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Der Frauenkrieg

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Nanon war außer sich der Freude. Wieder in den Besitz den Canolles zu gelangen, das war der glühende Traum aller ihrer Stunden. Was Herr den Epernon sagen würde, wenn er wahrnehme, wer dieser Canolles wäre, darum kümmerte sie sich wenig. Wäre Canolles einmal gerettet, so wurde sie ihm eröffnen, er sei ihr Geliebter, sie würde es ganz laut aussprechen, sie würde es aller Welt sagen!

So standen die Dinge, als der Bote der Königin eintrat.

»Seht,« sagte der Herzog, »das geht ganz erwünscht; ich begebe mich zu der Königin und bringe das Auswechselungs-Cartei zurück.«

»Somit kann mein Bruder hier sein? . . .«

»Vielleicht morgen.«

» Geht,« rief Nanon, » und verliert keine Minute. »Oh! morgen, morgen,« fügte sie ihre Arme mit einem bewunderungswürdigen Ausdruck des Gebetes zum Himmel erhebend bei. »Morgen, Gott wolle es!«

»Ah! welch ein Herz!« murmelte Herr von Epernon, während er sich entfernte.

Als der Herzog von Epernon in das Zimmer der Königin trat, biß sich Anna von Oesterreich, roth vor Zorn, in ihre dicken Lippen, welche die Bewunderung ihrer Höflinge bildeten, gerade weil sie der mangelhafte Punkt ihres Gesichtes waren. Herr von Epernon, ein galanter, an das Lächeln der Damen gewöhnter Mann, wurde wie ein meuterischer Bordelese empfangen.

Der Herzog schaute die Königin erstaunt an: sie hatte seinen Gruß nicht erwiedert und betrachtete ihn mit gerunzelter Stirne von der Höhe ihrer königlichen Majestät herab.

»Ah! ah, Ihr seid es,« sagte sie endlich, nachdem sie eine Zeit lang geschwiegen hatte; »kommt hierher, daß ich Euch mein Compliment über die Art und Weise mache, wie Ihr die Aemter in Eurem Gouvernement besetzt.«

»Was habe ich denn gethan, Madame.« fragte der Herzog voll Verwunderung, »und was ist denn geschehen?«

Es ist zum Gouverneur von Vayres ein Mann ernannt worden, der mit seinen Kanonen nach dem König geschossen hat; . . . mehr nicht.«

»Von mir, Madame?« rief der Herzog; »Eure Majestät irrt sich offenbar. Ich habe den Gouverneur von, Vayres nicht ernannt, wenigstens nicht, daß ich wüßte.«

Herr von Epernon nahm etwas zurück, weil ihm sein Gewissen zum Vorwurf machte daß er nicht immer allein ernannte.

»Ah! das ist etwas Neues,« entgegnete die Königin; »Herr Richon ist vielleicht nicht von Euch ernannt worden?«

Und sie legte einen äußerst boshaften Nachdruck auf das Wort vielleicht.

Vertraut mit dem Talente von Nanon, die Menschen mit den Aemtern passend zusammenzufügen, beruhigte sich der Herzog sogleich und sprach:

»Ich erinnere mich nicht, Herrn Richon ernannt zu haben; aber wenn ich ihn ernannt habe, so muß Herr Richon ein guter Diener den Königs sein.«

»In der That,« versetzte die Königin, »Herr Richon ist Eurer Meinung nach ein guter Diener den Königs; Pest! welch ein Diener, . . . er tödtet uns in weniger als drei Tagen fünfhundert Mann.«

»Madame,« sprach der Herzog sehr unruhig, »wenn es sich so verhält, so muß ich gestehen, daß ich Unrecht habe. Aber ehe ich mich der Verurtheilung unterziehe, laßt mich den Beweis erlangen, daß ich ihn ernannte. Diesen Bewein will ich suchen.«

Die Königin machte eine Bewegung, um den Herzog zurückzuhalten, aber sie besann sich wieder eines Andern und antwortete:

»Geht, und wenn Ihr mir Euren Beweis gebracht habt, so werde ich Euch den meinigen geben.«

Herr von Epernon lief eilig weg und begab sich ohne anzuhalten zu Nanon.

