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Der Pastor von Ashbourn

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XIX.
Wie Gott will!

In dem Innern des Gebäudes fanden wir Herrn Jenkins, der uns erwartete.

Der wackere Mann sah so betrübt aus, daß ich leicht daraus schloß, er hätte uns eine schlimme Nachricht mitzutheilen.

Ich dachte mir auf der Stelle, welches diese Nachricht wäre: das war das einzige Unglück, welches uns noch begegnen konnte.

– O! mein Gott! rief ich aus, Sie können nicht erlauben, daß Jenny bei mir bleibt, nicht wahr, Herr Jenkins?

– Ach! sagte der Richter mit Thränen in den Augen, ich bin untröstlich, Herr Bemrode, Ihnen diese Bitte zu verweigern, aber sie ist gegen alle Vorschriften des Gefängnisses.

– Wir werden also getrennt sein, rief Jenny aus; ach! mein Herr, wissen Sie, was eine Trennung ist?

– Ja, Madame, ich habe daran gedacht, sagte der Richter: ich bewillige Ihnen daher auch Alles, was ich Ihnen bewilligen kann: die Erlaubniß, Ihren Gatten alle Tage von der Stunde an zu sehen, wo das Gefängniß geöffnet wird, bis zu der Stunde, wo man es schließt, das heißt, im Winter von zehn Uhr Morgens bis vier Uhr Abends, und im Sommer von acht Uhr bis um sechs.

– O! mein Gott! was werde ich denn mit alle der Zeit anfangen, wo ich sie nicht sehen werde? rief ich aus.

Jenny ging zu dem Richter und ergriff seine beiden Hände.

– Mein Herr, sagte sie, Sie versichern mir, nicht wahr, daß es unmöglich ist, für zwei Unglückliche in unserer Lage mehr zu thun, als Sie für uns thun?

– Ich versichere es Ihnen! Wenn ich mehr thun könnte, so würde ich es thun, und zwar ohne daß Sie nöthig hätten, mich darum zu bitten.

– Ich danke! mein Herr: es wäre daher ungerecht von uns, mehr zu verlangen.

Indem sie nun mit jener Ergebung wieder zu mir kam, welche sie seit dem Anfange meiner Unglücksfälle immer gezeigt hatte, sagte sie:

– Du siehst, mein Freund, daß wir trotz der Güte dieses Herrn während vieler und langer Stunden getrennt sein werden.

– Leider! flüsterte ich.

– Höre: laß uns aus diesem neuen Schmerze den möglichst besten Nutzen ziehen. Wir werden diese Stunden der Abwesenheit durch die Arbeit ausfüllen. Bei mir bist Du beständig durch mich selbst zerstreut; ich gehe ein und aus, und selbst abwesend, fühlst Du mich da. Nun denn! Sobald ich abwesend bin, wirst Du Deine Abende und Deine Nächte haben, um zu arbeiten: dann wirst Du dieses Meisterwerk ausführen, das Du uns beständig versprichst, und für dessen Ausführung Dir allein die Zeit gefehlt hat. Ich werde meinerseits den Rath der Madame Stiff befolgen: ich werde arbeiten, und vielleicht werden wir auf diese Weise, Du mit Deinem Buche, ich mit meiner Malerei und den Musikstunden, die ich geben werde, dazu gelangen, diese unglückliche Schuld von fünfzig Pfund zu bezahlen, die Dich hierher geführt hat. . .

– Träume, alles das sind Träume, meine arme Jenny! rief ich aus. Fünfzig Pfund! niemals werden wir diese Summe durch unsere Arbeit zusammenbringen, und ich fühle, daß wenn ich die Hälfte meines Lebens fern von Dir zubringen muß, ich nur die Hälfte meines Lebens gelebt haben werde!

Und ich ließ mich ganz niedergeschlagen auf einen Stuhl sinken.

Herr Jenkins näherte sich uns, denn als Jenny mich ermatten sah, rief sie ihn mit einem Blicke zu Hilfe.

– Nun, Herr Bemrode, sagte er zu mir. fassen Sie Muth! Haben Sie denn das Mißgeschick bis dahin so gut ertragen, um gerade in dem Augenblicke zu unterliegen, wo Sie alle Ihre Kraft nöthig haben? und muß es Ihre Frau sein, welche Ihnen das Beispiel der Ergebung giebt? . . . Madame Bemrode hat Recht, es giebt nur die Arbeit, welche Ihnen allen Beiden eine wahre Hilfe ist, wo nicht um Sie gänzlich aus der Verlegenheit zu ziehen, doch wenigstens um Sie Ihre Lage ertragen zu lassen. Madame Bemrode wird hier in der Umgegend, so nah als möglich, in einem guten und rechtschaffenen Hause ein kleines Zimmer miethen, von dem sie mir die Adresse geben wird, und ich werde mich bemühen, ihr Stunden zu verschaffen und sie ihre Bilder verkaufen helfen.

– Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, mein Herr! sagte ich zu dem Richter. ich danke Ihnen!

Aber, da ich trotz dieses gütigen Versprechens des Herrn Jenkins immer noch in derselben Niedergeschlagenheit blieb, so kam Jenny zu mir, und indem sie meinen Kopf an ihre Brust lehnte, sagte sie:

– Mein Freund, merke Dir Folgendes: nämlich, daß man besonders dann Alles hoffen muß, wenn Alles verloren scheint, denn besonders dann, wenn das Unglück auf seinen Gipfel gelangt ist, sind wir von Neuem dem Glücke nahe. . . Mein Freund! bist Du kein Mann, bist Du kein Christ mehr?

Die Stimme Jenny’s hatte immer eine außerordentliche Gewalt über mich. Ich schämte mich meiner Schwäche vor dem Muthe meiner Frau; ich schüttelte den Kopf und erhob mich wieder.

– Ja, Du hast Recht, Jenny, sagte ich, hoffen wir. . . nicht daß wir dem Glücke nah wären; . . . um uns den Raum zurücklegen zu lassen, der uns jetzt von ihm trennt, wäre ein Wunder nöthig. und die Wunder sind selten!

Ich stieß einen Seufzer aus.

– Mann von wenig Glauben! sagte Jenny lächelnd. Indem sie sich hierauf an den Richter wandte, sagte sie:

– Herr Jenkins, ich nehme Ihren wohlwollenden Schutz an . . . Ja, ich werde, wie Sie so eben sagten, in der Nähe des Gefängnisses ein Zimmer miethen, und das so bald als möglich: denn ich wüßte nicht, wohin ich heute Abend gehen sollte, und ich will nicht in einem Wirthshause schlafen. – Williams, sag’ an. Du, der Du in Nottingham gewohnt hast, Du, der Du die Stadt kennst, sag’ mir, an wen ich mich wenden soll, leite mich.

Bei dieser Aufforderung erleuchtete mich plötzlich ein Gedanke.

– O! mein Gott! sagte ich, kaum hundert Schritte weit von hier befindet sich das Haus meines ehemaligen Wirthes, des Kupferschmiedes; dieser Mann ist immer gütig gegen mich gewesen, und ich glaube, daß ich im Gegentheile bei dem letzten Besuche, den ich ihm gemacht habe, ungerecht gegen ihn gewesen bin. Wenn das kleine Zimmer, das ich bei ihm bewohnte, immer noch frei ist, so nimm es, Jenny. Es hat mir Glück gebracht, weil ich dieses Zimmer verlassen habe, um Dich zu sehen . . . Vielleicht wird es seinen glücklichen Einfluß behalten haben, und zu dem unverhofften, aber möglichen Wunder beitragen, von dem Du so eben sprachst . . . Geh’, mein Kind, geh’, und grüße diesen wackern Mann vielmals von mir. Während dieser Zeit wird man mich in mein Zimmer führen; ich werde mich darin einrichten, und da es erst halb Eins ist, und Du in einer Stunde zurückgekehrt sein kannst, so werden wir noch einen guten Theil des Tages haben, um ihn mit einander zuzubringen.– Herr Jenkins, ich empfehle Ihnen meine Frau.

Ich that einen Schritt, um nach dem Innern des Gefängnisses zu gehen, aber Jenny und ich hatten einen und denselben Gedanken, und wir blieben alle Beide stehen.

– Nun, was giebt es noch? fragte der Richter.

– O! sagte Jenny, ich bin überzeugt, Herr Jenkins, daß Williams dieselbe Furcht hat als ich . . . Sobald ich einmal draußen bin. werde ich vielleicht nicht wieder zurückkehren können!. . .

– Ja, ja, rief ich aus, das ist es! das ist es!

– Herr Bemrode, sagte der Richter, Sie haben mein Wort, und ich werde Madame Bemrode erst dann verlassen, wenn sie hierher zurückgekehrt ist.

– Ich danke Ihnen!. . . jetzt, gehen Sie.

Trotz dieses Versprechens umarmten Jenny und ich uns dennoch mit jenem unbestimmten Schrecken, mit jenem tödtlichen Schauder, der die Gefangenen niemals verläßt.

Es scheint, daß das Gefängniß der Uebergang aus dieser Welt in jene, das Vorzimmer des Grabes, die Vorhalle des Todes ist.

