagte ich zu ihm, Ihre Rede, – denn es ist eine Rede, obgleich, wenn man die von Ciecro in seinem Buche von den Rednern vorgeschriebenen Lehren auf sie anwendet, es leicht zu sehen ist, daß sie in der Form fehlt, – mein Freund, Ihre Rede ist zu einfach; es fehlt ihr jene erhabene Kunst, die wir die Beredtsamkeit nennen. Nun ist aber die Beredtsamkeit die einzige Sache, welche rührt, welche erschüttert, welche fortreißt. Plinius sagt, daß die Alten die Beredtsamkeit mit goldenen Ketten vorstellten, die ihr aus dem Munde hervorhingen, um anzudeuten , daß sie unumschränkte Gebieterin auf dieser Welt sei, und daß alle Menschen ihre Sklaven wären. Ich werde daher beredt sein, und da ich meine Beredtsamkeit dem Verstande, dem Charakter und dem Temperamente Ihres Rectors anpassen werde, so wird es mir gelingen… Auch ich, rief ich in meiner Begeisterung aus, auch ich habe goldene Ketten, die an meinen Lippen hängen, und mit diesen Ketten werde ich die Welt unterwerfen!

– Dem sei so! murmelte mein Wirth mit einer Miene, welche sagen wollte: »Ich wünsche es Ihnen, mein lieber Freund, aber ich glaube es nicht . . .«

 

IV.
Zweiter Rath meines Wirthes, des Kupferschmieds

Da ich wegen des Besuches bei meinem Handelsmanne in meinen schönsten Anzug gekleidet war, so beschloß ich, meinen Besuch bei dem Rector nicht auf den folgenden Tag zu verschieben und meine Toilette zu benutzen, um, wie man zu sagen pflegt, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Außerdem schien es mir, da es mir so gänzlich auf einer Seite mißlungen war, daß es mir an demselben tage nicht auf der andern mißlingen könnte. Ich kannte meine Rechtswissenschaft zu gut, um nicht den Grundsatz des non bis in idem zu kennen; endlich schöpfte ich, wie es wahrhaft muthigen Herzen begegnet, eine neue Kraft aus meiner Niederlage, und es drängte mich, sie durch einen Sieg wieder gut zu machen.

Ich machte mich daher stolz und voller Hoffnung auf den Weg. – Unglücklicher Weise wohnte der Rector am Ende der Stadt. Wenn er zehn Schritte, zwanzig Schritte, sogar fünfzig Schritte weit von dem Hause meines Wirthes, des Kupferschmieds, gewohnt hätte, so zweifle ich noch heute nicht, daß ich ihn mit der unerschütterlichen Ueberlegenheit angeredet hätte, welche mir natürlicher Weise das gründliche Studium der Menschen verlieh, das ich gemacht hatte; aber, wie gesagt, wohnte er an dem anderen Ende der Stadt! In dem Maße, als ich weiter kam, schienen mir die vorbereiteten Beweisgründe weniger triftig, und wider meine.n Willen fiel mir die so einfache Rede meines Wirthes, des Kupferschmieds, wieder ein; anfangs verwarf ich sie verächtlich, denn unstreitig hielt sie sich, wie ich es dem Verfasser bereits selbst gesagt hatte, in einer bedauernswerthen Schwäche der Form; aber gleichfalls unstreitig lag in ihr eine der Bedingungen der Beredtsamkeit, freilich eine untergeordnete Bedingung, – submissa oratio, – wie Cicero sagt, aber eine Bedingung, die indessen ihren Werth hat: die Einfachheit.

Diese Zusammenstellung unserer beiden Reden,– meiner Rede und der Rede meines Wirthes, des Kupferschmieds, – erfüllte mich mit einem ersten Zweifel. War es besser, den Rector in dem erhabenen Style oder in dem einfachen Style anzureden? Mußte ich imposant oder natürlich sein?

Bei einem Umstande, von welchem meine ganze Zukunft abhing, verdiente die Frage wohl erwogen zu werden.

Ich blieb einen Augenblick lang stehen, um zu überlegen, ohne auf das von den Vorüberkommenden bei dem Anblicke dieses Mannes, welcher gesticulirte und mitten auf der Straße allein sprach, an den Tag gelegte Erstaunen zu achten.