»Nun,» rief sie, »bringt Ihr mir das Auswechselungs-Cartei, mein theuerer Herzog?«

»Oh! ja, es handelt sich wohl darum! antwortete der Herzog. »Die Königin ist wüthend.«

»Und woher rührt die Wuth Ihrer Majestät?«

»Davon, daß Herr Richon von Euch oder von mir zum Gouverneur von Vayres ernannt worden ist, und daß nun dieser Gouverneur, welcher sich wie ein Löwe vertheidigt haben muß, fünfhundert Mann getödtet hat.«

»Herr Richon!« wiederholte Nanon, »ich weiß nichts davon.«

»Der Teufel soll mich holen, ich auch nicht.«

»Dann erwiedert keck der Königin, sie täusche sich.«

»Aber sprecht, täuscht Ihr Euch nicht vielleicht?«

»Wartet, ich will mir nichts vorzuwerfen haben und werde es Euch sagen.«

Nanon ging in ihr Arbeitscabinet und schlug in ihrem Geschäftsregister bei dem Buchstaben R. nach; er war rein von jedem an Richon verliehenen Patente.

»Ihr könnt Euch wieder zu der Königin begeben,« sagte sie zurückkehrend, »und ihr kühn entgegnete, sie irre sich.«

Herr von Epernon machte nur einen Sprung von der Wohnung von Nanon bis zum Stadthause.

»Madame,« sprach er stolz bei der Königin eintretend, »ich bin unschuldig an dem Verbrechen, das man mir aufbürdet. Die Ernennung von Herrn Richon rührt von den Ministern Eurer Majestät her.«

»Dann unterzeichnen meine Minister Epernon,« erwiederte die Königin mit scharfem Tone.

»Wie so?«

»Allerdings, da sich diese Unterschrift auf dem Patente von Herrn Richon findet.«

»Unmöglich, Madame,« entgegnete der Herzog mit dem abnehmenden Tone eines Menschen, der an sich selbst zu zweifeln anfängt.

Die Königin zuckte die Achseln.

»Unmöglich!« sagte sie. Wohl, so leset.«

Und sie nahm ein auf dem Tische liegenden Patent und gab es dem Herzog.

Herr von Epernon ergriff das Patent, durchlief es mit gierigen Blicken, untersuchte jede Falte des Papiers, jeden Wort, jeden Buchstaben, und war ganz bestürzt: eine furchtbare Erinnerung durchzuckte seinen Geist.

»Kann ich diesen Herrn Richon sehen?« fragte er.

»Nichts leichter,« antwortete die Königin; »ich habe ihn in dem Zimmer nebenan warten lassen, um Euch dieses Vergnügen zu bereiten.«

Dann sich gegen die Wachen umwendend, welche ihrer Befehle an der Thüre harrten:

»Man führe den Elenden herein.«

Die Wachen gingen hinaus, und einen Augenblick nachher wurde Richon mit gebundenen Händen und bedecktem Kopfe eingeführt. Der Herzog schritt auf ihn zu und heftete auf den Gefangenen einen Blick, den dieser mit seiner gewöhnlichen Würde aushielt. Da er seinen Hut auf dem Kopfe hatte, so warf ihn einer von den Wachen mit verkehrter Hand auf den Boden.

Diese Beleidigung brachte nicht die geringste Bewegung auf Seiten des Gouverneur von Vayres hervor.

»Legt ihm einen Mantel auf die Schultern, bindet ihm eine Maske vor das Gesicht,« sagte der Herzog, »und gebt mir eine angezündete Kerze.«

Sogleich vollzog man die zwei ersten Befehle. Die Königin betrachtete mit Erstaunen diese seltsamen Vorbereitungen. Der Herzog ging im Kreise um den maskierten Richon, beschaute ihn mit der größten Aufmerksamkeit, suchte alle seine Erwartungen zu beleben und schien noch zu zweifeln.

»Bringt mir die verlangte Kerze,« sagte er; »diese Probe wird meine Zweifel lösen.«

Man brachte die Kerze. Der Herzog näherte das Patent dem Lichte, und bei der Wärme der Flamme erschien ein mit sympathetischer Dinte unter die Unterschrift gezeichnetes doppeltes Kreuz auf dem Papier.

Bei diesem Anblick erheiterte sich die Stirne des Herzogs und er rief:

»Madame, dieses Patent ist allerdings von mir unterzeichnet, aber es war weder für Herrn Richon, noch für einen Andern bestimmt, sondern ist mir von diesem Menschen in einer Art von Hinterhalt ausgepreßt worden; doch ehe ich dieses Blanquett aus Meinen Händen gab, hatte ich auf das Papier ein Zeichen gemacht, das Eure Majestät darauf sehen kann, und dieses Zeichen dient als schlagender Beweis gegen den Schuldigen. Schaut.«

Die Königin nahen gierig das Papier und beschaute es, während ihr der Herzog die Marke mit dein Ende des Fingers zeigte.

»Ich verstehe kein Wert von der Anschuldigung, die Ihr gegen Mich vorbringt,« sagte Richon ganz einfach.