Sobald Jenny sich mit Herrn Jenkins entfernt hatte, sobald das Geräusch der sich schließenden Thür erloschen und dieser grausige Ton in meinem Innern verklungen war, kurz sobald ich allein war, verlangte ich, daß man mich in mein Zimmer führe. Ich fühlte jetzt, daß meine Gefangenschaft in Wahrheit begonnen hatte.

Der Schließer ließ mich hinaufgehen, statt mich hinuntergehen zu lassen; das war schon Etwas; dann öffnete er mir die Thür einer vergitterten Zelle.

Die Zimmer eines Gefängnisses gleichen sich alle; man versetze das Zimmer eines Gefängnisses in das reichste Schloß, in die reichste Landschaft, und man wird immer auf den ersten Blick sagen, wären auch die eisernen Fensterstangen nicht vorhanden: »Das ist das Zimmer eines Gefängnisses!«. . .

Es war indessen augenscheinlich, daß der Richter sein Wort gehalten und unter allen freien Zimmern das beste gewählt hatte.

Es war mit allen unentbehrlichen Gegenständen versehen; aber gerade diese Aufmerksamkeit trug sehr dazu bei, meinen Einzug zu betrüben, indem sie die Wahrscheinlichkeit eines langen Aufenthaltes andeutete.

Es befand sich ein gutes Bett darin, vier Stühle und ein Tisch mit Papier, Tinte und Federn.

Zwei Blumentöpfe standen innerhalb des Fenstergitters und schienen ihre Blätter nach dem Lichte zu erheben; Gefangene wie ich, sehnten sie sich wie ich nach dem Lichte und der Freiheit.

Ich warf einen flüchtigen Blick auf alles Das, und das Inventarium meiner neuen Wohnung war gemacht.

Der Schließer fragte mich, ob ich irgend etwas nöthig hätte, und auf meine verneinende Antwort ließ er mich allein.

Ich setzte mich.

Eine Spinne webte ihr Netz in einer Ecke meiner Zelle, ihr Hin- und Herlaufen machte mich ungeduldig; ich erhob mich in der Absicht, mich ihrer zu entledigen, aber ich erinnerte mich jenes französischen Gefangenen der Bastille, dem eine Spinne eine lange und freundliche Gesellschafterin geworden, und der so untröstlich war, als der Kerkermeister sie ihm tödtete.

Ich dachte, daß, wenn meine Gefangenschaft sich verlängerte, diese Spinne gleichfalls eine Gesellschafterin für mich werden könnte, und daß ich sie mir in dieser Voraussicht erhalten müßte.

Obgleich sie im Bereiche meines Schlages war, ließ ich ihr daher Gnade angedeihen; »lebe! rief ich aus, Gefährtin meiner Gefangenschaft, und sei willkommen in meinem Gefängnisse!«

 

In diesem Augenblicke hörte ich Geräusch auf der Treppe und erkannte den Schritt Jenny’s. Die Thür öffnete sich; sie trat ein.

Ich ging auf sie zu und umarmte sie; ich ließ ihre Blicke durch das Zimmer schweifen und fragte sie:

– Was sagst Du dazu. Jenny?

– Daß, wenn man mir erlaubte es mit Dir zu bewohnen, mein geliebter Williams, dieses Zimmer ein Paradies sein würde.

– Leider! theure Freundin, antwortete ich, giebt es kein Paradies auf Erden, und deshalb bist Du von mir getrennt!

– Sprechen wir nicht von Trennung, da wir drei Stunden der Vereinigung vor uns haben.

– Nun, fragte ich sie, mein Wirth, der Kupferschmied?. . .

– Ist ein vortrefflicher Mann! Als er das Unglück erfuhr, das Dir zugestoßen, schien er von ganzem Herzen daran Theil zu nehmen; indem er hierauf den Richter bat, einen Augenblick bei ihm zu bleiben, ließ er mich durch seine Frau in Dein ehemaliges Zimmer führen . . .

– Ein armseliges Zimmer!

– Ein Palast meines Herzens, theurer Williams! Es ist noch so, wie es zu Deiner Zeit war; nicht ein Möbel ist gewechselt worden, und ich habe sogar auf einem Tische ein Heft Papier mit dem Titel eines Trauerspiels gefunden. . . Ich habe durch den Segen des Herrn dieses mit Deinen Erinnerungen erfüllte Zimmer gefunden, und werde darin bei Dir sein!

– Und Herr Jenkins. Jenny?

– Ich fand ihn wieder, wie er eifrig mit Deinem Wirthe sprach; als sie mich aber erblickten, wechselten sie einen Wink aus und schwiegen.

– Sie haben geschwiegen? Sollte dieser Mann Herrn Jenkins schlechte Auskünfte über mich gegeben haben?