Diese Berathung, – bei welcher ich mich selbst mit einer Unparteilichkeit, welche den ausgezeichnetsten Rechtsgelehrten von Großbritannien Ehre gemacht hätte, zum Advocaten des einfachen Styles machte, – hatte zum Resultate, den Advocaten in einen Richter umzugestalten und dem Richter ein dem Könige Salomo würdiges Urtheil vorzuschreiben.

Dieses Urtheil war, daß in der Rede, die ich an den Rector richten würde, eine glückliche Vereinigung des edlen und pathetischen Styles mit dem einfachen und schmeichelnden Style angebracht werden sollte, und daß ich auf diese Weise mit einem Glücke und einer Kenntniß, die nur mir angehörten, die beiden entgegengesetzten Grenzen der Bendtsamkeit berühren würde, – indem ich meiner Sprache gebot, die ich nach Belieben anfeuern oder zügeln würde, wie der geschickte Führer eines Triumphwagens zwei Pferden von verschiedener Race, das eine feurig und aufbrausend, das andere sanft und folgsam, gebietet, indem er sie durch seine Geschicklichkeit nöthigt, in demselben Schritte zu gehen und den Triumphwagen, in welchem er nach dem Ziele vorangeht, mit gleicher Kraft und mit gleicher Schnelligkeit zu ziehen!

Als das beschlossen, handelte es sich nur noch darum, die beiden Reden in eine einzige zu verschmelzen und aus dem erhabenen mit dem einfachen vereinigten Style den gemäßigten Styl zu bilden.

Ich dachte auf der Stelle darüber nach.

Aber darin lag die Schwierigkeit, – eine Schwierigkeit, an die ich nicht gedacht hatte, und die in Betracht der wenigen Zeit, die mir übrig blieb, um sie zu lösen, sich unüberwindlich vor mir aufrichtete. Vergebens erinnerte ich mich aller der von den alten und modernen Rednern, welche die Vereinigung des Einfachen und des Erhabenen behandelten, gegebenen Vorschriften; die Lage schien mir ausschließlich und die beiden Reden die einzigen, welche dieser glücklichen Verschmelzung nicht unterworfen werden konnten. Weit mehr noch, – und ich weiß nicht warum, – sie hatten in meinen Augen gegen einander einen Widerwillen gleich dem, den gewisse Menschen und gewisse Geschlechter unter sich haben, und ich erinnerte mich in dieser Beziehung eines irländischen Sprichwortes, welches, um die Antipathie zu schildern, die England von Irland trennt, mit mehr Wahrheit als Poesie sagt: » Man lasse drei Tage lang einen Irländer und einen Engländer in demselben Topfe kochen, und nach drei Tagen wird man zwei getrennte Brühen haben.«

Nun denn! mein lieber Petrus, es schien mir, daß eine solche Antipathie zwischen meiner Rede und der meines Wirthes, des Kupferschmieds, herrschte, daß, wenn man sie auch drei Tage und sogar sechs in demselben Topfe kochen ließe, man niemals dazu gelangen würde, daraus eine einzige Brühe zu machen.

Daran war ich mit meiner geistigen Arbeit und meinen philosophischen Betrachtungen, als ich Plötzlich mit Schrecken gewahr wurde, daß ich an der Thür des Rectors angekommen war.

Die Entfernung, welche dieses Haus von dem meines Wirthes, des Kupferschmieds, trennte, war zugleich zu klein und zu groß!

Sie werden zugeben, mein lieber Petrus, daß diese außer allen menschlichen Berechnungen liegenden Arten von Unglücksfällen für mich allein geschaffen sind …

Aus dieser für die Lage unpassenden Entfernung ging hervor, daß meine Rede, die ich noch heute als der anderen unendlich vorzuziehen betrachte, ohne irgend eine Veränderung von mir hätte gehalten werden, und demzufolge eine glänzende Wirkung hätte hervorbringen können, wenn das Haus des Rectors, wie gesagt, von dem meines Wirthes nur zehn, zwanzig oder selbst fünfzig Schritte entfernt gewesen wäre; daß eine gemäßigte, verschmolzene, in Einklang gebrachte Rede aus der Vereinigung beider Reden hätte hervorgehen können, wenn das Haus des Rectors, statt eine halbe Viertelstunde weit, zum Beispiel eine Viertelstunde weit von dem meines Wirthes entfernt gewesen wäre, während dieses Haus, indem es sich in einer mittleren Entfernung befand, entfernt genug war, daß meine erste Rede die Zeit gehabt hatte, umgestürzt zu werden, und zu nahe, als daß ich aus den Trümmern dieser ersten Rede die Zeit gehabt hätte, eine zweite zusammenzusetzen.