»Wie,« rief der Herzog, »Ihr waret nicht der verlarvte Mann, dem ich dieses Papier auf der Dordogne zugespielt habe?«

»Ich habe vor diesem Tage nie mit Eurer Herrlichkeit gesprochen, ich bin nie verlarvt auf der Dordogne gewesen,« antwortete Richon mit kaltem Tone.

»Waret Ihr es nicht, so war es ein von Euch abgesandter Mann, der an Eurer Stelle erschien.«

»Es würde mich nichts nützen, wollte ich die Wahrheit verbergen,« sagte Richon stets mit derselben Ruhe; »dieses Patent, Herr Herzog, habe ich den der Frau Prinzessin von Condé aus den Händen des Herrn Herzogs von Larochefoucault erhalten; es war mit meinem Namen und Vornamen von Herrn Lenet, dessen Handschrift Ihr vielleicht kennt, ausgefüllt. Wie das Patent in die Hände der Frau Prinzessin gelangte, auf Welche Weise Herr von Larochefoucault Besitzer desselben war, an welchem Orte mein Name und mein Vorname von Herrn Lenet auf dieses Papier geschrieben wurden, ist mir völlig unbekannt, kümmert mich sehr wenig und geht mich nichts an.«

»Ah! Ihr glaubt?« versetzte der Herzog mit höhnischem Tone.

Und sich der Königin nähernd, erzählte er dieser eine ziemlich lange Geschichte, welcher Anna von Oesterreich ihre ganze Aufmerksamkeit schenkte: es war die Angeberei von Cauvignac und das Abenteuer auf der Dordogne; als Frau begriff die Königin vollkommen die Regung der Eifersucht des Herzogs.

Sobald er geendigt hatte, sagte sie:

»Das ist nur eine Schändlichkeit einem Hochverrathe beigefügt; wer kein Bedenken trug, auf seinen König zu feuern, konnte auch das Geheimniß einer Frau verkaufen.«

»Was Teufels sprechen sie da?« murmelte >Richon, die Stirne faltend, denn ohne genug zu hören, um die Unterredung zu verstehen, hörte er doch hinreichend, um zu errathen, daß seine Ehre gefährdet war; überdies verhießen ihm die flammenden Augen der Königin und des Herzogs nichts Gutes, und so muthig auch der Commandant von Vayres war, so beunruhigte ihn doch diese doppelte Drohung, obgleich man auf seinem mit verachtender Ruhe bewaffneten Antlitz unmöglich auch nur entfernt wahrnehmen konnte, was in seinem Innern vorging.

»Man muß ihm sein Urtheil fällen,« sagte die Königin. »Versammelt mir einen Kriegsrath, wobei Ihr den Vorsitz führt, Herr Herzog von Epernon. Wählt Eure Beisitzer, und dann rasch zu Werke gegangen.«

 

»Madame,« sagte Richon, »es ist kein Kriegsrath zu versammeln, kein Urtheil zu fällen. Ich bin Gefangener auf das Wort des Herrn Marschalls de La Meilleraye; ich bin freiwilliger Gefangener, denn ich konnte Vayres mit meinen Soldaten verlassen, ich konnte vor oder nach ihrem Abgange fliehen und habe es nicht gethan.«

»Ich verstehe mich nicht aus solche Angelegenheiten,« sagte die Königin aufstehend, um sich in einen anstoßenden Saal zu begeben; »habt Ihr gute Gründe, so macht sie vor den Richtern geltend. Solltet Ihr hier nicht bequem Sitzung halten können, Herr Herzog?«

»Ja, Madame,« antwortete dieser; und er wählte zwölf Officiere im Vorzimmer und bildete aus der Stelle das Tribunal.

Richon fing an zu begreifen: die improvisierten Richter nahmen ihre Plätze; der Rapporteur fragte ihn nach seinem Namen, nach seinem Vornamen und seiner Eigenschaft.

Richon beantwortete diese drei Fragen.

»Ihr seid des Hochverraths angeklagt, indem Ihr mit Kanonen auf die Soldaten des Königs geschossen hab,« sagte der Rapporteur; »gesteht Ihr Euch dieses Verbrechens schuldig gemacht zu haben?«

»Leugnen hieße die Augenscheinlichkeit ableugnen; ja mein Herr, ich habe gegen die Soldaten des Königs geschossen.«

»Kraft welches Rechtes?«

»Kraft des Kriegsrechtes, kraft desselben Rechtes, auf das unter ähnlichen Umständen Herr von Condé, Herr von Beaufort, Herr von Elboeuf und so viele Andere sich berufen haben.«

»Dieses Recht besteht nicht, mein Herr, denn es ist nichts Anderes, als Aufruhr.«

»Kraft dieses Rechtes hat jedoch mein Lieutenant eine Capitulation gemacht. Auf diese Capitulation berufe ich mich.«

»Capitulation!« rief der Herzog von Epernon mit ironischem Tone, denn er dachte sich, die Königin horche, und ihr Schatten dictirte ihm das verletzende Worte:

»Capitulation! Ihr mit einem Marschall von Frankreich capituliren!«

»Warum nicht,« erwiederte Richon, »du dieser Marschall von Frankreich mit mir unterhandelte?«

»Dann zeigt diese Capitulation, und wir werden ihren Werth beurtheilen.

