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Der Geflügelschütze

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Drittes Kapitel.

Der Besuch

Mit der Beharrlichkeit, die in einem Charakter lag, verfolgte Henin beständig die Idee, die er Jeanne Marie mitgetheilt hatte.



Sobald Alain daher im Stande war, ihn anzuhören, versuchte er die Gedanken des Jägers auf die Ehe zu lenken, ohne auch nur ein einziges Mal den Namen der Wittwe auszusprechen, indem er nicht aufhörte, ihm die Unbequemlichkeit und Traurigkeit des einsamen Lebens und zu gleicher Zeit die Annehmlichkeiten des Ehestandes vor Augen zu stellen.



Dem Grundsatze nach wies der Jäger alle diese Rathschläge mit so viel Energie zurück, wie seine Kräfte es ihm gestatteten.



Als er aber die entschlossene Beharrlichkeit des Steuermannes bemerkte, kam ihm der Gedanke, daß es eine fixe Idee von einem Freude sei, weshalb man ihn mehr beklagen, als tadeln müsse; und so ließ er ihn reden.



Henin nahm das Schweigen des jungen Mannes für eine Zustimmung und war außer sich vor Freude.



Mehr gewöhnt, die Stürme des Himmels zu studiren, vorherzusehen und zu bekämpfen, als die des Herzens, täuschte er sich vollständig hinsichtlich des Schweigens des Genesenden, und er benachrichtigte Jeanne Marie, daß er alle Tage ungeheure Fortschritte in Alain’s Geiste mache, während er in der Wirklichkeit um keinen Schritt weiter gekommen war.



Indessen müssen wir sagen, daß die Besuche der Wittwe, die sanfte Zärtlichkeit, die naive Erkenntlichkeit, die die Alain bezeugte, der ruhige Zauber ihrer Schönheit und die Heiterkeit ihrer Seele nach und nach einen tiefen Eindruck auf den jungen Jäger hervorgebracht hatten.



Während er seinen Haß gegen die Frauen beibehielt, während er sich vornahm, sein Gelübde zu halten, machte er mit der Wittwe eine Ausnahme.



In seinen Augen war Jeanne Marie keine Frau, oder sie war mehr, als eine Frau.



Sie war eine Mutter.



Nun aber empfand er keine Liebe für sie; noch nie hatte sich ihm der Gedanke, sie zu einer Frau zu nehmen, seinem Geiste dargestellt.



Indessen besänftigte diese milde Hand der Freundschaft den lebhaften Schmerz, welchen Lisa in der Tiefe seines Herzens zurückgelassen hatte.



Die Gegenwart, wir wollen nicht sagen Jeanne Marie’s, wohl aber der Mutter des kleinen Jean Marie, war ihm also nothwendig.



Es schien ihm freilich in seinem Egoismus, daß er Niemandes mehr bedürfen würde, wenn er einmal wieder hergestellt sei und eine gewöhnlichen Beschäftigungen wieder begonnen habe.



Inzwischen war ihm aber die Gegenwart der Wittwe angenehm und diente zu seiner Wiederherstellung.



In einer Nacht schlief Jean-Marie, erschöpft von dem anhaltenden Wachen, so fest, daß er seine Mutter nicht an die Thür klopfen hörte.



Alain, welcher nur halb schlief, hörte es, erwachte vollends, legte seine Kleider an und ging, ihr zu öffnen.



Jeanne Marie trat zitternd ein, als sie sah, daß es der Jäger war und nicht ihr Sohn, der ihr zu öffnen kam.



Sie that alles Mögliche, um Alain zu bewegen, sich wieder niederzulegen; aber er weigerte sich beharrlich.



Man zündete das Feuer wieder an; Beide nahmen Stühle und setzten sich vor dem Kamin nieder, während der Knabe in seiner Hängematte schlief.



Noch schwach und Schmerz empfindend, begann der junge Mann indessen die Farben der Gesundheit wieder zu erlangen.



Jeanne sah ihn an.



Alain’s Augen begegneten denen der Wittwe.



»Nun, nun,« sagte diese lächelnd und erröthend zugleich, »ich sehe mit Vergnügen, daß es besser mit Ihnen geht, Monsieur Alain, und daß die Zeit bald kommen wird, wo ich nicht mehr in der Nacht, mit Gefahr, den Strauchdieben zu begegnen, über die Felder laufen darf.«



Bei diesem Gedanken, daß Jeanne in der That nicht mehr kommen werde, da sie keine Veranlassung mehr dazu habe, schnürte sich Alain’s Herz zusammen, und er antwortete, ohne zu bedenken, was er sagte:



»Sagen Sie Das nicht, Jeanne, Sie würden machen, daß ich meine Genesung verwünschen müßte.«



Die Wittwe erbebte, denn bei diesen Worten Alain’s empfand sie zugleich schmerzliche und angenehme Gemüthsbewegungen.