Ich trat daher zu dem Rector ein, indem ich durchaus nicht wußte, was ich ihm sagen sollte; mein Geist war von zwei gleichen Kräften hin und her gezogen, und da in der Dynamik, wie Sie wissen, mein lieber Petrus, zwei gleiche Kräfte sich neutralisiren, so werden Sie sich nicht verwundern, wenn ich Ihnen sage, daß in dem Augenblicke, wo der mich einführende Bediente die Thür von dem Vorzimmer des Rectors aufmachte, mein Verstand gänzlich neutralisirt war.

Ich hatte noch eine Hoffnung; denn Gott hat mir, – sei es nun meines Glaubens willen, oder sei es im Vertrauen auf mich selbst, die herrliche Gabe der Hoffnung im höchsten Grade verliehen, durch welche sich die Zukunft mit dem glänzendsten Schimmer und den reichsten Farben vergoldet, Schimmer und Farben, welche freilich in dem Maße verschwinden, als die Zukunft die Gegenwart, und die Gegenwart die Vergangenheit wird, aber die nichtsdestoweniger bewirken, daß mein Leben ein langer Lobgesang für den Herrn ist.

Ich hoffte daher auf Eines, nämlich daß der Rector Gesellschaft hätte und mich nicht sogleich empfangen könnte; während ich sein Belieben erwartete, würde ich meine Gedanken ordnen, und mit jener Klarheit des Urtheils, die zu besitzen ich mich rühme, berechnete ich, daß es nicht mehr als einer halben Stunde bedürfte, um meine Rede durchzugehen und sie klar zu machen, so verworren sie auch sein möchte.

Unglücklicher Weise war der Rector allein, und bei den von dem Bedienten ausgesprochenen Worten:

– Herr Rector, kann ich Herrn Bemrode, den Sohn des ehemaligen Pastors von Beeston, einführen? hörte ich eine barsche Stimme, welche antwortete:

– Lassen Sie ihn eintreten!

Diese Antwort ließ mir das Blut in die Wangen steigen und bedeckte meine Stirn mit Schweiß.

Der Bediente wandte sich nach meiner Seite um:

– Treten Sie ein, sagte er; der Herr Rector willigt ein, Sie zu empfangen.

Eine Wolke trat vor meine Augen; ich schritt wankend voran, und sah durch diese Wolke, an seinem Schreibtische sitzend, mit einem Käppchen von schwarzem Sammet bedeckt und in einen weiten Schlafrock von Molton gekleidet, einen Mann von ungefähr vierzig bis fünfzig Jahren, der mich, halb zurückgeworfen, die linke Hand auf der Armlehne seines Sessels ausgestreckt und die rechte mit einem Instrumente spielend, empfing, das ich anfangs für einen Dolch hielt, aber das ich bald als ein einfaches Falzbein erkannte.

In dieser Stellung voller nachlässiger Würde schien mir der Rector so majestätisch, daß ich zuverlässig nicht mehr Gemüthsbewegung empfunden hätte, wenn man mich in das Cabinet und zu der erlauchten Person König Georg’s II. selbst eingeführt hätte.

Sie werden daher auch begreifen, mein lieber Petrus, was sich zwischen ihm und mir zutrug. Statt daß ich anfing, die Ueberlegenheit zu gewinnen, indem ich ihn fragte, ihn bestritt,, ihn beherrschte, war er es, der mich zuerst anredete, und das, indem er mich um die Ursache meines Besuches und was ich von ihm wollte, mit einer solchen Klarheit der Betonung und einer solchen Schärfe des Blickes fragte, daß, ganz verwirrt, wie ich es bereits durch die wenige Zeit war, welche ich gehabt hatte, um meine beiden Reden in einander zu verschmelzen, dieses scharfe Auge und diese klangvolle Stimme mich vollends den Kopf verlieren ließen, und daß ich kaum die Worte von theologischen Studien, Dorfpfarre und evangelischem Berufe zu stammeln vermochte.