»Es ist eine mündliche Übereinkunft.«

»So bringt Eure Zeugen bei.«

»Ich kann nur einen beibringen.«

»Wen?«

»Den Marschall selbst.«

»Man rufe den Marschall,« sagte der Herzog.

»Unnöthig,« sprach die Königin, die Thüre öffnend, hinter der sie horchte; »der Marschall ist vor zwei Stunden abgegangen; er marschiert mit unserer Vorhut gegen Bordeaux.«

Diese Erscheinung verwandelte alle Herzen in Eis, denn sie legte den Richtern die Verbindlichkeit auf, Richon zu verurtheilen.

Der Gefangene lächelte bitter.

»Ah!« sagte er, »so hält Herr de La Meilleraye sein Wort! Ihr habt wahr gesprochen, mein Herr,« fügte er sich an den Herzog von Epernon wendend bei, »ich hatte Unrecht, daß ich mit einem Marschall von Frankreich unterhandelte.«

Von diesem Augenblick an verschloß sich Richon in ein verächtliches Stillschweigen und hörte ganz auf zu antworten, welche Fragen man auch an ihn richten mochte.

Dies vereinfachte die Procedur ungemein, und die übrigen Förmlichkeiten dauerten auch kaum eine Stunde. Man schrieb wenig und sprach noch weniger. Der Rapporteur trug auf Todesstrafe an und auf ein Zeichen des Herzogs pflichteten alle Richter mit ihren Stimmen diesem Antrage bei.

Richon hörte das Urtheil, als wäre er ein einfacher Zuschauer gewesen, und wurde, immer unempfindlich und stumm, noch während der Sitzung dem Generalprofoß übergeben.

Der Herzog von Epernon begab sich zu der Königin; er fand sie in euer reizenden Laune und wurde von ihr zur Tafel geladen. Der Herzog, der sich in Ungnade glaubte, nahm die Einladung an und ging zu Nanon um ihr mitzutheilen, er habe das Glück, immer noch bei seiner Gebieterin in Gnade zu stehen.

Er fand sie in einem Lehnstuhle an einem Fenster sitzend, das nach dem öffentlichen Platze von Libourne ging.

»Nun,« fragte sie ihn, »habt Ihr etwas entdeckt?«

»Ich habe Alles entdeckt,« antwortete der Herzog.

»Bah!« versetzte Nanon unruhig.

»Ah! mein Gott, ja! Erinnert Ihr Euch der Angeberei, der ich alberner Weise Glauben schenkte, jener Angeberei, welche Eure Liebschaft mit Eurem Bruder betraf?«

»Nun?«

»Erinnert Ihr Euch des Blanquetts, das man von mir forderte?«

»Ja; weiter?«

»Der Angeber ist in unseren Händen, meine Liebe, in den Zeilen seines Blanquetts gefangen, wie der Fuchs in Falle.«

»In der That!« rief Nanon erschrocken; denn sie wußte, daß dieser Angeber Cauvignac war, und obgleich sie keine tiefe Zärtlichkeit für ihren Bruder hegte, wollte sie doch nicht, daß ihm Unglück widerführe; überdies konnte dieser Bruder, um sich aus der Schlinge zu ziehen, eine Menge Dinge sagen, welche Nanon gar zu gern geheim gehalten sah.

»Er selbst, meine Liebe,« fuhr Herr von Epernon fort, »was sagt Ihr zu dieser Geschichte? Der Bursche hatte sich mit Hilfe seines Blanquetts aus eigener Machtvollkommenheit zum Gouverneur von Vayres ernannt; aber Vayres ist genommen und der Schuldige in unsern Händen.«

Alle diese Einzelheiten standen so sehr im Einklang mit den industriellen Unternehmungen von Cauvignac, daß Nanon sich von einem doppelten Schrecken ergriffen fühlte.