Es war fast ein Geständniß, welches der junge Mann ihr ablegte.



Aber ihre Bescheidenheit war so groß, daß es ihr unmöglich schien, daß die Liebe sie in ihrer bescheidenen Lage aufsuchen könne.



Alain seinerseits hielt inne.



Vielleicht hatte er nicht mehr gesagt, als er dachte; aber wenigstens hatte er mehr gesagt, als er sagen wollte.



In Folge der Worte Alain’s trat also ein Schweigen ein.



Dieses Schweigen, welches sich verlängerte, wurde schmerzlich.



Um diese Aengstlichkeit zu beseitigen, welche sie empfand, lenkte Jeanne Marie die Unterredung wieder auf die Vergangenheit, und nach Verlauf von fünf Minuten hatte sie die Gewißheit erlangt, die für sie selber sehr schmerzlich war, daß Alain, wenn er für Lisa nur eine Liebe hegte, die im Begriff war zu erlöschen, aus dieser nicht vollständig erloschenen Liebe ein tiefes Mißtrauen gegen alle Frauen schöpfte, und daß Henin weit entfernt gewesen, die Ansichten des jungen Mannes über die Ehe und das Zusammenleben zu verändern.



Endlich sagte sie traurig und mit einer Anstrengung.



»Sie werden dies Alles vergessen; Ihre Gesundheit kehrt zurück, Sie werden Ihre Jagden, Ihre Freundschaften, Ihre Vergnügungen wieder beginnen und nach und nach wird die Erinnerung an alles Das, was Sie erlitten, in Ihnen erlöschen.«



»O nein, nein,« sagte Alain, »es sind nicht die Vergnügungen, nicht die Zerstreuungen, welche alles Dies herbeiführen werden – es ist —«



Der junge Mann hielt inne.



Er wollte sagen: »Eine andere Liebe.«



»Es ist?« – wiederholte die Wittwe.



»Nichts,« entgegnete Alain den Kopf abwendend, »Nichts, was Dies herbeiführen wird! Ich bin traurig, unglücklich – und verloren auf immer!«



»Man ist nicht auf immer unglücklich, wenn man jung ist,« sagte die Wittwe; »man ist nicht verloren, wenn man gut ist.«



Und Jeanne Marie erhob die Augen zu Alain.



Alain richtete in diesem Moment einen Blick auf Jeanne Marie.



Die Blicke der beiden jungen Leute begegneten einander.



Welche Wirkung brachte Jeanne’s Blick auf Alain hervor? Wir können es nicht sagen, das Herz des jungen Mannes ist verschlossen.



Aber Alain’s Blick drang bis in Jeanne’s Herz.



Sie fühlte, daß es gefährlich für sie sein würde, die Unterredung über dieses Kapitel sich verbreiten zu lassen; sie begann also wieder von Lisa Jousselin zu sprechen.



Dieser magische Name hatte noch nicht einen Einfluß auf Alain verloren.



Aber über dieses Kapitel sprach er sich nicht aus.



Es war noch so viel Liebe in einem Haß und in den Verwünschungen, die er dieser Treulosen nach endete, daß Jeanne sich sehr bewegt hinter den Kaminvorsprung zurückzog, um dem Jäger das Erröthen zu verbergen, welches sie auf ihren Wangen fühlte.



Als Alain diese Bewegung der Wittwe sah, täuschte er sich und glaubte an ein Gefühl des Mitleids.



»O!« sagte er, »Sie würden nicht so gegen einen Mann handeln, der Sie liebte, wie ich Lisa geliebt habe, und dem Sie anzugehören geschworen haben. Nicht wahr, Jeanne, das würden Sie nicht thun?«



»Man soll sich freilich nicht selber rühmen, Monsieur Alain,« sagte die Wittwe; »indessen denke ich, wenn ich reich wäre, würde ich einen Freund nicht wegen seiner Armuth aufgeben.«



»Ah! Jeanne, der Mann, der Sie liebte, würde glücklich sein!«



Und ohne ein weiteres Gefühl vielleicht, als das des Schmerzes, welches eine Stütze sucht, streckte Alain die Hand nach Jeanne aus.