– O! ganz im Gegentheile, mein lieber Freund, denn als er mich hierher zurückführte, hörte Herr Jenkins nicht auf zu sagen, daß ich mich beruhigen möchte, indem er mir wiederholte, daß es noch wackere Leute aus Erden gäbe und daß noch nicht alle guten Seelen wieder in den Himmel zurückgegangen wären.

– Was wollte er damit sagen?

– Ich weiß es nicht, aber seine Worte waren gütig, sanft, freundschaftlich, was gewiß nicht der Fall gewesen wäre, wenn Dein Wirth ihm Schlechtes über Dich gesagt hätte.

– Und die Befehle sind gegeben, meine gute Jenny, daß Du frei ein und aus gehen kannst?

– Die Befehle waren heute Morgen gegeben und sind in meiner Gegenwart wiederholt worden.

– Gut! . . . Dann laß uns unser neues Leben, unser Leben der Gefangenschaft beginnen; fangen wir es mit einem Gebet an, damit, wenn Gott vergäße, mit uns zu sein, wir ihn daran erinnern, daß wir mit ihm sind.

Die drei Stunden, welche Jenny mir schenken konnte, verflossen wie eine Secunde.

Es schlug vier Uhr; der Schließer erschien und benachrichtigte Jenny, daß es Zeit wäre, sich zu entfernen.

Seit den sechs Monaten unserer Verheirathung war diese Trennung einer Nacht die erste.

Jeder von uns suchte dem Andern seine Thränen zu verbergen; aber sobald sie mich verlassen hatte, weinte Jenny, und sobald sich Jenny entfernt, weinte ich.

Von diesem Augenblicke an begann meine wahre Gefangenschaft; die Einsamkeit ist es, welche das Gefängniß schrecklich macht.

Ein Mittel blieb mir übrig, um meine traurigen Gedanken zu bekämpfen; es bestand darin, Ihnen zuschreiben, mein lieber Petrus. Ich hatte Ihnen meine letzten vierzehn Tage zu erzählen, das heißt den bewegtesten Theil meines Lebens.

Ich benutzte einen Rest von Tageslicht, um mich an diese Arbeit zu machen. Ich hatte Ihnen so viel von Jenny zu sprechen, daß diese Arbeit mir ein großer Trost sein mußte.

So sollte die ganze erste Periode meiner Geschichte, die der Freiheit, der Luft, der Sonne vor Ihren Augen vorübergegangen sein, und für Sie sollte die traurige Seite, das Gefängnißleben, das Dasein des Gefangenen beginnen. . .

Um fünf Uhr Abends brachte man mir, da der Tag abnahm, eine Lampe, ohne daß ich sie verlangt hatte, und ich erkannte darin eine Aufmerksamkeit unseres guten Richters.

Um acht Uhr kam man, um mich um meine Aufträge für das Abendessen zu fragen: – das Frühstück und das Mittagessen, das heißt die unbedingte Nothwendigkeit des Lebens, hat der Gläubiger zu bezahlen.

Alles, was außer diesen beiden Mahlzeiten genommen wird, geschieht auf Kosten des Schuldners.

Da ich mir dachte, daß ich bis spät in die Nacht aufbleiben würde, so verlangte ich etwas Obst und Wasser; ich erhielt davon für einen Schilling, was Mir gräßlich theuer schien. Ich werde mich bemühen, die Gewohnheit anzunehmen, zu arbeiten, ohne etwas zu genießen, oder auch wohl von meinem Mittagsessen mir ein Stück Brod ersparen, das ich in meiner Nacht essen werde.

Das Oel wird gleichfalls besonders bezahlt. Ich habe davon für zwei Pence verbrannt.

* * *

Die Erzählung dessen, was mir Ihnen zu sagen übrig blieb, lieber Petrus, hat mich von vier Uhr Nachmittags bis zwei Uhr Morgens beschäftigt. – Also um zwei Uhr nehme ich Abschied von Ihnen, lösche meine Lampe aus und lege mich zu Bett.

Ich bin mit den Ereignissen bis auf den heutigen Tag gekommen; der übrige Theil unseres Briefwechsels wird ein Tagebuch sein.

Morgen, bei meinem Erwachen, werde ich es anfangen; es wird, mein lieber Petrus, so lange als meine Gefangenschaft dauern.

Gott allein weiß, ob es lang oder kurz sein, ob es Blätter oder einen Band bilden wird.

In jedem Falle, wie Gott will!

XX.
Gott ist überall

Der Herr, mein lieber Petrus, hat in seiner Barmherzigkeit beschlossen, daß das Tagebuch des Gefangenen kurz sein und aus einem einzigen Blatte bestehen sollte.