Der Rector wußte indessen bei alle dem mit einem Scharfblicke, der seinem Verstande die größte Ehre machte, das zu unterscheiden, was ich wünschte. Nun, und zu gleicher Zeit, als es mir schien, ein geringschätzendes Lächeln auf seinen Lippen zu sehen, antwortete er mir, oder glaubte ich vielmehr zu hören, – denn der Sinn des Gehöres war bei mir eben so sehr unterbrochen, als die anderen Sinne, – glaubte ich zu hören, sage ich, daß er mir antwortete, daß ich sehr jung wäre; daß weit Aeltere und weit Verdienstvollere als ich seit Jahren warteten, ohne noch angestellt zu sein; daß alle Pfarrstellen seiner Verfügung versprochen wären, und daß er in seinem Gefühle für Gerechtigkeit und Unparteilichkeit es sich als ein Verbrechen vorwerfen würde. Jemand zu meinen Gunsten zu überspringen; daß er mich daher aufforderte, meine Studien zu beendigen, die ihm eine Ergänzung nöthig zu haben schienen, und ihn in ein bis zwei Jahren wieder zu besuchen. Ich bat ihn nun, indem ich mehr als jemals stammelte, meinen Namen gefälligst in sein Gedenkbuch einzuschreiben, damit mein Name ihn an meine Person erinnerte, wenn sich derselbe zuweilen seinen Augen zeigte. Aber er sagte mir (es schien mir wenigstens so), indem er von dem geringschätzenden Lächeln zu einem spaßhaften Tone überging, daß er sich als sehr verlassen von seinem Schutzengel ansehen würde, wenn er jemals das Andenken an einen Mann verlöre, der sich ihm mit der Empfehlung der seltensten und kostbarsten der christlichen Tugenden – der Demuth vorstellte.

Und in der That, gebeugt und stammelnd, wie ich es vor ihm war, mußte ich ihm, je nach der hochmüthigen Natur seines Geistes oder der barmherzigen Stimmung seines Herzens, die höchste Geringschätzung oder das tiefste Mitleiden einflößen. Mochte es nun das eine oder das andere dieser Gefühle sein, die ich ihm eingeflößt, hatte, ich nahm nichtsdestoweniger in einem so beängstigten Zustande Abschied von ihm, daß er dem Blödsinn glich, und der sich, sobald ich ihn verlassen, in ein Gefühl der Wuth gegen dieses Haus verwandelte, das sich in einer so albernen Entfernung von dem meines Wirthes, des Kupferschmieds, befand, und gegen diesen Bedienten, der mich gleich bei meinem Erscheinen eingeführt hatte, statt mir die Zeit zu lassen, mich wieder zu erholen.

Mein Wirth, der Kupferschmied, wartete unter der Thür, das Gesicht nach dem Wege gewendet, den ich einschlagen mußte, um nach Haus zurückzukehren. Sobald er mich in der Ferne erblickte, erkannte er, daß die Sachen zwischen mir und dem Rector übel abgelaufen waren, und als ich in dem Bereiche seiner Stimme war, sagte er kopfschüttelnd:

 

– Ich wußte es wohl, lieber Herr Bemrode, daß Ihre Rede zu beredtsam war! Sie werden dem Rector so kühne Dinge gesagt haben, daß Sie ihn verletzt haben und er Ihnen die Pfarrstelle verweigert hat, um welche sie ihn baten. O! die Menschen sind so: sie können Denen, die sie als abhängig von sich betrachten, eine Ueberlegenheit nicht verzeihen, welche die Stellung ändert, indem sie in der Wirklichkeit aus dem Protector den Protegirten, und aus dem Protegirten den Protector macht . . . Der Herr Rector hat Ihre Ketten nicht gewollt, obgleich sie von Gold waren, nicht wahr? Daher rührt Ihre Traurigkeit, lieber Herr Bemrode, aber ich muß Ihnen gestehen, daß ich auf die so getäuschte Hoffnung bei der Rückkehr gefaßt war, als ich Ihre Zuversicht beim Fortgehen sah . . . Nun denn, lassen Sie hören! erzählen Sie mir das, und sagen Sie mir, wie sich die Sachen zugetragen haben.