Aber Jeanne zog so rasch ihre Hand zurück, als hätte sie die Berührung eines glühenden Eisens gefürchtet; und zu gleicher Zeit sagte sie:



»Niemand kann an mich denken, denn wer wollte ein armes und dürftiges Geschöpf, wie ich bin, heirathen? Und – und ich bin nicht mehr jung genug, um mein Herz über meine Ehre trauern zu lassen. Die Ehre seiner Mutter wird die einzige Erbschaft Dessen sein, welcher dort schläft,« sagte sie.



Und sie deutete auf die Hängematte des kleinen Jean Marie.



»Und man muß sie ihm unverletzt erhalten,« fügte sie hinzu.



Alain zog seine Hand zurück, sagte Nichts und blieb in Gedanken versunken.



Vielleicht hatte er in der Zukunft ein Liebesverhältniß mit der armen Frau gesehen.



Aber das Wort »heirathen« machte die Wirkung eines kalten Bades auf eine verliebten Hoffnungen.



Von diesem Augenblicke an wurde die Unterredung matter und vielleicht zum ersten Male, seitdem die Witwe ihren Sohn in der Hütte des Jägers besuchte, machte er keine Bemerkung, als sie ihm einen breiten weißen Streifen zeigte, der im Osten den Horizont färbte, und dem jungen Jäger ankündigte, daß es Zeit sei, sich zu entfernen.



Jeanne Marie ging hinaus.



Der Knabe war nicht erwacht! Sie war gekommen, um ihren Sohn zu besuchen.



Sie hatte ihn nicht gesehen.



Aber was lag daran? Jedes Kind, welches schläft, ist bei Gott.



Indessen, ohne zu wissen warum, entfernte sich die arme Mutter mit sehr kummervollem Herzen.



Als sie etwa hundert Schritte zurückgelegt hatte und sich in ihrem Geiste Alles wiederholte, was in dieser Nacht zwischen ihr und Montplet vorgegangen und gesprochen worden war, bemerkte sie erst, daß sie die Stunden hatte entfliehen lassen, ohne daran zu denken, ihren Sohn zu umarmen.



Da sah sie ein, daß sie Alain mehr liebte, als sie es dachte, mehr als man einen Freund liebt; sie fühlte, daß ihre Liebe die Grenzen der Erkenntlichkeit überschritten habe, und was ihr so die Brust schwellte, war die Kälte, womit sie und der junge Jäger sich getrennt hatten.



Sie blieb einen Augenblick wie eine Blinde stehen, die das Licht plötzlich in der Mitte eines Sturmes wiedersieht; dann warf sie sich in der Mitte des Fußsteiges auf die Kniee nieder und bat Gott, die in dem Kampfe zu unterstützen, den sie gegen sich selber zu bestehen haben werde.

 




Viertes Kapitel.

Die beiden Mitschuldigen

Hatte in dieser unbestimmten Hoffnung, eine Melancholie mit Jeanne zu zerstreuen, auf Seiten des jungen Mannes Etwas gelegen, was er vorher mit jenem bösen Geiste verhandelt hatte, der immer in einem Winkel des Herzens wohnt?



Wir können es nicht sagen.



Aber so viel ist gewiß, daß Montplet einen wirklichen Widerwillen empfand, zu sehen, daß die junge Wittwe keine so leichte Beute sein werde, wie er es geglaubt.



Auf diesen Aerger folgte eine Ungeduld, dann eine lebhafte Langeweile, die nicht wieder zu sehen.



Er hatte soviel Trost und Erleichterung bei seiner Einsamkeit in der Gegenwart der Wittwe gefunden, daß ihm ihre Gegenwart nothwendig geworden war.



So beschränkt die Erziehung Jeanne Marie’s gewesen war, hatte sie doch von der Natur eine Delicatesse des Herzens, eine Zärtlichkeit der Gefühle und eine Lieblichkeit des Charakters empfangen, welche den jungen Jäger unmerklich gerührt hatten, und als er sah, daß er sie nicht zur Geliebten haben könne, wünschte er, sie sich wenigstens als Freundin zu erhalten.



Der Gedanke, sie zu einer Frau zu machen, war ihm nicht einmal in den Sinn gekommen.



Egoistisch, wie er war, berechnete er nicht, ob die Seele der jungen Wittwe ihrerseits bei dieser Vereinigung der Gefühle, zu welcher er nur Freundschaft und sie Liebe mitbringe, ihre Rechnung finden werde.



Nein, er fand die Aufopferung Jeanne Marie’s angenehm und bequem, und er kümmerte sich um weiter Nichts, als sie fortdauernd zu sehen.



Nach einer Abwesenheit von acht Tagen schickte er Jean Marie zu seiner Mutter ab, um die Gründe zu erfahren, weshalb sie ihre Besuche in dem Häuschen des Jägers einstelle.