»Und dieser Mensch,« fragte sie mit zitternder Stimme, »was habt Ihr mit ihm gemacht?«

»Ah! meiner Treue,« antwortete der Herzog, »Ihr sollt selbe sehen, was wir mit ihm gemacht haben; ja, meiner Treue,« fügte er aufstehend bei, »das macht sich vortrefflich, hebt diesen Vorhang auf, oder öffnet vielmehr geradezu das Fenster; es ist ein Feind des Königs, und den kann man wohl hängen sehen.«

»Hängen!« rief Nanon, »was sagt Ihr, Herr Herzog? den Mann des Blanquetts hängen?«

»Ja, meine Schöne. Seht Ihr unter der Halle an jenem Balken den baumelnden Strick, seht Ihr das Volk herbeilaufen. Gewahrt Ihr die Fusiliere, welche den Mann bringen; dort unten, links? Schaut, der König stellt sich an sein Fenster.«

Das Herz von Nanon hob sich in ihrer Brust und schien bis in ihre Kehle emporzusteigen: sie hatte jedoch mit einem raschen Blicke gesehen, daß der Mann, den man herbeiführte, nicht Cauvignac war.

»Gut, gut,« sagte der Herzog, »Herr Richon wird kurzweg gehenkt, das wird den Burschen die Frauen verleumden lehren.«

»Aber« rief Nanon den Herzog bei der Hand ergreifend und alle ihre Kräfte zusammenfassend, »aber dieser Unglückliche ist nicht schuldig; es ist vielleicht ein braver Soldat; es ist am Ende ein ehrlicher Mann; Ihr laßt einen Unschuldigen ermorden.«

»Nein, nein Ihr täuscht Euch gewaltig, meine Liebe; er ist Fälscher und Verleumder. Überdies, wäre er auch nur Gouverneur von Vayres, so bliebe er immerhin Hochverräther; und es scheint mir, es würde hinreichen, wäre er auch nur dieses Verbrechens schuldig.«

»Hatte er aber nicht das Wort des Herrn de La Meilleraye?«

»Er sagt es, doch ich glaube es nicht.«

»Warum hat der Marschall dem Tribunal nicht über einen so wichtigen Punkt Aufklärung gegeben?«

»Er war zwei Stunden, ehe der Angeklagte vor seinen Richtern erschien, abgereist.«

»Ah, mein Gott! mein Gott! irgend Etwas sagt mir, daß dieser Mann unschuldig ist,« rief Nanon, »und daß sein Tod Allen Unglück bringen wird. Ah! Herr, in des Himmels Namen, Ihr, der Ihr mächtig seid, Ihr, der Ihr behauptet, Ihr könnet mir nichts abschlagen, gewährt mir die Begnadigung diesen Mannes.«

»Unmöglich, meine Theuere, die Königin selbst hat ihn verurtheilt, und da, wo sie ist, habe ich keine Gewalt mehr.«

Nanon stieß einen Seufzer aus, der einem Ächzen glich.

In diesem Augenblick war Richon unter der Halle angelangte man führte ihn, immer ruhig und schweigsam, bis zu dem Balken, von welchem der Strick herabhing; eine Leiter war zum Voraus aufgerichtet und harrte seiner; Richon stieg diese Leiter mit festem Tritte hinauf und beherrschte mit seinem majestätischen Haupte die Menge, auf welche sich sein mit kalter Verachtung bewaffneter Blick heftete. Der Profoß schlang ihm nun den Knoten um den Hals, und der Ausrufer erklärte mit lauter Stimme, der König lasse dem Sieux Etienne Richon, Fälscher, Verräther und Bauern, sein Recht widerfahren.

»Wir leben in einer Zeit,« sprach Richon, »wo es besser ist, ein Bauer zu sein, wie ich, als Marschall von Frankreich zu heißen.«

Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als die Leiter unter ihm weggezogen wurde und sein Körper an dem unseligen Balken hin und herschwankte.

Eine allgemeine Bewegung des Schreckens zerstreute die Menge, ohne daß ein einziger Ruf: »Es lebe der König!« sich hörbar machte, obgleich Jedermann die zwei Majestäten noch an ihrem Fenster sehen konnte. Nation verbarg ihren Kopf in ihren Händen und flüchtete sich in die entfernteste Ecke des Zimmers.

»Nun,« sagte der Herzog, »was Ihr auch denken möget, liebe Nanon, ich glaube diese Hinrichtung wird als gutes Beispiel dienen, und ich bin neugierig, zu erfahren, was sie in Bordeaux machen, wenn sie sehen, daß man ihre Gouverneurs henkt.«

Bei dem Gedanken an das, was sie thun könnten, öffnete Nanon den Mund, um zu sprechen, aber sie vermochte nur einen furchtbaren Schrei auszustoßen und hob ihre beiden Hände zum Himmel auf, als wollte sie ihn anflehen, er möge gestatten, daß der Tod von Richon nicht gerächt werde; dann stürzte sie, als wären alle Federn des Lebens in ihr gebrochen, mit ihrer ganzen Höhe auf den Boden.