– Mein lieber Wirth, antwortete ich ihm majestätischer Weise, ich glaube, wie Sie sagen, in der That einen ziemlich unangenehmen Eindruck auf den Herrn Rector hervorgebracht zu haben. Ich hatte mich geirrt, mein wackerer Freund, und ich habe so eben bemerkt, daß ich nicht geschaffen bin, um zu bitten . . . Ei nun! es sei, fuhr ich mit einem Schaukeln des Kopfes voller Entschlossenheit fort, da es der Wille der Vorsehung ist, so werde ich meinen Weg allein machen; es wird nur um so ehrenvoller für mich sein, ohne Protection, ohne Gunst, ohne Ränke meinen Zweck zu erreichen, und mein Glück nur meinen Talenten und meinen Tugenden zu verdanken!

– Ach! das ist gut gedacht und gut gesagt, lieber Herr Bemrode! rief mein Wirth aus, und es ist mir leid, daß meine liebe Freundin, die Frau des Pastors von Ashbourn, Sie nicht gehört hat! Das ist eine Frau von Verstand, die sie nach den wenigen Worten beurtheilt hätte, welche Sie so eben gesagt, und die Ihnen vielleicht einen guten Rath gegeben hätte; aber es ist nichts dabei verloren: sie ist in dem Laden, wo sie sich mit meiner Frau unterhält; wir essen mit einander zu Mittag . . . Erzeigen Sie mir das Vergnügen, unser Gast zu sein.

Ich wünschte nichts lieber; mehr als ein Mal, wenn ich, indem ich die drei bis vier Pfund Sterling, die mir übrig blieben, so lange als möglich ausreichen lassen wollte, zu meinem ganzen Mittagessen ein Stück Brod und ein Stück geräuchertes Rindfleisch, mit einem einfachen Glase Wasser benetzt aß, – mehr als ein Mal war der aus den unteren Theilen des Hauses hervorgehende Geruch einer kräftigen Küche bis zu mir hinaufgestiegen und hatte meint Nase auf eine angenehme Weise gekitzelt. Dieser Geruch führte die Sache meines Wirthes so siegreich, daß ich, ohne die geistige und gesellschaftliche Entfernung zu ermessen, die einen Redner von einem Kupferschmiede trennt, seine Einladung annahm. Demzufolge kehrte er zurück, indem er mir vorausging und seiner Frau zurief:

– Liebe Freundin, danke Herrn Bemrode, der uns die Ehre erzeigen will, mit uns zu Mittag zu essen.

Indem er sich hierauf nach einer Fremden umwandte, die sich mit seiner Frau unterhielt, sagte er:

– Meine liebe Madame Snart, da Sie eine heilige Frau sind, und Gott Sie zuweilen in dieser Eigenschaft begeistert, so lassen Sie mich Ihnen einen jungen Mann vorstellen, dessen Name Ihnen zuverlässig nicht unbekannt ist, und der in diesem Augenblicke sehr nöthig hat, daß eine Frau von Verstand, wie Sie, ihm einen guten Rath ertheilt. Es ist der Sohn des ehrenwerthen Herrn Bemrode, ehemaligen Pastors von Beeston, dem der Herr Rector eine Pfarrstelle verweigert hat, und der jetzt, da er keine andere Aussicht des Gelingens mehr hat, durch sein eigenes Verdienst seinen Zweck erreichen möchte.

Indem er sich hierauf von Neuem an mich sandte, sagte er zu mir:

– Setzen Sie Madame Snart das selbst auseinander, Herr Bemrode, was sich zwischen Ihnen und dem Herrn Rector zugetragen hat, so wie auch das Verlangen, das Sie tragen, sich dem kirchlichen Berufe zu widmen, auf der Ihnen Ihr Vater einen so schönen und so heiligen Weg vorgeschrieben hat.