Die Witwe begnügte sich zu antworten, daß der Onkel Langot Verdacht hege und die Thüren verriegele, so daß ihre Besuche bei Alain von jetzt an unmöglich würden.



Eine seltsame Sache, was man die Ehre bei den Männern und die Ehre bei den Frauen nennt!



Nun war Alain nicht nur ein redlicher Mann, sondern er hatte auch ein gutes Herz. Alain hatte mit Gefahr seines Lebens einem Kinde das Leben gerettet und dieses Kind seiner Mutter wiedergegeben. Nun fand Alain in diesen beiden Wesen zwei Gefühle, die man in der modernen Gesellschaft am Seltensten findet, nämlich die Erkenntlichkeit und die Aufopferung, und Alain war im Begriff, diese beiden Tugenden durch die Schande zu belohnen; und ohne an das Unheil zu denken, welches er vorbereitete, sollte ganz einfach und natürlich das Kind zu dem Untergange seiner Mutter behilflich sein.



Und wenn es Montplet gelang, blieb er der ehrliche Mann, dem alle Welt noch fortwährend die Hand reichte, während Jeanne Marie ein verlorenes Weib wurde, welcher alle Welt den Rücken wendete.



Der Knabe brachte dem jungen Jäger die Antwort seiner Mutter zurück.



Alain’s Aerger wurde dadurch vermehrt.



Ein leichtes Gefühl des Haffes mischte sich in eine Liebe, denn er ließ sich durch die angebliche Wachsamkeit Langot’s nicht täuschen.



Aber er bedachte, wenn Jeanne Marie nicht zu ihm kommen wolle, so könne er zu ihr gehen.



Um aber zu ihr zu gehen mußte er hergestellt sein.



Von jetzt an ging die Genesung, von dem Willen unterstützt, rasch vor sich.



Es war übrigens dringend nothwendig, daß Alain seine Beschäftigung fortsetzte.



Während seiner Krankheit hatte ihn Henin unterstützt, und er mußte dem Seemanne, der selber nicht reich war, die kleinen Summen zurückerstatten, welche dieser ihm vorgestreckt hatte.



Er sammelte also alle seine Kräfte, und schon am folgenden Tage, nach dem Jeanne Marie sich geweigert hatte, wieder in seine Hütte zu kommen, entschloß er sich auszugehen, ungeachtet der Vorstellungen des Schiffsjungen, welcher der Mentor dieses rauhen Telemach geworden war.



In dem schwachen Zustande, worin er sich befand, würde es ihm noch schwierig gewesen sein, sich an das Ufer zu wagen.



Er begann also, von Jean Marie unterstützt, die Sümpfe zu durchsuchen, die das Häuschen umgaben.



Der junge Mann und der Knabe stellten einige hundert Schlingen von Pferdehaaren an den von den Schnepfen besuchten Stellen auf ebener Erde auf, die man leicht an ihren Fußspuren erkennen konnte, denn es war der Augenblick des Striches und der Sumpf war voll von ihnen.



Der Schiffsjunge trug dem Wildhändler die Vögel nach Isigny und brachte das Geld zurück.



Alain seinerseits begab sich jeden Abend nach Maisy, und obgleich er sich beständig wiederholte, daß er die Wittwe nicht liebe, so benahm er sich doch wie ein Liebender und umschlich beständig Langot"s Haus.



Aber sobald Jeanne Marie ihn bemerkte, obgleich ihr diese Gegenwart angenehm war, zog sie sich in die Tiefen des kleinen Ladens zurück, und der kleine Laden war so dunkel und die grünen Fensterscheiben so wenig durchsichtig, daß Alains Auge ihr nicht bis dahin folgen konnte.



Sehr verstimmt, wegen der Erfolglosigkeit seiner Schritte, brachte Alain eine Abende gewöhnlich bei Henin zu und suchte den alten Steuermann auszuforschen, um zu erfahren, ob er nicht die Gründe kenne, welche Jeanne Marie so strenge bei ihrem Oheim verschlossen hielten.



Der alte Seemann entgegnete kein Wort; als aber Alain fort war, lachte er sich ins Fäustchen und rieb sich freudig die Hände, bezaubert, seinen jungen Freund – wie er wenigstens glaubte – von selber dorthin kommen zu sehen, wohin er ihn führen wollte.



Eines Abends gegen acht Uhr regnete es, der kleine Platz von Maisy war verlassen und Alain, der nicht bemerkt zu werden fürchtete, hatte das Gesicht an die Scheiben gelegt, um einen Blick von der Wittwe zu erhaschen.