Das Wunder, das ich für unmöglich hielt, hat,sich zugetragen.

Heute Morgen, um acht Uhr weniger zehn Minuten, hörte ich Geräusch auf meiner Treppe! Es schien mir wohl der Schritt Jennys, aber da ich wußte, daß es ihr erst um zehn Uhr erlaubt wäre, das Gefängniß zu betreten, so wagte ich nicht zu hoffen, daß sie es sei.

Ich horchte indessen, und es schien mir, daß mein Name von der Person ausgesprochen sei, die zu mir hinaufging; dieser Name ertönte mit jedem Augenblicke mehr in meiner Nähe, und ebenso, wie ich den Schritt Jenny’s erkannt hatte, erkannte ich ihre Stimme.

Plötzlich ging die Thür auf; sie war es wirklich!

Sie blieb auf der Schwelle stehen, suchte mich mit den Augen, und als sie mich im Bette erblickte, warf sie sich in meine Arme, indem sie ausrief:

– Frei! mein geliebter Williams! frei!

Zu gleicher Zeit bewegte sie in ihrer Hand einige offene Papiere.

Ich begriff nichts davon; ich glaubte, falsch verstanden zu haben; ich antwortete nicht, nur drückten meine Augen Zweifel, mehr als Zweifel, die Unmöglichkeit aus, in welcher ich mich befand, an ein solches Glück zu glauben.

– Frei! wiederholte Jenny, da ich Dir sage, daß Du frei bist! . . . Würde ich es Dir etwa sagen, wenn es nicht die Wahrheit wäre?

– Unmöglich! rief ich aus.

– Ja, unmöglich, erwiederte Jenny, ich glaubte es wie Du. Unmöglich, habe ich gesagt; unmöglich, habe ich wiederholt; aber hier sind die Papiere, hier ist der Schuldschein, hier ist die Übertragung, hier ist Alles, bis auf den Befehl für den Kerkermeister, Dich frei zu lassen! er befindet sich unter der Quittung des Gerichtsboten.

– Aber am Ende, fragte ich, indem ich trotz allen diesen auf meinem Bette ausgebreiteten Beweisen noch zweifelte, was hat sich denn ereignet, und wie ist das zugegangen?

– Ich will Dir das sagen, was ich davon weiß, mein Geliebter; der Richter wird uns das Uebrige sagen.

– Du hast ihn also gesehen?

– Er ist es, der mir diese Papiere, diese Uebertragung, diese Quittung und diesen Befehl, Dich in Freiheit zu setzen, übergeben hat . . .

– Ich höre, erzähle . . . mein Gott, mein Gott! ich irrte mich also nicht, als ich sagte, daß Du überall, selbst in dem Gefängnisse wärest! Mein Gott! hätte ich nicht sagen müssen, daß Du dort mehr als überall anderswo wärest, da besonders dort die Unglücklichen sind?

Und welches Verlangen ich auch hatte, Jenny zu hören, mir meine Befreiung zu erklären, ich gab ihr einen Wink mit der Hand, mich Gott durch ein kurzes, aber inbrünstiges Gebet danken zu lassen.

Als mein Gebet beendigt war, sagte ich:

– Fahre fort, meine geliebte Jenny, sprich.

– Nun, mein Freund, sagte sie. als ich heute Morgen hinunter ging, um Pinsel und Farben zu kaufen und mich noch heute an die Arbeit zu machen, begegnete ich auf der halben Treppe unserem Wirthe, dem Kupferschmied. Er wollte augenscheinlich zu mir hinauf. »Wo gehen Sie hin, meine liebe Madame Bemrode?« fragte er mich. Ich sagte ihm, daß ich Pinsel und Farben kaufen wollte. Er schüttelte den Kopf. »Das ist gut, das ist gut, sagte er, und zeigt von einer guten Frau; aber Sie haben in diesem Augenblicke Dringenderes zu thun, als Pinsel und Farben zu kaufen. . . Sie müssen zu Herrn Jenkins, dem Richter, gehen, der Ihnen sehr wichtige Dinge mitzutheilen hat.« – Zu dem Richter. . . Herrn Jenkins? – »Ja.« – Aber ich habe ihn gestern um zwei Uhr verlassen, und er hat mir nichts gesagt.– »Das, was er Ihnen mitzutheilen hat, kann sich seit gestern um zwei Uhr zugetragen haben.« – Mein Gott! sagte ich zu ihm. ich weiß nicht warum, aber ich zittere am ganzen Körper . . . Können Sie nicht mit mir gehen, mein lieber Wirth? – »Unmöglich, Madame Bemrode! wie Sie sehen, bin ich allein im Laden und da tritt Jemand ein, um zu kaufen. Mein Grundsatz ist, daß man niemals den Käufer verschmähen darf, so gering er auch sein möge, betrüge der Nutzen, den ich an ihm hätte, auch nur einen halben Penny. . .«

– Ja, sagte ich, ich weiß, daß das sein Grundsatz ist.