»Nun! Nun!« rief der Herzog, »was habt Ihr denn, Nanon, was erfaßt Euch? Könnt Ihr darüber, daß man einen Bauern hängt, in einen solchen Zustand gerathen? Höret, liebe Nanon, erhebt Euch; kommt zu Euch; aber, Gott verzeihe mir, sie ist ohnmächtig . . . und die Leute in Agen behaupten, sie sei unempfindlich. Holla! Herbei! Salze, Hilfe! kaltes Wasser!«

Und als der Herzog sah, daß Niemand auf sein Geschrei kam, eilte er selbst hinaus, um zu holen, was er vergebens von seinen Dienern verlangte, die ihn allerdings nicht hören konnten, da sie noch ganz mit dem Schauspiele beschäftigt waren, mit welchem sie die königliche Freigebigkeit gratis bewirthet hatte.

VIII

In dem Augenblick, wo in Libourne das so eben von uns erzählte furchtbare Drama stattfand, schrieb Frau von Cambes, an einem Tische von Eichenholz mit gedrehten, Füßen sitzend Pompée vor sich, der eine Art von Inventar über ihr Vermögen machte, folgenden Brief an Canolles:

»Abermals eine Verzögerung, mein Freund. In der Minute, wo ich Euren Namen der Frau Prinzessin nennen und sie um ihre Einwilligung zu unserer Verbindung bitten wollte, kam die Nachricht von der Einnahme von Vayres, welche die Worte auf meinen Lippen in Eis verwandelte: aber ich weiß, was Ihr leiden müßt, und besitze nicht die Kraft, zugleich Euren Schmerz und den meinigen zu ertragen. Der günstige Erfolg oder der Umschlag des Glückes bei diesem unseligen Kriege können uns zu weit führen, wenn wir uns nicht entschließen, die Umstände zu bewältigen . . . Morgen, mein Freund, morgen Abend um sieben Uhr werde ich Eure Frau sein.

»Vernehmt meinen Plan für unser Verfahren, den ich Euch zu befolgen bitte; es ist höchst wesentlich, daß Ihr Euch in allen Stücken danach richtet.

»Ihr bringt den Nachmittag bei Frau von Lalasne zu, welche seitdem ich Euch bei ihr vorgestellt habe, wie ihre Schwester, sehr viel auf Euch hält. Man wird spielen; spielt wie die Andern, nehmt jedoch keine Einladung zum Abendbrod an; mehr noch, wenn der Abend gekommen ist, entfernt Eure Freunde, sollten sich solche um Euch finden. Wenn Ihr dann allein seid, werdet Ihr einen Boten eintreten sehen, ich weiß noch nicht welchen, der Euch bei Eurem Namen rufen wird, als ob irgend eine Angelegenheit Euch in Anspruch nähme; wer es auch sein mag, folgt ihm mit Vertrauen, denn er kommt in meinem Auftrag, und seine Sendung besteht darin, daß er Euch in die Capelle zu führen hat, in der ich Eurer harre.

»Ich wollte, es wäre in der Carmeliter-Kirche, mit der bereits so süße Erinnerungen für mich verknüpft sind, aber ich wage es noch nicht, dies zu hoffen; es wird übrigens doch der Fall sein, wenn man einwilligt, die Kirche für uns zu schließen.

»In Erwartung dieser Stunde thut mit meinem Briefe, was Ihr mit meiner Hand thut, wenn ich sie Euch zu entziehen vergesse. Heute sage ich Euch auf morgen, morgen sage ich Euch auf immer.«

Canolles befand sich gerade in einem von seinen menschenfeindlichen Augenblicken, als er diesen Brief erhielt; den ganzen vorhergehenden Tag, den ganzen Morgen hatte er nichts von Frau von Cambes gesehen, obgleich er im Verlauf von vier und zwanzig Stunden vielleicht zehnmal vor ihren Fenstern vorübergegangen war. Da gestaltete; sich die gewöhnliche Gegenwirkung in dem Innern des verliebten jungen Mannes. Er beschuldigte die Vicomtesse der Coquetterie, er zweifelte an ihrer Liebe; er hing sich unwillkührlich in der Erinnerung wieder an Nanon, die Gute, die Ergebene, die Glühende, machte sich beinahe eine Ehre aus dieser Liebe, aus der sich Claire eine Schande zu machen schien, und er seufzte, der Arme, zwischen der befriedigten Liebe, welche nicht erlöschen konnte, und der begehrlichen Liebe gefaßt, die sich nicht befriedigen ließ: der Brief der Vicomtesse entschied Alles zu ihren Gunsten.