Ich habe Ihnen bereits gesagt, mein lieber Petrus, in welchem Grade ich bei Personen von geringerem, und selbst dem meinigen gleichen Stande die Rednergabe besitze. Ich folgte daher auch auf der Stelle der Aufforderung meines Wirthes, des Kupferschmieds, und nachdem ich Madame Snart meine Unterredung mit dem Rector so ungefähr erzählt hatte, entwarf ich ihr ein Bild so voller christlicher Liebe, Frömmigkeit und Salbung über die Art und Weise, wie ich das Leben eines Dorfpastors in seinen Beziehungen mit seinen Pfarrkindern, die nur eine Ausdehnung seiner eigenen Familie sein dürften, auffaßte, daß die Augen der würdigen Frau sich mit Thränen füllten, während meine Wirthin schluchzte, und ihr fast eben so sehr als sie gerührter Gatte ausrief, wobei er seine Augen mit der Rückseite seiner geschwärzten Hand abtrocknete:

– He! was sagte ich Dir, Frau? . . He! Madame Snart, was sagte ich Ihnen? . . .

Und indem ich den Eindruck sah, den ich auf diese wackeren Leute hervorbrachte, indem ich die natürliche Beredtsamkeit bewunderte, welche diese Wirkung herbeiführte, fragte ich Euch, ohne diese Frage beantworten zu können, warum ich nicht eine Stunde vorher so mit dem Rector gesprochen hätte; was mich um so mehr in der Idee bestärkte, daß bei den Unglücksfällen wie der, welchen ich soeben erlitten hatte, immer ein Verhängniß obwaltete, das gegen mein Genie kämpfte.

Nun that sich bei der würdigen Madame Snart jene Richtigkeit des Verstandes und des Urtheiles kund, von welcher mir mein Wirth, der Kupferschmied, gesprochen hatte.

– Mein lieber Herr Bemrode, sagte sie zu mir mit noch von Thränen feuchten Augen und mit einem Ausdrucke der Stimme, welcher bewies, daß diese Thränen aus dem Herzen kämen, mein lieber Herr Bemrode, der Entschluß, den Sie gefaßt haben, sich allein, ohne Protection und ohne Ränke empor zu schwingen, ist edel, erhaben, großmüthig, und ich für mein Theil zolle ihm von ganzer Seele Beifall. Wie jetzt auf diese Weise Ihren Zweck erreichen? Ich will Ihnen das Mittel dazu angeben . . .

– Ach! meine liebe Dame, rief ich aus, wie viel Dank wäre ich Ihnen schuldig, wenn Sie mir eine Laufbahn eröffneten, welche, indem sie mir Sicherheit für die Gegenwart und Zukunft verleihet, mir erlaubt, meinen Namen berühmt zu machen und meine Zeitgenossen durch das große Werk in Erstaunen zu versetzen, das ich vorhabe, und für welches ich zugleich der Einsamkeit, der Stille und der Ruhe bedarf . . . Meine liebe Madame Snart, ich gebe das feierliche Versprechen, Ihnen dieses Werk zu widmen, und auf diese Weise im Angesichte der Nachwelt alle die Dankbarkeit anzuerkennen, die ich ihnen schuldig sein werdet,

Die gute Frau lächelte mit schwermüthiger Miene.

– Herr Bemrode, sagte sie, was Sie mir da als Belohnung für den kleinen Dienst anbieten, den ich Ihnen erwiesen haben werde, vorausgesetzt, daß ich Ihnen denselben erweise, gehört zu den Eitelkeiten dieser Welt, Eitelkeiten, auf welche ich seit langer Zeit verzichtet habe. Beschäftigen wir uns daher, wenn es Ihnen gefällig ist, damit, Ihnen zuvörderst diese Einsamkeit, diese Stille und diese Ruhe zu verschaffen, die Sie nothwendig haben, um das in Rede stehende große Werk zu schreiben, und sobald dieses Werk einmal geschrieben ist, so werden Sie, sein Sie überzeugt davon, weit Verdienstvollere als mich finden, um es diesen zu widmen.

– Niemals, Madame Snart! niemals! rief ich aus; durch Ihre Hilfe wird das Werk geschrieben worden sein, Ihnen wird es daher angehören; aber, wie Sie mit jener Richtigkeit des Verstandes sagen, welche meine Bewunderung erregt, denken wir zuvörderst an das Dringendste, das heißt an die Mittel, mich bekannt zu machen, und demzufolge mich allein emporzuschwingen.

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