Aber diese, getreu ihrem Vorhaben, hatte Alain gesehen und zog sich nicht nur in die Tiefe des Ladens, sondern auch in ihr Zimmer zurück.



Alain wollte den Ort in Verzweiflung verlassen, als ein Geräusch von Fußtritten ihn bewog, sich umzuwenden.



Er verbarg sich im Schatten und bemerkte einen Mann, der sich an den Häusern dahingeschlichen hatte, und an der Thür des Wucherers klopfte.



Obgleich dieser Mann in einen jener weiten grauen Mäntel eingehüllt war, wie sie die Bauern auf ihren Reisen tragen, so erkannte doch der junge Mann Den, welcher sich näherte.



Es war Richard, der Rechtsanwalt von Isigny, derselbe, den er beauftragt hatte, seine Interessen gegen Langot wahrzunehmen, derselbe, welchen Maitre Henin, einen Geldsack unter dem Arme in einer Unterredung mit dem Wucherer auf dem Wege nach Saint-Lo überrascht hatte.



Er kam zu Thomas Langot.



Alain zog sich rasch hinter die Ecke des Hauses zurück; so schnell, daß Richard ihn nicht sah, oder wenn er ihn sah, ihn wenigstens nicht erkannte.



Richard trat ein.



Der Materialhändler war in seinem Kaminwinkel.



Er erhob den Kopf, da er den Eintretenden für einen Kunden hielt.



Aber als er unter dem breiten Rande des Hutes das spöttische Auge des Advocaten sah, erbebte er.



Durch die halb offene Thür hörte Alain:



»Ach! Sie sind es noch, Richard!«



Dann schloß sich die Thür wieder und Alain hörte nichts weiter.



Die beiden Männer blieben einen Augenblick stehen.



Sie schienen lebhaft zu verhandeln.



Endlich schien Thomas Langot besiegt zu sein; er ging auf die Thür zu, öffnete sie und begann die Vorderthür zu schließen; dann, als die Thür geschlossen war, ging er zu den Fenstern, führte dieselbe Operation aus, so daß man von außen nicht in den Laden sehen konnte, und schloß dann die Thür mit Sorgfalt wieder.



Alain versuchte durch die Spalten der Fensterladen in das Innere zu sehen.



Aber der Materialhändler war so sehr bemüht, eine Handlung der Neugierde der Nachbarn zu entziehen, daß er keine Vorsichtsmaßregeln versäumte.



Die beiden Feinde Alain’s waren vier Schritte von ihm entfernt.



Ihre Unterredung war für ihn ein Vermögen werth, und er konnte sie weder sehen noch hören! Es war zum Verzweifeln.



Alain suchte ein Mittel, in das Haus einzudringen, und fand keins.



Er kannte von diesem Hause nur den Laden, wo er jedesmal eingetreten war, wenn er mit dem Wucherer zu thun hatte.



Plötzlich sah er den kleinen Jean Marie erscheinen, welcher von Isigny zurückkehrte. Da er den Jäger nicht in seiner Hütte gefunden hatte, glaubte er, daß er auf der Jagd sei, und war einerseits nach Maisy geeilt, um seine Mutter zu besuchen.



Alain lief ihm entgegen.



»Kleiner Jean,« sagte er, »weißt Du ein Mittel, bei dem Onkel Langot einzutreten?«



»Sie bei Monsieur Langot! Warum?« fragte der Knabe erschrocken.



»Daran liegt wenig! Was ich von Dir wissen will, ist, ob ich bei ihm eintreten und einen Ort finden kann, wo ich sehen und hören kann, was in seinem Laden vorgeht.«



»Henker!« rief der Knabe, »man müßte denn dort hinauf können!«



Und er deutete auf die Ladenluke.



Aber diese Luke war sorgfältig verschlossen.



»Dort!« sagte Alain. »Wie sollte man dort hinkommen?«



»Von hier ist es unmöglich,« sagte der Knabe; »das Fenster ist von innen geschlossen.«



»Ich sehe es wohl! und das ist es, was mich in Verzweiflung bringt.«



»Aber vom Hofe aus,« sagte der Knabe.



»Nun ja, vom Hofe aus ist es möglich?«



»Nichts ist leichter.«



Die Treppe befindet sich also draußen?«



»Ja.«



»Aber es ist eine Thür an diesem Boden?«



»O! eine alte Thür die nicht fest ist.«



»Und wie kommt man in den Hof?«



»Zum Henker, man muß erst die Gartenmauer übersteigen.«



»Wir werden sie übersteigen.«



»So kommen Sie!«



»Komm!«



Und Beide begannen zu einem Gäßchen zu laufen, welches auf die Felder führte.