 

Canolles las diesen Brief wieder und wieder: er küßte ihn nach der Voraussicht von Claire zwanzigmal, wie er es mit ihrer Hand gemacht haben würde. Bei näherer Ueberlegung konnte sich Canolles nicht verleugnen, daß seine Liebe für die Vicomtesse die wichtigste, ernsteste Angelegenheit seines Lebens war. Bei andern Frauen hatte dieses Gefühl immer ein anderes Aussehen und besonders eine andere Entwickelung genommen. Canolles hatte seine Rolle als ein vom Glück bei den Weibern begünstigter Mann gespielt, er hatte sich als Sieger geberdet und sich beinahe das Recht, unbeständig zu sein, vorbehalten. Bei Frau von Cambes sah er sich im Gegentheil einer höheren Macht unterworfen, gegen die er sich nicht einmal zu sträuben wagte, weil er zugleich fühlte, daß ihm dieses Sklaventhum von heute süßer war, als seine Macht von ehemals. Und in den Augenblicken der Entmuthigung, wo er Zweifel an der Wirklichkeit der Zuneigung von Claire faßte, in diesen Stunden, wo das verwundete Herz sich gleichsam auf sich selbst zurückwirft und seine Schmerzen mit dem Geiste gräbt, gestand er sich, ohne nur über diese Schwäche zu erröthen, die er ein Jahr vorher einer großen Seele unwürdig gehalten hätte, daß Frau von Cambes verlieren für ihn ein unerträgliches Unglück wäre.

Aber sie lieben, von ihr geliebt sein, sie in Herz und Seele und Person besitzen; sie in der ganzen Unabhängigkeit seiner Zukunft besitzen, denn Frau von Cambes verlangte nicht einmal von ihm, daß er seine Gesinnung der Partei, der Frau Prinzessin opfere, . . sie forderte nur Liebe von ihm; der glücklichste, der reichste Officier der Armee des Königs werden; denn warum den Reichthum vergessen? Der Reichthum verdirbt nichts; im Dienste Seiner Majestät bleiben, wenn Seine Majestät die Treue würdig belohnen würde; sie verlassen, wenn die Majestät nach dem Gebrauche der Könige, sich undankbar benähme, war dies nicht eine größere, wenn man so sagen darf, stolzere Seligkeit, als er sich je in seinen süßesten Träumen zu ersehnen gewagt hatte?

Aber Nanon?

Ach! Nanon!l Nanon! das war der dumpfe Gewissensbiß, der immer im Grunde edler Seelen bleibt! Nur in gemeinen Herzen findet der Schmerz, den er verursacht, kein Echo. Nanon, arme Nanon! Was würde sie thun, was würde sie sagen, was würde aus ihr werden, wenn ihr die furchtbare Nachricht zu Ohren käme, ihr Geliebter wäre der Gatte einer Andern? . . . Ach! sie würde sich nicht rächen, obgleich sie alle Mittel zur Rache in Händen hätte, und dieser Gedanke peinigte Canolles am meisten. Oh! wenn Nanon sich wenigstens zu rächen suchte, auf irgend eine Weise sich rächte, so würde der Ungetreue in ihr nur noch eine Feindin sehen und würde wenigstens von seinen Gewissensbissen befreit.

Nanon hatte ihm indessen nicht auf den Brief geantwortet, in welchem er sie gebeten, sie möge ihm nicht mehr schreiben. Wie kam es, daß sie ängstlich seine Vorschriften befolgte? Hätte Nanon gewollt, so würde sie sicherlich Gelegenheit gefunden haben, ihm ein paar Zeilen zukommen zu lassen. Nanon hatte es also nicht versucht, Briefe mit ihm zu wechseln. Ach! wenn Nanon im Stande wäre, ihn nicht mehr zu lieben!

Und die Stirne den Canolles verdüsterte sich bei dem Gedanken, es wäre möglich, daß ihn Nanon nicht mehr liebte. Es ist grausam, daß man die Selbstsucht des Stolzes selbst in dem edelsten Herzen finden muß.

Zum Glück hatte Canolles ein Mittel, Alles zu vergessen, das, den Brief von Frau den Cambes wieder und wieder zu lesen: er las ihn wieder und wieder, und das Mittel wirkte. Unserem Verliebten gelang es auf diese Art, sich über Alles, was nicht sein eigenen Glück betraf, zu betäuben. Und um seiner Geliebten, welche ihm zu Frau von Lalasne zu gehen befahl, von vorne herein zu gehorchen, machte er sich schön, was bei seiner Jugend, bei seiner Anmuth und seinem Geschmack keine Schwierigkeit war, und wanderte in dem Augenblick, wo es zwei Uhr schlug, nach dem Hause der Präsidentin.