– Ich bin also allein zu dem Richter gegangen, und dieser sagte mir nun Alles . . . Er sagte mir, daß gestern nach meiner Rückkehr in das Gefängniß der Kupferschmied zu ihm gekommen wäre, den Gerichtsboten hätte holen lassen, in dessen Händen die Acten waren, und unter der Bedingung Bürgschaft für Dich geleistet hätte, daß alle Aktenstücke, welche der Gerichtsbote behauptete nicht in Händen zu haben, dem Richter übergeben würden . . .

– Wie, er hat das gethan? rief ich aus.

– Er hat das gethan!

– Dieser Mann, den ich beschuldigte, geizig zu sein?

– Weil er keinen halben Penny in seinem Laden verlieren wollte . . . Ja, mein lieber Williams, und er ist es, dem wir unser Glück verdanken.

– Du sagst, daß ich fortgehen kann, meine liebe Jenny?

– Wann Du willst.

– Wohlan, laß uns gehen; eilen wir zu ihm, danken wir ihm! . . . Ah, fuhr ich den Kopf schüttelnd fort, ich glaubte die Menschen zu kennen: ich sehe wohl, daß ich sie nicht kannte.

Ich sprang aus meinem Bette und kleidete mich in einigen Secunden an, während Jenny den Director des Gefängnisses kommen ließ.

Ich muß gestehen, mein lieber Petrus, daß, so lange als ich diesen Mann nicht gesehen, so lange als ich seine Stimme mir das nicht hatte bestätigen hören, was mir Jenny gemeldet, ich immer noch zweifelte.

Es war indessen nur die reine Wahrheit; der Befehl meiner Befreiung war ihm bereits mitgetheilt, die Thüren standen mir offen.

Mein Gepäck war es nicht, das meinen Austritt verspäten konnte; mit Ausnahme des Fernrohrs meines Großvaters, das ich, nicht in der Hoffnung. Gebrauch davon zu machen, sondern als einen Familien-Talisman mitgebracht Hatte, befand sich dieses Gepäck, das aus einigen Hemden und einigen Paar Strümpfen bestand, gänzlich in einer Serviette, die ich noch nicht die Zeit gehabt hatte aufzuknüpfen. «

Ich nahm mein Fernrohr in die Hand, mein Gepäck unter den Arm, und nachdem ich einen Blick des Abschieds auf alle Gegenstände geworfen, die mich umgaben, wie um sie meinem Gedächtnisse einzuprägen, nachdem ich dem Direktor des Gefängnisses die Hand gedrückt, der mir während dieses kurzen Zeitabschnittes, wo ich sein Miethsmann gewesen war, alle möglichen Rücksichten bezeigt hatte, überschritt ich die Thür, über welcher ich am Tage vorher, wie über der, die nach der Hölle führt, jenes schreckliche Urtheil des florentinischen Dichters zu lesen geglaubt hatte:

– »Ihr. die ihr hier eintretet, laßt alle Hoffnung zurück!«

Unser erster Besuch galt, wie wir uns vorgenommen hatten, unserm Wirth, dem Kupferschmied. Ich hatte so große Eile, mein Unrecht gegen ihn durch ein vollständiges Geständniß wieder gut zu machen, daß ich nicht bemerkte, wie ich auf dem Wege nach seinem Hause die zitternde, an meinem Arme hängende Jenny über ihre Kräfte laufen ließ; sie machte, mich nicht einmal auf die Schnelligkeit meines Ganges aufmerksam, so sehr war ihr Verlangen, den würdigen Mann wiederzusehen, dem meinigen gleich.

Alle diese Eile war indessen vergebens.

 

Unser Wirth, der Kupferschmied, war nicht mehr zu Haus; er hatte eine seiner gewöhnlichen Reisen in der Umgegend von Nottingham angetreten, – oder er hatte vielmehr die Stadt verlassen, um seine Bescheidenheit dem Ausdrucke unserer Dankbarkeit zu entziehen.

Ich möchte Ihnen empfehlen, mein lieber Petrus, bei dem schönen Werke, welches Sie über die Menschen schreiben, diesen Mann trotz seiner geringen Bildung und der niedrigen Stellung, die er in der Gesellschaft einnimmt, nicht zu vergessen.

Es blieb noch der Richter, Herr Jenkins, übrig.