Fünftes Kapitel.

Das Guckloch

Beide gingen aus dem Dorfe, machten dann einen Umweg um die Häuser, erreichten die Felder, wendeten sich rechts und befanden sich vor der Mauer, welche dem Garten des Materialhändlers einschloß.



Diese Mauer war hoch.



Alain nahm den kleinen Jean Marie auf seine Arme und hob ihn auf die Höhe der Mauer.



Jean Marie ging wie eine Katze auf der Höhe der Mauer und suchte die großen Stangen auf, die, wie er wußte, in der Ecke lehnten. Er warf Alain eine davon zu, der sie an die Mauer ansetzte. Jean Marie hielt das eine Ende fest, und bald befand sich der junge Mann rittlings neben dem Knaben auf der Mauer.



Alain sprang zuerst in den Garten hinunter und fing das Kind in seinen Armen auf.



Darauf schlugen Beide einen Gang ein, um keine Spur von ihrem Durchgange zurückzulassen, und kamen zu einem kleinen Hofe, welcher ganz mit Holzwerk und leeren Fässern angefüllt war, und blieben am Fuß einer Treppe von wurmstichigen Holze stehen, die zu dem Hause hinaufführte.



Es war die äußere Treppe, wovon der Knabe gesprochen hatte.



»Hier,« sagte Jean Marie, »dort sehen Sie die Thür; sie ist nur mit einer Klinke geschlossen.«



»Aber wenn ich dort bin,« fragte der junge Mann, »wie soll ich hören, was sie sagen? Wie soll ich sehen, was sie thun?«



»Es ist ein Guckloch im Fußboden,« sagte der Schiffsjunge; »es wird nicht schwer zu finden sein, und das Licht wird Sie führen.«



»Danke!« sagte Alain, »jetzt kannst Du fortgehen; nur vergiß nicht, die Stangen wieder an ihren Platz zu stellen!«



»Ah!« sagte der Knabe, »ich sollte meiner Mutter so nahe sein und fortgehen, ohne sie zu sehen?«



»Kleiner Jean,« sagte Alain, indem er einen Finger auf einen Mund legte, »weder Du noch Deine Mutter dürfen in Das verwickelt sein, was hier vorgehen kann. Geh fort, ich bitte Dich.«



»O! Sie wissen wohl, wenn Sie so zu mir reden, daß ich nicht antworten werde,« sagte der Knabe. »Also leben Sie wohl, Monsieur Alain, und nehmen Sie sich in Acht, daß Ihnen kein Unheil begegne.«



Alain hörte den Knaben schon nicht mehr an.



Er war eingetreten, und die Thür hatte sich hinter ihm geschlossen.



Dort befand er sich in der tiefsten Dunkelheit.



Auch ging er nur tappend und mit unerhörter Vorsicht weiter.



Kaum hatte er einige Schritte zurückgelegt, als er die Lichtstrahlen bemerkte, die aus dem unteren Zimmer kamen und durch die Spalten der Fallthür drangen.



Alain legte sich platt nieder und blickte hinunter.



Er erkannte die beiden Männer.



Richard saß an einem Tische.



Langot stand, einen Sack in der Hand, am anderen Ende dieses Tisches.



Sobald sich Alain überzeugt hatte, daß sie es gewiß Beide waren, horchte er, da es ihm noch wichtiger war, zu hören, als zu sehen.



Das erste Geräusch, welches er hörte, war diese silberartige Musik, welche die Fünffrankenstücke machen, wenn sie sich an einander reiben.



Sie klirrten in dem Augenblick, als der Berechner sie zählte, und gaben einen trocknen und matten Klang, als er sie auf den Tisch häufte.

 



»Und tausend,« sagte eine Stimme, welche Alain für die Langot’s erkannte, zugleich als eben dieses trockene und matte Geräusch zum letzten Male sich hören ließ. »Noch tausend! – Das macht elfhundert Pistolen, die sie mir stehlen, Maitre Richard.«



»Meinen Sie?« entgegnete die spottende Stimme des Sachwalters.