Canolles war so sehr mit seinem Glücke beschäftigt, daß er, über das Quai schreitend, seinen Freund Ravailly nicht gewahrte, der ihm von einem Schiffe, welchen kräftig gerudert auf dem Flusse herbeifuhr, tausend Zeichen machte. Die Verliebten marschieren in ihren glücklichen Augenblicken so leichten Schrittes, daß sie die Erde nicht zu berühren scheinen. Canolles war also bereits ferne, als Ravailly landete.

Kaum am Ufer, gab der Letztere mit kurzem Tone den Leuten vom Kahne einige Befehle, und eilte nach der,Wohnung von Frau von Condé fort.

Die Prinzessin saß bei der Tafel, als sie Geräusch im Vorzimmer hörte; sie fragte, wer dasselbe veranlaßte, und man antwortete ihr, es wäre der Baron von Ravailly welcher, von ihr an Herrn de La Meilleraye abgesandt, in diesem Augenblicke zurückkäme.

»Madame,« sagte Lenet, »ich glaube, es wäre gut, wenn ihn Eure Hoheit sogleich empfangen würde; was für Nachrichten er auch bringen mag, sie sind immerhin von Belang.«

Die Prinzessin machte ein Zeichen, und Ravailly trat ein; aber er war so bleich, sein Gesicht war so verstört, daß Frau von Condé schon bei seinem Anblick vermuthete, sie hätte einen Unglücksboten vor sich.

»Was gibt es, Kapitän,« fragte sie, »was ist Neues vorgefallen?«

»Entschuldigt, Madame, daß ich so vor Eurer Hoheit erscheine, aber ich dachte, die Kunde, welche ich zu überbringen hätte, dürfte keinen Aufschub dulden.«

»Sprecht, habt Ihr den Marschall gesehen?«

»Der Marschall hat sich geweigert, mich zu empfangen, Madame.«

»Der Marschall hat sich geweigert, meinen Gesandten zu empfangen!« rief die Prinzessin.

»Oh! Madame, das ist noch nicht Alles.«

»Was noch mehr? Sprecht! Sprecht! ich höre.«

»Der arme Richon . . .«

»Nun, ja, ich weiß es; er ist gefangen, denn ich habe Euch abgesandt, um über seine Auslösung zu unterhandeln.«

»Ich bin zu spät gekommen, wie sehr ich mich auch beeilte.«

»Wie, zu spät!« rief Lenet, »sollte ihm ein Unglück widerfahren sein?«

»Er ist tot!«

»Todt!« wiederholte die Prinzessin.

»Man hat ihm den Prozeß als Verräther gemacht; er wurde verurtheilt und hingerichtet.«

»Verurtheilt! Hingerichtet!« sprach Lenet ganz bestürzt, »Hört Ihr, Madame? Ich sagte es Euch.«

»Und wer hat ihn verurtheilt, wer hat diese Frechheit gehabt?«

»Ein Tribunal unter dem Vorsitze des Herzogs von Epernon oder vielmehr der Königin selbst; man begnügte sich auch nicht mit dem Tod, dieser Tod sollte entehrend sein.«

»Wie! Richon!«

»Gehenkt, Madame, gehenkt, wie ein Schurke, wie ein Dieb, wie ein Mörder! Ich habe seinen Leichnam unter der Halle von Libourne gesehen.«

Die Prinzessin sprang von ihrem Sitze auf, als ob sie von einer unsichtbaren Feder bewegt worden wäre. Lenet stieß einen Schmerzensschrei aus. Frau von Cambes, welche sich erhoben hatte, fiel auf ihren Stuhl zurück und fuhr nach ihrem Herzen, wie man es macht, wenn man eine tiefe Wunde erhalten hat; sie war ohnmächtig.

»Bringt die Vicomtesse weg,« sagte der Herzog von Larochefoucault, »wir haben in diesem Augenblick keine Muße, an die Ohnmachten der Damen zu denken.«

Zwei Frauen trugen die Vicomtesse hinaus.

»Das ist eine scharfe Kriegserklärung,« sprach der Herzog unempfindlich.

»Das ist schändlich!« sagte die Prinzessin.

»Das ist grausam! rief Lenet.

»Das ist unpolitisch!« sagte der Herzog.

»Aber ich hoffe, wir werden uns rächen, und zwar auf eine nachdrückliche Weise!« rief die Prinzessin.

»Ich habe meinen Plan,« sprach Frau von Tourville, welche noch nichts gesagt hatte; »Repressalien, Hoheit, Repressalien.«

»Wartet einen Augenblick, Madame,« erwiederte Lenet. »Teufel, wie rasch Ihr zu Werke geht. Die Sache ist so ernst, daß man wohl überlegen muß.«

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