Er erwartete uns.

Er ergänzte die Umstände meiner Befreiung, die uns noch fehlten, und welche Alles bestätigten, was ich bereits durch meine geliebte Jenny erfahren hatte.

Am vorigen Tage war Alles zwischen ihm und unserm Wirthe abgemacht worden. Sobald der würdige Mann das Unglück erfahren hatte, das mir zugestoßen war, hatte er ohne zu zögern dem Richter erklärt, daß er meine Befreiung wolle, um welchen Preis es auch sein möchte, und wenn ich nicht schon am Tage vorher das Gefängniß verlassen hatte, so kam das daher, weil Förmlichkeiten bestanden, die durchaus erfüllt werden mußten, und für welche gewisse Fristen nothwendig waren.

Aber von diesem Augenblicke an hatte er Bürgschaft geleistet und Herrn Jenkins gebeten, alle mögliche Eile darauf zu verwenden, damit ich am folgenden Tage in Freiheit gesetzt würde.

Der gute Herr Jenkins hatte nicht nöthig, in dieser Beziehung angespornt zu werden, er versprach meinem Wirthe, Alles im Laufe des Abends zu beendigen.

Um neun Uhr war mein Wirth mit dem Gelde bei ihm.

Um sieben Uhr Morgens sollte der Gerichtsbote mit den Aktenstücken bei Herrn Jenkins sein.

Ganz im Gegentheile von den gewöhnlichen Gläubigern, schien der meinige sich nicht im Geringsten von der Welt darum zu bekümmern, bezahlt zu sein: der Gerichtsbote hatte daher auch alle Arten von Schwierigkeiten gemacht, aber Herr Jenkins hatte so laut und so fest gesprochen, daß der Beamte in der Furcht für seine Stelle endlich versprochen hatte, Herrn Jenkins am folgenden Morgen alle Papiere zu überbringen.

In der That, dem gegebenen Versprechen gemäß, hatte am folgenden Morgen um sieben Uhr die Aushändigung der Aktenstücke gegen die Summe von fünfzig Pfund Sterling stattgefunden.

Mein Wirth war also mein einziger und alleiniger Gläubiger, oder vielmehr hatte ich nicht einmal eine Schuld mehr, da alle Actenstücke meinen Händen übergeben worden waren, wie als ob die fünfzig Pfund von mir selbst bezahlt gewesen wären.

Aber Sie werden wohl begreifen, mein lieber Petrus, daß nicht zu befürchten stand, mein Herz werde jemals diese Schuld läugnen.

Ich verlangte daher auch von Herrn Jenkins, – leider sind wir alle sterblich! – daß er die Anerkennung dieser geheiligten Schuld in seiner Verwahrung behielte, damit eines Tages meine Kinder, wenn ich deren jemals erhielte, wüßten, welche dringende Verpflichtung ihnen ihr Vater gemacht hätte, ein für sie noch weit achtungswürdigeres Vermächtniß, als es das war, welches ich von dem meinigen erhalten hatte.

Nun eilten wir, Herrn und Madame Smith zu beruhigen, die jetzt unser Unglück kennen mußten, und nicht ahnen konnten, welche glückliche Wendung es genommen. So nahmen wir Abschied von dem würdigen Herrn Jenkins, um irgend einen Kutscher zu suchen, der uns nach Ashbourn führe.

Der war nicht schwer zu finden; ich dachte an den wackeren Mann, der mich zur Zeit meiner ersten Predigt bereits gefahren hatte, und er stellte gegen denselben Preis, als das erste Mal, dasselbe Pferd und dieselbe Carriole zu meiner Verfügung.

Welche sonderbare Sache ist es um die Reihenfolge solcher Tage, die so verschiedene Ereignisse herbeiführen! Mit wie vielen verschiedenen Gemüthsbewegungen ich diese Reise von Nottingham nach Ashbourn und von Ashbourn nach Nottingham bereits gemacht hatte! . . . Und, mein lieber Petrus, welche Veränderung in den Gefühlen von gestern gegen die von heute!

Am Tage vorher war ich auf dem Wege des Schmerzes aufgebrochen; am folgenden Tage kehrte ich auf dem der Freude zurück.

Auf zwei Drittheilen des Weges erblickten wir eine Carriole, die uns entgegen kam, und an der wir in wenigen Minuten vorüber kommen mußten.

Ich bemerkte, daß zu gleicher Zeit, als meine Blicke sich auf diese Carriole hefteten, die Jenny’s sich nicht von ihr loszumachen vermochten.

Einen Augenblick begegneten sich unsere Augen.

– Nicht wahr, sagte sie, es scheint Dir wie mir, als ob sich in diesem Wagen irgend Jemand von unseren Bekannten befände.