»Meiner Treu! Ich will Ihnen gestehen, Maitre Langot, daß ich Sie zu sehr liebe, um mit Ihnen zu rechnen.«



»Nun zum letzten Male, Richard,« sagte der Wucherer, »wollen Sie, daß ich mich wegen des Restes abfinde? Geben Sie mir Alles, was Sie noch an Verschreibungen haben, und ich will Ihnen eine runde Summe aufzählen.«



»O! Sie kennen mich nicht, mein lieber Langot! Weil ich ehemals mit Alain ein Wenig das Leben genossen habe – wohl verstanden, wenn er zahlte – so glauben Sie, daß ich ein durchlöcherter Korb, ein Verschwender bin. Enttäuschen Sie sich: ich bin ein Mann der Ordnung! Ich spiele freilich gern, aber ich will mein kleines Kapital nicht anwenden. Ich habe bei Ihnen einen hübschen Credit; ich weiß, das ist eine Casse, eine angenehme Casse, die nur darauf wartet, sich bei einer gebieterischen Veranlassung für mich zu öffnen; ich bin von dieser Gewißheit überzeugt, und will Sie nicht, wenn unsere Rechnung abgeschlossen wäre und ich in die Lage kommen sollte, Geld zu bedürfen, in die schmerzliche Lage versetzen, auf die Anforderungen eines Freundes mit einer Weigerung zu antworten.«



»Glauben Sie denn, daß Dies noch lange so fortdauern wird?« fragte Langot.



»Nun, so lange wie Ihre Wechsel dauern, lieber Freund; wenn ich keine mehr habe, wird es aufhören und das ist wirklich schade.«



»Glauben Sie denn, daß ich immer so einfältig sein werde, Ihren Anforderungen nachzugeben?«



»Ah! Was Das betrifft, das steht Ihnen völlig frei, Maitre Langot, so wie auch die tausend Franken zurückzunehmen, die Sie mir eben mit einer vollkommenen Willfährigkeit ausgezahlt haben.«



»Ich will des Henkers sein, wenn ich es nicht thun sollte.«



»Nach Ihrem Gefallen! Stecken Sie die wieder ein. – Sagen Sie mir doch, Maitre Langot, ist es weit von hier bis zu der Hütte, wo Monsieur Montplet wohnt?«



»Daß die Pest Sie ersticke, Sie und Den, der dort wohnt!«



»Ich möchte mich noch diesen Abend dorthin begeben. Ich werde zu Monsieur Montplet sagen: mein Junge, da ich immer Ihr Freund und zwar Ihr wahrer Freund gewesen bin, habe ich Ihnen etwas Wichtiges mitzutheilen. – Was? wird er fragen. – Hören Sie: Sie wissen, daß es unter den Advocaten gebräuchlich ist, einander ihre Actenstücke mitzutheilen. – Ohne Zweifel – nun also, als ich aufgefordert wurde, zu Ihrer Vertheidigung aufzutreten, theilte mir Langots Advocat seine Acten mit. Diese Acten waren mit Wechseln von Ihnen vollgepropft. Indem ich sie untersuchte, bemerkte ich nicht so wohl, daß Langot ein Schurke ist, was wir glücklicher Weise schon wissen, sondern auch, daß er ein großer Dummkopf ist. – Bah! – Nicht mehr oder weniger. Stellen Sie sich vor, mein junger Freund, daß der Schurke, wenn er Ihnen die Wechsel zum Unterzeichnen zuschickte, neben dem Worte tausend, welches jeder dieser Wechsel unfehlbar enthielt, einen großen Platz frei ließ. Sie haben Dies nie bemerkt, und darüber wundere ich mich nicht, denn Ihre Zeit war zu kostbar, um sich mit solchen Kleinigkeiten zu befassen! Nun müssen Sie wissen, daß der alte Schelm, wenn er die Wechsel wieder in die Hände bekam, zwei, drei und zuweilen sogar vier an die leere Stelle setzte. Da er aber unglücklicherweise nicht daran gedacht, sich immer derselben Dinte zu bedienen, so findet es sich, daß die eine gelb geworden, während die andere schwarz geblieben ist.«



»Und wer wird beweisen, daß Alain die Summe nicht erhalten hat?«



»Ah! wie weit seid Ihr in Eurem Dorfe zurück, alter Unverstand! – Wer ! Ei zum Henker, die Registeratur des Botenamts. War es nicht Das, durch welches Sie Ihre Sendungen machten? Nun habe ich ihre Daten und Ziffern aufgenommen, und keine einzige von diesen Ziffern stimmt mit denen überein, die Sie angegeben haben. Gehen Sie nur, Maitre Langot, die Sache meines Clienten ist klar und rein; ein Kind könnte sie beurtheilen. Sie haben es wohl verstanden. Uebrigens, als ich kam, um sie aufzusuchen, sagte ich zu Ihnen: »»Sie wissen, Maitre Langot, daß ich die Acten besitze, welche mir von Ihrem Advocaten mitgetheilt worden?««



»»Aus welchen Gründen?« – »»Aus diesen oder jenen Gründen. Wenn die Sache gewonnen ist, werden wir uns mit einander abfinden.«« Sie haben die Gründe gut gefunden, Langot, denn Sie haben mir geantwortet: »»Machen Sie erst, daß ich Besitzer von der Meierei werde, Richard, und später wollen wir sehen.«« Da sind Sie jetzt Besitzer der Meierei; wir wollen sehen – Sie wollen nicht mehr sehen? Ich gehe jetzt gerades Wegs zu meinem Clienten —«



»Und was werden Sie dabei gewinnen, Schwätzer ?«



»Zum Henker, die Ehre, meine Pflicht gethan zu haben, die ist wohl tausend Franken werth, sollte ich denken —«



»Nun,« entgegnete Langot in ärgerlichem Tone, »geben Sie mir den Wechsel und zählen Sie Ihre Thaler.«



»Hier ist er. Es ist in der That für Nichts. Wissen Sie, wie viel dieser beträgt ? – Dreitausend. Nun, ich gebe Ihnen denselben für Tausend zurück. – Sie sollen nicht sagen, das ich ein Wucherer bin; an diesem allein verliere ich zweitausend Franken, ohne zu rechnen, was ich an den anderen verloren habe und noch verlieren werde.«



Es trat ein Augenblick des Schweigens ein, während dessen der mißtrauische Greis ohne Zweifel das gefälschte Papier, welches man ihm zugestellt hatte, prüfte.



Dann sah Alain, der jetzt ein Auge anstatt des Ohrs anwendete, Langot auf einen Schrank zugehen, ihn öffnen und wieder schließen.



»Sie laden mich nicht zum Abendessen ein?« sagte Richard.



»Nun, um so besser! Das wird mich von einer Verbindlichkeit befreien; ich muß bei guter Zeit wieder zu Hause sein – aber Sie werden mich doch ein Stück begleiten?«



»Wahrhaftig, wenn ich es auch nicht wollte, würde ich mich dazu genöthigt sehen.



Muß ich Sie nicht durch die Felder hinauslassen? Glauben Sie, daß all dies Hin- und Hergehen nicht bekannt werden würde?«



»Ich bin bereit, Maitre Langot!«



»Warten Sie,« sagte Dieser, »daß ich den Gartenschlüssel mitnehme.«



Alain hörte sie noch einige Augenblicke unten hin und hergehen. Der joviale Advocat, bezaubert von dem Geschäft dieses Abends, summte ein Lied zwischen einen Zähnen, und der Wucherer, welcher den Schlüssel nicht fand, benutzte die Ungeduld, welche ihm dieses Suchen verursachte, um seiner üblen Laune freien Lauf zu lassen.



Endlich gingen sie hinaus.



Das Schloß des Schrankes, worin die Wechsel aufbewahrt waren, wurde doppelt verschlossen: aber es schien Alain, als habe der Wucherer den Schlüssel auszuziehen vergessen.



Er lief zu der Thür des Bodens, öffnete sie leise und sah die beiden Männer sich durch den Hof entfernen.



Da kam ihm der Einfall, daß, wenn der Schlüssel im Schranke stecke, er sich der Wechsel bemächtigen und vermöge desselben zu einem Theile seines Vermögens gelangen könne.



Er bedachte, daß es nicht sowohl die Vorsehung, als vielmehr der Zufall gewesen, der ihn dorthin geführt, und daß er diese Gelegenheit, wenn er sie einmal verliere, vielleicht niemals wieder finden werde.



Er beschloß dieselbe also zu benutzen.



Man durfte nicht daran denken, durch den Hof in den Laden einzutreten.



Als Langot mit Richard hinausgegangen war, hatte er die Thür hinter sich geschlossen.



Aber er konnte durch die Fallthür hinuntersteigen.



Wir haben gesagt, daß der Boden mit altem Eisenwerk angefüllt war.



Alain durfte nur die Hand ausstrecken, um eine Art Meißel zu finden, der eigens zu dieser Operation, die er auszuführen hatte, gemacht schien.



Er schob das Ende des Meißels zwischen den Fußboden und die Fallthür und drückte kräftig auf das Instrument.



Die Fallthür widerstand einen Anstrengungen.



Sie wurde von innen durch einen ungeheuren Riegel festgehalten.



Aber die Aufregung hatte Alain’s Stärke verdoppelt, und bald zerbrach das Holz in Stücke, der Riegel fiel und die Fallthür öffnete sich.



Da ließ sich der junge Mann, ohne auf das Geräusch zu achten, welches dieses Aufbrechen verursachte, von dem Boden in das innere Gemach hinuntergleiten und lief zu dem Secretair.



Vergebens suchte er den Schlüssel.



Gegen eine Erwartung bemerkte er, daß Langot denselb

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