– Es ist wahr, antwortete ich, aber warte, wir werden es wohl sehen.

Ich ließ unsere Carriole halten, nahm das Fernrohr meines Großvaters, das ich mich wohl gehütet hatte zu vergessen, und richtete es auf den Wagen, der uns entgegenkam.

Unter einer Art von Verdeck, das ein Kabriolet bildete, erkannte ich Herrn und Madame Smith.

Ich reichte lächelnd Jenny das Fernrohr.

– Mein Vater!. . . Meine Mutter! rief sie aus. O mein Geliebter! Gott und ihre Liebe ist es, die sie auf unsern Weg führen.

Ich schob mit der Hand die Röhren des Fernrohres wieder in einander, und befahl unserem Kutscher, sich so schnell, als sein Pferd zu laufen vermöchte, wieder auf den Weg zu begeben.

Zu gleicher Zeit machten wir mit unseren Taschentüchern Zeichen, welche bald die Aufmerksamkeit derer auf sich zogen, welche uns entgegenkamen.

Unsere jungen Augen begannen die Züge des Herrn und der Madame Smith zu unterscheiden, aber die guten Eltern erkannten uns noch nicht.

Freilich hätten wir selbst sie nicht erkannt, wenn wir nicht durch unser Fernrohr unterrichtet gewesen wären.

Dann waren sie weit davon entfernt zu ahnen, daß die, welche sie als Gefangene in Nottingham aussuchten, frei auf der Straße nach Ashbourn zurückkehrten!

Endlich näherten sich die Wagen in dem Grade, daß selbst von ihrer Seite kein Zweifel mehr stattfand.

Als sie uns erkannten, ließen sie ihren Wagen halten, um auszusteigen und uns entgegenzueilen, indem sie trotz ihres Alters weit mehr Vertrauen zu der Stärke ihrer Liebe, als zu der Schnelligkeit ihres Pferdes hatten.

Wir machten es wie sie, und die fünfzig Schritte, welche uns noch von einander trennten, wurden in einer Minute zurückgelegt.

Jenny warf sich in die Arme ihrer Mutter, und ich in die des Herrn Smith.

Unsere ersten unzusammenhängenden und abgerissenen Worte bestanden in Aeußerungen der ausgelassensten Freude.

Endlich beruhigte sich diese Art von Fieber des Glückes; jeder von uns gab die von den andern mit so vieler Ungegeduld erwartete Erklärung.

Die meinige war kurz, und da sie augenscheinlich die am meisten erwartete war, so wurde sie zuerst gegeben.

Sie fing in Thränen an und endigte in Segnungen.

Dann kam die Erzählung des Herrn Smith. Er hatte von dem Manne, der uns am Tage vorher nach Nottingham gebracht, erfahren, wohin er uns geführt hätte: – Nach dem Gefängnisse!

Herr Smith hatte sich auf der Stelle erkundigt, und da er die Summe nicht kannte, um derentwillen ich verhaftet war, so hatte er aus eigenen Mitteln und denen seiner Freunde fünfundzwanzig Pfund Sterling zusammengebracht, mit denen er sich auf jeden Zufall hin entschlossen hatte, am folgenden Tage abzureisen und zu mir nach Nottingham zu kommen.

Madame Smith hatte verlangt, ihren Gatten zu begleiten, was ihr, wie man wohl begreifen wird, leicht bewilligt worden war.

Am Morgen, im Augenblicke der Abreise, hatte der Briefträger Herrn Smith einen Brief übergeben. Dieser Brief war an mich nach Ashbourn adressirt; da man mich aber in Ashbourn nicht gefunden, und Niemand wußte, was aus mir geworden, so war der Brief Herrn Smith überbracht worden, der ihn mir zukommen lassen sollte.

Kaum hatte ich die Augen auf die Adresse geworfen, mein lieber Petrus, als ich Ihre Handschrift und den Poststempel von Cambridge erkannte.

Das war augenscheinlich die Antwort auf die verschiedenen Briefe, die ich an Sie gerichtet hatte, und deren Empfang mir anzuzeigen Ihre philosophische Zerstreutheit Sie hatte vergessen lassen.

Da ich sehr eilig war, diese so sehr erwartete Antwort kennen zu lernen, so ließ ich meine Frau an dem Rande der Heerstraße ihrem Vater und ihrer Mutter vollends Erklärungen geben, während unsere beiden Carriolenkutscher, die mitten auf der Straße jeder an dem Kopfe seines Pferdes, freundschaftlich über ihre Angelegenheiten plauderten, um uns unbekümmert, uns ruhig über die unsrigen plaudern ließen.

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